Heimweg

Louis
Es freute mich auf einmal sehr, dass ich nicht weiter desaster - mäßig laufen musste und so schenkte ich ihm ein dankbares Lächeln, als er meinte, er habe nichts dagegen und würde mich tragen. Als mein Bruder sich hinkniete, setzte ich mich auf ihn und klammerte mich echt fest an Noah, legte nebenbei meinen Kopf auf seine Schulter und schnupperte zuvor den Duft seines Haares ein.

Sie dufteten nach Schokolade... hatte er etwa mein Shampoo benutzt? So ein Depp!
Grinsend legte ich meine Hände um seinen Hals und schloss meine Augen. Jetzt konnte ich ein wenig schlafen und nichts hielt mich davon ab. Naja zumindest dachte ich es bis gerade eben.

"Ich lass dich auch nich' los...hmh.. was erzählen ich dir?" Ich überlegte und begann zu plaudern. "Also ich war heute zum ersten mal in deinem Zimmer... und es ist schön.. hmh davor wollte ich einige male anklopfen oder in dein Zimmer gehen, um dir etwas vor Wut wegzunehmen, aber ich hab mich nich' getraut, weil ich Privatsphäre respektiere und so. Ähm.. und ich fands auch ganz gut, mal nich' alleine im Bett zu schlafen, als du bei mir gepennt hast. Naja da hab ich mich sicherer gefühlt und auch keine Alpträume geträumt... hmh... und es war auch ganz schön, dich mal geküsst zu haben, aber darüber sollten wir nich' mehr reden, weil das einfach nich' geht und so. Also ich meine, du findest dis' ja total schrecklich einen Typen zu küss'n, weil Hetero und so, aber würdest'e mal vergessen, dass ich 'n Junge bin, dann wär' dis nich' so schlimm.", laberte ich ihn ohne Koma und Punkt voll und atmete kurz aus.

"Aber genug is' genug. Ich hab das nur aus Einsamkeit getan, aber ich versprech dir... hoch und heilig.. ich schwöre... ich tu dis nich' mehr, weil das ja eklig ist und du keinen Typen... der noch dazu dein Bruder is', küssen willst. Wo war ich eigentlich? Was war'n deine Frage? Aso... ich soll was erzählen, ja? Hmh.. also ich fands nur komisch, wieso du meine Küsse erwidert hast.. kannst du sagen wieso? Oder ne halt! Will ich doch nicht hören! Ähm... worüber hab ich davor mit dir gesprochen? Naja egal.. auf jeden Fall... ähm.. wann sind wir da, Brüderscheen?"

Ich hatte gerade wohl viel zu viel Scheiße auf einmal gelabert. Konnte er mir überhaupt folgen oder hatte er mir eigentlich zugehört? Verwirrt strich ich mit meiner Nase über sein Hals, wobei meine Lippen diese leicht streiften.

Noah
Wie ich bemerkte, verstärkte sich seine Gabe, nie die Klappe zu halten ungefähr um das tausendfache, wenn er getrunken hatte. Gott waren das viele Informationen aufeinmal. Ich bemühte mich wirklich während des Laufens alles zu behalten, was er mir gesagt hatte, damit ich auch irgendwie drauf reagieren konnte. Naja zumindest auf manche Sachen. Zum Beispiel auf die Albträume, denn es hatte sich so angehört, als hätte er die öffter, was ja nicht unbedingt ein gutes Zeichen war, oder? Ein anderes Thema welches ich behalten hatte, war das mit dem Küssen. Irgendwie musste ich das wohl noch ein wenig richtiger stellen, zumindest musste ich ihm bestätigen, dass es gar nicht so schrecklich wäre, wenn ich ausblenden würde, dass er ein Typ war. Ironisch, dass das eigentlich das Beste daran war. 

Als ich dann recht überraschend spürte, wie seine Lippen leicht meinen Hals striffen, bildete sich direkt eine angenehme Gänsehaut, welche ich natürlich auf die Kälte schieben würde, würde er sie bemerken. Es dauerte einen Moment, bis ich mich wieder vollends gefangen hatte.

''Wir brauchen noch ein bisschen und ja du hast Recht, wenn ich ausblenden würde, dass du ein Kerl bist, dann wäre es nicht schlimm.'', bestätigte ich ihm, da er etwas Aufmunterung gut zu vertragen schien. ''Und was sind das für Alpträume die du hast? Hast du sie oft?'' Ich war mir sicher, dass er mir darauf antworten würde, zumindest in seinem jetzigen Zustand. Würde ich das morgen fragen, würde ich vermutlich nicht ein einziges Wort aus ihm heraus bekommen. Doch wie es schien, war er gerade mehr als mitteilungsbedürftig und wir hatten immerhin noch ein paar Minuten zu überbrücken, bevor wir zu Hause waren. Oh man, wie sollte ich ihn dann bloß die Treppe hoch bekommen? 

