86 Kein Grund zur Panik

Samiya lag noch eine ganze Weile wach, nachdem sie sich – mit einer langen Umarmung – von Carag an der Felsentreppe unter ihrem Fenster verabschiedet hatte. Sie fühlte sich immer noch ein kleines bisschen kribbelig wenn sie an die Momente mit dem Pumajungen auf dem Dach des Baumhauses dachte...

Was war das jetzt mit ihnen? Sie hatten nicht mehr viel gesprochen in dieser Nacht, und Samiya war sich alles andere als sicher, was nun passieren sollte... Vor allem tagsüber während der Schulzeiten, im Speisesaal, auf den Gängen... wie sollte sie sich Carag gegenüber verhalten?

Ihr Problem war, dass sie keinerlei Highschool-Erfahrung hatte, sie war nie dort gewesen, sie hatte nie gesehen, wie andere Pärchen händchenhaltend ins Klassenzimmer kamen oder sich am Morgen ein Begrüßungsküsschen gaben.

Alles was sie bisher mitbekommen hatte, waren die – für sie recht befremdlichen – Aktionen ihres Bruders...

Sie hatte Raja immer mal wieder mit irgendwelchen Mädchen hinter oder vor dem Haus erwischt - meistens nicht nur händchenhaltend - aber das waren ja immer Situationen gewesen, die eigentlich niemand mitbekommen sollte. Seltener hatte sie auch Jordan mal mit einem Mädchen gesehen, ab und zu, wenn er Raja zu einer Tour durch die Stadt abgeholt hatte... All das half ihr aber überhaupt nicht weiter! Außerdem wollte sie sich kein Beispiel an Raja nehmen. Keine seiner ‚Freundinnen' hatte sie länger als ein paar Wochen mit ihm gesehen, manche sogar nur ein- oder zweimal. Danach waren sie immer wie vom Erdboden verschluckt...

Das wollte Samiya auf keinen Fall! Carag war ihr Freund, das würde er doch auch bleiben, oder?

Mit einem Seufzer zog Samiya die Decke über ihren Kopf. Gab es nicht irgendwo ein Buch mit dem hilfreichen Titel: ‚Ich hab meinen Freund geküsst, wie genau geht's jetzt weiter? Eine Anleitung'?

Wie sollte sie bloß den Tag morgen überstehen?!?

***

Am nächsten Morgen saß ein Schüler ganz besonders aufmerksam beim Frühstück. Mit an seinem Tisch saß wie immer Carag, der heute noch müder aussah als sonst zu dieser frühen Stunde. Der Pumajunge war eindeutig ein Langschläfer. Trotzdem war er fast schon konzentriert mit seinem Frühstücksteller beschäftigt und vermied es aufzusehen. Das war auf jeden Fall schon mal seltsam.

Aber was Dorian viel interessanter fand, waren die beiden leeren Stühle am Tisch der Wölfe – alle anderen Rudelmitglieder plus beide Raben hatten sich schon längst eingefunden, nur Jeffrey und Tikaani fehlten noch. Ob die beiden sich heute einen Tag frei nahmen? Verstehen würde er es ja...

Da ging auf einmal ein leises Raunen durch den Saal. Alle Köpfe wandten sich in Richtung Eingang wo sich ein ungewöhnliches Bild bot:

Jeffrey und Tikaani. Das an sich war noch nicht so ungewöhnlich, aber sie standen da Hand in Hand, schauten sich kurz an und schritten dann zielstrebig gemeinsam zum Tisch der Wölfe. Fast schon würdevoll – ging es Dorian durch den Kopf. Wenn er ehrlich war, hatte er irgendetwas in der Art sogar schon erwartet. Immerhin war das Tikaani – die wusste was sie wollte und machte keine halben Sachen. Und Jeffrey sah irgendwie – so zufrieden aus.

„Woah woah – hey – jetzt mal langsam – was ist das? Hab ich was verpasst?!" Das war Shadow der von Jeffrey zu Tikaani schaute und wieder zurück zu seinem Wolfsfreund, kaum dass die beiden am Tisch angekommen waren. Jeffrey nahm Miro auf den Schoß und bot Tikaani dessen Platz an, so dass sie neben ihm sitzen konnte.

Cliff und Bo schauten einigermaßen verwirrt aus der Wäsche und Miro stupste Tikaani schwanzwedelnd mit der Schnauze an. ‚Sitzt du heute hier?' Tikaani lächelte nur und begann Miros Kopf zu kraulen, der sich beruhigt wieder an Jeffrey kuschelte. Einer mehr, der ihn kraulte, konnte ja nicht schaden...

Shadow beugte sich quer über den Tisch und musterte seine beiden Wolfsfreunde genau. Jeffrey wurde tatsächlich leicht rot und Tikaani zwinkerte ihm zu. Dann ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen und stupste seine Schwester Wing in die Seite.

„Hast du etwa davon gewusst?"

Wing zuckte kurz die Schultern, grinste aber dann.

„Direkt gewusst nicht..." Sie tauschte einen vertrauten Blick mit Tikaani, der wohl so viel heißen sollte wie: wir sprechen uns gleich noch...

„Seid ihr etwa zusammen?" Cliff hatte keine Scheu, direkte Worte zu finden, etwas verblüfft blickte er seinen Alpha an.

Kurz breitete sich eine Stille im ganzen Saal aus. Jeder anwesende Schüler schien die Ohren zu spitzen.

Jeffrey und Tikaani tauschten einen Blick, die Polarwölfin drückte seine Hand ein bisschen fester, kurz darauf ertönte Jeffreys amüsierte Stimme.

