Kapitel 9
⚠️Triggerwarnung⚠️
Lu geht's mal wieder nicht ganz so gut:)
Wenn SV bei euch ein sensibles Thema ist, skippt am besten Abschnitt 8 und 9🙏🏼💜
Lu's POV
Genervt sah ich auf meinen Wecker. Die rot leuchtenden Zahlen zeigten 2:56 Uhr an. Zum hundertsten Mal an diesem Abend drehte ich mich auf die andere Seite, doch ich konnte nicht schlafen.
Er ging mir durch den Kopf, wieder und wieder.
Julien hielt mich wach.
Immer wieder sah ich sein Gesicht vor mir. Das Mondlicht, das sich in seinen dunkelbraunen Augen wiederspiegelte, seine schwarzen, vom Wind leicht zerzausten Haare, die unter seiner Kapuze hervorlugten, die Grübchen die ich bemerkte, als er mir dieses schiefe Lächeln schenkte. Es sah so warm aus, so herzlich.
Doch trotzdem traute ich ihm nicht wirklich. Er war ein Mann und ich hatte mit der Zeit meine Vorurteile gegenüber Männern. Eigentlich war mir bewusst, dass kein Mann wie der andere war und in jedem Menschen auch etwas Gutes steckte, doch Chris hielt mich davon ab, jedem sofort eine neue Chance zu geben.
Er hatte mir all meine Ängste und Sorgen gebracht, und auch die ein oder anderen Probleme. Vertrauensprobleme waren ein gutes Beispiel dafür. Es tat mir leid, dass ich so war wie ich eben war, aber ich konnte es nicht ändern.
Wie sehr ich es auch wollte.
Immer wieder kreiste unsere Konversation durch meinen Kopf. Ich hatte die Situation vor Augen, als würde ich gerade dort stehen. Ich erinnerte mich daran, als er mich antippte. Ich spürte die unglaubliche Angst, die ich in diesem Moment verspürt hatte. Ich merkte meinen schnellen Puls, meinen zitternden Körper.
Ich erinnerte mich, wie ich in seine dunklen, besorgten Augen blickte.
Die leichte Verwirrung aufgrund meiner Reaktion war mir auch nicht entgangen.
Doch sein Handeln danach rechnete ich ihm hoch an.
Er kannte mich ja gar nicht und trotzdem hatte er intuitiv das richtige getan.
Was er wohl jetzt von mir denken musste? Wahrscheinlich erzählt er all seinen Freunden von mir. Er wird ihnen von einer komischen Frau erzählen, die aussah, als wollte sie sich umbringen und verschreckt und verwundet war. Und hässlich. Gebrochen und am Ende mit ihrem Leben.
Wenn er das denken würde, hätte er recht, ja.
Aber so wirkte er eigentlich nicht. Natürlich war er eine männliche Person und ich hatte selbst erfahren, wie sich die charmamtesten und fürsorglichsten Männer in gefährliche Alkoholiker verwandeln konnten.
Doch er hatte einen anderen Eindruck bei mir hinterlassen.
Einen netteren, gefühlvolleren, verständnisvolleren Eindruck.
Und sein Lächeln wirkte so warm, so nett und offen.
Ob er wohl überhaupt über mich nachdachte?
'Luisa, reiß dich gefälligst nochmal zusammen hackt's bei dir?', stoppte ich mich selbst. 'Vor zwei Jahren hättest du Chris noch genauso beschrieben, sei nicht so dumm und mach den gleichen Fehler wieder!'
Wahrscheinlich war es richtig so. Wir würden uns eh nie wieder sehen. Ich wollte nichts von ihm und er nichts von mir.
'Was redest du denn von wollen und nicht wollen?', fragte ich mich entgeistert. War ich so verrückt? Sehnte ich mich so sehr nach Liebe und Geborgenheit, dass ich so über einen Menschen dachte, der für wenige Minuten in meinem Leben erschienen war?
Ich war doch krank!
Genervt von mir selbst und meinem Gedanken drehte ich mich wieder auf die andere Seite und versuchte zu schlafen, doch meine Augen hielten es keine 5 Sekunden lang geschlossen aus.
Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es nun bereits 3:36 war.
'Wow Luisa! Du musst um 6:30 aufstehen, wieso bist du denn so dumm?'
Aber nun lag ich eben hellwach im Bett.
Nach kurzer Zeit wurde mir warm und ich streckte meine Beine bis zu den Knien unter der Decke heraus.
'Vielleicht lag es ja daran', dachte ich mir und schloss meine Augen erneut.
Doch auch das half nichts.
Wenige Minuten später begann ich zu frieren und ein leichter Schauer überzog mich.
Also wiederholte ich das ganze und bedeckte mich wieder komplett.
Jetzt begann meine Schulter einzuschlafen, weswegen ich mich ein weiteres Mal drehte.
