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Wir starrten uns an! Wir waren alleine und wussten auch nicht wirklich, was mit der Zeit anzufangen war. Aber niemand traute sich auch nur ein Wort zu sagen, nicht einmal Peter. Trotzdem wollten wir uns alle ein Bild davon machen, wo wir waren, was jetzt passiert und wer die Anderen überhaupt sind!
Wir begutachteten uns einfach schweigend. Überrascht von mir selbst, hielt ich die Stille nicht mehr aus und schlug schließlich vor:
,, Vielleicht sollten wir uns erst einmal gegenseitig vorstellen." Die Anderen nickten bloß.
Diesmal wollte ich aber nicht anfangen und starrte die Anderen nacheinander fragend an.
,, Ok, ich heiße Nadya", überraschte die Braunhaarige mich. ,, Ich bin 16, und habe vor kurzem noch mit meiner Mutter zusammen gelebt", fang das fremde Mädchen mutig an. Ich nickte ihr aufmunternt zu. Ich war ein bisschen Überrascht, dass Nadya gleich so viel erzählt hatte. Sie blickte beim Sprechen mit ihren braunen Augen auf den Boden und klimperte ihn an. Sie hatte sehr schmale Lippen, was meiner Meinung nach zu ihr passte. Für ihr alter und ihre etwas bedrückende Haltung wirkte sie jünger, sowieso war sie nicht so groß. Ihr langen braunen Haare reichten ihr bis zur Hüfte. Sie schien ein bisschen schüchtern zu sein, da sie die Worte eher leise ausgesprochen hatte. Vielleicht hat sie auch einfach noch etwas Angst, überlegte ich oder sie traut sich nicht so vor ein paar fremden Menschen zu sprechen, da sie bevor wir das Gebäude betreten hatten, eher ein Gespräch angefangen hätten.
,, Also ich bin James, bin 17 und habe davor mit meinem Vater und meinem Bruder gelebt" holte mich James aus meinen Gedanken. Er wirkte recht freundlich. Er war größer als wir alle, hatte relativ breite Schultern und ein sehr kantiges Gesicht. Dafür besaß er eine große Nase, die irgendwie nicht so in sein Gesicht passte. Mit seinen schwarzen Haaren und seinen dunklen Augen aber, wirkte er wiederrum attraktiv und sympatisch.
,, Gut!" Jetzt war auch ich dran.
,, Ich heiße Alice, bin 15 und habe zuvor noch mit meinen Eltern, meinem großen Bruder und meiner kleinen Schwester gelebt. "Ich war überrascht, wie erleichternd es war, etwas über sich zu erzählen. Jeder in diesem Raum hatte schließlich eine Familie, die sie verlassen mussten. Anschließend blickten wir auf Peter, der scheinbar keine Lust hatte etwas über sich zu erzählen. Nachdem ich ihn auffordernd anstubste, fing er nun doch an:
,, Ich bin Peter, bin 16 und habe im Bus neben Alice gesessen!" Peter grinste schelmisch und ich demonstrierte abermals meine Augenkünste. Das war mal wieder typisch, fand ich. Aber irgendein Gefühl sagte mir, dass Peter uns etwas verheimlichte.
,,Vielleicht sollten wir es uns schon einmal gemütlich machen", sagte James, der, glaube ich keine Lust auf Streit hatte. Nadya lächelte zustimmend und setzte sich auf das rechte, untere Bett. Ich tat es ihr gleich, nur dass ich in das obere Bett kletterte. Es war nicht einmal ungemütlich, was mich etwas aufheiterte.
Ein Schlafanzug lag auf der Bettdecke, den ich jedoch erstmal in Ruhe ließ.
Ich interessierte mich viel eher für das Buch, was Miss Miaksen angesprochen hatte.
Es befand sich unter dem Kissen.
Glücklicherweise war es nicht so dick, wie ich erwartet hatte.
Es war grau, war ja klar und es prangte auf der Titelseite fett in schwarz gedruckt " Hausregeln, die eingehalten werden müssen!!! "Ich ließ mich auf das Bett nieder und begann zu lesen:
Wilkommen im Camp 19:
Dieses Buch wirst du behalten, damit du die Regeln, Zeiten... nicht vergisst. Daher wird es ebenfalls keine Ausreden geben, falls du zuspätkommen solltest.
Regeln:
Falls du Zu spät kommst, wird es eine Strafe geben!
Es wird sobald du nicht auf einen Lehrer, Ärtzte, Betreuer... oder auch Erwachsene hörtst, natürlich auch eine Strafe geben.
Je nach Fehler gibt es Strafen.
Es gibt 3 Stufen:
3 = ist die geringste Strafe. Sie ist Vergleichbar mit dem, einem Aufsatz schreiben zu müssen.
