Kapitel 2

Ich rückte in der Warteschlange auf.
Das Café war voller Menschen, die mindestens so müde aussahen, wie ich mich fühlte. Ich hatte mich das komplette Wochenende in meiner Wohnung verschanzt, Pizza mit zu vielen Toppings in mich hineingestopft und wie ein Baby geheult. Außerdem hatte ich nachts kaum ein Auge zubekommen. Summer und meine anderen Freundinnen hatten vorbeikommen wollen, doch ich hatte mit Ausreden um mich geworfen und das Handy ausgeschaltet. Ericas und Jasons Verrat tat so weh. Ich hatte immer gedacht, dass ich nicht in der Lage war inbrünstig zu hassen. Ella Johns, 22 Jahre alt, der blonde, sarkastische Sonnenschein von nebenan. Doch die beiden hatten mir das Gegenteil bewiesen. Ich konnte sehr wohl hassen, und zwar so sehr, dass mir schwindelig wurde.

Wenn ein gebrochenes Herz wenigstens den Vorteil hätte den Heißhunger abzustellen, dann könnte ich mich mit den Spruch "Wer schön sein will, muss leiden" retten. Doch nicht einmal das war der Fall.

Jasons Worte hielten mich wach. Er war so kalt zu mir gewesen. Er hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. »Ich hätte dich schon vor Monaten abservieren sollen.« Ich konnte nicht fassen, dass mein Jason sowas zu mir sagte. Ich war seine Ella. Und wie sollte ich es meiner Mutter beibringen? Sie liebte Jason beinahe mehr als mich. Besonders nach Dads Unfall war Jase für mich und meine Familie da gewesen. Er hatte sogar auf Dads Trauerfeier eine Rede über ihn gehalten.

Vielleicht war das alles ja nichts weiter als ein grausamer Scherz und Jason würde es mir erklären. Er und Erica.

Tja. Jetzt stand ich also hier, dritte in der leidigen Schlange, mit violetten Schatten unter den Augen und blinzelte angestrengt, um nicht loszuheulen.

Mein erster Kurs würde erst in einer halben Stunde beginnen. Ich gebe zu, ich war an das andere Ende der Stadt gefahren, nur um Kaffee zu holen, damit mich niemand dabei erwischen konnte, wie ich mich versteckte.

War das erbärmlich? Oh ja, mit großer Sicherheit. Ob mir das egal war? Definitiv.

Als ich endlich an der Reihe war, bestellte ich fünf glasierte Donuts, zwei Croissants und zwei Bagels, dann noch einen Chai Latte und eine Flasche grünen Smoothie - letzteres um mir einzureden, dass meine Ernährung noch nicht vollkommen verdorben war. Der Klassiker.

»Die Lerngruppe wird sich auf das Frühstück freuen«, log ich und lächelte dämlich, als der Barista mit großen Augen zusah, wie ich die volle Papiertüte und die Getränke entgegennahm. »Yay, lernen!«, fügte ich hinzu, und flüchtete, bevor ich im Erdboden versinken konnte.

Wenn schon Frustessen, dann aber so richtig.

Gerade, als ich neben dem Café alles in meinem kleinen Auto verstaut hatte, blickte ich auf und ...

sah ihn.

Meine Hände hörten auf herumzukramen.
Ungläubig starrte ich auf die andere Straßenseite.

Er ließ sich gerade auf eine Sitzbank fallen und lehnte das Gesicht der frühen Morgensonne entgegen.
Er war es, da war ich mir sicher, und das, obwohl ich ihn Freitagnacht kaum hatte erkennen können. Doch diesmal sah ich ein Gesicht.

Ein Gesicht, das vollkommen lädiert war.

»Oh mein Gott«, flüsterte ich. Hastig krabbelte ich aus dem Auto, blickte die Straße auf und ab, und rannte auf die andere Straßenseite. Er hatte mich noch nicht bemerkt. Oder es interessierte ihn nicht, dass jemand auf ihn zu rannte.

Erst als ich mit flachem Atem vor ihm stand, regte er sich. Das Herz rutschte mir in die Hose und ich hielt die Luft an. Irgendwie hatte ich ihn kleiner in Erinnerung gehabt. Kleiner und, naja, schmaler. Doch seine Schultern waren breit, genau wie seine Arme, was mich augenblicklich einschüchterte.

