Kapitel 60 (She)

Lucy hatte nicht weiter nachgefragt. Es war zwar nicht zu übersehen, dass Luke offensichtlich geweint hatte, aber sie blieb still. Vielleicht war es auch besser so.

Ich musste zugeben, ich war ziemlich nervös wegen dem Essen mit Lukes Vater. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich ihn gesehen hatte. In der Zeit war so unglaublich viel passiert. Ich konnte es noch nicht so ganz realisieren. Es fühlte sich an, als seien seit meiner ersten Begegnung mit Luke Jahre vergangen, dabei waren es gerade mal ein paar Monate.
Wo war nur die Zeit hin?

Vor dem Restaurant angekommen parkte Lucy und stieg gemeinsam mit Luke aus. Er kam um's Auto herum und öffnete mir mit einer ausladenden Geste die Tür. Ich lächelte ihn an und sagte: "Oh, welch' Gentleman! Vielen Dank." Luke grinste mich freudig an. "Für die Dame nur das Beste! Komm, lass uns reingehen." Er hielt mir seinen Arm hin, doch ich zögerte.
"Ich weiß nicht so recht Luke..."
"Was ist los? Gibt es ein Problem?" Er sah mich mit einem besorgten Blick an.
"Ich bin irgendwie nervös", gab ich kleinlaut zu. Ich hatte schon Angst vor Lukes Reaktion, aber als er zu lächeln begann, wurde ich etwas ruhiger. "Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst. Wir gehen da jetzt rein und haben einen tollen Abend, okay?" Luke schaute mir in die Augen und ich fing unwillkürlich an zu lächeln. "Okay."

Er griff nach meiner Hand und ging voraus. Ich folgte ihm und gemeinsam liefen wir zu Lucy,die bereits vor dem Eingang auf uns wartete. Zu dritt betraten wir schließlich das Restaurant.

*************

Es war das wahrscheinlich nobelste Restaurant, in dem ich je gewesen war. Man konnte es sich ungefähr so vorstellen, wie in all den Filmen; Kronleuchter an der Decke, lauter fein angezogene Leute und ein etwas älterer Herr, der leise auf einem schwarzen Flügel die Szenerie musikalisch begleitete.
Ich fühlte mich ein wenig fehl am Platz, auch wenn ich eins meiner besten Kleider -und zugleich auch mein Lieblingsteil- angezogen hatte. Nicht dass ich irgendwie Eindruck schinden wollte, ich wollte lediglich ein bisschen- okay, ich wollte sehr wohl einen guten Eindruck machen. Aber versucht das nicht jeder, der mit der Familie seines Freundes essen geht? Hoffentlich, denn ansonsten machte ich mich nämlich total lächerlich.

Lukes Vater stand am Eingang und wartete dort auf uns. Ich stand etwas abseits und beobachtete, wie er und seine Kinder sich zur Begrüßung umarmten. Ich wusste nicht so recht wohin und als er sich zu mir drehte, hielt ich ihm freundlich die Hand entgegen. Er schüttelte diese und lächelte mich an. "Hallo Melody." - "Hallo", erwiderte ich schüchtern und rückte unbewusst ein Stückchen näher zu Luke. Er grinste daraufhin nur und verkniff sich einen Kommentar, was seinetwillen auch besser so war.

Nachdem wir an einem Tisch Platz genommen hatten, fing Lukes Vater plötzlich in einem etwas ernsteren Ton an zu sprechen.
"Ihr fragt euch sicherlich, warum ich euch heute hierher bestellt habe. Das war nicht einfach nur so zum Spaß." Er schaute zwischen Luke und Lucy hin und her. "Ich gehe davon aus, ihr wisst welcher Tag heute ist."
Stille.
"Heute vor sieben Jahren da... Ich möchte mich noch einmal entschuldigen. Ich weiß, dass ich das gerade in letzter Zeit immer wieder gemacht habe, doch dafür kann man sich nicht oft genug entschuldigen. Das, was damals passiert ist, ist schrecklich und wenn ich könnte, würde ich es sofort rückgängig machen, aber ich weiß, dass das nicht geht. Es ist keine Frage, dass ich an ihrem Tod Schuld bin, das ist mir bewusst. Und es tut mir so unheimlich Leid. Es gibt keine Worte dafür.
Luke. Du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich war, als du mir damals eine zweite Chance gegeben hast. Das war alles andere als selbstverständlich, aber du hast es trotzdem getan und dafür bin ich dir unheimlich dankbar. Danke, dass ich heute hier mit euch sitzen darf. Ich möchte den heutigen Abend eurer Mutter widmen und ihr gedenken. Sie war eine wundervolle Frau, auch wenn ich das damals nicht gesehen habe."

