Wie ein Blitz

~~Wie ein Blitz~~

Als Esaila über die Lava gesprungen war, rannte sie auf eine kleine Lichtung. Die Wölfin war immer darauf bedacht, dass ihr kein Feind in den Rücken fiel. Ihre Geschwister, Ruki und Yen waren alle in unterschiedliche Richtungen davongesprungen, um kein leichtes Ziel für die Angreifer zu werden.

Sie wussten nicht genau, wer diese Wölfe waren und warum sie den Hinterhalt organisiert hatten, doch eines war gewiss: Sie wollten ihnen nichts Gutes.

Genau aus diesem Grund hieß es, besonders vorsichtig zu sein.

Esaila rannte gerade über die Wiese der Lichtung, als es plötzlich um sie herum dunkel wurde. Der Wald, der sich vor ihr aufgetan hatte, verschwand aus ihrem Blickfeld. Überall um sie herum wurde es tiefschwarz. Der Waldwölfin kam es so vor, als wäre sie in einen Abgrund gefallen. Die Geräusche waren ebenfalls wie vom Erdboden verschluckt.

Panisch blieb Esaila stehen und blickte in die Dunkelheit. Sie hoffte, ein Licht erblicken zu können. Leider wurde ihre Hoffnung zerschlagen und die Dunkelheit wurde noch erdrückender.

Plötzlich erklang direkt neben ihr ein hämisches Lachen.

„Du bist gefangen, kleine Wölfin. Gefangen in deinem ganz persönlichen Albtraum", ertönte eine Stimme, die zu dem schaurigen Lachen gehören musste.

Esaila legte ihre Ohren an und schloss ihre Augen. Sie wollte die Worte nicht hören.

Erneut erklang das Lachen, das dieses Mal aus verschiedenen Richtungen zu kommen schien.

Aus einem Instinkt heraus, fing Esaila wieder an über die dunkle Lichtung zu rennen. Genau zur rechten Zeit. Beim Wegspringen spürte sie einen leichten Lufthauch genau da, wo zuvor noch ihr Kopf gewesen war. Daraufhin ertönte ein verärgertes Knurren und Esaila hörte das leise Trampeln von Pfoten auf Gras.

Erst da wurde sie sich ihres weichen Untergrundes und dem vertrauten Geruch von Gras und Laub bewusst. Aufgrund ihrer Panik hatte sie ihre Sinne vernachlässigt. Ihr wurde bewusst, dass sich nur ihre Umgebung verdunkelt hatte. Nach ein paar Schritten stolperte die Wölfin über eine Wurzel und landete unsanft auf dem Boden.

Bei dem Sturz hatte sie ihre Augen geschlossen. Als Esaila die vertrauten Geräusche des Waldes hörte, wagte sie ihre Augen wieder zu öffnen. Sie hatte Angst noch immer in der Dunkelheit und somit fast orientierungslos zu sein.

Zu ihrer Erleichterung war ihr Sichtfeld wieder komplett hergestellt. Esaila stand wieder auf und drehte sich zum Angreifer um. Erschrocken blieb sie stehen. Direkt vor ihr stand eine tiefschwarze Mauer aus wabernder Finsternis. Als sie den Blick darüber schweifen ließ, stellte sie fest, dass diese Finsternis die komplette Lichtung eingenommen hatte.

Wut stieg in ihr auf. Wut über ihre eigene Dummheit, dass sie so töricht gewesen war, ihr Element verlassen zu haben und auf eine offene Lichtung gerannt war. Wut über den anderen Wolf, der sie in einen erneuten Hinterhalt geführt und sie währenddessen all ihrer Sinne beraubt hatte.

Sie knurrte und sträubte ihr Fell. Das wird ihr nicht noch einmal passieren und ihrerseits den Wolf angreifen. Die Waldwölfin ging in Angriffsstellung und schloss ihre Augen. Sie sog den vertrauten Geruch ihrer Umgebung ein und konzentrierte sich auf einen Punkt in ihrem Körper: auf ihren Elementkern.

Jeder Elementwolf besaß einen Elementkern. Der Kern war kein Organ, wie das Herz oder die Leber, sondern viel mehr eine Flamme, die unmittelbar hinter dem Herzen lag. Für gewöhnlich war es nur ein kleines Flackern, doch sobald die Elementwölfe etwas mit ihrem Element bewirken wollten, flammte der Kern auf und durchströmte ihren Körper. Je nach Ausprägung der Kraft mal mehr und mal weniger.

Genau diese Flamme nährte die Waldwölfin mit ihrer Kraft, die immer größer wurde. Ein Strom von angenehmer Wärme begann sich in ihrem Körper auszubreiten, bis jede Faser von der Energie durchströmt wurde.

Dies alles geschah innerhalb weniger Augenblicke und Esaila öffnete wieder ihre Augen. Sie breitete ihr Bewusstsein aus und spürte jeden Baum, jeden Strauch und jeden Grashalm in ihrer Nähe. Die Pflanzen spürten ihren Kampfinstinkt und ihre Wut. Die Bäume begannen unheimlich zu knarzen, denn auch sie waren wütend auf die Angreifer, die einen Freund angegriffen und Unruhe in den Wald gebracht haben.

Der Wald der Unendlichkeit hatte eine Kraft, die Esaila noch nie gespürt hatte. Diese Kraft war wild und stark. Es kam ihr so vor, als hätte der Wald auf sie gewartet, um mit unmittelbarer Kraft zuschlagen zu können. Genau diese Kraft wird sich Esaila zunutze machen und sich von ihr lenken lassen.

Die Waldwölfin lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Pflanzen auf der Lichtung. Durch ihre Verbindung mit dem Wald konnte sie den Wolf aufspüren. Es dauerte nicht lange und sie fand ihn, keine fünf Meter vor ihr im Gras stehen.

