Chan wollte am liebsten von hier verschwinden. Er hielt die ganzen Gerüchte nicht mehr aus. Sie schnitten ihm tief ins Herz und es tat weh, dass sich Leute von ihm abwanden. Studenten, die Chan immer high gefived haben, sahen ihn einfach nur angewidert an. Man fragte ihn, ob es wirklich stimmte aber Chan bestritt es jedes Mal. Er hasste den Fakt, dass er Felix damit verletzt, aber die Blicke und die Ausgrenzung der anderen, waren viel schlimmer. Liebe wird vorbei gehen und Felix wird irgendwann jemanden anderen lieben als ihn, aber Gerüchte konnten sich noch für Jahrzehnte halten.

Sein Ruf litt und er hatte große Angst, dass man ihn zur Unileitung deswegen schickte. Stunde für Stunde lebte Chan mit Panik. Nachts bekam er kein Auge zu, weil ihm das Thema beschäftigte. Minhos Nachrichten halfen ihn nicht. Auch Jisungs Memes zeigten keine Wirkung auf ihn. Er war einfach nur am Verzweifeln. Nicht nur, weil er so viel Verachtung miterleben musste, sondern weil er anfing etwas für Felix zu fühlen.

Es war einfach passiert und Chan konnte es sich nicht erklären, wieso er anfing Felix mit anderen Augen zu sehen. Kranke Wünsche, wo er einfach bei ihm sein wollte, tauchten in seinem verzweifelten Zustand auf. Wünsche, in den er sich an ihn schmiegte und ihn küsste. Er hatte keinen Moment ihren Sex und ihre Küsse vergessen. Tief im Inneren, wo seine moralischen Ansichten nicht mehr existierten, sehnte er sich nochmal so etwas mit Felix zu machen. Ihn wieder unter sich zu spüren, ihn zu küssen und seine Hand zu halten. Das Verlangen war so präsent, dass es Chan umbrachte. Er musste sich ablenken, konnte nicht mehr so weiter machen. Eine Frau musste her, die er durchnahm. Aber wer wollte jetzt noch mit ihm schlafen nach all den Gerüchten?

Chan saß da, das Gesicht auf die Hand gestützt und überlegte sich, wie er aus der Scheiße rauskam, die passiert war, als Yookyung an seinem Tisch stellte. „Darf ich mich sitzen?" Überrascht schaute er sie an. Der brünette Student hatte nicht gerechnet, dass jemand noch neben ihm sitzen wollte, nachdem das Gerücht auch in den letzten Tage immer noch die Runde machten. „Ja klar", meinte Chan und lächelte sie an. Die junge Frau erwiderte sein Lächeln, bevor sie ihn besorgt musterte. Es gab noch ein paar, die an Chans Unschuld glaubten und zu ihm hielten. Sie war auch eine davon. Ihre Gefühle für Chan ließen ihn nach wie vor in goldenes reines Licht sehen. Was auch immer mit seinem Bruder los war, sie wusste einfach, dass Chan nicht mit Felix schlief. Yookyung saß sich ganz dicht an Chan, sodass sie seinen Körper an ihren spüren konnte. Sie würde Chan helfen aus den Gerüchten rauszukommen. Wenn die anderen sahen, dass Chan etwas mit ihr am Laufen hatte, würden sie das mit Felix vergessen. „Weißt du, ich glaube dir. Du hast sicher nicht mit deinem Bruder geschlafen." Chan musste einfach weiter das Gerücht schlucken obwohl er wusste, dass es wahr war. Er musste es auch akzeptieren, dass es ihm irgendwie schmerzte das alles zu verleugnen. Chan musste aber damit weitermachen. Je mehr er an seiner blühenden Liebe zu Felix zu hinterfragen, desto größer wäre die Chance, die Gefühle ertrinken zu lassen.

„Danke", sagte Chan und war seiner Mitstudentin dankbar für ihre Gesellschaft. Es fühlte sich gut an mit jemanden so nettes wie Yookyung zu reden. Insgeheim fand Chan sie toll und würde die ganze Scheiße nicht passiert sein, dann würde er sicher bald mit ihr geschlafen haben. Sie sah ihn immer so verliebt an und Chan fand es total süß. Vielleicht sollte er in Erwägung ziehen etwas ernsthaft mit Yookyung anzufangen. Sich in sie zu verlieben würde nicht schwer sein und die ganzen Gerüchte würden aufhören. Dass er damit Felix verletzten konnte, kam ihm nicht in den Sinn. „Die Frage kommt plötzlich, aber würdest du gerne mit mir auf ein Date gehen? Sicherlich kannst du eins gebrauchen bei der Scheiße, die gerade hier passiert." Chan legte seinen Arm um ihre Schultern. Mal sehen, wie sie darauf reagierte. Entweder sie stieß ihn weg oder sie schmiegte sich an ihn. Das zweite war der Fall und Chans Verdacht, dass sie ihn gern hatte, bestätigte sich. „Gern."

Sie verabredeten sich am nächsten Tag und gingen gemeinsam in ein schickes Café. Dort unterhielten sie sich und Chan machte immer wieder Witze, was Yookyung zum Lächeln brachte. Chan sah ihr Glitzern in den Augen, ihr Blick auf seine Lippen und er beugte sich zu ihr rüber, um sie sanft zu küssen. Yookyung erwiderte den Kuss und legte die Arme um Chan. Der Kuss fühlte sich ganz zart an, ganz liebevoll und Chan genoss es. Für einen Moment konnte er die Sache mit Felix vergessen. Einfach nur in sein altes Leben zurück. Nachdem sie sich voneinander gelöst haben, suchte Chan ihre Hand und umschlang sie mit seiner. Hand in Hand saßen sie zusammen und die junge Frau legte den Kopf auf seine Schultern ab. Sie war so glücklich. Chan und sie hatten sich geküsst. Ein lang gehegter Traum war gerade wahr geworden. „Was hältst du davon, wenn wir bald wieder auf ein Date gehen würden?", fragte Chan mit leuchtenden Augen. Yookyung hatte es geschafft, dass er aufhörte an Felix zu denken. Würde er sich weiter mit ihr treffen, würde das kranke Verlangen Felix bei sich zu haben, aufhören.