Kapitel 59- Die Entstehung

(Nike)

" Im Gegensatz zu dir, Nike, war ich schon immer allein. Zu beginn meiner  Existenz, meiner Jugend, begann ich Universen zu erschaffen, Planeten und Sterne und füllte damit das unendliche Nichts das ich bis dahin kannte. Ich fühlte mich nie einsam noch hatte ich das Bedürfnis zu herrschen, aber ich wollte etwas. Es dauerte mehrere Millionen Jahre bis ich nach einigen Versuchen begriff, was genau ich wollte. Ich wollte, dass die Welt, die ich erschaffen hatte, diese Welt in der ich bestimmt hatte, dass die Blätter der Bäume grün waren, dass die Sonne warm und dass der Himmel blau war, von anderen betrachtet werden sollte.", ihre blaugrauen Augen richteten sich auf den klaren Himmel über uns und ein Ausdruck reinster Zufriedenheit zeichnete sich auf ihrem Gesicht aus.

"Und da erschufst du Adam und Eva, die ersten Menschen?", spottete ich. 

"Fast. Ich erschuf Adam aus Erde, Wasser und einem Funken meiner eigenen Essenz, dann erschuf ich Lilith aus genau den selben Materialien, denn ich wollte nicht, dass Adam alleine auf der Welt war, genau wie ich zu beginn. Ich wollte, dass Mann und Frau über die Erde wachten und Freude an ihr hatten. Doch Lilith und Adam konnten nicht harmonieren, beide waren zwar gleich in ihrer Entstehung, doch hatte ich ihnen den freien Willen gelassen. Sie trennten sich, lebten fortan auf unterschiedlichen Seiten der Erde. Ich ertrug es nicht Adam, meinen Ersten trauern zu sehen und erschuf ihm Eva aus seiner Rippe, so stellte ich sicher, dass Eva und Adam sich immer als einen Teil des anderen verstanden.  Als ich sah, dass diese Entscheidung gut war, ihre Verbindung rein und wahrhaft, nahm ich ihrer beider Erbgut und erschuf Abel. Anschließend erschuf ich auf bitten von Lilith auch Kain aus ihrem und Adams Erbgut.", Gott hatte die ganze Zeit über in den Himmel gesehen und sah mich nun unverwandt direkt an.  "Du weißt, was dann passiert ist."

"Kain erschlug Abel und wurde zum ersten Mörder der Geschichte." 

"Ja. Was du aber nicht weißt ist, dass ab diesem Zeitpunkt alles weiter nur lückenhaft überliefert wurde. " Sie hockte sich vor mich hin und öffnete dabei ihre sagenhaft schönen Flügel. Mit ihrem Zeigefinger begann sie etwas in den Sand zu malen. " Jedes von mir erschaffene Wesen hatte einen geringen Teil meiner Essenz erhalten und damit eine ihnen inne wohnende, nicht zu verachtende Macht. Als Kain seinen Bruder Abel erschlug, entfaltete sich die Essenz in Abel und verband sich mit seiner Empathie zu den Lebewesen, die ich erschaffen hatte. Abels Körper wandelte sich zuerst in inen Raben, dann in einen Bären, einen Löwen, einen Wolf und noch viele mehr bis er schlussendlich seine ursprüngliche, unversehrte Gestalt annahm. Ich bestrafte Kain indem ich ihn von dem Blut welches er vergoßen hatte abhängig machte, seine Macht entwickelte sich dementsprechend."  

" Der erste Gestaltwandler und der erste Vampir, der Geschichte.", vollendete ich ihren Satz und schluckte hörbar. " Und wo beginnt dann die Geschichte meines Volkes?"

"Nur Geduld." Gott hielt einen Moment inne und schien in Gedanken versunken bevor sie weiter sprach. " Lilith verbannte ich in eine von vielen Dimensionen, sie war die Begründerin des Dämonengeschlechts. Eva gab der Versuchung nach und aß von der verbotenen Frucht, sie wurde zur Urmutter des Naturvolkes und Adam, er blieb wer er war, in ihm regte sich die Macht nicht, er wurde zum Urvater des Menschengeschlechts." Nike lächelte und beendete die Zeichnung auf dem Sandboden.