Nach der emotionalen Rede von Lukes Dad herrschte ein  bedrücktes Schweigen. Ich beobachtete Luke und Lucy und wartete auf eine Reaktion von den beiden. Ich hätte gern etwas gesagt, aber das war eine Familiensache zwischen ihnen und ihrem Vater. Da wollte ich mich nicht einmischen, also blieb ich ruhig.

Die Stille hielt solange an, bis eine Kellnerin kam, um uns die Speisekarten zu bringen. Zudem fragte sie nach den Getränken. Als Luke eine Cola bestellte, musste ich mir ein Lächeln unterdrücken und ich sah auch, wie Lucy ihren Bruder mit einem gewissen Stolz lächelnd musterte.

Nachdem die Kellnerin kurze Zeit später die Getränke gebracht und unsere Bestellungen aufgenommen hatte, übernahm Lucy schließlich das Wort. "Ich- Wir wissen deine Worte wirklich zu schätzen Dad. Aber ich bin dafür, dass wir die Vergangenheit abhaken. Was passiert ist, ist nun mal passiert. Lasst uns lieber an die schönen Momente erinnern." Sie hob ihr Glas. "Auf Mum!"
Wir taten es ihr nach und damit fiel die Anspannung schlagartig vn uns allen ab. Wir wurden lockerer und so auch unsere Gespräche.

Ich erzählte von meiner Zeit in der Klinik und auch, wie Luke und ich uns kennengelernt haben. Ich muss zugeben, ich ließ einige Details weg, aber seine Familie musste nicht unbedingt die ganze Wahrheit erfahren.

"Der beste Moment war aber immer noch am See. Ich hätte gar nicht gedacht, dass du so romantisch sein kannst!", erzählte ich lachend und trank einen Schluck aus meinem Glas vor mir. Lucy grinste und stieß ihrem Bruder spielerisch in die Seite. "Luke und romantisch? Das past ungefähr so gut zusammen wie Mathe und Spaß! Zumindest war das früher so."
"Tja, anscheinend weißt du noch nicht alles über mich. Außerdem Menschen ändern sich." Luke verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. Ich rutschte ein Stückchen näher und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Ich schätze, du bist eines der besten Beispiele dafür."
Daraufhin lächelte er und drehte seinen Kopf zu mir. Er beugte sich vor und gab mir einen sanften Kuss. "Du aber auch", murmelte er gegen meine Lippen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis unser Essen schließlich kam. "Man, die sollten echt mal mehr Köche oder so einstellen. Was wäre, wenn man während der Wartezeit verhungert?", beschwerte sich Luke, als die Kellnerin auser Reichweite war.
"Weil das ja auch passieren könnte! Aber wenn du es so möchtest, dann reiche ich deine Beschwerde beim Chef des Restaurants ein. Vielleicht bringt es ja etwas", sagte ich lachend zu ihm und nahm mein Besteck in die Hände.

Während des Essens redeten wir nicht ganz so viel. Aber es war zum Glück auch keine komplette Stille. Lucy erzählte einiges von ihrem Job und auch ihr Dad hatte eine neue Stelle angenommen.
"Zeit für einen Neuanfang, also auch Zeit für einen Job. Zu viele schlechte Erinnerungen sind damit verbunden", hatte er gesagt und dabei gelacht.

