Kapitel 6

⚠️Triggerwarnung: SV (hauptsächlich in Abschnitt 2+3)⚠️
Lest bitte erst ab Abschnitt 4/5 weiter  wenn es euch damit nicht gut geht💜🙏🏼

Lu's POV

"LUISA, MACH DIE SCHEIß TÜR AUF", war das erste, was ich am nächsten Morgen vernahmt. Sofort schreckte ich hoch. Fuck, wo war ich? Ich versuchte, mich gutmöglichst in der Dunkelheit zu orientieren und tastete nach einem Lichtschalter. "LUISA, DU FOTZE, AUFMACHEN!" Brüllend hämmerte Chris gegen die Tür. Inzwischen hatte ich den Schalter gefunden. Nach kurzem umsehen bemerkte ich, dass ich mich komischerweise im abgeschlossenen Badezimmer befand. "Ich weiß dass du da drin bist MACH AUF!", schrie Chris von der anderen Türseite.
"Ich mach mich noch schnell fertig, ich schließe gleich auf", antwortete ich ihm gehetzt und begann, meine Haare zu kämmen. Mein Kopf war voller Gedanken. Was hatte ich getan? Wieso war ich hier eingeschlafen? Wie war ich in diese Situation gekommen? "Öffne diese scheiß Tür jetzt oder ich trete sie ein!  Wie lang soll ich denn noch warten?", vernahm ich Chris wieder von draußen. "Ja, gleich. Ich bin sofort fertig", versicherte ich ihm und wusch mein Gesicht. "Nein! Kein gleich! Kein sofort! JETZT! Mach JETZT auf!", brüllte Chris an der Klinke rüttelnd. Angst erfüllt blickte ich zur Tür. Was auch immer ich jetzt tun würde, ich würde nicht heil hier rauskommen. Das war sicher. "Ich bin schon fertig, warte ich öffne die Tür. Gehst du kurz weg?", fragte ich ihn. "Ja, mach jetzt auf", grummelte er. Ich blickte noch einmal in den Spiegel, atmete ganz tief durch um mich zu beruhigen und drehte dann den Schlüssel um. Vorsichtig lugte ich durch den Türspalt und blickte in Chris' gehässigen und wutentbrannten Augen. "Haben wir es dann mal?", motze er mich an und trat mit einem Ruck gegen die Tür, die mir ins Gesicht flog. Ein stechender Schmerz durchzog meinen Körper.  Erschrocken zuckte ich zurück und machte ihm Platz. "Geht doch", meinte er zu mir und verschwand im Bad. "Fotze!"

Immer noch etwas geschockt taumelte ich zum Spiegel, der im Flur hing. Dort betrachtete ich mein Gesicht. An meiner Stirn zeichnete sich eine Beule ab, auch mein linkes Auge begann anzuschwellen. Und ich hatte leichtes Nasenbluten, wie immer. Wieso musste ich dieses Leben leben? Was hatte ich getan um hierzu verdammt zu sein? Warum? Ich merkte wie sich meine Augen wieder mit Tränen füllten. Krampfhaft versuchte ich, sie zu unterdrücken, doch ich konnte sie nicht zurückhalten. Immer mehr heiße Tränen rannten über mein Gesicht und ich biss meine Zähne zusammen, um nicht zu schluchzen.
Weinend sank ich zu Boden und zog meine Beine zu mir. Erneut brach eine Welle an Emotionen über mich und machte mich zu einem schwächeren Menschen. Ich wusste nicht wie lange ich so noch weiterleben könnte, aber ich wollte nicht mehr. Ich wollte dieses Leben so nicht mehr!