''Nicht los lassen...'', erinnerte ich noch einmal nur um sicher zu gehen, da er gerade eher wirre Gedanken zu haben schien.

Louis
Er war ja so ein Shampoodieb gewesen! Selbst seine Haut duftete nach meinem Duschgel! Jetzt wusste ich auch endlich, weshalb die Flaschen stehts so schnell leer gingen. Da ich den Beweis jetzt auch auf ihm schnupperte, war ich mir mehr als nur sicher, dass er es war. So ein Dödel! Dabei bezahlte ich immer selber für meine Flaschen!

Ich seufzte laut, als er erwähnte, dass wir noch eine Weile brauchen würden und legte meinen Kopf wieder an seiner Schulter ab. Wie ich aber nun richtig verstand, hatte es ihm überhaupt nicht mit dem Küssen gefallen, was ja auch klar gewesen war. Natürlich würde er es bevorzugen, wenn ein Mädchen ihn geküsst hätte... nur so fies hätte er das nicht unbedingt ausdrücken müssen.

Er meinte ja genau das Gegenteil von dem, was er eben sagte. Ja gut.. dann war das mit dem Küssen auch erledigt. Plötzlich fragte er mich nach meinen Alpträumen, weshalb ich inne hielt. Ich wollte es ihm so niemals erzählen, aber da ich gerade so einen Redefluss hatte fing ich an, ihm davon zu berichten.

"Ich hab sie öfter mal, weshalb ich nich' so gut schlafen kann. Also.. es sind immer verschiedene: mal geht es um meinen verstorbenen Dad, welcher mich für... Sachen.. verflucht. Manchmal geht es um die Idioten in der Schule, die mich schlagen, bis ich sterbe oder so... uhm.. auch um dich... uhm und auch um diese Familie hier... das sind einfach zu viele. Manchmal jagt mich mein toter Dad auf dem Friedhof... ich werde gefoltert...". Wieder fing ich an zu weinen, heulte ihm sein Shirt erneut nass und schluchzte verzweifelt.

"Ich will nicht mehr so viel Träumen.. das macht mir Angst. Deswegen denke ich, ich werde von Geistern verfolgt." Das erklärte vielleicht den Spruch von vorhin, als ich ihn bat mit hoch zum Bad zu kommen.
Als er mich dran erinnerte, krallte ich mich fester an ihn und lehnte meinen Kopf an seinen.

"Ich will dich nicht gehen lassen.", flüsterte ich ihm zu und schloss meine Augen.
"Bin so müde... wie lange noch, Noah?"

Noah
Er begann tatsächlich zu erzählen. Das was er allerdings erzählte, bereitete mir Sorgen, da es sich nicht gerade gesund anhörte. Zudem wusste ich selbst, wie es war, wenn man nicht schlafen konnte, nur hatte ich keine Alpträume. Konnte man dagegen was machen? Ich meine, er hatte erzählt, dass er nichts geträumt hatte als ich bei ihm geschlafen hatte, doch das konnte ich ja auch nicht jede Nacht machen. Vielleicht sollten wir beide mal zum Seelenklempner gehen.

''Wir lassen uns wegen der Träume schon was einfallen...'' Versprechen wollte ich nichts, aber vielleicht würde es ihm ja schon helfen, dass jetzt erstmal 'die Idioten in der Schule' für eine gewisse Zeit nicht mehr da waren. 

Wie ich feststellte, war es doch nicht so schwer gewesen Louis den Weg über zu tragen. Anfangs hatte ich mich vielleicht ein bisschen schwer getan, doch im Endeffekt war er gar nicht so schwer und wärmte mich dazu noch gut von hinten, wodurch mir nicht allzu kalt wurde.

''Nicht mehr lange, da vorne ist unser zu Hause.'', antwortete ich lächelnd und beeilte mich ein wenig mehr, da ich Angst hatte, er würde für wenige Sekunden einschlafen und danach direkt kotzen. Hatte ich alles schon erlebt und war nicht besonders schön, denn die einzige Kotze die ich halbwegs abkonnte war meine eigene, welche aber sowieso nur im Klo landete.

An der Haustür angekommen, schaffte ich es irgendwie den Schlüssel aus seiner Hosentasche zu fischen, die Tür aufzuschließen und lautlos das Haus zu betreten. ''Schön leise sein.'', flüsterte ich und bewegte mich im dunkeln langsam auf die Treppe zu. Allein würde er da doch nie im Leben hoch kommen. Vor der ersten Stufe blieb ich kurz stehen und sammelte noch einmal all meine Kraft.

Die ersten paar Absätze waren noch einfach, doch dann wurde es ziemlich schwierig. Gutes Beintraining wenn ich recht überlegte. Vielleicht sollten wir das ja öffter mal machen. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top