" Und das soll jetzt deine Antwort auf all meine Fragen sein?" Ich schlug mit der Faust auf den Boden und ignorierte dabei die Alarmglocken in meinem Kopf. 

Ihr Lächeln wurde noch breiter. " Ich muss schon sagen, ich kann mich bei niemand anderen als bei mir selbst beschweren, dass du so ein loses Mundwerk hast."

Ich verdrehte die Augen. Wenn sie mein Mundwerk für lose hielt, dann sollte sie Rhea mal erleben.

" Von den fünf entstanden Fraktionen waren die Menschen diejenigen, die am schwächsten und am leichtesten zu töten waren. Sie waren von Anfang an im Nachteil. Adam aber genoss schon immer eine besondere Stellung bei mir und er bat mich seine Leute zu schützen, da er der Einzig unter all meinen Geschöpfen war, der nie gegen eines meiner Gebote verstoßen hatte, erließ ich ein Gesetz. Die Menschen durften über die Erde regieren in dem Glauben, die mächtigsten  Wesen auf der Erde zu sein und wurden dafür Sterbliche. Die Unsterblichen mussten von diesem Tag an ihrer Existenz verborgen halten." Sie bedeutete mir in den Sand zu sehen in den sie ein Pentagramm gemalt hatte. " Viele Unsterbliche konnte dank einer menschlichen Gestalt problemlos unter den Menschen umherwandeln, einzig die Dämonen, die markante nicht menschliche Attribute besaßen mussten sich verstecken. " Sie zeigte auf eine Spitze des Pentagramms. " Alles verlief Jahrtausende fast Reibungslos,bis vor einem Jahrhundert." 

Mit einer Handbewegung strich sie eine Spitze des Pentagrams weg. " Lilith zettelte gegen Adam eine Revolte an in der Adam schlussendlich getötet wurde. Und damit verlor die Menschheit ihren Schutzpatronen. Lilith und die anderen warteten bis ein guter Moment kam und überzeugten ihre Untergebenen davon, dass die Menschen nur noch eine Plage waren." 

Daraufhin fiel die Menschheit

Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken an die vielen unschuldigen Leben.  " Jetzt weiß ich zwar die Vorgeschichte, aber was hat das alles mit mir zu tun?"

" Meine Geschöpfe haben geplant sich gegen mich zu erheben und an meiner Stelle zu herrschen.", erklärte sie und sah nun ernst in mein Gesicht. 

"Können sie dich denn töten? Ich meine du bist allmächtig. Es gibt nichts das dich aufhalten könnte."

"Nein, sie können mich nicht töten, aber sie können mich einsperren."

"Wie soll man dich denn einsperren können?" Ich runzelte die Stirn. Das Gespräch erinnerte mich an eine Frage aus meiner Kindheit. Kann Gott einen so schweren Stein erschaffen, dass selbst er ihn nicht heben kann? Und wenn ja, ist Gott dann nicht allmächtig, wenn er ihn nicht heben kann?

" Zu diesem Zeitpunkt ist es unwichtig. Wichtig ist jedoch, dass ich dich erschaffen habe, um genau das zu verhindern. Denn falls ich aus dieser Dimension ausgesperrt werde, wird die natürliche Ordnung aufgelöst und die Welt sieht sich einer neuen Apokalypse entgegen."

"Oh, wow. Bloß keinen Druck.", murmelte ich sarkastisch. Dann kam mir ein Gedanke. "Warum machst du das nicht selbst? Ein Fingerzeig und alle sind Weg vom Fenster." Ich deutete die Bewegung an.

" So einfach ist das nicht. Ich mische mich nicht aktiv in das Geschehen ein."

"Und was bin ich, wenn nicht eine aktive Einmischung?", fragte ich skeptisch

"Du hast deinen freien Willen, kannst deine eigenen Entscheidungen treffen, ich bin nur ein Wegweiser. Du entscheidest, ob und wie du den Weg beschreitest."