Wie in Trance stand ich auf und ging in die Küche. Ich schloss die Tür hinter mir und steuerte auf eine Schublade zu. Mit mechanischen Bewegungen öffnete ich sie.
Ich wollte nicht mehr!
Ich wollte nicht mehr!
Ich wollte nicht mehr!
Immer wieder wiederholte sich der Satz in meinem Kopf. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich schwitzte. Das atmen fiel mir schwerer, und schwerer, und schwerer.
ICH WOLLTE NICHT MEHR!
Gesteuert von Emotionen griff ich in die Schublade und nahm ein Messer heraus.
Ich kann nicht mehr!
Ich kann nicht mehr!
Mit einem starken Schwindelgefühl und dem Messer setzte ich mich auf die Küchenfläche neben der Spüle. Ich war wie benebelt, das Ticken der Uhr drang nicht mehr zu mir durch.  Ich nahm nichts mehr von außen wahr. Vor meinen Augen spielten sich die letzten Monate ab. All der aufgestaute Schmerz übermannte mich und ich setzte das Messer an. Die Schneide drang durch meine Haut ein. Es brannte, es tat höllisch weh. Aber es nahm mir meine Gedanken. Es raubte mir den Verstand. Und irgendwo tat es gut. Ich setzte das Messer ein weiteres Mal an und lies es durch die Haut gleiten. Wieder durchzog mich ein Brennen. Blut trat aus den tiefen Wunden. Doch es tat zu gut. Ein drittes Mal legte ich das Messer an. Ein drittest Mal hinterlies es einen tiefen Schnitt. Ich atmete tief durch und legte das Messer  beiseite. Mein Arm brannte, ein leichtes Taubheitsgefühl durchzog ihn. Aber es tat gut! Zu gut!

Ich merkte, dass das Blut von meinem Arm zu tropfen drohte. Schnell hüpfte ich von der Küchenfläche und hielt ihn unter das kühlende Wasser. Eine leicht rötliche Flüssigkeit tropfte in die Spüle, mit ihr ein Teil meines Schmerzes. In Gedanken verloren lies ich das Wasser weiterlaufen. Mein Zustand hatte sich inzwischen wieder verbessert.
Mein körperlicher.
Bis auf meine Nase, die schmerzte noch.
Meine Nase! Chris! Mit einem Ruck war ich wieder im hier und jetzt. Ich drehte das Wasser aus und tupfte meinen Arm mit ein paar Zewas trocken. Es kam zwar immer noch ein wenig Blut nach, aber ich würde nachher einfach ein Pflaster darüber kleben. Oder mehrere.
Mit einem anderen, mit lauwarmen Wasser befeuchteten Zewa machte ich das Blut in meinem Gesicht weg. Ich entsorgte die Küchentücher im Restmüll und ging zum Kühlschrank, neben dem unser Verbandskasten hing. Dort holte ich mir Verbandszeug und Fixierpflaster heraus und nahm am Tisch Platz, um meine Wunden zu verbinden. Sie waren tiefer als ich dachte. Zu was ich fähig war, wow. Vielleicht sollte ich das nächste Mal besser aufpassen. Oder es beenden, einfach einen Schlussstrich ziehen.

Das Klacken eines Schlüssels lies mich aufhorchen. Chris hatte soeben das Bad verlassen. Schnell räumte ich das Verbandszeug auf und wusch das Messer ab, welches noch immer neben der Spüle lag. Ich räumte es ihn die Spülmaschine und hastete zur Küchentür, um diese aufzuschließen. Aus dem Schlafzimmer schien Licht, was darauf deutete, dass Chris sich gerade umzog. Eigentlich wollte ich noch mein Outfit wechseln, aber ich wollte Chris nicht nochmal sehen. Also huschte ich in den Flur und warf noch einen Blick in den Spiegel. Vom Nasenbluten sah man gar nichts mehr. Die Beule war ganz okay, aber das Auge sah schlimm aus.
Dann hatte ich mich eben wieder am offenen Regal gestoßen.
Ich tapste weiter, bis zur Garderobe. Ich warf mir ein langes, warmes Jäckchen über und zog eine dicke Jacke darüber. Schnell zog ich mir eine Mütze, einen Schal und Handschuhe an. Dann schlüpfte ich in meine Schuhe, nahm meine Tasche vom Haken und mein Portemonnaie von der Ablage. Mein Handy steckte ich in die rechte Hosentasche und dann schloss ich die Tür auf. Mit einem kurzen "Bin bei der Arbeit, Chris", verabschiedete ich mich und trat aus der Wohnung in die Morgendämmerung.

Kalte Luft und ein unangenehmer Wind empfing mich vor der Tür. Doch ich atmete erleichtert durch. Für mehrere Stunden musst ich ihn jetzt nicht sehen. Ein mattest Lächeln huschte über meine Lippen. Frierend stieg ich die wenigen Treppen hinab zu meinem Rad und schloss es auf. Ich schwang mich auf und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Bloß weg von diesem Ort.

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