Kapitel 27

Aufgeregt hüpfte Hanji auf und ab als sie von der Ecke weg trat.
Mike checkte noch einmal sein Schlagzeug und seufzte.
"Du bist immer so wie ein Kind vor den Auftritten.", schmunzelte er und schwang gekonnt die Drumsticks in seiner Hand hin und her. Hanji schulterte ihre Gitarre und nahm auch bei ihren Instrument letzte Feinarbeiten vor.
"Klar, ich bin mit Leib und Seele dabei.", grinste sie, und der Blick der beiden schweifte zum Mikrofonständer.
"Ohhh, wo bleibt er denn solange?", stöhnte Hanji und zog den Verband über ihr Gesicht. Mike zuckte nur mit den Schultern.
"Vielleicht ist er noch eine rauchen.", gab er an und schob einen Streifen des Verbandes auf seinen Nasenrücken. Hanji pustete laut Luft aus.
"Ist er verrückt das kurz vor dem Auftritt zu tun? Was wenn er keinen Ton trifft?!" Mike grinste süffisant.
"Glaubst du den weiblichen Fans stört das?!" Hanji hob eine Braue.
"Was stört den Fans nicht?"
Hanji und Mike sahen auf. Levi trat auf die Bühne und zog sich den letzten Streifen des Verbandes über das linke Auge, dann beäugte er missbilligend den Vorhang, der sie von den Fans trennte.
"Tcch! Wo haben die den denn raus gekramt?!", grummelte er und stellte sein Mikrofon ein.
"Wo warst n du noch so lange?", hakte die Brünette nach, sofort rollte Levi mit den Augen.
"Ich habe mich ... nur umgesehen ...", murmelte er.
Hanji und Mike sahen sich fragend an.
Seit sie in der ausgewählten Stadt, für das Konzert, angekommen waren, benahm sich Levi äusserst seltsam, wie sie fanden. Er handelte etwas gegen sein sonstiges Verhaltensmuster.
Der Schwarzhaarige schloss kurz die Augen, seine Hände umfassten das Mikrofon. Leise, sich langsam steigernd begann Mike einen Takt zu spielen. Levi schlug die Augen wieder auf. Und auch Hanji setzte leise mit der Gitarre ein. Das Licht erlosch und langsam hob sich der Vorhang.

Völlig ausser Atem hetzte Anda durch die Stadt. Wieso musste gerade heute ihre Uhr stehen bleiben? Und warum hatte sie das nicht mal bemerkt?! Sie sollte sich wirklich angewöhnen öfter auf ihr Handy zu schauen, gerade schon wegen sowas. Ungeduldig wartete sie an der Ampel und fluchte.
Konnte die Ampel nicht schneller auf Grün schalten?! Sie war so schon eine Stunde zu spät! Dabei war sie froh gewesen überhaupt noch eine Karte ergattert zu haben. Bestimmt war der Club brechend voll, und alle guten Stehplätze schon besetzt.
Mit schnellen Schritten lief sie über die Strasse.
Eine Antwort! Sie wollte heute die Wahrheit heraus finden! Die Wahrheit was sie eventuell mit diesen Mann, namens Levi, zutun hatte. Anhand des Bildes konnte er kein Fremder sein. So ein Foto entstand nicht aus Zufall!
Kurz vor dem Club verlangsamte Anda ihre Schritte und atmete hektisch. Dann richtete sie ihre Tasche auf der Schulter und stieg die Treppen hinauf.
Sofort konnte sie einen grossen bulligen Mann am Eingang des Clubs erkennen. Als dieser Anda bemerkte beobachtete er sie grimmig, wie sie etwas zögerlich näher trat. Unbeirrt hielt Anda ihm die Karte entgegen. Als seine Augen die Karte mustern, bricht er in Gelächter aus.
"Mädel, dir ist schon klar dass das Konzert schon seid einer Stunde im Gang ist, oder?!", grinste er.
Die Schwarzhaarige sah hoch zu dem Gebäude, und spürte die Vibration die von innen austrat, dann sah sie wieder den bulligen Mann an.
"J-ja, das ist mir bewusst. Kann ich dennoch rein?!", fragte sie ungeduldig. Der Mann gab ihr die Karte wieder und zuckte mit den Schultern.
"Sind ja eh nur noch Zehn Minuten, nach meiner Kenntnis.", lachte er und öffnete ihr die Tür. Ohne ein weiteres Wort schob sich Anda an ihm vorbei und betrat den Club.
Rauchige und warme Luft kam ihr entgegen, als sie den kleinen Flur entlang ging. Die Lautstärke wurde immer intensiver und halte in Anda's Inneren wieder. Mit pochenden Herzen stand sie vor einer weiteren Tür, die sie nur wenige Augenblicke von der Wahrheit trennte.
Und wenn sie nach dem Konzert ihm auflauern musste. Sie wollte eine Antwort!
Mit zittrigen Händen zog sie die Tür auf.

