„Woho!! Das war cool!" Henry schüttelte sich das Wasser aus den Augen als er auftauchte und lachte. Samiya neben ihm strahlte ebenfalls.
„Und? Willst du gleich nochmal?"
„Ja, klar, was denkst du denn?" Henry war schon wieder auf dem Weg zur Felswand.
***
„Sieht nach 'ner Menge Spaß aus..." Dorian saß aufrecht am Rande des Felsens und beobachtete Henry und Samiya genau. In seinen Augen lag ein leichtes Funkeln. Es juckte ihn in den Fingern dieses Felsenklettern auch zu probieren. Dafür nahm er sogar das viele Wasser in Kauf.
„Ich denke, ich probier das gleich auch mal..." Dorian suchte schon in seinem Rucksack nach seinen Badesachen. Gerade kam Samiya tropfnass auf sie zu.
„Und was ist mit euch? Lust zu klettern?" Sie schlang die Arme um ihre Schultern und konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken. Jetzt war ihr doch etwas kalt, so lange, wie sie im Wasser gewesen war. Schnell kletterte sie auf den warmen Felsen und lehnte sich an der Wand an.
„Ahh, schön warm..."
„Also ich bin bereit, kommt noch jemand mit?" Dorian schaute Holly und Carag auffordernd an.
Holly nickte ihm zu. „Ich probier das auf jeden Fall auch! Zur Not kann ich mich immer noch verwandeln und als Hörnchen bis gaaaaanz nach oben klettern..."
„Und wie kommst du dann wieder runter?" Dorian warf Holly einen skeptischen Blick zu.
„Ach runter kommt man immer irgendwie! Oder hast du schon mal ein Hörnchen erlebt, das auf einem Baum sitzt und weint?" Mit ihren Badesachen in der Hand hüpfte Holly den Felsen hinunter.
Dorian schaute etwas ertappt aus der Wäsche. Nein, von weinenden Hörnchen auf Bäumen hatte er noch nie gehört, von schreienden Katzen, die irgendwo nicht mehr herunter kamen, hingegen schon...
Carag schaute den beiden nachdenklich hinterher. Er wäre so gerne sofort mitgegangen, diese Felsen forderten ihn ja gerade dazu auf, wäre bloß dieser kalte, tiefe See nicht gewesen...
Jetzt stupste Samiya ihn auch noch an und deutete mit ihrem Kopf auf den Wasserfall.
„Und du, Carag? Hast du keine Lust?"
„Hmmm... ich weiß nicht so recht..." Er atmete einmal tief ein und aus.
„Zu viel Wasser, stimmt's?" Samiya lachte leise.
„Ja, und? Ohne den See wäre ich schon längst oben..." Es ärgerte Carag ja selbst, dass er dieses Problem mit Wasser hatte. Bisher hatte ihn das kaum gestört, aber nun geriet er irgendwie ständig in Situationen, in denen andere, vor allem ein sehr helles, anderes Pumamädchen, geradezu Spaß im Wasser hatten und er sich selbst wie ein Feigling dabei vorkam.
„Ach komm schon Carag, ohne den See wär' das Ganze doch nur halb so lustig. Da runter zu springen ist echt das Coolste, was man machen kann!" Samiya drehte ihre Haare zu einem Strang zusammen und drückte das Wasser heraus. Carag schaute mit hochgezogenen Augenbrauen auf die winzige Pfütze, die sich neben ihm auf dem Stein gerade bildete.
„Katzen gehen eben nicht so gern ins Wasser. Also eigentlich gar nicht!" Carag blickte von der Pfütze auf und sah, wie Samiya eine Augenbraue nach oben zog. „Jaja, ich weiß - du und Raja, ihr seid eben eine Ausnahme!"
„Ich sag ja auch nicht, dass du als Puma in den See sollst! Schließlich sitzt du hier grade als Mensch." Da schlich sich auf einmal ein Gedanke in Samiyas Kopf. „Du kannst schon schwimmen, oder?"
„Ja. Klar kann ich schwimmen!" Carag schüttelte widerwillig den Kopf. Warum nur fanden alle diesen See so toll?! Sogar Dorian war mittlerweile im Wasser...
