Kapitel 29 | Frankreich

Ein paar Wochen später waren schon wieder Ferien und so packte jeder allmählich seine Sachen zusammen. „Thea, ein Brief für dich!" sprach Malka und gab ihn mir. Verdan saß auf meiner Schulter und beäugte das Papier neugierig, während ich die Augenbrauen zusammen zog. „Ich muss kurz weg!" meinte ich an Malka gerichtet und eilte durch die Schule. Ich klopfte an Samaels Tür und schon öffnete sie sich. Ich lief hindurch bis ins Wohnzimmer, wo Samael auf der Couch saß und ebenfalls einen Brief in der Hand hielt. „Ethan." sprach er und stand auf. „Molja." meinte ich und gab ihm meinen Brief. „Das ist der Junge aus Frankreich?" hakte er nochmal nach und ich nickte. „Du wirst nicht gehen!" sprach er, doch ich verschränkte nur die Arme. „Ich werde!" Samael musterte mich. „Cal, du wirst nicht gehen!" wiederholte er nun drängender. „Aber du willst dich allein Ethan und Molja und den ganzen anderen stellen, die noch übrig sind? Na klar!"

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Noch als ich am Bahnhof meine Eltern begrüßte, trafen wir auf Shizfra Minoky. „Alex! Mika!" sprach er und kam auf uns zu. „Ich fürchte, die Ferien müssen ausfallen!" begann er und sah sich um. „Warum? Was ist denn los?" fragte mein Vater. „Mr. Hughes!" rief Shizfra und zog uns gleich mit in eine ruhigere Ecke. Er wollte gerade anfangen zu reden, da sah er meinen Bruder und mich an. „Ach, ihr wisst sowieso schon alles!" meinte er und ließ uns zuhören. „Rosier wurde in Paris gesichtet!" begann er und erklärte uns alles. Wir nickten, ließen die Koffer zu uns nach Hause schicken und schon waren wir in Frankreich.

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„Elaine!" rief Shizfra und rannte auf eine rothaarige junge Frau zu. Er hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis. „Ich habe dich vermisst!" sprach sie mit starkem französischen Akzent. Wir standen mitten in Paris vor dem Eiffelturm und sahen uns um. „Es ist so leer!" meinte ich und sah mich um. „Wir sollten auch nicht hier sein!" sprach meine Mutter. „Kommt, ich bringe euch zu Jean!" Shizfra führte uns zu einem kleinen, unscheinbaren Gebäude. Wir liefen durch eine Tür und schon standen wir mitten im französischen Ministerium. Es war riesig und hier tümmelten sich unzählige Zauberer. Briefe flogen durch die Luft und die Stimmen überhäuften sich, sodass ich selbst meine Mutter neben mir kaum verstand.

„Jean!" sprach Shizfras Freundin Elaine. Der große, schlanke Mann drehte sich zu uns um und war sichtbar erleichtert. „Ihr seid eindeutig die Hottrins!" meinte der Mann mit dem gedrehten Schnauzer. Er schüttelte jedem von uns die Hand und bedankte sich für unser Erscheinen. „Und du bist Calithea!" sprach er und musterte mich. Dass der Fokus schon wieder nur auf mir lag, nervte mich ein wenig. „Und das ist Samael Hughes!" erklärte ich und lenkte von mir ab. „Dann habe ich also die beiden Personen gefunden, die diesen Irren aufhalten können!" sprach er und sah uns an. „Ich bin nur ein ehemaliger Freund von Ethan und Calithea hat damit eigentlich überhaupt nichts zu tun!" meinte Samael. „Naja, auf euch hat er es abgesehen, also steht ihr im Mittelpunkt! Ich hoffe, ihr könnt gut kämpfen!"

Jean brachte uns auf den neuesten Stand und zeigte uns auf dem Stadtplan alles. Ethan wurde wirklich von Molja aufgenommen, doch die Auroren hatten deren Haus schon durchsucht gehabt. „Gibt es Verletzte?" fragte ich. „Zwei Auroren wurden getötet und wir haben einen der Jungen getroffen, aber es sind alle entkommen." antwortete er. „Gibt es denn schon eine neue Fährte?" hakte ich nach, was meine Familie verwirrte. „Noch nicht, aber wir glauben, dass Rosier sich wieder allein abgesetzt hat!" Ich schüttelte den Kopf. „Drei Namen! Molja Zukowitzsch. Spencer Talendi. Und Tilda Sehlin. Suchen Sie nach ihnen!" sprach ich. „Tilda?" fragte Selmar ungläubig. „Ich glaube, Calithea hat damit mehr zu tun, als Sie glauben!" meinte Jean an Samael gewandt und gab die Liste mit den Namen an einen anderen Zauberer weiter.