Esaila wusste, dass der Wolf die Lichtung nicht verlassen würde, da er sich in seiner eigenen Falle versteckt hatte. Aus diesem Grund ging Esaila in Angriffsstellung und um ihr herum begann der Boden zu beben. Die Wurzeln des Baums, der ihr am nächsten stand, bewegten sich unter der Erde auf den Finsterniswolfes zu. Insgesamt waren es vier Wurzeln, die sich dem Wolf aus verschiedenen Richtungen näherten. Die Wurzeln sprießen direkt beim Wolf aus der Erde. Esaila konnte durch das Gras spüren, dass der Finsterniswolf erschrocken zusammenzuckte. Daraus schloss sie, dass der Wolf in seiner selbst erschaffenen Finsternis sehen konnte. Ihr Gegner war auch trotz dieses Vorteiles zu langsam für ihren Angriff. Esaila ließ zwei Wurzeln auf den Wolf zu schnellen, die sich um seinen Körper wickelten und ihn in die Höhe hoben. Sie konnte zufrieden das leise Jaulen des Finsterniswolfes hören. Langsam und unter großer Kraftanstrengung, befahl sie den Wurzeln den Wolf zu ihr zu bringen. Nach kurzer Zeit lichtete sich die Finsternis und die Lichtung wurde wieder erkennbar. Ihr Gegner wand sich hilflos in den Wurzeln.

Der Wolf war viel größer als Esaila. Die Waldwölfin war eine kleine Wölfin und fast jeder Wolf war größer als sie selbst. Sein Fell war für einen Finsterniswolf typisch schwarz und braun.

„Du dachtest wohl, du kannst mich mit deinem kleinen Trick hereinlegen. Da hast du dich geirrt", sagte sie und blickte in die vor Erstaunen geweiteten Augen des Wolfes. „Ich werde dich nicht töten." Dies war gegen Esailas Natur. Sie tötete ungern, das war schon immer so gewesen. Aus diesem Grund ließ sie von dem Baum, dessen Wurzeln den Wolf hielten, einen Ast herunterpeitschen, der den Wolf bewusstlos schlug. Vorsichtig legte sie den Finsterniswolf auf den Boden und die Wurzeln zogen sich zurück. Er wird nun für eine gewisse Zeit keinen Ärger mehr machen, da war sich Esaila sicher.

Sichtlich erschöpft, drehte sich die Waldwölfin um und nahm erneut Kontakt mit dem ihr am nächsten stehenden Baum auf. Sie wollte wissen, wo ihre Schwester Nyrona war und, wie es um die anderen stand.

Sie war sich sicher, dass sich Nyrona ohne groß nachzudenken auf die Wasserwölfin gestürzt hatte. Dies machte Esaila Angst. Sie kannte ihre ältere Schwester und wusste, wie unüberlegt sie manchmal handelte.

Kaum hatte sie durch die Bäume erfahren, wo sich ihre Schwester aufhalten könnte, rannte sie über die Lichtung zu ihr. Esaila brauchte nicht weit zu rennen, da spürte sie, dass die Luft von Wasser gesättigt ist.

Sie kam auf eine erneute Lichtung und die Gefühle der umstehenden Bäume erschreckten sie. Viele raschelten und knarzten wütend. Sie brauchte nicht lange zu suchen und fand die Ursache dafür.

Auf ihrer linken Seite standen mehrere verdorrte Bäume. Als sie ihr Bewusstsein berühren wollte, musste sie feststellen, dass sie kein Leben mehr in sich hatten.

Direkt vor den toten Bäumen stand die feindliche Wasserwölfin. Diese umgab ein stetig anwachsender Strom von Wasser, der, so stellte Esaila erschrocken fest, von den Bäumen hinter ihr stammte.

Der Wasserwölfin direkt gegenüber und auf Esailas rechten Seite, stand Nyrona, die zitternd auf ihren Beinen stand. Nyrona war ebenfalls von Wasser umgeben, das aber weitaus weniger war, wie das ihrer Gegnerin.

Nyrona blickte kurz von ihrer Gegnerin weg und sah zu Esaila. Vorsichtig hob Nyrona eine Pfote und stellte sie wieder auf den Boden. Da verstand Esaila und kroch zurück ins Unterholz. Sie sollte sich verstecken und abwarten, bis ein passender Moment gekommen war. Somit hatten die Schwestern den Überraschungsmoment auf ihrer Seite.

„Wie lange haltest du es noch aus? Ich bin überhaupt überrascht, eine Wasserwölfin in diesem Teil des Landes zu treffen. Aber das erklärt auch, wieso deine Fähigkeiten so mickrig sind!", sagte die fremde Wölfin und lachte hämisch.

Esaila schlich währenddessen auf die linke Seite, direkt hinter die feindliche Wölfin. Diese rannte, kaum, dass Esaila hinter ihr stand, auf Nyrona zu. Dabei verfolgten sie die Wassermassen, die sie aus den Bäumen gezogen hatte.

Nyrona machte sich keine Mühe, der Wölfin auszuweichen, sondern sammelte ihr Wasser und ließ es direkt auf die andere Wölfin zu schnellen. Esaila wusste, dass dies mehr ein Verzweiflungsakt war als ein geschicktes Manöver.

Die Feindin ließ ihrerseits eine Wand aus Wasser entstehen, woran Nyronas Wasserstrahl mühelos abprallte. Gleichzeitig ließ sie einen Strahl auf Nyronas linke Seite los, der sie frontal und ohne jeden Schutz traf.

Nyrona flog jaulend durch die Luft und landete unsanft auf dem Boden. Die fremde Wölfin blieb stehen und drehte sich zu Nyrona herum, um sie missbilligend zu betrachten.