Gerade stütze sich Jeffrey auf den Uferfelsen auf und zog sich aus dem See heraus. Der auch noch. Natürlich war er schon beim Wasserfall geklettert und gesprungen. Schon kam er auf sie zu.
„Hey Sam, das war echt 'ne coole Idee mit dem Springen am Wasserfall!" Jeffrey lehnte sich neben Samiya am Rand des Felsens an.
„Das war eigentlich zuerst Henrys Idee, aber ja, ich find's auch total super!" Samiya schenkte dem dunkelhaarigen Jungen ein kleines Lächeln. Carag wandte schnell den Kopf ab. Er konnte es nicht besonders gut aushalten, wenn Jeffrey und Samiya so vertraut miteinander umgingen. Aber was sollte er machen? In der Wildnis wäre es einfach gewesen, da hätte er den Alphawolf auf Nimmerwiedersehen davongejagt, vorausgesetzt, sein Rudel wäre nicht dabei, aber hier? Samiya ließ sich – leider – nicht vorschreiben, wo sie sich ihre Freunde suchte...
„Und du – Carag, traust dich wohl nicht, was?" Auf Jeffreys Gesicht erschien ein provozierendes Grinsen.
„Pfff, reicht doch wenn ihr alle nass werdet..." Carag hätte Jeffery am Liebsten direkt gesagt, er solle verschwinden und die Luft woanders verpesten, aber das ging ja leider leider nicht, weil ein gewisses Pumamädchen neben ihm saß. Wenn sie beide hier wieder Streit anfingen, würde Samiya einfach gehen, und das wollte Carag auf keinen Fall. Womöglich würde sie sich noch auf Jeffreys Seite stellen, wenn er hier ungemütlich wurde, und das wollte Carag selbstverständlich noch viel weniger. Also würde er schön friedlich bleiben und seine eh schon strapazierte Geduld noch etwas weiter beanspruchen...
Ahh, das Miezekätzchen hat Angst vor Wasser! Das ist aber echt zu schade..." Jeffrey sandte seinem liebsten Streitpartner einen herausfordernden Blick.
„Jeffrey, lass ihn in Ruhe, ist doch seine Sache!" Samiya schaute den Wolfswandler eindringlich an. Sie hatte absolut keine Lust auf eine neue Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Streithähnen.
Carag hingegen freute sich beinahe. Hatte Samiya da gerade für ihn Partei ergriffen? Er tat so, als ginge ihn das überhaupt nichts an und schielte aus dem Augenwinkel zu ihr hinüber. Erkannte er da leichten Ärger in ihren Augen? Ärger wegen Jeffrey? Diese Erkenntnis versetzte ihn beinahe in ein Stimmungshoch, und so kam es, dass Carag sich zu Behauptungen hinreißen ließ, die er kurze Zeit später sehr bereuen sollte...
„Ach lass ihn ruhig, ich werd diesem Wölfchen hier gleich mal zeigen, wie viel Angst ich vor Wasser habe!" Mit diesen kühnen Worten zog Carag sein Shirt über den Kopf und ließ es auf den Boden fallen. Badesachen hatte er natürlich nicht dabei, aber das war ihm jetzt reichlich egal, er konnte genauso gut mit seinen normalen Shorts schwimmen. Oder klettern, je nachdem...
„Echt jetzt Carag? Willst du wirklich am Wasserfall klettern?" Samiya schaute ihn etwas skeptisch an, gleichzeitig freute sie sich aber auch – da konnte Carag endlich selbst erleben, wie viel Spaß man hier haben konnte.
„Pah, das Klettern ist ja wohl das kleinste Problem!" Mit diesem beinahe hochmütigen Kommentar sprang Carag vom Felsen. So, jetzt würde diesem Wolf sein Grinsen gleich vergehen, im Klettern war er nämlich nicht zu toppen, vielleicht konnte er sogar mit einem Salto ins Wasser...
Achja, das Wasser. Einen kurzen Moment zögerte der Pumajunge und ließ seinen Blick über den weiten See streifen. Zuerst einmal musste er zu den Felsen schwimmen. Kleinigkeit, haha.
