Kapitel Eins

„Weißt du Luca, Menschen können sich verändern", sagt Noemi und sieht mich dabei vielsagend an.

„Nein. Menschen wie er verändern sich nicht", schieße ich zurück während ich meine Arme vor meiner Brust verschränke. Vielleicht mag es kindisch wirken, aber das ist mir egal.

„Du kennst ihn ja nicht einmal persönlich. Vielleicht wurde in den ganzen Gerüchten auch nur übertrieben und er ist überhaupt nicht so unausstehlich. Wer weiß?", sie verdreht ihre Augen in der typischen Manier und prustet genervt die Luft aus, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Kleiderschrank widmet. „Hör zu, ich will einfach nicht, dass du schon vor Beginn unseres letzten Schuljahres keinen Bock mehr hast, nur weil noch ein arroganter Schnösel auf unsere Schule kommt."

Stumm betrachte ich sie einige Sekunden, weil ich weiß, dass sie recht hat. Allerdings will ich mir das nicht eingestehen und mich auch nicht bei ihr entschuldigen. Also zucke ich nur mit den Schultern und wende mich ebenfalls dem Kleiderschrank zu.

„Luca, hör auf immer auszuweichen wenn es mal unangenehm wird", fährt sie mich an und würdigt mich dabei keines Blickes, „Du weißt, dass ich das nicht abkann. Außerdem sieht der Typ auf Bildern doch ziemlich.. - Oh mein Gott! Ich hab das perfekte Oberteil gefunden!"

Ich verdrehe die Augen. Jedoch greife ich das Thema nicht nochmal auf, denn ehrlich gesagt hab ich keine Lust über diesen fremden Typen zu streiten, ich würde mir mein letztes Jahr nicht wegen diesem arroganten, reichen, unausstehlichen Mistkerl versauen lassen. Zumindest würde ich es probieren.

Noemi verschwindet mit ihrem neu entdecktem Schatz, ein buntes Pailletten-Oberteil welches sie schon seit Jahren besitzt, und verschwindet glücklich im Badezimmer. Nur kurz später kommt sie wieder raus und präsentiert mir ihr Outfit. „Und?", fragt sie und macht ihr Zimmer dabei glatt zu einem Runway.

Ich lache einen Moment über ihre Art, zeige ihr dann aber doch einen Daumen nach unten und schüttle den Kopf. Das Oberteil ist zwar schön, passt allerdings gar nicht zu ihrem auserwählten Plissee-Rock. „Mama Heidi würde die Hände überm Kopf zusammenschlagen", ich räuspere mich auffällig und imitiere Heidi Klums bekanntesten Satz, „Tut mir leid, aber ich habe heute leider kein Foto für dich."

Frustriert ziehen sich ihre Mundwinkel nach unten. „Ehrlich?", fragt sie und sieht enttäuscht an sich herab. Sofort ist das Funkeln aus ihren Augen verschwunden und mein Herz zieht sich ein wenig zusammen.

„Ehrlich", bestätige ich dennoch ehrlich und drehe mich zu ihrem Kleiderschrank um. Als ich das finde was ich gesucht habe, drücke ich Noemi die schwarze Boyfriend-Jeans in die Hand. „Probier die doch mal", sage ich aufmunternd und sehe zu wie meine beste Freundin geknickt ins Badezimmer verschwindet.

Es tut mir weh mit anzusehen, wie schnell man das Selbstbewusstsein meiner besten Freundin zerstören kann. Denn es steht vollkommen außer Frage, dass sie einer der schönsten Menschen ist, den ich kenne. Und ich kenne leider Gottes wirklich viele Menschen.

Nach ein paar Minuten kommt sie raus und strahlt über beide Ohren, während sie mit ihren Händen über die Hose streicht. „Du hattest Recht, jetzt sieht es viel besser aus!"

„Super! Dann kann es ja losgehen", sage ich grinsend und hacke mich bei ihr unter.