In Esaila selbst ballte sich ihre Wut zusammen. Dennoch blieb sie ruhig in ihrem Versteck und sammelte erneut ihre elementare Kraft. Esaila hielt es nicht mehr aus und wollte ihrer Schwester zu Hilfe eilen. Langsam stand sie auf und trat hinter den Büschen hervor auf die Lichtung. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie Nyrona sie flehend anblickte und ihren Kopf schüttelte. Esaila war es egal, ob ihre Schwester den Kampf alleine bestreiten wollte. Sie konnte ihre Schwester nicht so hilflos liegen lassen.

Die fremde Wölfin bemerkte, dass Nyrona abgelenkt war und folgte ihrem Blick. Bevor sie Esaila entdecken konnte, ließ die kleine Wölfin Äste von einem nahen Baum auf sie herab sausen, fesselte sie an den Beinen und ließ sie in die Luft schnellen. Überrascht jaulte die Fremde auf und das Wasser glitt auf den Boden und ergoss sich im Gras.

Nun erblickte sie Esaila, die die Fremde wütend anstarrte.

„Du hast den Bäumen ihr Lebenselixier geklaut", sagte Esaila und trat schützend zu ihrer Schwester, die sich mühsam auf die Beine erhob.

„Außerdem", fuhr Esaila fort. „Hast du Nyrona verletzt. Ich werde nicht zulassen, dass du weiterhin anderen Wölfen Schaden zufügst." Nyrona spürte, wie wütend Esaila war und stupste sie dankbar mit der Schnauze an. Die Wasserwölfin wusste, dass es dumm von ihr war, sich Hals über Kopf in einen Kampf zu stürzen. Nyrona lernt aus ihren Fehlern und war dankbar, dass Esaila ihr zu Hilfe gekommen war. Kein Wolf auf der Welt hätte sie lieber bei einem Kampf an ihrer Seite, als ihre Schwester Esaila. Nicht einmal Sikona und Nurik harmonierten mit ihrem Element so gut zusammen, wie Esailas zu ihrem.

Nyrona war noch nicht zu erschöpft für den Kampf und stellte sich kampfbereit neben ihre Schwester. Sie sammelte erneut Wasser aus der Luft und ließ es um sich herum kreisen.

„Lass uns diesen Feind gemeinsam bezwingen, Schwester", sagte Nyrona mit knurrender Stimme und bemerkte dabei nicht den Schatten, der kurz über sie hinwegstrich und wieder in den Wolken verschwand.

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Ruki flog über mehrere einzelnen Lichtungen, die es in diesem Waldabschnitt sehr häufig zu geben schien und suchte nach seinen Freunden.

Als er über eine Lichtung hinwegflog, konnte er unter sich Nyrona und Esaila erkennen. Ein kurzer Blick genügte und er wusste, dass sie gut zu zweit zurechtkamen und flog weiter, auf der Suche nach den anderen.

Nachdem er über die Lava gesprungen und einige Meter gerannt war, hatte er seine Freunde aus den Augen verloren. Doch er hatte kaum Zeit zum Suchen gehabt, da sich ein fremder Wolf sich auf ihn gestürzt hatte. Er war zwar nicht größer als er gewesen, doch er hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite.

Es begann ein erbitterter Kampf zwischen den beiden. Für Ruki stellte es sich bald heraus, dass der Feind ein normaler Wolf war, ohne ein Element zu beherrschen. Diese Tatsache brachte einen gewissen Vorteil für Ruki. Anfangs verzichtete Ruki auf sein Element, bis sich sein Angreifer als erprobter Kämpfer herausstellte.

Durch den Wind brachte er ihn auf Distanz und konnte ihn, mehr durch Glück, kampfunfähig machen. Es war ein harter Kampf gewesen, der dem Windwolf gezeigt hatte, dass man mit einem Element auf seiner Seite nicht unbedingt im Vorteil war.

Aus Angst, seinen Freunden könnte es genauso ergehen, hatte er sich auf die Suche nach ihnen begeben.

Zwei von ihnen hatte er schon einmal gefunden, fehlten nur noch die anderen drei.

Plötzlich wurde es vor Ruki hell und er geriet kurzzeitig aus dem Takt. Nach kurzer Zeit fing er sich wieder in der Luft und flog auf die Stelle zu, die der Ursprung des Lichtes zu sein schien. Als Ruki sich ihr näherte, spürte er, wie es immer heißer wurde, bis er die Ursache für die Hitze fand. Auf einer weiteren Lichtung brannte alles lichterloh und inmitten des Chaos konnte er Nurik und den roten Wolf sehen.

Ruki wollte bereits hinunterstürzen, als ihn eine weitere Hitzewelle erwischte und ihm erneut aus dem Gleichgewicht brachte. Der Windwolf fing sich erneut in der Luft und sah, wie Nurik in Begleitung eines anderen Wolfes auf den Feind zu rannte. Der Feuerwolf ließ unablässig Feuer auf seinen Feind los.

Der andere Wolf, so konnte Ruki erkennen, war gelb und blaue kleine Funken sprangen in seinem aufgestellten Fell herum.

Mehr konnte der weiß-graue Wolf nicht sehen, denn plötzlich wurde es erneut gleißend hell auf der Lichtung und er wurde ein weiteres Mal von einer Hitzewelle erfasst, die ihn nun endgültig aus dem Gleichgewicht brachte und mehrere Meter weit wegschleuderte.

Benommen öffnete er seine Augen und blickte dem näherkommenden Boden entgegen. Schnell öffnete Ruki seine Flügel und fing somit im letzten Moment seinen Sturz ab. Er wollte gerade den Wind unter seine Flügel bringen, um wieder aufzusteigen, als er gegen einen Körper krachte und unsanft am Boden landete.

Beide Körper rollten einige Meter weiter, bis sie liegen blieben. Der fremde Wolf lag auf ihm. Es dauert nicht lange, da sprang der andere Wolf auf und rannte davon.