„Und ich sag, das Kätzchen hat doch Angst! Wa-ha-sser ist na-ha-hass..." Jeffrey summte bestens gelaunt vor sich hin. Oh wie er diesen Wolf nicht ausstehen konnte!!
Da stand auf einmal Samiya neben ihm. Sie lächelte ihn fast schüchtern an, so als hätte sie Sorge, ihn gleich ganz zu verscheuchen und deutete dann mit einem Kopfnicken auf den See.
„Ich komm auch nochmal mit. Lass uns zusammen reinspringen ja? Wer weiter springen kann, okay?" Carag verstand wohl, dass Samiya ihm nur helfen wollte, vor Jeffrey nicht sein Gesicht zu verlieren. Oder überhaupt ins Wasser zu kommen. Egal was es war, es verursachte in jedem Fall ein kleines Kribbeln in seiner Bauchgegend. Sie wollte, dass er das schaffte. Carag nahm seien ganzen Mut zusammen und schenkte Samiya ein schiefes Lächeln.
„Okay. Also los." Mit einem letzten skeptischen Blick auf die türkisfarbene Fläche rannte er los, Samiya gleich neben ihm. An der Kante sprang er ab so stark er konnte und landete mit einem ordentlichen Platschen einige Meter vom Ufer entfernt im Wasser. Es war schon gleich so tief, dass er den Grund weit unter sich nur erahnen konnte. Und kalt war das. SEHR KALT!
„SHIT! Mann ist das kalt!" Carag schüttelte sich das Wasser aus den Haaren, aber viel half es nicht. Er hatte sofort eine Gänsehaut überall.
„Na dann schwimm! Und so kalt ist das außerdem nicht, ich bin schon bei kälterem Wasser geschwommen!" Samiya schaute ihn auffordernd an und war dann mit ein paar kräftigen Zügen an ihm vorbei. Carag beeilte sich hinterher zu schwimmen, er konnte eindeutig mehr Übung gebrauchen.
„Ich muss völlig verrückt geworden sein..." Seine Worte waren nur ein leises Murmeln, aber Samiya hatte ihn wohl trotzdem gehört. Sie drehte sich zu ihm um und schaute ihn grinsend an.
„Also ich mag's ein bisschen verrückt - ist doch viel lustiger..."
Und auf einmal war Carag gar nicht mehr so kalt. Mit ein paar kräftigen Kraulzügen kam er bei der doch ziemlich steilen Felswand an. Dort begrüßte ihn Frankie – immer noch in Ottergestalt – mit einem kleinen Sprung aus dem Wasser. Wollte der denn heute gar nicht mehr heraus?
‚Carag – DU im Wasser? Coole Sache...'
‚Glaub mir, ich weiß selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe...' Carag zog eine kleine Grimasse. ‚Aber du kennst ja Jeffrey, der konnte seine Klappe wieder nicht halten und ja – hier bin ich...'
Soso, Jeffrey. Und ich dachte es hat mit jemand anderem zu tun... Frankie tauchte einen Moment unter und schwamm dem Mädchen entgegen, dessen Haare unter Wasser aussahen wie silbernes Seegras... Samiya kam mit gemütlichen Zügen schließlich auch an der Felswand an.
‚Hi Frankie – gut, dass du noch hier bist, ich glaub Carag kann ein bisschen moralische Unterstützung gebrauchen.' Mit einem unsicheren Lächeln sah Samiya den Pumajungen an. Noch hatte sie keine Ahnung, wie nah sie mit ihrer Aussage an der Wahrheit lag...
‚Pfff, moralische Unterstützung – ich bin froh, wenn ich hier aus diesem Eisloch rauskomme, den kleinen Felsen schaff ich schon!' Damit begann Carag die Felswand nach einer kleinen Kante, an der er sich aus dem Wasser ziehen konnte, abzutasten. Und tatsächlich, kaum hatte er eine kleine unebene Stelle gefunden, ging es auch schon aufwärts. Hauptsache raus aus diesem Eiswasser!
In kürzester Zeit war Carag schon ziemlich weit oben, Klettern war einfach sein Ding! Nur weg von diesem vielen Wasser!
