Ansage

Louis
Ich konnte mich gerade einfach nicht besänftigen, weshalb ich einige male auf den Boden herumstampfte und Troy am liebsten sein Genick gebrochen hätte, für den Scheiß, den er mir eben angetan hatte. Wie sollte ich mich jetzt bloß entspannen auf dem Weg zur Schule oder auf dem Weg nach Hause... - oder zu Hause, damit ich die Stimme meines Stiefbruders nicht mehr hören musste?! Prima!

Noch eine ganze Weile saß ich frustriert auf dem Klodeckel, bis mein Blick auf die Uhr an meiner Hand fiel, ich vom Platz aufstand und zum Erdkunde Unterricht eilte. Gerade noch pünktlich angekommen, nahm ich Platz an meiner vorderen Ecke - auf der anderen Seite von diesem Arschloch von Stiefbruder - und packte nur noch das Notwendigste aus der Tasche. Die Stunde verging ebenfalls schnell und sobald die Schulglocke läutete, war ich bereits aus dem Raum gehuscht, lief die Treppen runter und kam zum Eingang, vor dem die Kiffer standen, die zu Noahs Gruppe angehörten.

Der eine kam mir verwirrend nah und zog an meinem Shirt herum, nannte mich Schwuchtel und schubste mich dann etwas weiter von der Gruppe weg. Normal für mich.

Schön, dass die heute nichts schlimmeres taten, denn wer wüsste, ob ich heute nicht einen kompletten Ausraster bekam und denen in die Fresse schlug, wie mir das bereits einmal passiert war und ich daraufhin eine Woche nicht mehr zur Schule kommen konnte, da ich suspendiert wurde. Der Direktor hatte mich ja bereits vorgewarnt und sagte, dass wenn mir dies noch ein weiteres mal passieren würde, ich deswegen von der Schule fliege.

Deswegen brauchte ich meine Musik, um etwas runterzukommen.

Anstatt mich noch einmal anfassen zu lassen, rannte ich aus dem Schulhof in die Richtung des Busses, erwischte diesen noch geradewegs und setzte mich an einen Platz, der sich möglichst weit hinten befand. Ohne Musik in den Ohren, starrte ich frustriert durch die Gegend und stieg dann auch aus, kam zu Hause an, wo ich von meiner Mom und Matthias lächelnd begrüßt wurde. War was passiert.

Etwas verwirrt zog ich meine Braue in die Höhe und wollte gerade wissen, was denn los sei, doch meine Mom kam mir zuvor. "Schatz, wir haben vor, übers Wochenende mit euch an die Ostsee zu fahren, ist das nicht schön? Deswegen packt heute am besten alles zusammen und Samstag früh geht's dann auch los. Klingt doch supertoll, oder? Gerade ist es noch warm genug, um baden zu gehen, also pack dir deine Shorts auch mit ein.", erklärte sie lächelnd und fuhr sanft durch meine Haare. Etwas zögerlich sah ich sie an und biss mir auf die Unterlippe.

Sie sah so glücklich aus... da wollte ich den Trip eigentlich ungern vermiesen und ich wusste ja, dass sie das nur tat, damit wir uns als 'Familie' besser kennenlernten und so weiter.

Das hieß aber auch, dass ich..., keine Ahnung wie viele Stunden, hinten mit Noah im Auto sitzen musste und ohne Musik in den Ohren klar kommen musste. Oh Gott... wie sollte ich das überleben? Ob meine Mom oder Matthias noch Kopfhörer hatten?

"Ach und es gibt Kartoffelauflauf, also komm bitte gleich Essen.", fügte meine Mom hinzu, als ich an ihr vorbeilief und hoch in mein Zimmer ging, mich auf's Bett schmiss.

Na super! Mich rausreden konnte ich wohl kaum. Leise wimmernd, rollte ich mich im Bett und dachte ein wenig nach, was ich tun könnte, um so wenig wie möglich von Noahs Existens am Wochenende mitzubekommen. Und wie war das bitte mit der Zimmerverteilung in den Hotels? Ey... wehe ich musste mir ein Zimmer mit dem teilen!