-

„Verdammte Scheiße!", mault sie frustriert, „Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass wir nicht deine alte Schrottkiste nehmen sollen!"

„Hey! Das ist keine Schrottkiste, sondern ein Oldtimer. OLDTIMER!", meckere ich zurück und frustriert sitzen wir schweigend nebeneinander. Währenddessen streichle ich über das Lenkrad meines Autos, wie als müsste ich es vor Noemis Worten beschützen.

„Dann müssen wir wohl laufen", schlussfolgert sie genervt, steigt aus dem Auto und knallt die Autotür zu. - „Das ist kein verdammter Panzer!", rufe ich ihr wütend hinterher.

Nachdem ich nochmal tief Luft hole, gebe auch ich mich geschlagen und steige aus meinem Auto, was Noemi zum Glück unkommentiert lässt. „Mein Navi sagt, dass wir zu fuß etwa sieben Minuten brauchen. Wir müssen in die Richtung", sagt sie und zeigt nach links auf den Wald.

„Die Party ist in einem Wald?", frage ich stirnrunzelnd und sehe wie Noemi mich entgeistert anblickt. - „Natürlich! Was denkst du denn wo das Waldhaus der Familie Steinhagen steht? In der Innenstadt?"

„Wie viele Häuser haben die denn bitte?", frage ich entrüstet und sie zuckt gelassen mit den Schultern. - „Naja, soweit ich weiß sind es vier."

Ein erschrockenes Husten kann ich bei aller Mühe nicht unterdrücken. Ich bin es zwar irgendwie gewohnt mit reichen Leuten zutun zu haben, Gott verfluche diese verdammte Privatschule, dennoch überrascht es mich jedes mal aufs neue wie reich die alle eigentlich sind.

Mir geht es zwar finanziell gesehen auch nicht schlecht, aber meine Familie hat Geld in einem normalen Verhältnis. Ein Haus und zwei Autos, eins davon ist jedoch meine Schrottkiste wie Noemi es nennt.  Mit einem Privatjet, mehreren Anwesen und einer Yacht kann ich nicht dienen. Für mich ist das in Ordnung, obwohl viele meiner Schulkameraden mich dafür abwerten.

„Warum gehen wir überhaupt auf eine Party von diesem Typen? Wir mögen den nicht mal", bemerke ich bockig und reibe mir dabei über den Nasenrücken. Partys von Reichen sind eigentlich immer ein totaler Reinfall.

Du magst ihn nicht, Luca. Ich schon", widerspricht sie mir und dirigiert uns weiter durch den Wald. Ich nehme ihre Antwort mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Kenntnis.

„Ich fühl mich hintergangen", murmele ich aus Spaß und fasse mir dabei theatralisch an die Brust, „Hörst du mein Herz brechen?"

Über ihre Schulter schenkt sie mir einen verzweifelten Blick, bevor sie den Kopf schüttelt und wieder nach vorne sieht. „Manchmal frage ich mich, warum wir überhaupt befreundet sind."

Grinsend springe ich neben sie und remple sie mit der Hüfte an, „Weil ich deine Deutsch- und du meine Mathehausaufgaben machst." Natürlich weiß sie, dass ich nur Spaß mache, dennoch betrachtet sie mich kurz mit einem tadelndem Blick. „Du bist unmöglich", murmelt sie. - „Dafür liebst du mich doch!"

Ergeben seufzt sie: „Ja, das hast du Recht. Außerdem...- Hey, ich glaub wir sind da!"

Sie hat recht. Das Waldhaus vor uns kann man kaum übersehen. Es ist wuchtig und hat eine riesige Fensterfront, die sich das ganze Haus entlang zieht. Im Vorgarten befindet sich ein großer Pool, indem sich Unmengen an Leuten tummeln. Generell ist alles, wirklich alles voll mit Menschen. Lichterketten beleuchten den ganzen Garten, was die Atmosphäre super heimisch und angenehm macht, auch wenn ich das nichtmal unter Folter zugeben würde. Mit einem Grinsen vergleiche ich es mit Edward Cullens Haus. Noemi und ich haben uns früher jedes Wochenende zusammen Twilight angesehen. Edward Cullen ist in Fakt der einzige steinreiche Typ, dem ich keinen Groll gegenüber hege.