„Jepp. Kein Grund zur Panik." Als es immer noch totenstill blieb im Saal, ließ Jeffrey seinen Blick zu den anderen Tischen schweifen.

„Habt ihr keinen Hunger oder was? Los los Frühstückszeit!" Wie auf Kommando begann es überall mit Besteck zu klappern, Gläser klirrten und verstummte Gespräche wurden wieder aufgenommen.

„Na also." Jeffrey wandte sich seinem Teller zu, beugte sich aber dann doch nochmal kurz zur Seite, grinste die Wölfin neben sich stolz an und drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.

Jetzt war es Tikaani, die leicht rot wurde und schnell auf ihren Teller schaute.

Noch jemand am Tisch hatte die ganze Szene genau beobachtet. Samiya saß zwar ganz still und hatte kein Wort gesagt, von ihrer Position gegenüber Jeffrey und Tikaani hatte sie aber jede Geste, jeden Blick fasziniert verfolgt. Jeffrey und Tikaani waren also zusammen? Hatte sie das kommen sehen? Wenn sie ehrlich war, war sie die letzten Tage viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, um irgendetwas anderes wirklich mitzubekommen. Aber die anderen waren ja auch überrascht gewesen – sogar Shadow, und der war Jeffreys bester Freund...

Und sie waren hier zusammen, Hand in Hand hereinspaziert – so machte man das also...

Samiya lehnte sich nach hinten und dachte nach. Irgendwie schien es jetzt ganz einfach, Jeffrey und Tikaani mochten sich offensichtlich, hatten das irgendwie miteinander ausgemacht und jetzt war die Sache für alle klar. Hmm... aber konnte sie wirklich das Gleiche mit Carag ---

„Hey Sam – ist alles okay?" Von Jeffreys Stimme wurde sie schließlich aus ihren Gedanken gerissen.

„Äh ja, wieso?" Ihre Stimme klang noch, als wäre sie grade ganz weit weg gewesen.

„Du starrst so komisch vor dich hin." Oh. War das so offensichtlich?

„Ich hab nur nachgedacht." Für den Bruchteil einer Sekunde huschten ihre Augen zu Carag, der gerade in diesem Moment aufschaute und ihren Blick traf. Samiya schaute schnell wieder zu Jeffrey, aber auf ihrer Haut schimmerte eine Spur Rot.

Jeffrey war der blitzschnelle Austausch nicht entgangen. Er schielte unauffällig zu seinem Lieblingspuma und siehe da – Carags Wangen hatten ebenfalls leicht die Farbe gewechselt. Diese beiden Pumas... so langsam verfestigte sich sein Verdacht, dass die beiden dringend ein bisschen Nachhilfe gebrauchen konnten...

Am anderen Tisch saßen ebenfalls zwei aufmerksame Beobachter. Neben all dem Getuschel über die neue Sensation – Jeffrey und Tikaani – fiel beinahe niemand auf, dass zwei ihrer Mitschüler ungewohnt still waren. Niemand außer Henry und Dorian. Die beiden zwinkerten sich zu, nachdem sie den Puma an ihrem Tisch unauffällig beobachtet hatten. Carag schien total in Gedanken versunken zu sein, was ihn jedoch nicht davon abhielt, immer wieder einen Blick zu Samiya zu riskieren. Jedes Mal, vor allem wenn das Pumamädchen zufällig auch zu ihm schaute, erschien auf seinem Gesicht ein leicht rötlicher Schleier. Das war natürlich höchst verdächtig, und Henry ließ unauffällig an einer seiner Hände die aus dem Schwimmbad gewohnten Schwimmhäute wachsen. So konnte er von allen unbemerkt in Dorians Kopf sprechen.

Was ist denn bei den Pumas passiert, irgendwas ist heute doch anders als sonst?'

Dorian schaute kurz zu Henry und zog eine Augenbraue nach oben.

Was meinst du anders? Ich finde sie benehmen sich immer noch wie zwei Heringe in einer Dose. Total ahnungslos.'

Henry musste sich ein Lachen verkneifen.

Das schon. Aber irgendetwas ist passiert, ich seh's genau. Sonst wären sie doch nicht beide so rot im Gesicht...'

Dorian musste zugeben, der Froschwandler neben ihm war ein sehr aufmerksames Kerlchen. Mit einem kleinen Verschwörerlächeln auf den Lippen wandte er sich Henry wieder zu.

Denkst du es wird Zeit für ein klitzekleines Gespräch unter 6 Augen?'

Henry nickte zufrieden.

Könnte durchaus sein...'  Er hielt Dorian unterm Tisch die Hand hin zum unauffälligen Abklatschen.

Uargh! Schwimmhäute! Das fühlt sich voll merkwürdig an, weißt du?!'

Hups! War keine Absicht!' Henry schenkte dem Kater einen entschuldigenden Blick, bevor er sich an Carag wandte.

„Hey Puma, bist du dabei bei einer schnellen Runde Tischkicker vor der ersten Stunde? Es ist noch genug Zeit!"

****

**********************************************************************************

Hey ihr Lieben!

Na was sagt ihr? Ich hoffe ihr seid zufrieden mit den Entwicklungen bei denWölfen - immerhin wird hier keine Nachhilfe gebraucht ;)))

Oh Oh, lange wird es nicht mehr dauern... man kann nur hoffen, dass Carag und Samiya es noch auf die Reihe kriegen bevor die Story aus ist ;))) haha - ich mach nur Spaß :))

Schön, dass ihr hier seid - allerliebste Grüße - purzelstern

********************************************************************************

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top