Mies gelaunt packte ich nun meine Sporttasche für den Trip übermorgen und ließ leise Musik abspielen. 2 Boxer, meine schwarze Badeshorts, zwei T-Shirts, ein Hoodie, eine kurze Jogginghose und 2 Paar Socken und 1 Handtuch. Morgen müsste ich sowieso noch mein Haargeel und meine Zahnbürste dazu legen und die Zahnpasta durfte ich doch sicher von meiner Mom mitbenutzen. Hatte ich etwas vergessen? Glaub nicht. 

"Louis, kommst du jetzt bitte Essen?", rief meine Mom laut und ich bejahte kurz darauf, ging aus dem Zimmer, wusch meine Hände und kam schließlich in der Küche an, wo bereits alle 3 Leute saßen. Ach... der war auch schon zu Hause? Ich setzte mich still an den Platz neben Matthias und fing wortlos an zu Essen.

"Na... wie war die Schule heute so?", fragte Matthias lächelnd. "Echt gut, danke.", grinste ich diesen auf die Frage nur falsch an und aß dann mit unergründlicher Miene weiter.
So gut, dass man mir meine Ohrstöpsel geklaut hatte, aber naja..!

Noah
Geografie zog sich meiner Meinung nach ein wenig hin, da wir gerade ein Thema behandelten, welches mich nicht wirklich interessierte. Aber dennoch verging die Stunde schneller als Mathematik. Mit dem Klingeln packte ich gemächlich meine Sachen zusammen, verschwand noch einmal kurz auf dem Klo und gesellte mich anschließend zu meiner Gruppe, welche schon heute -am Donnerstag- das Wochenende einleiteten.

Eigentlich fand ich nichts an Gras, doch ausnahmsweise nahm ich ebenfalls ein paar Züge. Vielleicht würde es mich ja ein wenig aufheitern, zumindest für eine gewisse Zeit. Und ich musste zugeben, dass es mich zumindest entspannte. Als dann der richtige Zeitpunkt gekommen war, verschwand ich zum Bus und setzte mich in diesen. Durch die Wirkung der pflanzlichen Droge, schien alles viel langsamer zu sein, doch trotzdem verging die Fahrt schneller, so schnell, dass ich fast meine Haltestelle verpasst hatte.

Etwas überrumpelt verließ ich den Bus wieder um kurz darauf meinen Dad und Ella anzutreffen. 
Oh Gott was war los? Hatte Louis was erzählt? Nein, dazu sahen sie zu nett aus. Wollten sie heiraten? Bitte nicht. Doch es kam anders als ich dachte, als sie mir folgendes mitteilten: ''Hallo Großer, wir fahren übers Wochenende, alle zusammen an die Ostsee, pack nicht zu viel ein, aber denk an deine Badesachen.'' - ''Das ist doch schön oder? Dann können Louis und du euch besser kennenlernen und auch wir! Aber jetzt setzt dich erstmal, wir wollen essen.'', fügte Ella abschließend hinzu. Zunächst blickte ich beide etwas verwirrt an, da ich nicht ganz so schnell hinterher kam.

Als ich jedoch begriff, was sie mir gerade eben mitgeteilt hatten und wie sehr sie sich zu freuen schienen, begann ich zu lächeln. ''Klingt doch super.'', antwortete ich und setzte mich direkt an den Tisch. Nicht viel später kam Louis dazu, welcher die frohe Botschaft sicherlich auch schon erhalten hatte. Mich störte es nicht wirklich, denn vielleicht konnte ich ihm dort zumindest ein wenig zeigen, das ich nicht so schlimm war wie er dachte, aber noch viel besser war, dass ich dann am Samstag leider nicht zu Kassy konnte. Wirklich schade. Bei dem Gedanken musste ich leicht grinsen.

