48 Minuten

Louis
Mit der Zeit kamen tatsächlich alle Gedanken auf die vorherige Nacht zurück, weshalb ich in seinen Armen so rot wie eine Tomate anlief. Oh Gott!

Langsam drehte ich mich mit dem Rücken zu Noah, griff nach meinem Handy und entdeckte nun auch die Bilder, die ich letzte Nacht von uns geschossen habe. Wie peinlich! Dann ging ich auf die Memo und blickte auf die 48 Minuten, die aufgenommen wurden. Fuck!

Langsam und ohne ihn zu wecken stand ich nun auf, zog mich an und schlich mich in mein Zimmer, wo ich mir frische Kleidung heraus kramte und duschen ging. Nach der Dusche schrieb ich der Schule eine Entschuldigung und schickte diese ab.

Nachdem ich mein Laptop heruntergefahren habe, warf ich mich kurz auf mein Bett und rollte mich hin und her. In mir herrschte ein noch nie zuvor tretendes Gefühlschaos. Sowas konnte man einem aber auch nicht beschreiben.

Nach einer Weile beschloss ich nach unten zu gehen und uns Pfannkuchen zu machen. Darüber schüttelte ich ein wenig Puderzucker und legte ihm einen Löffel mit Nutella und einen weiteren mit seiner Lieblingsmarmelade daneben und lief vorsichtig mit dem Teller hoch zu ihm. Als nächstes stellte ich den Teller auf den Nachttisch ab und weckte ihn mit einem zarten Kuss auf die Wange.

"Noah, ich hab Frühstück gemacht. Bitte wach auf, sonst wird es noch ganz kalt.", flüsterte ich ihm ins Ohr und deutete zum Nachttisch, als er endlich aufwachte.

"G-g..guten Hunger. Ich gehe joggen.", fügte ich noch an und verließ verlegen das Zimmer. Das was ich gerade brauchte, war ein wenig frische Luft. Und außerdem war ich mir immer noch nicht sicher, ob er mich dick fand oder nicht. Das war gestern Nacht vielleicht gelogen.

Nachdenklich zog ich mir eine Sporthose an und verließ das Haus ohne zu frühstücken. Selbst solche Typen wie ich, hatten so seine Komplexe und zweifelten am eigenen Körper.

Nach einer Stunde Rumgelaufe kehrte ich nach Hause zurück und schmiss mich auf die Couch, schnappte mir einen Pfannkuchen ohne nichts und biss ab und an mal darab ab. Mir war nicht nach Essen zu mute. Ich hatte eher Angst Noah zu sehen...

Noah
Ich schlief so tief und fest, dass ich nicht einmal mitbekam wie Louis sich aus meinem Zimmer schlich. Mein Körper hatte den Schlaf wohl wirklich mal wieder nötig und das obwohl ich eigentlich in der Schule sein müsste. Naja, ein Tag mehr fiel nun auch nicht mehr ins Gewicht. Ich war allgemein gespannt, ob mein Dad mir für die letzten vier versäumten Tage eine Entschuldigung schreiben würde.

Als ich plötzlich etwas in meinem Gesicht spürte und danach leise geflüsterte Worte hörte, schlug ich etwas verwirrt meine Augen auf und blinzelte Louis an, welcher schon in voller Montour vor mir stand, während ich noch nackt im Bett lag.

Mein Blick folgte schließlich seinem Finger, wo ich die Pfannkuchen entdeckte und zu lächeln begann. Seine Worte zogen meine Aufmerksamkeit wieder zu ihm und zeigten mir, dass er sich gerade genauso unsicher fühlte, wie ich mich.

Es war ein seltsames Gefühl, sich nach gestern Abend gegenüber zu stehen und das ich nicht der Einzige war, der das so empfand, zeigte mir seine Flucht aus meinem Zimmer.

''Danke!'', rief ich ihm noch hinterher, nicht sicher, ob er es überhaupt noch gehört hatte. Leise seufzend, ließ ich mich noch einmal für eine Minute zurück in mein Kissen fallen. An Frühstück im Bett könnte ich mich gewöhnen.

Grinsend über diesen Gedanken, schnappte ich mir den Teller und begann die Pfannkuchen zusammen mit der Nutella und der Marmelade zu essen. Was mich tatsächlich ein wenig überraschte war, dass es meine lieblings Sorte war. Zufall oder hatte er es gewusst? War ja auch egal, denn es schmeckte wie immer, wenn er kochte fantastisch.

Nachdem der Teller komplett leer war, suchte ich mir frische Sachen zusammen und hüpfte unter die Dusche, unter welcher ich eine Weile blieb. Ich trocknete mich anschließend ab, zog mich an und kümmerte mich zu guter letzt um meine Haare. Normalerweise tat ich das nicht, doch ich wusste, dass es Louis besser gefiel.

Fertig mit allem schmiss ich mich zurück in mein Bett und schickte eine Entschuldigung für die letzten fünf Tage an die Schule. Hätte ich nur heute gefehlt, hätte auch meine Entschuldigung gereicht, doch bei fünf Tagen, würde wohl mein Dad etwas schreiben müssen. Leicht seufzend klappte ich mein Notebook zu und schnappte mir mein Handy.