Um ehrlich zu sein, erkannte ich den Mann von damals im Park, der eiskalt seinen Sohn schlug, kein Stück wieder. Es war, als würde hier ein völlig neuer Mensch vor mir sitzen. Aber vielleicht war es ja sogar auch so.
Ich freute mich so für Luke und auch für Lucy, dass mit der Beziehung zu ihrem Vater alles wieder okay war. Die Familie war viel zu lang kaputt gewesen. Sie hatten einen Neustart mehr als verdient.

Aber auch Luke hatte sich stark verändert. Der, der hier neben mir saß, hatte nichts mit dem schlecht gelaunten, schwarz gekleideten Typen zutun, der mich damals angerempelt hatte. Er war nicht mehr abweisend. Er redete viel mehr, er lachte viel mehr und er war offener. Ich freute mich so für ihn, dass alles nun ein Ende für ihn hatte. Kein Verstecken mehr vor dem eigenem Vater, keine schlechten Erinnerungen und auch keine negativen Gedanken mehr.

Natürlich aber hatte ich mich auch verändert. Damals hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, dass ich jemals wieder ehrlich lachen könnte. Das Mobbing hatte alles in mir zerstört.
Aber das war nun vorbei. Ich würde mir von niemanden mehr vorschreiben lassen, wie ich zu sein habe und ich lasse mich auch nicht mehr so sehr beeinflussen von der Meinung anderer. Ich bin ich und so wie ich bin, bin ich glücklich. Egal was andere sagen.
Die Zeiten der Depressionen und des Mobbings waren nun endgültig vorbei. Ich hatte Luke, meine Eltern, gute Freunde und sogar bald ein kleines Geschwisterchen.
Es war das erste mal seit zwei Jahren, dass ich wieder ehrlich sagen konnte: Ich bin glücklich.

**********

Nach dem Essen, lud uns Lukes und Lucys Dad noch auf eine Runde Sekt ein. "Um ein letztes Mal an die Vergangenheit zu denken und sie damit für immer zu verbannen. Die Zukunft ist nun das, was zählt."
Er winkte die Kellnerin heran und wollte vier Gläser Champagner bestellen, als Luke sich zu Wort meldete und lächelnd sagte:

"Tut mir leid, für mich bitte nicht. Ich trinke keinen Alkohol."

Mit einem Grinsen lehnte ich mich zu ihm und sagte leise: "Ich liebe dich und ich bin so verdammt stolz auf dich."
Luke lächelte weiterhin, um mir schließlich ganz nah zu kommen. Und dann küsste er mich, lang und intensiv.

"Ich liebe dich auch Melody."

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Oh mein Gott. Das war's. Das ist das Ende. Cabcyl ist jetzt offiziell zu Ende und ich bin grade echt traurig darüber. :(

Ein paar abschließende Worte, Dankessagungen und all das emotionale Gedöns gibt's dann mit dem Epilog.

Danke schon einmal fürs Lesen♡

P.S. Ehe ich es wieder vergesse! xD
Eine neue Geschichte steht bereits in den Startlöchern! Sie heißt "Forgotten Memories" und ich habe auch schon das erste Kapitel hochgeladen, damit ihr euch schonmal eine Meinung bilden könnt. Ich würde mich riesig freuen, wenn ihr mal vorbeischauen könntet.♥(:

Klappentext:

Was würdest du tun, wenn du eines Morgens aufwachst und dich an nichts erinnern kannst?
Chloe Parker ist gerade erst 18 geworden und Studierende an der Blackwell Academy. Sie hat viele Freunde, den wohl heißesten Freund der Schule und keine Ahnung von allem.
Irgendetwas ist vorgefallen, das ihr Leben rapide geändert hat, und Chloe macht es sich zur Aufgabe, herauszufinden was es ist. Hilfe holt sie sich dabei von dem verschlossenen Logan Black, der sich anfangs mehr als dagegen wehrt. Auch er verbirgt etwas, was er mit allen Mitteln versucht zu schützen.
Wird Chloe die Wahrheit herausfinden und zugleich noch erfahren, was Logan zu verstecken hat? Und was hat das alles mit der großen Halloween-Party zu tun, die Ende Oktober stattfinden soll?

(Wen das Ganze an Life is Strange erinnern sollte; es ist keine Fanfiction aber ich habe mich von LiS inspirieren lassen ^^)

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