„Wer sind diese drei Leute?" fragte Jean und setzte sich. „Und woher kennst du sie?" hakte meine Mutter nach. „Molja ist der Anführer der Truppe. Er hat sich mit anderen Jugendlichen in den dunklen Künsten versucht und wer aussteigen wollte, hatte es nicht überlebt. Spencer ist sein Anhänger, aber er ist eigentlich auf der guten Seite und durch ihn kenne ich diese Leute. Und seit kurzem weiß ich auch, dass Tilda Sehlin dort mit drinnen steckt. Wie sie da genau rein passt, weiß ich noch nicht, aber sie ist definitiv nicht auf unserer Seite. Ethan muss etwas gegen sie in der Hand haben, ich denke, es geht dabei um ihre Tante." erklärte ich und sah in lauter fragende Gesichter. „Ihre Tante ist Tamara Sehlin. Sie wurde von Ethan missbraucht und letztendlich ermordet." fügte Samael hinzu. „Woher wissen Sie das?" fragte Jean ungläubig. „Er hat es uns erzählt kurz bevor ich Zathrian umgebracht habe." Ich schluckte bei meinen Worten, hatte es noch nicht ganz verdaut, doch es wurde mit der Zeit etwas besser.

„Junges Fräulein!" rief meine Mutter in bösem Ton, nachdem Jean uns in einem Hotel untergebracht hatte. „Was?!" fragte ich. „Du erzählt mit jetzt sofort, woher du diesen Spencer kennst!" sprach ich, doch darauf hatte ich keine Lust. Ich tippte ihre Stirn an und fing sie auf, legte sie auf die Couch und deckte sie zu. Schon in der ersten Klasse hatte ich diesen Schlafzauber beherrscht und mich somit ein paar Mal aus der Affäre geschlichen. Mein Vater kam kurz darauf mit Brötchen und Croissants wieder. „Ma schläft noch, ich gehe zu Selmar!" erklärte ich. „Hier, nimm euch noch die zwei Croissants mit! Ich bleibe bei Alex!" meinte er und ließ mich gehen.

Ich ging zu Selmar in unser Hotelzimmer und gab ihm das Croissant. „Wo willst du jetzt hin?" fragte er, als ich meine Jacke nahm und wieder nach draußen ging. „Spence suchen." erklärte ich und klopfte bei Samael. „Ich komme mit!" sprach mein Bruder und dagegen konnte ich nichts tun. Es gefiel mir nicht, doch Samael meinte, dass wir seine Hilfe eventuell gebrauchen könnten. „Und wo fangen wir jetzt an zu suchen?" fragte Selmar. Ich hielt beiden meine Arme hin und schon apparierten wir in eine kleine Gasse. Verdan verkroch sich in meiner Manteltasche und auch mir lief ein Schauer über den Rücken. „Cal?" fragte Samael, dem die Straße bekannt vorkam.

„Ganz vorn das letzte Haus auf der linken Seite." sprach ich, sah jedoch in den Himmel. Samael nahm meine Hand und strich mir sanft über den Handrücken. Es war die Gasse, in der ich Spence kennen gelernt hatte. Ich hatte Samael gezeigt, was es mit meinem Irrwicht auf sich hatte, weshalb er auch jetzt mit mir fühlen konnte. „Dementoren können die Gefühle von Tieren nicht spüren!" meinte Samael und schmunzelte. Ich nickte und klammerte mich an seinen Arm. Ich war ein Animagus, ich konnte mich als Hund vor den Dementoren verstecken. „Nigrum cattus!" sprach Samael und schon sprangen aus seinem Zauberstab schwarze Katzen heraus, die wie Nebelschwaden die Straßen herab liefen. Sie verschwanden im Dunkeln und kamen nach einer Weile wieder, doch eine fehlte. Samael machte eine Bewegung mit dem Zauberstab und schon verschwanden die übrigen.

„Das waren Nebelkatzen, nur wir konnten sie sehen. Sie lösen sich auf, sobald sie von einer Person berührt werden." erklärte Samael und führte uns in die Richtung, in welche die verschwundene Nebelkatze gelaufen war. Ich hielt noch immer Samaels Hand, es war mir unheimlich hier im kalten Nebel. Verdan verkroch sich nach einem Blick meinerseits in die Glaskugel zurück, ich wollte ihn nicht noch verlieren. Je weiter wir liefen, desto näher kamen wir ein paar Stimmen, die ich schnell identifiziert hatte. Die eine davon gehörte Spence, was mich erleichterte. Und die andere gehörte zu Felice. Ich nickte und ging langsam auf das kleine Gebäude am Ende der Straße zu.