„Geh nicht so weit, Carag! Denk dran, du musst auch wieder runterspringen" Samiya von unten klang schon etwas besorgt.
Carag warf einen kurzen Blick nach unten. Uhoh... sofort begann sein Herz schneller zu schlagen. Und dabei war es nicht mal die Höhe, die ihm Sorgen machte. Aber von hier oben sah der See so unglaublich tief aus... Sehr tiefes, sehr kaltes Wasser. Und bestimmt war es tief unten – und er würde tief nach unten sinken wenn er von hier sprang – noch viel viel kälter. Carag spürte, wie er allein bei dem Gedanken an die Kälte tiefer unten im See schon eine Gänsehaut bekam. Und sein Herz klopfte noch ein bisschen schneller.
Dies war der Moment, in dem Carag Jeffrey Quickpaw verfluchte, sich selbst und diesen dummen See allerdings genauso – wie hatte er nur auf diese bescheuerte Idee kommen können?! Er hasste Wasser! Und kaltes Wasser noch viel mehr!
Er wagte noch einen kurzen Blick nach unten. Keine gute Idee. Schon wieder Gänsehaut. Seine Finger fühlten sich leicht schwitzig an, obwohl ihm eigentlich kalt war, was war das? Carag holte tief Luft und lehnte seine Stirn an den kühlen Felsen. Er hatte seine Augen zugekniffen und versuchte ruhig zu atmen aber das war gar nicht so leicht. Auf einmal hörte er Samiya rufen. Und Frankie in seinen Gedanken.
‚Carag! Was machst du? Ist alles okay?!' Frankies Stimme in seinem Kopf klang besorgt. Der Otter hatte seinen Freund schon zweimal zuvor gerufen, aber ohne Reaktion.
‚Ja. Nein. Ich versuch mich zu beruhigen. Scheisse, ich glaub das war keine gute Idee!' Carag wagte jetzt nicht mehr nach unten zu schauen, er hielt sich einfach nur am Felsen fest und versuchte seine Füße so ruhig wie möglich auf dieser Kante stehen zu lassen. Er steckte ganz schön in der Tinte, so viel stand fest. Er konnte unmöglich in dieses Eisloch springen! Aber er konnte genauso wenig den Rest seines Lebens hier an der Felswand kleben. Sein Herz klopfte so schnell und es rauschte in seinen Ohren. Beinahe war ihm schlecht. Oder nein, ihm war schlecht...
„Carag! Verdammt jetzt antworte doch!" Samiya rief bereits zum vierten oder fünften Mal, aber von oben kam keine Antwort mehr.
‚Ich glaub er hat Panik. So richtig. Shit! Wenn ihm vor lauter Panik schwarz vor Augen wird stürzt er einfach ab, da könnte er sich richtig übel verletzen. Er muss schon abspringen!' Frankie schwamm nervös im Wasser hin und her.
Plötzlich streifte ein Windhauch Samiyas Wange. Als sie den Kopf zur Seite wandte, sah sie einen Adler über dem Wasser segeln. Miss Clearwater!
‚Was ist denn los? Warum reagiert Carag nicht mehr?! Ich hab schon ein paar Mal nach ihm gerufen!'
‚Er hat Panik da oben...' Frankie spritzte eine kleine Wasserfontäne an den Felsen. Fast gleichzeitig hörte er ein leises Platschen. Samiya hatte sich aus dem Wasser gezogen und kletterte jetzt Stück für Stück nach oben.
„Carag! Bleib einfach wo du bist, ich komm hoch!" Sie versuchte, etwas seitlich von Carags Route zu klettern, schließlich musste sie irgendwie neben ihm ankommen.
Frankie versuchte währenddessen Carag in seinen Gedanken zu erreichen, aber alles was er zurückbekam, waren verschwommene Bilder von tiefen, dunklen Löchern. Hoffentlich war Samiya bald oben und hoffentlich konnte sie ihm auch helfen...
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soooo, ich hoffe ihr verzeit diesen Cliffhanger (echt fiese Stelle, ich weiß...), aber das Kapitel wurde länger und länger...
Bestimmt könnt ihr ein bisschen Spannung aushalten, oder? ;))
Take care & have a nice day :)
purzelstern
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