Schnell wischte sich Hanji den Schweiß von der Stirn, ihre Bandkollegen taten es ihr gleich. Levi hatte sein schwarzes Jacket aufgeknöpft und die ersten vier Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Dieser Anblick löste bei den weiblichen Fans völlige Extase aus, und zwei mussten aus der Menge entfernt werden. Die stickige Luft, die Enge und dieser Anblick hatte ihnen den Rest gegeben. Doch der Schwarzhaarige achtete gar nicht darauf. Mit einer schnellen Kopfbewegung entfernte er Haarsträhnen aus seinem Blickfeld, dann drehte er sich zu Mike und Hanji um.
Jetzt kam ihr letzter Song.
Sie hatten den neuen zwar noch nicht oft geprobt, aber dennoch waren sie zuversichtlich das er gut ankommen würde. Auch wenn die Melodie eher etwas melancholisches hatte.
Mit einen bestätigenden Blick sahen sich die drei an. Und Hanji begann langsam den Takt zuspielen, indem Mike wenige Minuten mit einstimmte.
Levi atmete kurz tief durch.
Dieser Song spiegelte alles von seinem Inneren wieder, was er die letzten Wochen empfunden hatte.
Mit geschlossenen Augen drehte er sich wieder zum Publikum und liess das instrumentale auf sich wirken. Jeder Takt durchströmte ihn.
Dann öffnete er wieder die Augen und atmete tief ein.
Gerade als die erste Zeile über seine Lippen kam, öffnete sich die Tür am Ende des Raumes, und es war als ob eine Aura aus Licht diese Person umgeben würde.

Schau wie meine Brust sich hebt wenn der letze Atemzug mich verlässt
Ich versuche das zu sein, wofür du zurück kommen würdest

Sie stach einfach aus der Menge hervor. Levi's Augen weiteten sich für einen kurzen Moment als er erkannte das es Anda war.
Zögernd liess sie erst die Menschenmenge auf sich wirken, bis ihr Blick zur Bühne schweifte.
Zu ihm.
In seinen Inneren zog sich etwas zusammen. Mit beiden Händen umfasste er das Mikrofon und sang mit rauer tiefer Stimme weiter.

Ich fühl mich wie "Scheiße man, ich kann nicht mehr
dieses Herz, brich es"
Es ist dieses Leben das so undankbar ist
Ich bin so abgefuckt

Dieses Lied.
Dieser neue Song war eigentlich nur für sie bestimmt.
Er wusste nicht ob seine Gefühle sie dadurch erreichen würden.
Doch er sang einfach. Und jedes Wort was über seine Lippen kam war an sie gerichtet.

Also lass diese Pistole uns verbinden
Blicke hinter meine Begierde
Und wenn ich Staub bin, wirst du wissen, dass ich dich geliebt habe

In ihnen lag soviel Gefühl, Schmerz, Traurigkeit, Sehnsucht, Verlangen, aber auch etwas sanftes was mit Düsternis unterstrichen wurde.
Anda stand völlig überwältigt am Ende der Menge, und sah zu diesem Mann. Jede Fader ihres Körpers bebte. Sie wusste nicht mal ob er sie überhaupt in der Menge wahr nahm. Ja, ob er sogar bemerkte das sie ihn regelrecht mit ihren Blick durchbohrte. Ihr Puls raste, und ihr Herz begann immer aufgeregter zu schlagen. Bei jeder neuen Zeile die seine raue Stimme erklingen liess, wühlte etwas in ihrem Inneren auf.

Lass es alles brennen, Ich werde zuerst brennen
Gott ich habs versucht, bin ich jetzt verloren in deinen Augen?
Lass mich einfach brennen, es ist was ich verdiene
Gott ich habe gelogen, bin ich jetzt verloren in deinen Augen?

Anda presste die Lippen zusammen und lehnte sich mit den Rücken an die Wand.
Wieso zitterten auf einmal jegliche Glieder an ihren Körper?
War es die Lautstärke? Der geringe Sauerstoff?
Sie wusste es nicht. Dieses Lied schien tief in ihre Seele zudringen und etwas in ihren Herzen zu berühren. Hektisch ging ihr Atem, doch ihre Augen wollten sich einfach nicht von ihm weg bewegen. Und etwas in ihrem Unterbewusstsein sagte ihr, das er sie ansah während er weiter sang.

Also nimm mich mit, schwäche mich und rette mich
Diesen Hass den ich dir gegeben habe,  sagt immer das Gleiche
Ich singe weil es schmerzt
Und dort am Ende, am Ende vom Schmerz
All dieser Schmerz ist nicht der Gleiche wenn du nicht da bist
Du bist das Herz für meine herzlose Brust
Du bist der Gedanke für meinen wirren Kopf

Noch nie hatte Levi soviel Energie, und Gefühl in einen Song gepackt. Doch nun war er einfach nur auf sie fixiert, er sah nur noch Anda und blendete alles andere herum aus.
Er wollte ihr mit den Zeilen seine tiefsten Gefühle mitteilen.
Auch wenn sie alles vergessen hatte.
Vielleicht konnte er doch ihr Herz erreichen.

Ich kann nicht mehr aushalten wer ich bin, ich bin dieser Mann
Mit diesem Blut an den Händen und durch das Blut bin ich verdammt
Sieh meine Flügel brennen, wie sie brennen in dem Feuer
Bitte verstreu meine Asche

Die letzte Zeile ging über seine Lippen, und Hanji liess zusammen mit Mike das Lied abklingen.
Der Schwarzhaarige sah weiter zu Anda. Bis das Lied zu Ende war, und die jubelnden Fans ihn wieder zurück ins Hier und Jetzt katapultierten.
Auch Anda fuhr aus ihrer Starre auf und blinzelte.
Wieso hatte sie geweint?!

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