2 = ist die normale Strafe.
1 = ist die höchste Strafe.
Die Strafen sind meistens immer unterschiedlich.
Ich blickte für ein Moment auf. Was wohl mit Strafe 1 und 2 gemeint ist, überlegte ich. Kurz bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich versuchte mich jedoch zu beruigen unf las ersteinmal weiter:
Zeiten:
Natürlich gibt es hier bestimmte Zeiten:
Aufstehen = 5:30 /45min.
Frühstück = 6:15 /30min. Unterichtsbeginn = 6:45 /3h
1. Pause = 9:45 /30min.
Unterricht = 10:15 /3h
2. Pause = 13:15 /30min.
Unterricht = 13:45 /2h
3. Pause = 15:45 /10min.
Unterricht = 15:55 /1h
Unterrichtsende = 16:55
Freizeit = 17:00 /1h
Artzt = 18:00 /10min.
Hausaufgaben = 18:10 /2h
Abendessen = 20:10 /35min.
Ins Zimmer gehen = 20:45 /10min.
Bettfertig machen = 21:15 / 45min.
Im Zimmer sein = 22:00
Bettzeit = 22:30 /6h
Ich überflog den Art Terminkalender bloß und stöhnte. Diese ganze Zeiten erinnerte mich wirklich an eine Art Camp oder an ein Internat. Als ich kleiner war, hatte ich mir immer vorgestellt in einem Internat in einem riesigem Schloss zu leben. Dort hätte ich mich wie eine kleine Prinzessin gefühlt und viele Freunde gehabt. Ich lächelte die leere Wand gegenüber des Bettes an. Doch diese Vorstellung verschwand schnell aus meinem Kopf. Ich war nicht in so einem Internat und so etwas wird es nie wieder geben. Schnell ließ ich meinen traurigen Blick auf das Papier wandern, um mich wieder mit diesen Aufzeichnungen zu befassen:
Du musst dich daran halten,sonst wirst du bestraft.
Du wirst einen Wecker, als auch eine Uhr bekommen, damit du dich schon nicht beim Frühstück verspätest.
Du wirst, auch wenn du keine 45min. zum Anziehen und fertig machen brauchst, trotzdem um 5:30 aufstehen.
Du hast mit den Pausen ungefähr 10 ganze Stunden Schule. Daran wirst du dich schnell gewöhnen.
Kurz vor jedem Unterricht wirst du zu dem Klassenraum gehen, in dem du Unterricht hast. Natürlich ist es da auch nicht erlaubt zu spät zu kommen.
Du hast eine Stunde lang frei und kannst tun und machen, was du willst. Aber du darfst nicht das Gelände verlassen.
Du wirst jeden Tag zu deinem Artzt gehen müssen. Außer an deinen freien Tagen.
Natürlich wirst du auch Hausaufgaben aufkriegen, die aber hauptsächlich dafür da sind, dass du die Unterrichtsstoffe beherrschst und übst.
Abschließend wirst du in dein Zimmer gehen und du kannst machen, was du willst.
Kurz darauf wirst du dich aber wieder Bettfertig machen.
Dann musst du wieder in dein Zimmer. Um 22:30 Uhr solltest du schlafen. Das Licht muss auf jeden Fall aus sein.
Gebäude:
Wie schon gesagt darfst du das Gebäude (ohne Erlaubnis) nicht verlassen. Das Gebäude ist groß, hat aber auch einen schönen Hof draußen. Dort darfst du auch immer hin.
Wo die Waschräume und so sind, wird dir gezeigt.
Ob man das Gebäude überhaupt verlassen kann, fragte ich mich.
Schule:
Dein Stundenplan wird dir ausgehändigt.
Hausaufgaben in jedem Fach, darunter auch Vokabeln, in den Fächern Französisch und Spanisch. Falls du einer dieser Sprachen bereits beherrschst, wände dich an den Fachlehrer.
Arbeiten wirst du schreiben, in allen Fächern, dafür in jedem Halbjahr nur zwei pro Fach.
Frei:
Du wirst an Weihnachten eine Woche frei haben, bleibst jedoch hier.
In der Woche hast du am Sonntag keine Schule und keine Termine. Jedoch falls du einer Religion angehörst: An dein Religionslehrer wänden und Sonntag wird gebetet.