Aufgeregt nimmt Noemi meine Hand und beginnt mich durch die Menschenmengen zu ziehen, obwohl wir draußen sind, rieche ich den Schweiß und den Alkohol.

Wir kommen nicht weit durch die Menschenmasse, als unsere Namen auch schon aufgeregt gerufen werden. Suchend versuche ich die Geräuschquelle auszumachen, kann jedoch niemanden erkennen. Erst als der rothaarige Junge vor uns stehen bleibt, erkenne ich, wer uns gerufen hat.

„Emil Steinhagen", grüße ich den großen Jungen weniger erfreut und mustere ihn nur abschätzig. Der Gastgeber höchstpersönlich. Wow, was eine Ehre.

Er hingegen freut sich offensichtlich tierisch, dass wir hier sind, denn ohne Vorwarnung greift er meine Oberarme und zieht mich in eine  Umarmung. Erschrocken keuche ich nach Luft. „Pfoten weg", sage ich wütend und stoße seine Hände weg. Schnell macht er ein paar Schritte zurück und schmunzelt mich entschuldigend an. Idiot.

Noemi scheint sich jedoch richtig über die intensive Umarmung zu freuen, jedenfalls ihrem Gesichtsausdruck nach zu deuten. Ich stecke mir gespielt den Finger in den Rachen und tue so als müsste ich würgen. Als Noemi mich schockiert ansieht und mir auffällt, dass ich wirklich ein Würgegeräusch gemacht habe, versuche ich es mit einem Husten zu kaschieren. Das macht die Situation allerdings nur noch unangenehmer.

Ich kann nicht verhindern, dass meine Wangen einen leichten Rot-Ton annehmen. Gott sie Dank ist es schon dunkel, sodass man es nicht richtig erkennen kann. „Alles klar, ich geh dann mal. Lasst euch bloß nicht stören. Viel Spaß noch", kopfschüttelnd über mich selber drehe ich mich um und gehe mir Alkohol suchen. Wer mich als beste Freundin hat, der braucht echt keine Feinde mehr.

Als ich in der Menge an feiernden Menschen untergehe, merke ich wie mein Körper sich entspannt und seit langem mal wieder runterfährt. Die letzten Monate waren anstrengend und dies sind die Momente, in denen ich einfach abschalten kann. Die ganze Welt um mich herum vergessen. Mich einfach der Musik hingeben.

Nach gefühlten Ewigkeiten finde ich die provisorische Bar und tatsächlich einen richtigen Barkeeper dahinter. „Hallo hübsche Frau, was darf's sein?", fragt er, als ich mich an die Bar lehne, und grinst mich dabei kokett an. Naja, schlecht sieht er ja nicht aus... Seine weiße Haut wirkt makellos und die schwarzen Haare bilden einen harten Kontrast.

„Hauptsache es hat Prozente", grinse ich bevor ich mich ein bisschen über die Bar lehne, „Mach wir was du willst, hübscher Mann."

„Das bekomm ich hin", sagt er zuversichtlich und dreht sich weg, um mir mein Getränk zu zaubern. Magic.

Während ich warte lasse ich meinen Blick über die Menschenmenge schweifen, sie alle sehen glücklich aus. Einfach glücklich. Viele tanzen ausgelassen, andere spielen intensiv Bierpong und andere wiederum sind mit sich selbst beschäftigt oder mit dem anderen Geschlecht. Alles in einem ist die Atmosphäre erstaunlich angenehm. Die meisten Partys von Schnöseln kann gerade diese Atmosphäre nicht aufbauen, weswegen ich diese meistens meide.

„Dein Drink ist fertig", grinst der Typ und reist mich aus meinen Beobachtungen. - „Danke. Was bekommst du dafür?", frage ich und schnappe mir das Glas, welches echt verdammt teuer aussieht.