„Nicht schon wieder!", sagte Ruki und öffnete träge seine Augen. Er erblickte direkt vor sich vier weiße Pfoten und als er nach oben sah, konnte er in Sikonas breit grinsendes Gesicht sehen. „Langsam glaube ich, dass das deine eigentliche Kampftechnik ist. Es scheint fast, als hättest du Spaß dabei, sich auf andere Wölfe zu stürzen und sie kampfunfähig zu machen."

Sie trat an seine Seite und half ihm hoch.

„Sehr witzig", entgegnete Ruki und schüttelte benommen seinen Kopf. Erleichtert stellte er fest, dass er nur ein paar Kratzer davongetragen hatte.

„Ich bin froh, dass du hier bist. Der Wolf war größer als ich. Zwar hatte er kein Element, doch ich konnte nicht viel von meiner Kraft nutzen, ohne groß selbst geschwächt zu werden."

Da fiel Ruki auf, wie warm es auf der Lichtung war und verstand, warum Sikona Schwierigkeiten mit ihrem Element hatte.

„Dann bin ich also gerade rechtzeitig gekommen. Ich bin froh, dass der Wolf gleich verschwunden ist, sonst hätte ich ihm mal zeigen müssen, was es heißt gegen einen Windwolf zu kämpfen."

Sikona stupste ihn lachend an. „Mein großer Beschützer. Da scheinst du heute wohl nicht allein zu sein mit dieser Rolle."

Ruki blickte sie verständnislos an. Sie sah seinen Blick und erklärte: „Als ihr alle davongesprungen seid, wollte ich Nurik nach laufen und ihm im Kampf gegen den Lavawolf helfen. Doch dann stellte sich mir ein fremder Wolf in den Weg und sagte, dass dies zu gefährlich sei und er anstatt meiner Nurik helfen wird. Ich glaube, er hat mich vor meinem Tod bewahrt. Spürst du die Hitze? Ich schmelze bereits die ganze Zeit. Ich habe Schwierigkeiten meine Elementkraft einzusetzen. Durch die Hitze geht es mir gar nicht gut."

Zur Bekräftigung drehte sie sich etwas, damit Ruki ihren schmelzenden Schweif sehen konnte. Nun war es an Ruki zu lachen. „Du meinst wohl den gelben Wolf? Ich habe ihn bei Nurik gesehen. Er hilft gerade deinem Bruder und sie waren es, die mich aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Die Hitzewellen haben mich herumgeschleudert und ich konnte nichts unternehmen. Aber ich bin froh, dass ich dir doch helfen konnte und dich durch das Taumeln auch gefunden habe."

Sikona nickte, als sie das mit dem gelben Wolf hörte und war froh, dass dieser sein Versprechen hielt.

„Nun, ich hoffe, der Wolf kommt nicht ...", sie hielt inne und blickte zu einem Busch in ihrer Nähe. Auch Ruki hatte etwas bemerkt und spannte seinen Körper an. Ein leises Knurren kam aus seiner Kehle und er beobachtete, wie sich ein Kopf aus dem Busch schob, der von Blut beschmutzt war. Doch Ruki erkannte den Wolf und verstummte abrupt.

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„Na komm schon, du elendiger Wurm!", rief der Wolf genau gegenüber von Yen. Yen war so schlau, auf solche Provokationen nicht einzugehen, sondern umkreiste weiterhin den braunen Wolf.

Der Wolf war nicht so groß wie er selbst, aber dennoch kampferprobt, was seine vielen Narben nur zu deutlich zeigten.

„So groß und doch ein Schisser!", sagte der Braune und legte noch mehr Wert auf seine Provokationen.

Yen knurrte nur als Antwort, blieb aber weiterhin auf Abstand.

Kaum, dass er sich von den anderen getrennt hatte, traf er auf diesen fremden Wolf, der sich als harter Kämpfer ohne Element herausgestellt hatte. Sie hatten wild gekämpft und beide hatten schon mehrere Kratzer, aber noch keine ernsthafte Verletzung, davongetragen. Dafür waren sie beide zu vorsichtig. Dennoch wünschte sich Yen, dass er eine Lücke in der Verteidigung seines Gegners finden würde, um ihn schnell ausschalten zu können. Diese Chance bekam er leider nicht und somit musste er seine Freunde weiterhin auf sich allein gestellt lassen.

Alle Muskeln von Yen waren bis aufs Äußerste angespannt und sein Schwanz zuckte nervös durch die Luft. Sein Gegner wurde ebenfalls mit der Kampfdauer immer nervöser, dennoch blieb er vorsichtig und behielt Yen gut im Auge.

Der Fremde bemerkte, dass er mit seinen bissigen Bemerkungen nicht weiterkam. Er blieb stehen und hob seinen Kopf. Yen blieb ebenfalls stehen, verharrte aber weiterhin in Angriffsstellung.

„Nun, ich sehe, es hat mit dir keinen Sinn! Du bist einfach zu dumm. Kein Wunder bei der Größe, dass da das Hirn etwas hinten nachhängt. Ich werde mir nun jemand anderen suchen und dich deinem dummen Schicksal überlassen." Er drehte sich halb herum, hatte aber dennoch Yen im Blick.

„Vielleicht schnappe ich mir die kleine süße grüne Wölfin oder gar die Hellblaue. Die Wasserwölfin ist mir zu glitschig", eiferte der braune Wolf weiter und machte Anstalten zu gehen.

Endlich hörte er ein wütendes Knurren hinter sich und verzog sein Maul zu einem bösen Grinsen.

Yen stand hinter ihm und witterte seine Chance. Er schwor sich, diesen Wolf für seine Unverfrorenheit zu bestrafen.

Yen spannte seine Muskeln noch mehr an und drückte sich vom Boden ab, um den Braunen direkt anzugreifen. Dieser jedoch hatte nur auf diese Gelegenheit gewartet und drehte sich schnell herum, um Yen in seine böse Falle tappen zu lassen.