Leicht neigte er den Kopf zur Seite und sah mich an. Seine Augen waren von einem strahlenden Hellgrau und schienen mich zu durchbohren. Außerdem war eines leicht zugeschwollen und seine rechte Wange war dick und aufgeplatzt. Die Wunde war nicht frisch, das Blut war trocken. Doch er sah furchtbar aus.

Er sah gefährlich aus.

Und vermutlich wäre es das Beste, wenn ich einfach ging und mich nicht umdrehte.

»Hi«, sagte ich leise, unfähig die Augen von ihm zu lösen.

Er blinzelte mich ungläubig an. »Da bist du ja.«

Mein Mund öffnete sich und schloss sich wieder. Was?

»Da bist du ja?«, wiederholte ich perplex.

»Man sieht sich immer zwei Mal im Leben«, erklärte er. »Damit hätte sich das erledigt.« Er schloss die Augen wieder und lehnte das Gesicht in Richtung Sonne, womit für ihn offenbar das Gespräch beendet war. Getrocknetes Blut klebte in seinem Bart und er wirkte, als könnte er eine lange heiße Dusche und weiche Handtücher gebrauchen.

»Oh«, murmelte ich. Unbeholfen stand ich neben der Bank und biss mir auf die Lippe. Seine geschlossen Augen erlaubten es mir, ihn genauer anzusehen. Seine Jeansjacke war schmutzig und löchrig, ebenso seine schwarzen Jeans. Seine Haut war nicht blass. Eher sah er so aus, als würde er viel Zeit draußen verbringen. Ich glaubte, dass sein Gesicht kantig wäre, trüge er nicht diesen Vollbart -

Und wäre die eine Hälfte seines Gesichts nicht so geschwollen.

Mir wurde kalt.

»Du bist ja immer noch hier«, sagte er, ohne seine Haltung zu verändern, oder die Augen zu öffnen.

»Waren die das?«, platzte es aus mir heraus. Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Die Kerle von Freitagabend? Haben sie dir das angetan?«

Jetzt sah er mich endlich an - mit zusammengezogenen Brauen, was grimmiger nicht hätte aussehen können. »Misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen, Kleine. Belassen wir es dabei, dass du sicher nach Hause gekommen bist.«

Ich verschränkte die Arme und verzog das Gesicht. »Hast du schon gefrühstückt?«

Er wirkte verwirrt. »Was?«

»Kaffee, Tee, Saft. Meistens isst man Backwaren, manche greifen aber auch zu Müsli oder Porridge.«

Sein Mundwinkel zuckte und er setzte sich aufrechter hin.

»Magst du Bagels?«, fragte ich hastig, bevor er Nein sagen konnte. »Ich habe auch glasierte Donuts, wenn dir sowas lieber ist. Lass mich dich einladen.« Ich biss mir wieder auf die Lippe. »Bitte«, fügte ich hinzu. Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Wäre ich nicht gewesen, wäre er nicht zusammengeschlagen worden. Gott, es war meine Schuld, weil ich zu verletzt und zu stolz gewesen war, um mich von Summer abholen zu lassen. Ein Frühstück war vielleicht nicht alles, aber ein Anfang.

Er seufzte und fuhr sich durch das kinnlange, zerzauste Haar. Es war heller als sein dunkler Bart. Ich sah ein Blatt darin und es juckte mich in den Fingern, es herauszuziehen.

»Du musst doch bestimmt ans College. Hast du keine Kurse?«

»Ich gehe nicht hin.« Beschämt bemerkte ich, wie trotzig ich klang.
Mein Herz machte einen Sprung, als die Worte meiner Kurzschlussreaktion einsickerten. Oh Gott. Ich hatte noch nie einen Kurs geschwänzt.

Andererseits war ich Ella 2.0. Wer wusste schon, was alles in mir schlummerte?

Er wirkte nicht überzeugt, doch ich schob das Kinn nach vorne und verschränkte wieder die Arme.

»Du wirst mich nicht in Ruhe lassen, bis ich Ja sage, oder?«, brummte er.

»Vermutlich nicht.«

»Na schön.«

»Was?«, fragte ich überrascht. Ich beobachtete, wie er aufstand und seinen Nacken knacken ließ.

»Du willst frühstücken gehen? Gehen wir frühstücken.«

Ich lächelte triumphierend. Er musterte mich eindringlich und vergrub die Hände in den Jackentaschen, ohne den Blick zu lösen.
Irgendetwas an seinem Blick drang bis unter meine Haut.