„Deine Nummer?", fragt er und grinst mich unverschämt an. Ich überlege einen Moment und bin kurz davor ihm meine Nummer zu geben, dann fällt mir jedoch etwas besseres ein und ein diabolisches Grinsen schleicht sich auf meine Lippen. Ich krame in meiner kleinen Handtasche und das Grinsen liegt noch immer auf seinem Gesicht. Fast schon wie festgeklebt. Als ich ihm einen Zehner auf die Theke haue, entgleist ihm das Grinsen dann doch für einen Moment. „Nein", antworte ich und schmunzele ihn an.

Grinsend drehe ich mich um und will in der Menschenmenge verschwinden, werde jedoch zurückgehalten. „Hey, hübsche Frau", ruft er und während ich mich umdrehe wandert meine linke Augenbraue in die Höhe. „Mein Name ist Avan!" Avan. Interessant.

Als ich kurz einen Blick auf mein Handy werfe, sehe ich die Nachricht von Noemi und antworte sofort.

Bestie <3
Hey, alles klar bei dir?                         23:07

Ich
Ja, alle super. Lebst du noch?             23:09

Bestie <3
🤦🏼‍♀️                                                               23:10

Erleichtert stecke ich mein Handy wieder weg. Wenn es ihr gut geht, dann geht es mir auch gut. Bevor ich jedoch im Takt der Musik versinken kann, fällt mir das Bierpong-Feld ins Blickfeld. Ach du Scheiße. Das eine Team ist komplett am verlieren, was mich zwar nicht wundert, weil das alles hier Schnösel sind, dennoch kann ich das nicht mit angucken. Das ist doch eine Beleidigung für die schöne deutsche Bier-Kultur.

Genervt kippe ich mir den Inhalt meines Bechers in den Hals und stampfe auf die Gruppe zu, ich kann den Drang einfach nicht unterdrücken. Morgen werde ich das wahrscheinlich bereuen, aber was jetzt zählt ist dieser Moment. Und in diesem Moment braucht dieses verdammt schlechte Bierpong Team meine Hilfe. „Das ist wirklich erbärmlich", sage ich ernst als ich neben dem Verliererteam stehen bleibe. „Das ist keine Weinverkostung, sondern Bierpong. Was haben eure Eltern euch eigentlich beigebracht?", frage ich und sehe die zwei verdatterten Menschen vor mir an. Sie sind beide hellblond, fast schon weißhaarig und haben hellblaue Augen. Also wenn das keine Geschwister sind, dann fresse ich einen Besen. Deren Gene würde ich gerne haben.

Wer zum Teufel bist du?", fragt das Mädchen und sieht mich schnippisch an, während sie ihre Hände in die Hüften stemmt. „Ich bin Luca und ich bin eure Retterin", sage ich und grinse das Mädchen selten dämlich an.

„Nein", sagt sie sofort.

„Doch."

„Ich will dich nicht in meinem Team!"
„Du wirst mich brauchen!"
„Nein."
„Doch, absolut."
„Wir brauchen dich nicht."
„Doch, ihr seid nämlich schon am Verlieren."
„Nein, wir...-"

„Aufhören. Jetzt", sagt der hellblonde Typ plötzlich und unterbricht somit unsere Zickerreien. Sofort ruckt mein Kopf zu ihm. Seine Stimme ist rau und hart und er kling verdammt genervt, verdammt attraktiv, wenn ihr mich fragt. „Lass sie mitspielen", sagt er und blickt das blonde Mädchen an, bevor sein Blick sich auf mich richtet. Für einen Augenblick vergesse ich zu atmen. Scheiße, das ist so klischeehafte. Seine Augen sind hellblau und sehen schon fast aus wie Eis, auch der Ausdruck in ihnen erinnerte mich irgendwie daran. „Sie könnte nützlich sein", sagt er an das Mädchen gewandt, löst seinen Blick dabei aber nicht von mir. Ich runzle meine Stirne aufgrund seiner Wortwahl.