Der Braune sah die Überraschung in den gelben Augen aufblitzen und schon krachte Yen gegen den Wolf. Dieser hatte sich kurz auf seine Hinterläufe gestellt, um Yen mit seinen Pfoten zu umklammern. Dies war ein waghalsiger Trick, da auch er von Yens Krallen verletzt wurde. Dieses Risiko war dem fremden Wolf recht, da er stattdessen seinerseits seinen Kiefer weit aufriss und sich in Yens linker Schulter verbiss. Beide Wölfe stürzten auf den Boden und Yen spürte, wie der Wolf aufgrund des harten Aufpralls seine Schulter aufriss und sie somit wieder frei gab. Yen jaulte vor Schmerz auf. Anstatt sich dem Schmerz hinzugeben, schüttelte er das Gefühl aus seiner Schulter. Der Gedanke an seine Freunde gab ihm die nötige Kraft. Der braune Wolf lag unter Yen, der viel schwerer als er selbst war. Er versuchte, schnell unter Yen hervorzukommen. Dabei kratzte er mit seinen Klauen dessen Flanken auf und Yen jaulte erneut schmerzerfüllt auf.

Dennoch war der Wolf zu langsam und schaffte es nur, seinen Oberkörper frei zu bekommen: Yen war zu schwer. Er war bei dem Trick volles Risiko eingegangen und sich seiner Sache so sicher gewesen. Dennoch gab der Braune nicht auf und schnappte nach Yens Hals.

Yen war durch den Schmerz klar im Kopf und wurde sich seines Vorteils bewusst. Er wich den Zähnen aus und senkte nun schnell seinen Kopf, um den Hals seines Feindes mit seinen Zähnen zu umschließen. Dieser konnte nicht mehr ausweichen und Yen schloss hasserfüllt seinen mächtigen Kiefer.

Er verbiss sich in den Hals seines Feindes und stand auf. Mühelos hob er den nach Luft röchelnden Wolf hoch.

In Yens Maul floss das warme Blut, dass er kaum zu bemerken schien. Zorn, wahnsinniger Zorn, stieg in ihm auf und er begann, den Wolf heftig zu schütteln. Er ließ den Wolf auf den Boden krachen und erst da öffnete Yen seine Kiefer. Der fremde Wolf lag leblos vor ihm. Laut schnaufend stellte Yen fest, dass der Wolf vor ihm nie wieder aufstehen würde.

Der Zorn in ihm versiegte und eine gewisse Verwirrung machte sich in seine Gedanken breit. Soweit er zurück dachte, hatte er noch nie einen Wolf getötet. Zumindest als Yen nicht. Ob er in seinem früheren Leben bereits andere Wölfe getötet hatte, wusste er nicht.

Yen konnte den Anblick nicht mehr ertragen und drehte sich um. Er sprang in das nächste Gebüsch und verließ den Kampfplatz. Es dauerte nicht lange und er vernahm Stimmen. Ihm vertraute Stimmen.

Nach kurzer Zeit steckte er seinen Kopf durch einen Busch und blickte in die Augen von Sikona und Ruki, die ihn erleichtert und doch schockiert ansahen

Yen trat aus dem Busch und die beiden konnten seinen blutverschmierten Körper sehen.

„Yen", rief Sikona und ging auf ihn zu, blieb aber auf Abstand. „Was hast du gemacht? Diese Wunde sieht schlimm aus. Lass sie mich kühlen."

Die Verletzung an seiner Schulter hatte Yen völlig vergessen. Er spürte auch weiterhin keinen Schmerz, da er noch immer vom Kampf aufgewühlt war. Sikona trat näher an ihn ran und wollte bereits seine Wunde kühle, als aus Yens Richtung ein Knurren kam. Erschrocken blieb Sikona stehen, legte ihre Ohren an und zog den Schwanz ein.

Sikona akzeptierte Yens Entscheidung. Das, was sie nicht brauchte, war eine Auseinandersetzung mit Yen, der um einiges größer als die Eiswölfin war. Zudem sah Yen in seinem aktuellen Zustand zum Fürchten aus.

Sikona zog sich zu Ruki zurück. „Ich akzeptiere deine Entscheidung und werde mir die Wunde später ansehen."

„Ich will, dass du deine Kraft nicht verschwendest. Der Feind ist noch hier und ich habe im Moment keine Schmerzen. Ich danke dir für deine angebotene Hilfe", sagte Yen zu ihrer Überraschung.

Das munterte Sikona wieder auf und sie richtete sich aus ihrer unterwürfigen Stellung auf. Dennoch blieb sie vorsichtig und angespannt.

„Wisst ihr, wie die Lage ist?", fragte Yen, dem Sikonas Verhalten nicht aufgefallen war.

Da begann Ruki, von der Lage zu erzählen, in der er die anderen vier Wölfe gefunden hatte.

Yen nickte. Die Lage schien nicht völlig außer Kontrolle geraten zu sein.

„Ihr zwei werdet euch zu Nyrona und Esaila begeben und ich werde Nurik helfen gehen."

Yen drehte sich schon herum, um loszulaufen, wurde aber durch Sikona aufgehalten, die sich in seinen Weg stellte: „Yen, das ist zu gefährlich. Vor allem, da du -" Sie kam nicht weit, da Yen einfach an ihr vorbeirannte. „Ich kann gut auf mich allein aufpassen, auch ohne Element, Sikona. Jetzt geh zu deinen Schwestern."

Da verschwand er im Wald. Ruki war bereits in die Luft gestiegen und packte Sikona, wie er es einen Tag zuvor am See der Seherin getan hatte, um mit ihr davonzufliegen. Zuerst sträubte sich Sikona, doch dann ließ sie sich hängen und seufzte.