Weihnachten. Das Wort hatte ich lange nicht mehr gehört. Es war lange her, dass meine Familie und ich es gefeiert hatten. Ich erinnerte mich in das Leuchten in den Augen meiner Eltern und sogar meines Bruders, als sie den Geschmückten kleinen, noch ergatterten Baum erblickten. Alls trugen ein Lachen im Gesicht und erhellten den sonst so kalten Raum. An dem Tag gab es Momente wo man alle Sorgen und Probleme vergessen durfte. Nein, dort gab es überhaupt keine. Alles war wie verzaubert. Ob ich so einen tollen Tag hier auch erleben kann, überlegte ich hoffnungsvoll. Doch ich blickte auf meine Hände. Sie zitterten und ich schluckte schwer, als ich an meine Familie dachte. Abermals erblickte ich meine kleine Schwester vor mir. Sie lachte in meinen Vorstellungen. Ob sie jemals so ein Glitzern in den Augen wahrnehmen kann oder überhaupt erlebt? Ich hätte so gerne gesagt, wie sehen uns alle wieder, doch ich konnte es nicht. Von der Hoffnung hatte ich nicht mehr viel über und ich las den letzten Abschnitt auf dieser Seite zu ende:
Freunde/Liebe...:
Natürlich darfst du auch Freunde haben.
Eine/n Freund/in darfst du auch haben, solange ihr euch benehmt und nicht irgendwie auffällt. Bei einer Beziehung dennoch einer Aufsichtsperson melden.
Essen/Alergien/Krankheiten:
Sagt uns sofort etwas, wenn ihr etwas nicht verträgt. Außerdem sobald ihr euch nicht gut fühlt oder euch verletzt habt, sagt ihr es sofort eurem Artzt.
Ich konnte nicht mehr weiter lesen, ich hatte auch keine Lust mehr. Und überhaupt, waren diese Regeln total absurd und anstrengend.
Wütend klappte ich dieses kleine Bich zu.
Ich blickte zu Peter. Er schlief in seinem Bett neben mir.
Ich betrachtete ihn. Er trug seine braunen Haare eher wild und scheinbar ungekämmt. Überhaupt wirkte er nicht gerade geflegt. Er war ziemlich mager und machte von Anfang an einen müden Eindruck. Seine Kleidung wirkte auch etwas heruntergekommen. Bevor ich weiter auf ihn starren konnte, öffnete er langsam seine braunen Augen. Kurz hing ich in seinem Blick, als würde er mich nicht mehr los lassen. Doch wir rissen uns beinahe gleichzeitig aus diesem peinlichen eindringlichem Augenblick. Er setzte sich etwas peinlich berührt auf und versuchte mich etwas anzulächeln.
Ich blickte derweil zu Nadya um ihn nicht mehr in die Augen zu blicken. Sie hingegen hatte braune, lange Haare und ebenfalls braune Augen. So wie ich das von da aus beobachten konnte, las sie ebenfalls das kleine Buch und schien genau so viel überzeugt, wie ich. Ich schmunzelte als ich ihren etwas hilflosen Blick auf das Buch gerichtet sah.
James blickte sie auch an. Er versuchte cool durch seine kurzen schwarzen Haare zu gehen, als Nadya ihm einen kurzen würdigenden Blick zu warf. Seine dazu passend dunkle Augen betrachten ihre braunen Augen. Auch dieser Moment hielt nicht lange an und Nadya wandte sich etwas verlegen ihrem Buch zu.
Ich blieb noch eine Weile liegen, doch plötzlich klingelte etwas und riss mich aus meinen Gedanken.
Es war ein Wecker, den ich zuvor noch gar nicht bemerkt hatte von dem wahrscheinlich in dem Regelbuch etwas stand. Auf einmal klingelten noch weitere drei Wecker, die die anderen scheinbar auch noch nicht wahrgenommen hatten. Sie alle piepten, wie auf Knopfdruck los.
Es war 20:05 Uhr! War da nicht noch etwas?
,, Leute, wir müssen zum Abendessen", rief ich in die Runde.
Ich sprang schnell vom Bett runter. Nadya und James sahen erschrocken auf. Peter, der mich fragend mit schmalen, müde dreinblickenden Augen, anblickte, verstand immer noch nichts. Erschrocken ließ Nadya das Buch auf den Boden fallen.
Während wir drei schließlich schon alle an der Tür waren, kletterte Peter seelenruhig die Leiter runter.
,, Peter, komm jetzt!" Ich wollte nicht gleich am ersten Tag eine Strafe bekommen. Er jedoch schien auch ein bisschen Angst zu haben, da er etwss verkrampft die Stufen von seinem Bett nach unten kletterte.
,, Ja ja, warum hetzt ihr denn so", gab er etwas genervt zurück. Langsam hatte ich auch keine Geduld mehr.
,,Wir dürfen nicht zu spät kommen! Und wir kennen nicht einmal den Weg", sagte ich ihn nun etwas lauter. Ich war selber von meiner brausenden Stimme überrascht, doch Peter schien es verstanden zu haben.
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