„Du brauchst medizinische Hilfe, Spence! Ich kann das nicht machen!" hörte ich Felice und ging um das Haus herum. Vorsichtig sah ich um die Ecke und so hob auch Spence gleich den Kopf. „Käuzchen! Komm her!" sprach er und nahm mich gleich in den Arm. „Aber ihr könnt hier nicht bleiben, das ist mein Haus und Molja sucht sowieso nach mir!" meinte er. Ich hievte ihn mit Felice hoch, denn Spence hatte eine beträchtliche Wunde am Bein. Sie roch schon jetzt nach Verwesung. „Stopp, er kann so nicht weiter!" sprach Samael. Ungläubig sah Felice ihn an. Wir setzen Spence wieder auf dem Boden ab und Samael sah sich die Wunde an. „Vulnera Sanentur!" sprach er ein paar Mal. „Sie sind der andere Mann! Sam.. Samael Mudges?" fragte Felice und ich schmunzelte. „Hughes." verbesserte er ihn und kümmerte sich weiter um die Wunde.

Es waren vier kleine Blitze, die ich mitten auf dem Feld sah. „Wir müssen jetzt sofort hier weg!" sprach ich und hievte Spence hoch, während ich mich schon duellierte. Selmar gab sein bestes, doch ich tauschte kurzerhand mit ihm den Platz. Samael und ich hatten freie Hand und wir gaben unser bestes, doch zwei gegen vier klappte nicht gut, wenn auch Felice und Selmar immer mal wieder einen Spruch durchblicken ließen. Es waren Molja und Ethan, doch die anderen beiden kannte ich nicht. „Selmar, wir müssen hier weg!" rief ich und schickte Samael zu den dreien. Er hörte auf mich und so lief ich kurze Zeit später zu den anderen und apparierte uns zurück vor das Hotel.

Den Sprung hatten wir alle unbeschadet überlebt, doch gleich darauf sackte Samael zusammen und krümmte sich vor Schmerz. „Mael!" rief ich und sah sofort nach ihm. Ich strich ihm über die Schulter und legte ihm eine Hand an die Wange. „Geht schon." keuchte er. Ich stützte ihn und trug ihn hinein in unser Hotel. Meine Eltern waren auch sofort da und halfen uns. Spence' Wunde war dank Samael erstmal wieder geheilt, doch sie waren beide noch entkräftet. Wir saßen alle im Wohnzimmer und kurz darauf klopften auch schon Shizfra, Elaine und Jean an unserer Tür. Wir erklärten, was passiert war und so bekam ich natürlich erstmal eine ordentliche Standpauke, doch Spence und Felice konnten uns wertvolle Informationen liefern.

„Warum seid ihr allein dahin? Wir hätten ihn zusammen fangen können!" sprach Elaine. „Ich hatte ja nicht einmal damit gerechnet, Spence überhaupt dort zu treffen." meinte ich und sah zu ihm und Felice. „Wie ist das eigentlich passiert? War das Ethan?" fragte meine Mutter. „Nein, das war Molja. Ich habe dem Ministerium Bescheid gesagt, dass Ethan bei uns in der Hütte lebt, aber die Zwillinge haben die Auroren entdeckt. Ethan hat sich gestern mit so einem Mann getroffen. Ich bin ihm zufällig begegnet und er hat... Er war so stark!" sprach er. „Was hat er gemacht? Wissen Sie, wer dieser Mann war?" fragte Jean, doch Felice schüttelte den Kopf. „Er war älter und hatte blonde Haare. Er hatte einige Tattoos und einen Verband am Handgelenk."

„Können wir ihn sehen?" fragte Samael. Felice nickte und schon schwebte das Bild von dem Mann in einer kleinen Wolke vor uns. „Ich erinnere mich an ihn. Als wir im dritten Schuljahr waren, habe ich ihn auf einer Feier gesehen, aber er war nicht allein." erklärte Samael und dachte angestrengt nach. „Lass dir Zeit." sprach ich und berührte unauffällig seine Hand. Er nickte und sah kurz auf unsere Hände. „Der Mann kann Legilimentik. Ich hatte nicht einmal eine Chance gegen ihn. Er hat gleich gesehen, dass ich Ethan verraten habe und das hat denen natürlich nicht gefallen." erklärte Spence. „Molja war so sauer, dass er sich selbst Spencer angenommen hatte. Er hat ihm das angetan." meinte Felice und deutete auf Spence. Die Wunde am Bein kannten wir schon, doch dann zog Spence sein Shirt ein Stück hoch und offenbarte uns noch weitere, aber glücklicherweise weniger bedrohliche Wunden. „Elaine, kümmerst du dich darum?" fragte Shizfra und so brachte sie Spence in das nächste Krankenhaus, schließlich war das für sie als Ärztin eine Kleinigkeit.

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