„Was ist nur los mit ihm? So habe ich ihn noch nie erlebt. Er glüht ja richtig von innen." Da kam ihr ein Gedanke. „Aus dem friedlichen Wolf ist ein Kämpfer geworden. Ich denke, wir müssen uns um ihn keine Gedanken machen."

Ruki stimmte ihr mit seinem Schweigen zu und steuerte die Lichtung an, wo sich Esaila und Nyrona befinden müssten.

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Yen brauchte nicht lange zu suchen und er fand die Lichtung, auf der Nurik kämpfte. Auf einer großen Lichtung stand ein großer Wolf zwei anderen gegenüber. Überall auf der Lichtung brannte Feuer und befand sich das rote Zeug, das Nurik als Lava bezeichnet hatte. Alle drei Wölfe sahen mitgenommen aus, doch er erkannte, dass Nurik und der gelbe Wolf im Vorteil waren. Dennoch gab ihr Feind nicht auf.

Yen hielt sich noch versteckt und sah Nurik zu, der gerade etwas zu dem gelben Wolf sagte.

Beide Wölfe waren angespannt. Yen hatte den Feuerwolf noch nie so gesehen wie heute, als er seine Schwestern, vor allem Sikona, beschützt hatte. Dies war ein Beweis, wie sehr der Feuerwolf seine Schwestern liebte und jeden Preis zahlen würde, sie in Sicherheit zu wissen. Das Aussehen von Nurik war völlig verändert. Seine sonst so klein glimmende Mähne, flammte zu einer riesigen Feuermähne auf und sein Schweif fauchte vor Hitze. Beides wirkte wie lebendiges wütendes Feuer, das alles verschlingen würde. Yen stellte belustigt fest, dass Nurik wie ein brennendes Stück Holz aussah, dass jeden Moment explodieren und somit eine Gefahr für alle Umstehenden bilden konnte.

Zu Beginn ihrer Reise hatte Yen vermutet, dass das hitzige Gemüt von Nurik irgendwann dazu führen würde, dass sie beide aneinandergeraten würden. Doch dem war nicht gewesen. Ruki und Nurik hatten sich bereitwillig dazu erklärt dem großen dunklen Wolf zu folgen.

Yen wurde aus seinen Gedanken gerissen, als eine Lavasäule direkt vor dem gelben Wolf auftauchte und sich auf ihn stürzte. Nurik wollte ihm zu Hilfe eilen, doch genau in dem Moment, als die Säule aufgetaucht war, sprang der Lavawolf ab und landete auf Nurik. Mit dem Schwung und seiner Größe konnte der fremde Wolf Nurik auf den Boden drücken.

Yen verfluchte Nurik dafür, wie er bei seinem Kampf, in die Falle getappt zu sein. Der rote Wolf senkte nun seinen Kopf und Yen sah, dass der gelbe Wolf Nurik nicht zu Hilfe eilen konnte, da er damit beschäftigt war, der Lava auszuweichen.

Nurik konnte sich unter der schieren Größe des Wolfes nicht bewegen und blickte mit weit aufgerissenen Augen in das Maul seines Feindes. Nurik versuchte ihn noch mit Feuer, das aus seinem Maul schoss, abzulenken. Unbekümmert drückte der Feind seine Pfote auf die Schnauze von Nurik und der Feuerstrahl erlosch. Das Feuer schien dem großen fremden Wolf nichts auszumachen. Von der Größe ähnelten sich Yen und der Fremde. Nurik hatte keine Chance ihm zu entkommen. Da war der Moment gekommen, bei dem Yen einschreiten musste. Der schwarze Wolf spannte seine Muskeln an und verließ mit einem Sprung seine Deckung. Ein weiter Sprung beförderte ihn direkt auf seinen Gegner zu. Er konnte nicht zulassen, dass Nurik verletzt wurde, denn auch er war entschlossen, seine Freunde zu beschützen. Koste ihm, was es wolle. Die Geschwister hatten ihn aus seiner Einsamkeit herausgelockt und ihn seine Vergangenheit vergessen lassen. Eine Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern konnte.

Bevor der rote Wolf reagieren konnte, stieß Yen ihn von Nurik herunter. Yen kam vor Nurik zum Stehen und stellte sich schützend vor ihm. Knurrend senkte Yen seinen Kopf und blickte auf den roten Körper vor ihm. Yen spürte, wie Nurik aufstand und sich erschöpft neben ihn stellte.

„Danke, Großer", brachte dieser mühsam hervor.

Kaum hatte Yen den knallroten Wolf von Nurik geschubst, war die Säule in sich zusammengesackt. Der gelbe Wolf, der nun nicht mehr von der Säule bedrängt wurde, stellte sich auf dessen andere Seite. Yen nickte ihm kurz zu und sah, dass auch dieser Wolf angeschlagen war. Der gelbe Wolf erwiderte stolz die Begrüßung.

Yen richtete seine Augen wieder auf den Feind. Der rote Wolf lag noch immer auf dem Boden und musterte Yen neugierig. Yen glaubte kurz Erstaunen in den Augen des Wolfes aufblitzen zu sehen. Langsam stand der Wolf auf und gab einen Laut von sich, der in dieser Situation überhaupt nicht passte. Der rote Wolf lachte boshaft.

Yen knurrte und war bereit, erneut loszuspringen.

„Wer hätte gedacht, dass wir uns noch einmal begegnen?", sagte der fremde Wolf und das Lachen verstummte.

Erschrocken blickte Yen zum dem Fremden. Nurik riss ebenfalls schockiert die Augen auf. Direkt vor Yen stand ein für ihn fremder Wolf und behauptete, dass sie sich 'noch einmal' begegneten.

„Du ... kennst mich?", fragte Yen vorsichtig und Neugierde schwang in seiner Stimme mit.

Yen hatte den Kampf vergessen, selbst Nurik und der gelbe Wolf waren nun unwichtig. Das einzige, was zählte, waren er und der andere Wolf.