„Ich könnte nicht nur nützlich sein", ich verschränke meine Arme vor der Brust, "Ich bin es sogar definitiv." Störrisch sehe ich ihn an, während seine rechte Augenbraue sich minimal hebt und ein Grübchen in seiner Wange zum Vorschein kommen, als er beginnt zu grinsen.

„Ich bin Vi...-", beginnt er doch ich unterbreche ihn schnell. „Ich will nicht wissen wer du bist. Ich werde nach heute nie wieder mit dir reden, weil ich euch Schnösel nämlich nicht ausstehen kann", mache ich meinen Standpunkt klar. Verdattert sieht er mich an, wobei kurz ein arroganter Ausdruck um seinen Mund herrscht, jedoch hat er sich schnell wieder gefangen.

„Können wir jetzt weitermachen?", ruft der Gegenspieler genervt und ich zeige ihm meinen Mittelfinger. „Hey! Ruhe auf den billigen Plätzen", ich wende mich von dem Typen ab und meinen beiden neuen Teamkollegen zu, „Also, wer von euch setzt diese Runde aus?"

Die beiden tauschen einen kurzen Blick, bevor der Typ zurücktritt. „Ladys First". Das blonde Mädchen sieht ihn genervt an, fügt sich jedoch ihrem Schicksal.

„Okay, ich fang an!", rufe ich glücklich und springe einmal auf der Stelle. Was auch immer der Typ mir in den Drink gekippt hat, es scheint Wirkung zu zeigen.

Ich konzentriere mich. Fokussiere den Becher, den ich treffen möchte. Deute meinen Wurf einmal an. Fokussiere nochmal. Werfe. „Wuhuuu", rufe ich und werfe meine Arme nach oben als der Ping-Pong-Ball sein Ziel trifft. Auch der zweite und dritte Ball enttäuschen nicht, der Vierte jedoch landet leider daneben. Das Gegnerteam ist dran und.. trifft auch. Aber nur einmal.

„Ich mach das schon", sage ich amüsiert als ich den angewiderten Blick des Mädchens auf dem roten Plastikbecher sehe. Ich schnappe mir den Becher und kippe den Inhalt runter, wobei mir ein kleiner Tropfen übers Kinn läuft, denn ich hastig abwische. Als ich mich umdrehe um den leeren Becher wegzuwerfen, bemerke ich den Blick des blonden Typen auf mir. Hat er mir jetzt etwa zugeguckt, wie ich geklärt habe? Und die viel wichtigere Frage: wie lange sieht er mich schon an?  „Mach ein Foto, das hält länger", sage ich und grinse arrogant, um zu überspielen, dass er mich gerade nervös macht. Erschrocken zucke ich, als einen Moment später alles für einen klitzekleinen Moment weiß wird. Hä? Gewittert es? Doch dann findet mein Blick wieder den Typen, welcher tatsächlich ein Bild von mir gemacht hat. „Sach mal, hackts bei dir?", sage ich aufgebracht und sehe ihn wütend an, „Schonmal was von Datenschutz gehört?"

„Ja", erwidert er nur arrogant, „Ist mir aber egal", und steckt sein Handy zurück in seine Hosentasche.

Wütend sehe ich ihn an, gerade als ich noch einen Kommentar machen will, bimmelt mein Handy. Drei neue Nachrichten von Noemi.

Bestie <3
Ich wollze nur Pipi macjen                   01:00

Bestie <3
Icj glaub das ust ein Wildschwein      01:01

Bestie <3
Hallooooioooo?                                       01:01

„Ich muss gehen" sage ich panisch und stecke mein Handy in die Hosentasche, „Meine beste Freundin wird von einem Wildschwein angegriffen!" Noch während ich rede, renne ich los. Okay, keine Panik bekommen. Logische Schlussfolgerung. Wo gibt es Wildschweine? Im Wald. Wo kann sie also sein? Im Wald. Wenn man davon ausgeht, dass die Villa in einem Wald steht, grenzt das die Suche nicht besonders ein. Scheiße.

