3.

Eine streng aussehende Frau in Mitte fünfzig stieg aus dem schwarzen SUV. Die Fenster des Wagens waren getönt und verschluckten die warme, rot scheinende Abendsonne noch bevor sie auf das weiße Leder im inneren traf. 

Zielstrebig lief sie auf die hellgrüne Tür zu und klopfte. Die Frau trug ein edles grau-schwarzes Kostüm und ihre schwarzgrauen Haare waren mit Hilfe von zwei langen Haarnadeln zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur befestigt worden. Mit langen, sauber lackierten dunkelgrauen Nägeln hielt sie förmlich eine Fliederfarbene Akte während sie auf den Klingelknopf drückte.
"Guten Tag Frau.." ihre Augen huschten kurz zu der Akte "Evôil, darf ich reinkommen? Vielen Dank" sie lächelte mit kirschenrot geschminkten Lippen als sie sich ohne auf eine Antwort zu warten an meiner Mutter vorbei drängte. Die Bauersfrau sah ihr kritisch nach und schloss dann, verdattert und missbilligend die Tür "und sie sind?" Fragte sie und geleitete die fast gleichaltrige Frau in die ländlich eingerichtete Küche "oh, wie unhöflich von mir" die Frau drehte sich zu meiner Mutter um und streckte die Hand aus "Nadia Perrera, Modedesignerin und Model" eher zögerlich ergriff sie Nadias Hand und schüttelte sie "Angelika Evôil... nehmen sie doch Platz. .. ich hol Caly" meinte sie, beobachtete noch kurz wie Perrera sich auf einen von einem grünen Kissen gepolsterten Holzstuhl setzte und sich aufmerksam umsah. Die Aktenmappe hatte sie aufgeklappt und mit einem edlen Füller vor sich hingelegt, sie machte öfters, nachdem sie ihre Umgebung genausten analysiert hatte mit leicht zusammengekniffenen Augen Notizen
"Caly? Die erste ist da..." meinte meine Mutter, steckte den Kopf durch meine Zimmertür. Sie sah etwas besorgt aus und mache mir Zeichen ihr schnell zu folgen. "Komm Kind" meinte sie leicht lächelnd. Ich erhob mich aus dem Bürostuhl und trabte nervös zu meiner Mutter die mir aufmunternd über den Rücken strich und schnell versuchte meine Haare etwas in Ordnung zu bringen ehe ich an ihr vorbei ging "sie wartet in der Küche..." 

Langsam ging ich die knarzende Holztreppe hinunter und über die glänzenden weißen Flurfliesen in die Küche. Nervös drehte ich eine Haarsträhne zwischen den Fingern und versuchte gleichzeitig meine Hände zu kneten "ähh Hallo" meinte ich als ich circa In der Mitte der Küche stand. Nadia sah von ihrer Mappe auf und stand auf "guten Tag! Sie müssen die junge Evôil sein?" Ich nickte und steckte meine Hand etwas unsicher aus oder knikste man in so einer Situation etwa? "Calypso Eliljana" ich versuchte ein lächeln und mein Gegenüber lächelte "mein Name lautet Perrena, Nadia Perrena. Seien sie nicht schüchtern! Ich muss ihr wahres 'Ich' sehen! Ihre wilde Natur! Ich werde ihr Reisekleid entwerfen und ihre Fraktion an Näherinnen leiten" sie sah beängstigend vertieft und begeistert aus und ich wich einen Schritt zurück als sie genießerisch die Luft einzog und mit den langen Fingern auf ihr Herz deutete "Mode kommt von hier! Aus dem innersten! Mode ist einzigartig, sieht an jedem Menschen anders aus" schwärmte sie begeistert und verstummte dann "entschuldigen sie, ich habe mich mitreißen lassen.." 

Nadia lächelte und griff dann wieder zu ihrem Stift "nehmen sie Platz junge Dame" meinte sie, deutete auf dem ihr gegenüber stehenden Stuhl und setzte eine dünne schwarze Brille auf "also... wie groß sind sie?" Sie sah über den Brillenrand hinweg zu mir und tippte mit dem Stiftdeckel auf den Tisch "1,72" antworte ich wahrheitsgemäß und sah mich nach etwas unauffälligem zu tun um. Nach einigen Sekunden ergebnislosen herumschauens gab ich mich geschlagen und sah die Designerin an die langsam nickte "gut gut... Gewicht?" Fragte sie gedankenverloren und auf notierte die Werte "such dir einige Worte die dich beschreiben? So wie du wirklich bist!" Sie sah nicht auf, sondern blättere in der blasslilanen Mappe. Ich überlegte einige Sekunden bevor ich antwortete "hilfsbereit, naturnah, freundlich, beschützerisch und... ähhh eine gute Freundin? " meine Augen ruhten auf der orange tapezierten Wand über Perrera, davor war mir nie aufgefallen das sich ein Muster in einem verblassten dunkleren Farbton durch den Mandarinfarbenen streifen zog. "Interessant. .. Hobbys? Körperliche Verfassung? Sport? Frische Luft?" Ihre stählernen grauen Augen scannten mich erneut "Verfassung, sehr gut, sportlich, viel Zugang zu frischer Luft und Sonnenlicht" murmelte sie zu sich selbst und kritzelte ihre Ergebnisse auf ein Papier "also...?" Fragte sie und hob den Blick "malen und zeichnen, lesen, Botanik, wandern, schwimmen klettern, seit neustem Bogenschießen..." zählte ich auf und folgte der dunklen orangen Spur, sie war verschlungen und ergab einen wundervollen Kontrast zu dem Apfel-grün der Küche. "Interessant..." in Windeseile fragte sie mich nach mehreren Dingen, darunter nach Beziehungen, Freunden, Allergien, Vorlieben und co. Ich versuchte ihr möglichst genaue Antworten zu geben doch sie schien nie ganz damit zufrieden zu sein und hakte immer wieder nach.

Ich sah auf die gläserne Küchenuhr. 21:17 Uhr. "So das war es erst einmal mit Fragen. Hach, wie die Zeit verfliegt... ich werde im Rathaus übernachten und Morgen mit dem gesamten Team anrücken süße okay? Gut.... nur noch eine letzte Sache.." Nadia klappte den auch nach Flieder duftenden Ordner zu und band vorsichtig das dafür vorgesehene Band darum sodass auch keine ihrer Ideen und Entwürfe entfliehen konnte "Bitte besorgen sie einen möglichst großen Raum mit guten Lichtverhältnissen und Wasseranschluss für morgen okay? Etwas das zu ihnen passt und sie widerspiegelt... Mode mein Kind. Mode.. und Nun schlafen sie gut, Augenringe versauen die Bilder" damit tätschelte sie meine Wange, rauschte aus der Tür und lief mit klackenden Absätzen zu ihrem Auto. 

Der Motor brummte auf wie eine schnurrende Wildkatze und die grellen Lichter der Scheinwerfer fluteten für einen Moment den Hof bevor der schwarze Wagen auch schon über die Landstraße ins Dorf davon brauste...
Morgen hatte ich dann wohl ein Fotoshooting in der Scheune. .. Halleluja, das konnte ja was werden. Erschöpft ließ ich den Kopf auf den Tisch fallen und schlief schon bald darauf auf dem kleinen Küchentisch gelehnt ein. Wenn mein Leben ab heute immer so abging... hoffentlich nicht...?

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