Kaum hatte Yen seine Frage gestellt, schlich sich ein erstaunter Ausdruck auf das Gesicht des roten Wolfes.

„Ah, ich verstehe. Du erinnerst dich nicht mehr an dein früheres Leben. Wir kennen uns, ja." Bei diesen Worten ging er langsam rückwärts.

„Woher kennst du mich?", fragte Yen ungeduldig. Da hob der rote Wolf den Kopf und heulte. Das Heulen hielt nicht lange an und er drehte sich erneut zu Yen um.

„Ich kenne dich aus deiner Vergangenheit. Aus deinem ehemaligen Rudel. Ich werde mich zurückziehen, aber glaub ja nicht, dass du und deine Freunde verschont bleiben. Wir werden euch früher oder später erneut finden."

Der Wolf wollte gerade wegrennen, als er stehen blieb und noch einmal zurückblickte „Ich lasse dich in Unwissenheit. Ich bin mir sicher, dass diese Ungewissheit dich von Innen auffressen wird. Eines verrate ich dir. Mein Name lautet Lumus. Vielleicht fällt dir dadurch wieder ein wer du wirklich bist."

Daraufhin verließ er die Lichtung. Sie konnten zwischen den Bäumen noch weitere Umrisse erkennen, die sich ihm anschlossen.

Yen setzte bereits zum Sprung an, um den Wolf hinterherzurennen und weiter über seine Vergangenheit auszufragen. Beim ersten Schritt versagte ihm sein linkes Vorderbei den Dienst und er knickte vor Schmerz ein. Er konnte kaum die Pfote richtig auf dem Boden aufsetzten. Wo er vorhin keinen Schmerz gespürte hatte, durchzuckte ihn nun die Qual.

Doch dies war nicht der größte Schmerz, den Yen verspürte. Der Wolf oder, besser gesagt, Lumus hatte mit seiner Annahme recht. Die größte Pein war in seinem Innersten, die ihn langsam zerfraß. Yen wollte unbedingt wissen, wer er war. Manchmal kam es ihm so vor, als hätte er überhaupt keine Identität, sondern war eine leere Hülle. Oft hatte der große Wolf sich gefragt, wie seine Vergangenheit ausgesehen hatte und, ob er kurz vor seinem Gedächtnisverlust, in einem Rudel oder als freier Wolf wie Kora und die anderen unterwegs gewesen war. Er wusste es nicht und diese Unwissenheit war schlimmer als der Schmerz in seiner Schulter. Die letzten Tage konnte er seine Vergangenheit vergessen, da Yen ein klares Ziel vor seinen Augen hatte. Die Suche nach der Seherin ließ Yen schon fast vergessen, dass nicht weiß, wer er wirklich war.

Eine kleine Berührung ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Nurik stupste ihn leicht mit seiner Pfote an. „Yen, deine Schulter", sagte dieser besorgt und hatte sich anscheinend wieder beruhigt. Die Mähne und der Schweif von Nurik hatten wieder die ursprüngliche Form angenommen. Die Ohren hatte Nurik mitfühlend angelegt. Er ahnte, wie es Yen nach dem Gespräch mit Lumus erging.

Yen war froh zu sehen, dass sein Freund in Gedanken bei ihm war und langsam beruhigte er sich wieder. Sein gesträubtes Fell legte sich wieder und seine Muskeln entspannten sich.

„Danke, aber Esaila soll sich das anschauen. Es ist nur eine Bisswunde und wird mich hoffentlich nicht umbringen. Ich bin froh, dass wir das überstanden haben."

Nuriks Augen weiteten sich und er nickte verständnisvoll. Der Feuerwolf blickte an Yen vorbei. Der schwarze Wolf folgte seinem Blick und blieb bei dem gelben Wolf hängen. Dieser hatte sich außerhalb ihrer Reichweite ins Gras gesetzt.

Der fremde gelbe Wolf sah ebenfalls etwas mitgenommen aus, schien aber nicht groß verletzt zu sein. Sein Fell war hauptsächlich knallgelb und stand spitz vom Körper ab. Es sah so aus, als würde er sein Fell sträuben. Aufgrund der gelassenen Körperhaltung vermutete Yen, dass sein Fell struppiger als das der normalen Wölfe war. Auf dem Rücken des Wolfes war ein Muster, das wie ein schwarzer Blitz geformt war. Schwarzes Haar zierte seinen Kopf und seine zwei Vorderpfoten hatten dieselbe Farbe wie der Blitz und die Haare.

Das Eigenartigste an ihm waren sein Schwanz und seine geringe Körpergröße. Sein Schweif hatte einen komischen Knick und war in der Breite eigenartig dünn. Der Wolf selbst war für einen Rüden erstaunlich klein. Im Allgemeinen sah sein Körperbau wie ein Blitz aus.

Der Wolf spürte die Blicke auf sich und sah nun Yen neugierig an, wobei er seinen Kopf erheblich heben musste, um ihn in die Augen blicken zu können. Da sah Yen, dass seine Augenfarbe im Gegensatz zu seiner Fellfarbe stand. Die Augen des Wolfes waren dunkelblau.

Yen wollte sich gerade bei dem Fremden bedanken, als er hinter sich einen wütenden Aufschrei hörte. Als er seinen Kopf etwas auf die Seite drehte, sah er, wie Esaila wütend auf sie zu gerannt kam. Hinter ihr kam Nyrona aus dem Wald, die verblüfft ihrer Schwester nachschaute. Nyrona hatte keine Zeit, ihrer Schwester hinterher zu eilen. Es gab Brände auf der Lichtung, die gelöscht werden mussten. Die Wasserwölfin nahm ihre letzte Kraft zusammen und löschte mit dem etwas Wasser in der Luft die lodernden Flammen.