Das Grinsen verschwand jedoch recht schnell wieder, als mein Dad fragte wie die Schule war. Sofort fiel mein Blick auf Louis, welcher während seiner Antwort wohl das gefakteste Lächeln der ganzen Erdgeschichte aufsetzte. Zum Glück besaß mein Vater eine wirklich schlechte Menschenkenntnis, da er es nicht bemerkte. 

Ich zögerte einen Moment, zog dann aber schließlich seine Kopfhörer aus meiner Hosentasche. ''Apropos, ich glaube die hast du verloren. Sind doch deine, oder?'', fragte ich, während ich Louis seine neuen Kopfhörer rüberschob. Unversehrt. Er wusste ganz genau, dass ich nicht dachte er hätte sie verloren, doch was hätte ich sonst sagen sollen? 'Hier ich habe Troy sein Handy abgenommen, damit er mir deine Kopfhörer zurückgibt, die er dir geklaut hat?', Na ganz sicher nicht.

Nun lag es jedoch an Louis, ob er mich auffliegen ließ oder meine nette Geste einfach so hinnahm. 

Louis
Als Noah meine Kopfhörer auf den Tisch zu mir schob, starrte ich ihn ungläubig an und verzog meine Augen zu kleinen Schlitzen. Was hatte er vor? Wollte er mich vor meinen Eltern bloßstellen? "Stimmt.", brummte ich deswegen nur, stand in einer geschmeidigen Bewegung auf, nahm meinen leeren Teller - nachdem ich meine Ohrstöpsel in der Hose verschwinden ließ - und legte diesen und mein Besteck in die Spülmaschine, wandt mich kurz zu meiner Mom. "Ich bin wieder oben und pack noch ein wenig.", erklärte ich ihr, schlenderte hoch in mein Zimmer, schloss die Tür hinter mir zu und atmete auf.

Was hatte er vor? Als ob er mir die Teile einfach so ohne jegliche Hinterdedanken übergab... und seine Stimme.. irgh! Von der bekam ich sicher noch Ohrenkrebs!
Ich konnte einfach nicht glauben, dass meine Mutter ausgerechnet einen Mann mit so einem beschissenen Sohn gefunden hatte. Wäre Noah ein Mädchen, wäre das sicher viel einfacher und dann wäre ich auch so ein 'beschützender Bruder' geworden. Doch stattdessen hatte ich so einen bescheuerten Stiefbruder bekommen! Ich glaub, der war sogar ein Jährchen älter als ich, weshalb ich hier der Jüngste im Hause war.

Knurrend zog ich mir die Jeansjacke, mein dünnes Top und natürlich auch meine Hose aus, kramte nach einer kurzen Shorts und zog mir diese über die Boxer. Danach schmiss ich mich auf mein Bett, schaltete meine Playstation an und spielte einige Shootergames. Nach einer Zeit hatte ich aber keine Lust mehr, schaltete mein TV aus und schloss müde meine Augen, schlummerte für ein Weilchen tief und fest. 

Am Abend wachte ich wieder auf, da ich ja noch Hausaufgaben machen musste, setzte mich deswegen auch an diese und wurde relativ schnell fertig mit Mathe. Jetzt musste ich nur noch Englisch beenden und dann war ich wieder fertig mit allem.

Da ich jedoch durstig geworden bin, joggte ich runter in die Küche, schnappte mir ein Glas und griff in den Kühlschrank nach der Milch. Hastig machte ich mir einen Kakao und trank ihn kalt aus. Noch dazu schnappte ich mir einen Apfel und biss in diesen hinein, eher ich wieder hochging und auf dem Flur auf meinen Stiefbruder traf. Mit einem kurzen Todesblick, stachelte ich diesen an und verschwand wieder in meinem Zimmer.

Noah
Er stimmte einfach nur zu, was mich ein wenig beruhigte. Dennoch hörte ich Verwirrung in seiner Stimme. Kein Wunder, immerhin ging er davon aus, dass ich mich gar nicht von den anderen unterschied.