Ich hatte zwei neue Nachrichten von Andrew und eine von Louis. Allerdings kannte ich diese schon, weswegen ich sie nicht öffnete -noch nicht. Stattdessen biss ich mir ein wenig auf der Lippe herum und starrte auf die Anzeige, die 'Bild' sagte. Später.

In der ersten Nachricht von Andrew, fragte er, wann er am Dienstag vorbei kommen sollte und in der zweiten wünschte er mir eine gute Nacht und sexy Träume. Ich musste bei dieser Wortwahl leicht lachen und schrieb ihm letztendlich eine Zeit und eine Entschuldigung dafür, dass ich mich gestern nicht mehr gemeldet hatte. Es war etwas dazwischen gekommen.

Fast zeitgleich zum Absenden der Nachricht, hörte ich, wie sich die Haustür öffnete und jemand leichtfüßig das Haus betrat. Es musste Louis sein, denn unsere Eltern waren um diese Zeit noch arbeiten.

Nachdenklich legte ich mein Handy bei Seite und begann mit der Decke zu spielen. Sollte ich runter gehen? Unsicher stand ich immer mal wieder auf und lief zur Tür, bis ich doch wieder umdrehte und mich wieder auf das Bett setzte. Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte oder wie ich mit ihm umgehen sollte.

War das jetzt eine einmalige Sache oder doch etwas mehr? Wollte er mehr, im Sinne von nochmal mit mir ins Bett? Warum musste das alles so kompliziert sein? Seufzend schnappte ich mir den leeren Teller, welchen ich nur als Vorwand benutzte, um nach unten zu gehen. Was genau ich dort allerdings tun wollte, wusste ich selber nicht.

Also schlich ich leise die Treppe herunter und lief in die Küche, wo ich den Teller in die Spühlmaschiene stellte. ''Und wie war die Jogging-Runde?'', rief ich ihm aus der Küche zu, um nicht sofort mit ihm konfrontiert zu werden.

Louis
Meine Wangen glühten, als ich erneut an die Memo dachte, auf die Datei ging, auf die leiseste Laustärke ging und letzten Endes auf die Memo klickte, unseren Stimmen lauschte und mich mit dem Bauch auf die Couch drehte, mir dabei das Handy vor das Ohr hielt, bis ich hörte, dass sich jemand in der Küche befand und dieses vor Schreck beinahe fallen ließ.

Schnell schaltete ich mein Handy komplett ab und blickte unsicher in seine Richtung. "G-g..ganz gut, schätze ich.", antwortete ich diesem kurz und knapp und legte das Kissen auf mein Kopf, vergrub dabei mein Gesicht auf der Couch und schloss ganz fest meine Augen. Was sollte ich denn jetzt bloß machen? Auf einmal konnte ich mich ja gar nicht mehr mit ihm unterhalten.

"Ich...ich gehe noch ein wenig schlafen. Bitte weck mich nicht, okay? Nur wenn es denn wirklich sein muss und du... vorhast die Küche abzufackeln.", rief ich ihm zu, rannte nach oben und schloss mich in meinem Zimmer ein.

Auch wenn das im Gegensatz zum Joggen nichts war, war ich sowas von aus der Puste und mein Herz pochte nun auch wie wild. Hastig nahm ich mir meine Kopfhörer entgegen, schaltete mein Handy wieder an und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren, ehe ich mich der Memo widmete und nach einer Weile sogar leicht erregt von unseren heißen Auseinandersetzungen war. Nach den 48 Minuten setzte ich mich auf, besorgte es mir selbst und säuberte mich mit einem Taschentuch.

Meine Wangen brannten schon förmlich und auch mein Körper war mehr als nur verwirrt. Was tat ich hier eigentlich? Hab ich vielleicht Fieber? Also mein Gesicht sah jedenfalls danach aus. Panisch lief ich im Zimmer hin und her und griff mir in die Haare. Was ist da los? Wieso benahm ich mich bloß so seltsam? Konnte mir denn keiner Erklären, was mit mir los war?

Tränen kullerten meine Wangen hinab. Ich verstand mich absolut gar nicht mehr. Noah... es war alles seine Schuld! Es musste an ihm liegen, weshalb ich mich so seltsam in seiner Nähe fühlte. Wieso sonst war ich so komisch drauf?

Nach einer Weile lag ich schniefend im Bett, starrte ins Leere und versuchte das Gefühlschaos zu verstehen, schaffte es jedoch nicht. Der einzige, den ich fragen konnte war Noah, doch er war auch der einzige, dem ich das nicht erzählen wollte.

Da es bereits schon spät wurde, packte ich meine Tasche für morgen zusammen, schlich nach unten und bereitete das Abendessen vor, lehnte mich schließlich an den Platz am Esstisch, wo ich sonst auch immer saß und starrte an die Decke. Was Noah gerade wohl tat? Mom und Dad müssten jede Minute nach Hause kommen und diese Zweisamkeit endlich beenden.

"Noah, kommst du bitte mal her?", rief ich ihm unsicher und hörte im nächsten Moment das Rascheln eines Schlüsselbundes. Sekunden später öffnete Mom die Tür und ich fiel ihr dankbar in die Arme.