»Ich heiße Ella«, sagte ich und streckte meine Hand aus.

»Ella«, wiederholte er leise. Er ergriff meine Hand. Seine Finger waren überraschend warm und rau. Er drückte sie sanft. »Ich bin Ches.«

»Ches wie Chester?«, fragte ich mit seltsamer hoher Stimme. Seine Berührung machte mich nervös. Ich atmete hörbar ein.

Ernsthaft, Ella?

Hastig entzog ich ihm meine Hand und drehte mich zur Straße um. Als sie frei wurde, eilte ich auf die andere Seite. Gott, gebrochene Herzen waren seltsam. Jetzt machte mich schon der Händedruck eines Fremden nervös. Vielleicht war mein Körper ja kaputt gegangen. Der Herzensbruch könnte den Teil in meinem Körper zerstört haben, der für das Zuordnen von Reaktionen verantwortlich war. Was kam als Nächstes? Ein Orgasmus, sobald ich einen Schmetterling fliegen sah?

»Wo gehen wir hin?«, fragte Ches hinter mir.

»Zu mir«, sagte ich, ohne nachzudenken. Dann schnappte ich schockiert nach Luft. »I-Ich meine, wir können auch im Auto essen. Das Café ist voll und«-

»Ist schon okay. Gehen wir hin, wo immer du willst«, unterbrach er mich. Ich drehte mich zu ihm um und lächelte verkniffen.  Was zum Teufel stimmte nicht mit mir?

Wir erreichten mein Auto und ich fischte meinen Schlüssel aus der Hosentasche. »Du kannst die Tüte im Fußraum auf die Rückbank legen«, sagte ich, ehe ich mich auf die Fahrerseite fallen ließ und die Tür zuzog. Einen Moment später tat Ches es mir nach und stellte wortlos den Pappbecherhalter mit den Getränken auf seine Knie. Erst, als er mit mir in meinem kleinen Auto saß, fiel mir auf, wie klein es war. Er war nicht nur verblüffend breit, sondern auch groß. Und außerdem ...

Ich rümpfte die Nase.

Er müffelte.

Ich ließ den Motor aufheulen und fädelte mich in den Verkehr ein. Fieberhaft überlegte ich, was ich sagen könnte, während sich die Stille zwischen uns ausbreitete.

Unauffällig öffnete ich das Fenster und räusperte mich. »Also, Ches«, sagte ich langsam. »Gehst du aufs College?«

Er schnaubte und starrte mit finsterer Miene aus dem Fenster. »Sehe ich so aus, als würde ich aufs College gehen?«

Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte und presste die Lippen zusammen. Jetzt konnte man mir zumindest nicht mehr vorwerfen, ich hätte nicht versucht, ein Gespräch anzufangen. Vielleicht war es ein Fehler, dass ich ihn zum Essen eingeladen hatte. Er wirkte nicht so, als säße er gerne hier. Meine Mutter würde mir jetzt wohl sagen, dass es vor allem ein Fehler gewesen war, ihn verdammt nochmal zu mir nach Hause eingeladen zu haben. Was hatte ich mir dabei gedacht?

»Tut mir leid«, erklang seine Stimme leise neben mir. »Nein. Ich gehe nicht aufs College.«

Ich versuchte zu lächeln. Schon besser. »Und was machst du dann?«

»Hör mal, Kleine, wir müssen das nicht tun. Du schuldest mir nichts.« Ich drehte den Kopf zur Seite, doch er sah mich nicht an.

»Ich weiß, dass du mir nichts schuldest«, erwiderte ich pikiert. »Ich lade dich doch nur zum Essen ein.«

»Nein, du versuchst wiedergutzumachen, dass ich dir Freitagabend geholfen habe. Fakt ist aber, dass jeder gesunde Mensch an meiner Stelle so handeln würde. Hätte ich nicht eingegriffen, wäre das sowas wie unterlassene Hilfeleistung gewesen.«

Ich murmelte etwas und blieb an einer Ampel stehen. Ches lachte auf und der überraschend schöne, volle Klang ließ mich zusammenfahren.

»Hast du mich gerade Arschloch genannt?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Machst du immer so ein Drama, wenn dich jemand zum Essen einladen möchte?«

Er schien kurz darüber nachzudenken, wobei er seine grauen Augen auf mich gleiten ließ. »Nein, mache ich nicht. Liegt vermutlich daran, dass mich nie jemand zum Essen einlädt.«

»Tja«, sagte ich schnaubend und konzentrierte mich wieder auf die Straße. »Jetzt schon.«


***

Ich parkte den Wagen neben dem Haus. Ches trug Tüte und Getränke und folgte mir zur Tür.