„Noemi?", rufe ich, als ich alleine durch den Wald laufe und mir fast in die Hose mache. Ich habe Angst vor der Dunkelheit, geschweige denn vor wilden Tieren. Aber Noemi braucht meine Hilfe, also muss ich da durch.

„Noemi? Wo bist du?", rufe ich nochmal und zwar dieses mal lauter. Aber ich bekomme keine Antwort. Mein Herz schlägt verdammt schnell und ich habe Sorge, dass es mir gleich aus der Brust springt.

Als ich sie nach fünf Minuten noch nicht gefunden habe, bin ich kurz davor in Panik auszubrechen. „Verdammte Scheiße... Noemi! Wo bist du?"

„Hier", höre ich sie genau in dem Moment leise schluchzen und sofort renne ich los. Sie steht vor einem Baum und hat ihre Hand ausgestreckt, als könnte sie das Wildschwein so vorm Angriff hindern. Apropos Wildschwein... ich drehe mich um und blicke tatsächlich einem Wildschwein ins Antlitz. "Verdammte scheiße", flüstere ich und schlage mir die Hand vor den Mund, "Ich hatte gehofft, dass du einfach Drogen genommen hast und halluzinierst."

"Das ist nicht witzig", schluchzt sie anklagend und ich atme langsam aus, in der Zeit kratze ich meinen kleinen Rest Mut zusammen.

"Okay, keine Sorge wir schaffen das", flüstere ich aufmunternd und krame mein Handy aus der Hosentasche und halte es vor meinen Mund, "Hey Siri, was tun bei Wildschweinbegegnung?"

-

Zusammen mit Noemi sitze ich an einen Baum gelehnt und versuche meinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bekommen. "Das war so cool!", schwärmt sie und zweifelnd sehe ich sie an. - "Dir ist doch echt nicht mehr zu helfen. Wir sind gerade fast gestorben!"

„Haben wir uns gerade wirklich mit einem Wildschwein gebattelt?", meine Stimme krächzt und mein Hals ist staubtrocken, verdammte scheiße, das war beängstigend. - „Jaaa! Du bist die coolste beste Freundin die es gibt!"

Als ich mich aufsetze drückt sie mir einen Pappbecher in die Hand, der halbgefüllt ist mit Wasser. „Trink erstmal", sagt sie und klopft mir bemutternd die Wange. Dankbar lächle ich sie an und frage einfach nicht nach warum sie alleine mit dem Becher im Wald rumläuft. Ich kippe den Inhalt in einem runter. Geschockt reiße ich die Augen auf und würge mir die Flüssigkeit runter, was in einem elenden Hustenanfall endet. „Dein Ernst? Vodka?", frage ich keuchend zwischen zwei Hustern. Wäh.

Unschuldig zuckt sie mit den Schultern und schmunzelt mich an. „Hab vorhin auf die Schnelle nichts anderes gefunden." - „Toll. Danke", murmele ich ironisch und hieve mich vom dreckigen Boden.

Wir machen uns auf den Weg zurück zur Party. Würden wir uns von einem Wildschweinangriff den Abend versauen lassen? Nein, absolut nicht. Wenn dann, hatten wir jetzt noch mehr Grund zu feiern.

„Wuhuuuuuu Partyyyyyyyy", kreischt Noemi und drückt mir einen Kuss auf die Wange während sie in der Menge verschwindet. Lachend sehe ich ihr hinterher und bahne mir selber einen Weg in die Menschenmenge. In der Mitte angekommen beginne ich meinen Körper der Musik anzupassen und einfach zu genießen.

Ich liebe Feiern. Ich liebe Tanzen. Ich liebe Alkohol. Ich liebe Musik. Ich liebe frei sein. Ich liebe alles hier. Nur das Wildschwein nicht.

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