"Nehmen wir mal hypothetisch an, dass ich bei deinem großen Masterplan mitmache." Ich setzte Anführungsstriche in die Luft. " Und ich muss ehrlich sagen, dass das alles noch ziemlich zwielichtig klingt. Wie soll ich denn bitte die großen Urahnen aller aufhalten? "

"Du musst zum Baum Yggdrasil, dort wirst du die Antwort auf deine Fragen finden." Sie richtete sich auf während sich ihre Flügel raschelnd schlossen.

"Warum kriege ich nicht eine einfache und direkte Antwort?" 

Ein mysteriöses Lächeln. " Die Wege Gottes sind unergründlich. Man sollte darauf vertrauen, dass er immer das ganze im Blick hat."

" Jetzt verstehe ich, warum der Glaube und ich noch nie beste Freunde waren." Ich kniff die Augen zusammen.

" Ich kann mich wahrlich nur bei mir selbst beschweren." Sie trat zur Seite und ermöglichte mir damit einen Blick auf den erstarrten Aiden.

" Wie kommt es, dass er sich nicht bewegen kann? Bei der letzten Magiewelle konnte er es doch auch." Ich sah sie fragend an.

 Ich entscheide  wer bei meinem Erscheinen erstarrt und wer nicht." Sanft legte sie mir ihre Hand auf die Schulter. " Ich muss dich noch warnen bevor ich gehe. Aiden ist nicht der für den du ihn hältst. Vertraue ihm nicht, er wird dich betrügen." 

"Das war aber ganz und gar nicht subtil." Mein Blick lag unverwandt auf dem Dolch, der nur wenige Millimeter von Aidens Hals entfernt war. " Aber ich schulde ihm etwas. Er hat mich gut behandelt, egal ob er damit andere Absichten verfolgte."

Ihre Hand verschwand nicht von meiner Schulter. " Wie ist deine Entscheidung?"

Es waren viel zu viele Informationen auf einmal, meine gesamte Weltanschauung wurde innerhalb weniger Minuten auf den Kopf gestellt und jetzt sollte ich eine weltbewegende Entscheidung treffen? Mit scheinbar Gott im Nacken?

"Was bleibt mir für eine Wahl.", sagte ich schlussendlich und schloss die Augen. 

"Gutes Mädchen." Ihre Hand verschwand von meiner Schulter. 

"Aber ich möchte, dass du erst wieder diese komische Nummer mit dem verschwinden abziehst, wenn ich bei Aiden bin. Ich werde meine Schuld begleichen. Jetzt und hier."

"Natürlich." Fast schon gönnerhaft strich sie mir kurz über den Kopf. Dann umfasste sie mein linkes Handgelenk so schnell, dass ich es gar nicht realisiert hatte bis ein stechender Schmerz dadurch fuhr und ich einen erstickten Schrei ausstieß.

"Was soll das!", zischte ich mit Tränen in den Augen.

" Die Besiegelung unseres Paktes mit...sagen wir meiner Unterschrift." Sie zog mich an meinem Handgelenk auf die Beine und pustete kurz darauf. Der Schmerz war sofort weg.

" Du bist eindeutig verrückt." Ich besah mir mein Handgelenk und erblickte ein verschlungenes Drachentatoo rund um mein Handgelenk bis zu meinem Ellenbogen reichte.

"Hast du dich nicht gefragt woher du das verrückt sein hast?" Sie machte Witze. Gott versuchte gerade wirklich mit mir zu scherzen. Okay, Reha würde mir das nie glauben.

"Besten Dank auch. Jetzt würde ich gerne Regar aufschlitzen."

Gott lachte erneut. "Lass dich nicht weiter stören, aber vergiss nicht meine Warnung." 

Ich umklammerte mein Schwert noch fester und nahm mir vor in einem in der Zukunft liegenden Moment einen Nervenzusammenbruch zu haben, mit ganz viel Geschrei und unverständlichem Gebrabbel.

Ich rannte los und erkannte nur am Rande, dass die Schwäche und Erschöpfung aus meinen Gliedern gewichen war. Jetzt war Regar mein Ziel.


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Oh man, ich bin ehrlich...an diesem Kapitel saß ich wirklich wirklich lange und das nur für euch!

Mir war es wichtig, dass ihr diese Welt begreift und hoffe natürlich, dass ihr alles verstanden habt und nicht das Buch direkt aufgebt:D


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