Er war der Neue an der Schule, nicht mehr total neu, immerhin lebten sie schon drei Monate hier, doch nach ihm hatte niemand mehr auf unsere Schule gewechselt und hätte es doch jemand getan, hätte sich diese Person sicher nicht direkt als schwul oder lesbisch geoutet. Wobei die Allgemeinheit unfairerweise nichts gegen Lesben hatte. Das war scheiße. 
Nachdem er aufgestanden und gegangen war, aß ich in Ruhe auf.

''Noah?'', fragte Ella aufeinmal und sah mich mit einem seltsamen Blick an. Ich sah auf und biss mir leicht verunsichert auf die Unterlippe. ''Verstehst du dich mit Louis?'', fügte sie schließlich hinzu. Sie schien selbst etwas verunsichert zu sein, aber wirkte dennoch hoffnungsvoll. Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht wirklich was ich antworten sollte. Er vermied sowohl in der Schule, als auch hier zu Hause jeglichen Kontakt zu mir und das schon von Anfang an, nicht erst nachdem er mitbekommen hatte, zu welcher Clique ich gehörte.

Dadurch konnte auch ich ihn wenig einschätzen, ich wusste nur, dass er recht mutig war, da er direkt mit der Wahrheit herausrückte. Anders als ich. Was erwartete sie nun von mir? Ich sah, dass sie sich wünschte, dass ich sagen würde, wir wären die besten Freunde, doch das wäre gelogen. Louis wollte mich nicht kennenlernen. Vielleicht wäre es anders gelaufen, hätte er sich nicht das erste komplette Wochendende in seinem Zimmer verkrochen, denn immerhin hatte ich mir auf den Wunsch meines Vaters hin, das Wochenende extra nichts vorgenommen. 

Unschlüssig suchte ich nach Worten. ''Er ist nett, sicher braucht er nur ein wenig um aufzutauen.'', antwortete ich schließlich und setzte ein leichtes lächeln auf. Das war wohl das einzige, was ich hätte sagen können ohne viel zu lügen. Wie gesagt, ich hatte nichts gegen ihn, denn ich sollte der letzte sein, dem seine Sexualität stören sollte.

Ella begann wieder zu lächeln und stimmte mir durch ein Nicken zu. ''Ja, du hast wohl Recht. Ihr hab ja das ganze Wochenende, um euch kennenzulernen, immerhin teilt ihr euch ein Zimmer.'', antwortete sie freudig und nickte erneut. Wir teilten uns ein Zimmer? Um ehrlich zu sein, wurde mir etwas unwohl bei dem Gedanken. Nicht weil er schwul war, sondern weil er mich nicht ausstehen konnte. 

''War sehr lecker, danke.'', verabschiedete ich mich schließlich vom Tisch und lief nach oben. Dort schrieb ich anschließend die Hausaufgaben ab, die mir per WhatsApp zugeschickt wurden.

Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und sah an die Decke. Keine Ahnung wieso, doch er schien alles, selbst das was ich gutes tat, als etwas böses zu werten. Im Prinzip war es egal was ich machte, irgendwie war alles falsch. Leicht seufzend machte ich mir einige Folgen einer Serie auf Netflix an, bevor ich kurz ins Bad ging und unter die Dusche sprang.

Anschließend verließ ich es nur in Boxer und Hose und begegnete Louis, welcher mich so ansah, als würde er mich auf der Stelle umbringen wollen. Seufzend verdrehte ich die Augen und überlegte kurz. Ich würde ihm lieber jetzt sagen, dass wir uns ein Zimmer teilen würden, bevor es noch zu irgendwelchen Eskalationen kam.

Also lief ich zu seinem Zimmer, klopfte kurz an und öffnete die Tür. ''Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass wir uns am Wochenende anscheinend ein Zimmer teilen werden.'', eröffnete ich ihm.

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