"Moom." - "So freundlich hast du mich ja schon seit Jahren nicht mehr begrüßt.", scherzte sie und küsste meine Stirn zur Begrüßung. Kichernd zuckte.ich mit den Schultern und begrüßte auch Matthias. "Ich habe heute nur Bolognese gezaubert... hoffe, dass es in Ordnung ist."

Noah
Wieder bekam ich eine unsichere Antwort und biss mir leicht auf der Lippe herum, während ich selbst nach einer habwegs sinnvollen Antwort suchte. Louis ersparte mir diesen Teil allerdings, als er mir verkündete, dass er schlafen gehen würde. Ein erleichterter Seufzer verließ meine Lippen.

''Alles klar!'', rief ich aus der Küche und verzog kurz mein Gesicht. Ich hatte doch gewusst, dass das alles nur komplizierter machen würde. Naja, immerhin ignorierte er mich nicht. Im Gegenteil, der Abstand den er wollte, passte auch mir ganz gut, da ich so vorerst den Peinlichkeiten entgehen konnte.

Dass wir irgendwann darüber reden mussten war mir bewusst, aber es hieß nicht, dass es mir gefiel. Ich wusste nicht, wohin mit den Gefühlen für ihn, da er durch diese Aktion gestern, alles halbwegs verstaute wieder herausgewühlt hatte, mir aber keine Anhaltspunkte gab, ob es ihm ähnlich ging.

Vermutlich nicht. Immerhin schien er mich nur anziehend zu finden, wenn er etwas getrunken hatte. Zumindest vermittelte er mir dieses Gefühl. Und wie sollte er auch irgendwelche Gefühle entwickelt haben? Wenn er sie nicht vor dem ersten Mal Sex gehabt hatte, hatte er jetzt ganz sicher auch keine. Woher sollten sie auch kommen? Zwei Wochen lang, hatte er mich verachtet und gehasst, eine Woche lang hatte er sich Sorgen gemacht und eine Nacht lang, hatten wir mehr oder weniger Spaß gehabt.

Dazwischen war gar kein Platz, um irgendetwas für jemand anderen zu empfinden. Also stand ich wieder am Anfang und wusste nicht, ob ich mit der Sache einfach cool umgehen sollte, vielleicht so tun sollte, als sei es keine große Sache für mich gewesen oder ob ich es weiter bei ihm versuchen sollte. Zweiteres war aber eigentlich eine unglaublich dumme Idee, da wir noch immer Stiefgeschwister waren und unsere Eltern das wohl nie akzeptieren würden.

Geschweige denn mein Vater meine Homosexualität. Es würde mich nicht einmal wundern, wenn er mich im hohen Bogen rausschmeißen würde.

Seufzend lief ich wieder nach oben, gerade rechtzeitig um einen Anruf von Andrew entgegen zu nehmen. Wir telefonierten gut eine Stunde, in der wir uns noch einmal über Prag und über morgen unterhielten.

Erneut erklärte ich ihm, dass meine Eltern es nicht wussten und es nicht wissen durften. Dieses Mal erwähnte ich allerdings auch Louis, welchen ich als meinen Stiefbruder betitelte. Gott fühlte sich das falsch an. Ich erklärte Andrew, dass Louis es wusste, verschwieg aber, dass er selbst alles andere als hetero war. Es ging ihn ja auch nicht wirklich viel an.

Nachdem wir das Gespräch beendet hatte, schaute ich eine Weile Haus des Geldes auf Netflix, bevor ich einnickte und erst wach wurde, als ich irgendjemanden meinen Namen rufen hörte.

Etwas verwirrt fuhr ich mir mit den Händen durch das Gesicht und bemerkte, dass ich ganze drei Folgen verschlafen hatte. Über mich selbst den Kopf schüttelnd, klappte ich den Laptop zusammen und steckte meinen Kopf aus meinem Zimmer. Hatte jetzt jemand gerufen, oder nicht? Verwirrt lauschte ich den Geräuschen, bis ich das Wort Bolognese fallen hörte und mich langsam in Bewegung setzte. Zögerlich lief ich nach unten, wo ich unsere Eltern, inklusive Louis entdeckte.

''Bolognese klingt super...'', merkte ich verunsichert lächelnd an, ehe ich Ella und meinen Dad begrüßte. Mein Blick fiel anschließend ein wenig hilflos auf Louis, bevor ich neben ihm Platz nahm. War das ein seltsames Gefühl.

Ich fragte mich, ob unsere Eltern diese Spannung bemerkten oder ob nur wie beide sie wahrnehmen konnten. Mir kam sie schon fast unerträglich vor. Wir begannen schließlich zu essen, während Ella von ihrem Tag zu erzählen begann. Wie es klang, hatte sie im Gegensatz zu uns einiges erlebt.

Im Gegensatz zu mir. Was Louis getrieben hatte wusste ich nicht. Konnte ja sein, dass er in der Zeit die ich verschlafen hatte, irgendetwas spannendes getan hatte, außer zu kochen.

-
Nabend. x3

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