Esaila rannte über die Lichtung und fixierte mit ihren Augen den fremden gelben Wolf. Nurik wollte sich schon vor seine Schwester schieben, als der andere Wolf den Kopf schüttelte und einfach stehen blieb. Nurik und Yen ließen ihn in Ruhe und traten ein Stück zur Seite.

Unter ihren Pfoten begann die Erde zu beben und direkt vor dem gelben Wolf schossen Wurzeln aus dem Boden, die ihn an den Pfoten fesselten und ihn somit festhielten. Der gelbe Wolf machte keine Anstalten, zu fliehen. Gelassen blieb er stehen und blickte Esaila gleichgültig entgegen.

Diese blieb kurz vor ihm stehen und rang nach Atem.

„Du", brachte sie nur heraus und hechelte. „Du hast meine Drohung einfach ignoriert und bist uns gefolgt. Wegen dir wurden wir angegriffen. Ich hätte es mir gleich denken können! Und zu allem Überfluss hast du auch noch einen Baum getötet!"

Esaila funkelte ihn böse an. Nyrona, die sich zu Yen und Nurik gesellt hatte, tauschte mit Nurik einen kurzen fragenden Blick aus. Sie hatten ihre Schwester selten so aufgebracht erlebt.

Da tauchte ein Schatten auf der Lichtung auf und von oben klang Sikonas Stimme zu ihnen herunter. „Ruki setzt mich bitte sofort ab. Das endet noch in einer Katastrophe."

Der Windwolf flog nach unten und setzte die Eiswölfin behutsam auf dem Boden ab. Er selbst landete neben Nyrona. Sofort rannte Sikona zu ihrer kleinen Schwester und stellte sich zwischen sie und den gelben Wolf.

„Nein", rief sie bestimmt und starrte Esaila trotzig an. „Nein, du darfst ihm nicht weh tun. Das werde ich nicht zulassen, Esaila!"

Nurik schielte besorgt zu Nyrona, die nur den Kopf schüttelte. „Sie streiten sich nicht oft, aber dann muss es ausgerechnet um einen Kerl sein."

Ein Grinsen schlich sich auf Nuriks Gesicht und er beobachtete wieder die Wölfe vor sich. Sikona und Esaila würden nicht wegen einem Fremden gegeneinander kämpfen, das wusste Nurik.

„Sikona, dieser Wolf hat uns in diese Falle geführt. Außerdem verfolgt er uns schon seit mehreren Tagen und er ist somit an all dem schuld. Viele meiner Freunde sind heute wegen ihm gestorben. Das darfst du nicht ignorieren!", sagte nun die Waldwölfin und blickte trotzig Sikona an. Diese blickte beschämt auf den Boden.

„Dieser Wolf hat mich heute gerettet und ich stehe in seiner Schuld. Außerdem kannst du dir nicht sicher sein, ob er für diesen Hinterhalt verantwortlich war", rief Sikona und gewann mit jedem Wort mehr Selbstvertrauen. Esaila wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, wurde aber von einem höflichen Räuspern unterbrochen.

Alle Augen richteten sich auf den gelben Wolf, der das Spektakel gleichgültig betrachtete und kein Wort bisher gesagt hatte.

„Ich denke, bei der ganzen Angelegenheit habe ich etwas mitzureden. Ich sehe, es steht fünf Wölfe gegen zwei. Ich kann den Kampf nicht gewinnen und ergebe mich gleich. Du kannst also die Fesseln lösen. Ich renne nicht weg und werde euch alles erklären. Für mein Verhalten werde ich mich aber nicht entschuldigen." Die letzten Worte richtete er direkt an Esaila. Seine Stimme klang seltsam, fast schon mürrisch. Esaila kam zögerlich seiner Bitte nach und löste die Wurzeln von seinen Beinen.

Yen gab den anderen ein Zeichen und sie stellten sich um den gelben Wolf herum auf, sodass er nicht fliehen konnte, falls er sein Wort nicht hielt.

„Wir sind gespannt auf deine Erklärung", sagte Yen und fixierte den fremden Wolf. In einer Auseinandersetzung würde er ihn, trotz Verletzung, mühelos überwältigen können. Vorausgesetzt er besaß keine Elementkraft.

Der gelbe Wolf schnaubte genervt.

„Nun, mein Name ist Kian", begann er erneut zu sprechen. „Meine ursprüngliche Heimat liegt weit südlich von hier. Ich muss eurer kleinen Wölfin recht geben. Ich verfolgte euch schon seit einer längeren Zeit. Mit diesem Hinterhalt habe ich aber nichts zu tun. Ich kannte diese Wölfe nicht. Der Grund, weshalb ich hier bin ist, dass ihr die ersten Wölfe seid, denen ich hier begegnet bin und, weil mich so ein komischer Adler in eure Nähe geführt hatte. Vor drei Tagen habe ich bemerkt, dass euch noch weitere Wölfe folgten. Ich kam nie nah genug heran, um mehr über sie zu erfahren, bis ihr in ihre Falle gelaufen seid. Ich hätte euch nicht eher warnen können, da ich selbst nicht wusste, was die Wölfe vorhatten."

Die letzten Informationen erschreckten die sechs Wölfe, doch das Eigenartigste an Kians Geschichte war etwas anders.

Sikona blickte Yen an und flüsterte: „Verox?" Dieser nickte nur und über sich konnte er einen schrillen Adlerschrei vernehmen.

Als Yen nach oben blickte, streifte ein kleiner Schatten sein Gesicht. Erneut erklang der schrille Schrei, der fröhlich und zufrieden klrang.

~~Wie ein Blitz Ende~~

Ist Lumus ein Wolf, der Yen mit seiner Identität helfen kann, oder ihn zerstören wird?

Welches Ziel verfolgt Kian?

Welche Rolle nimmt Verox im Rudel ein?

Der erste Kampf und noch lange nicht der Letzte. 

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