Nach weiteren 20 Minuten wurde es mir zu blöd. Angestrengt schlug ich die Decke zurück und setzte mich auf. Mein Kopf war wie leer. Stumm starrte ich mit verschwommenem Blick auf meine Füße. Wie versteinert verharrte ich in dieser Position für einige Zeit.
Dann blinzelte ich ein paar Mal, um wieder klar sehen zu können.
Mit etwas Schwung erhob ich mich aus dem Bett und ging zur Tür.
Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte ich mich, dass Chris noch immer schlief, dann ging ich weiter in die Küche.
Hier angekommen schloss ich hinter mir ab und lies mich auf einen Stuhl fallen.
Mein Kopf war voller Gedanken, voller Bilder und Stimmen.
Bilder zu jedem meiner Gedanken. Videoartige Sequenzen, die sich aus Filmausschnitten, Erlebnissen und Vorstellung zusammensetzten. Im Hintergrund Chris' Stimme. Ihr Klang hielt mich wach, ihr Hall ließ mich nicht schlafen. Durchgehend schwirrte all das durch meinen Kopf und machte diesen zu einem einzigen Chaos.
Nun erlangte das Ticken der Uhr meine Aufmerksamkeit.
Tik, tak.
Tik, tak.
Tik, tak.
Gleichmäßig.
Sie ließ sich nicht durcheinander bringen.
Ihr Takt war regelmäßig.
Anders als meine Gedanken.
Sie rauschten unaufhaltsam durch meinen Kopf.
Das Ticken wurde lauter, all die Erinnerungen, Gedanken und Bilder rasten immer schneller.
Die Geräusche wurden immer erdrückender.
Mein Kopf fühlte sich an, als würde er platzen.
Es war unerträglich.
Es tat weh.
Ich kniff meine Augen zusammen, doch der Schmerz lies nicht nach.
Mein Mund war trocken, ich zitterte unkontrolliert und meine Atmung geriet außer Kontrolle.
Panisch rang ich nach Luft, doch meine Lunge war wie zugeschnürt.
Meine Gedanken hetzten sich gegenseitig durch meinen Kopf und mischten sich mit Chris' Stimme im Hintergrund.
Ich war gefangen und es gab keinen Ausweg.
Wobei, einen gab es. Es war kein guter, ich wusste es. Doch ich war gefangen und suchte verzweifelt einen Weg um zu entkommen. Wie in Trance stand ich von meinem Stuhl auf. Meine Beine leiteten mich zu einer Schublade.
Dieser Schublade.
Mit mechanisch gesteuert aussehenden Bewegungen öffnete ich sie und griff hinein. Mit einem Messer in der Hand ging ich zum Tisch zurück.
Ich legte es neben mich und krämpelte meine Ärmel hoch.
An meinem Arm drei tiefe, lange, leuchtend rote Schnitte.
Ich betrachtete sie. Schon kamen die Erinnerungen an gestern hoch.
Meine Emotionen gewannen sofort Überhand.
Wie benommen griff ich nach dem Messer.
Ohne Herr meiner Selbst zu sein setzte ich an.
Ich drückte fester und zog die Klinge durch meine Haut.
Übrig blieb eine blutende Wunde.
Schon füllten sich meine Augen mit Tränen. Die Gefühle übermannten mich nun komplett und ich begann unaufhaltsam zu weinen. Immer mehr Tränen liefen meine Wangen hinunter.
Die Wangen meines hässlichen Gesichts.
Ja!
Ich war hässlich!
Ich wag nutzlos!
Er hatte Recht!
Er hatte doch so Recht!
Erneut lies ich das Messer durch meine Haut fahren.
Wieder hinterließ es eine tiefe, brennende Wunde.
Plötzlich wurde all der Hass, all die Verzweiflung und all die Abscheu zu Trauer.
Schluchzend legte ich die Schneide zur Seite, dann brach meine Gefühlswelt endgültig zusammen. Weinend stütze ich mein Gesicht auf meine Hände.
Mein Körper bebte und aus meinen Augen liefen ununterbrochen Tränen.
Tränen voller Schmerz.
Tränen gefüllt mit dem Willen, aufzugeben.
Ich konnte das alles nicht mehr.
Niemand konnte mich retten.
Wie ein gebrochenes Häufchen Elend saß ich in der Küche.
In meinem Haus.
In meinem eigenen Haus.
Ein neuer Schwall Tränen floss meine getränkten Wangen hinunter.
Erschöpft und kraftlos lies ich meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und schloss meine Augen.
Das einzige was ich noch vernahm war das Ticken der Uhr.
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Hallo Leudiiis ich hoffe euch geht's gut💜🫶🏻
Tut mir echt leid, dass ihr so lange auf ein neues Kapitel warten musstet, aber ich war nicht zufrieden damit:)
Jetzt habt ihr ja ein neues Kapitel ♡
Uuund noch ein riesengroßes Dankeschön für über 370 reads 🫢👏🏼
Ich bin euch so dankbar hehe<333
Ansonsten, habt noch eine schöne Zeit und viel Spaß bei was auch immer ihr grad macht💜💜
LG, Malina
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