Das Haus in welchem ich lebte, war nichts Besonderes. Es war ein Reihenhaus in Fletcher und wurde von 6 Haushalten bewohnt. Die Fassaden der Nachbarshäuser bestanden ebenfalls aus roten Ziegelsteinen, was mich vor ein paar Jahren, als ich neu zugezogen war, so sehr verwirrt hatte, dass ich mich mehr als einmal an der Tür geirrt hatte. Die Gegend war nett. Die Straßen waren schmal, hohe Bäume ragten neben den Häusern in den Himmel und ein wenig die Straße runter gab es sogar kleine Vorgärten. Niemals hätte ich die Wohnung ergattern können, hätte meinte Tante nicht ihre Kontakte spielen lassen.

Als wir die Treppenstufen im Haus hinaufgingen, wurde ich wieder nervös. Nüchtern betrachtet war ich ein Idiot. Ich hatte einen Fremden, der noch dazu nicht ungefährlich aussah, zu mir nach Hause eingeladen.

Ich steckte den Schlüssel ins Schloss meiner Wohnungstür und drehte ihn um. Ches hatte Recht gehabt. Ich tat das hier nur, um meine Schuld zu begleichen. Es hätte gelangt, ihn ins Café einzuladen, oder im Auto die Donuts zu essen, doch irgendein Teil von mir, wollte ihm helfen. Das erkannte ich, als ich meine Wohnung betrat, über die Schulter blickte und ihn ein wenig unsicher im Türrahmen stehen sah.

Ich fuhr mir durch die welligen Haare. »Äh, komm doch rein.«

Ches schien zu überlegen, ehe er zögernd eintrat.

Meine Wohnung war klein. Der Flur war eng und ich hatte bloß zwei kleine Wohnräume. Eine Küche, in welches ich ein Sofa gequetscht hatte, und mein Schlafzimmer. Das Badezimmer war ebenfalls winzig und die Waschmaschine stand im Flur.

»Du kannst die Sachen auf den Küchentisch stellen«, sagte ich überflüssigerweise. Es war der einzig freie Platz. Auf der Arbeitsfläche standen noch immer ein Putzeimer und etliche schmutzige Lappen - ich war so wütend gewesen, dass ich die ganze Wohnung geputzt hatte.

»Was möchtest du trinken?«, fragte ich und setzte mich an den kleinen Tisch. Überall an den Wänden hingen Bilder von meiner Familie, mir und meinen Freundinnen - mit Ausnahme von den neuerdings leeren Rahmen, von denen es mehr gab, als ich gehofft hatte. Außerdem stand neben der Küchenzeile ein Metallregal voller Kakteen und Büchern, welches ich mit Lichterketten umwickelt hatte.

Die Wohnung war zwar klein, aber ich hatte eine Schwäche für Deko und Pinterestboards voller Einrichtungsideen. Ich fand sie gemütlich.

»Hast du Kaffee?«, fragte Ches und setzte sich mir gegenüber.

Ich sprang förmlich auf. »Klar, ich mach die Kaffeemaschine an.«

Während ich herumwerkelte, überlegte ich angestrengt, was ich als Nächstes sagen könnte. Ich wollte ihn nach den Blessuren in seinem Gesicht fragen, doch ich traute mich nicht. Außerdem wollte ich wissen, wer er war und wieso er diesen griesgrämigen Gesichtsausdruck draufhatte.

»Ella«, erklang es leise hinter mir.

Ich hielt inne. Bemüht, nicht zu aufgekratzt zu wirken, drehte ich mich um und begegnete durchdringenden Augen. Ches hatte die Unterarme auf die Oberschenkel abgestützt und musterte mich durch lange Wimpern hindurch. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, doch für einen Sekundenbruchteil zuckte Hitze durch meine Brust.

Ich klemmte mir eine Strähne hinter das Ohr. »Was ist?«

Er deutete mit dem Kinn neben mich. Seine Augen verloren etwas an Düsterheit und wurden von ... Belustigung abgelöst. »Der Stecker deiner Kaffeemaschine ist nicht drin. Ich fürchte, wir werden hier noch sehr lange sitzen, wenn wir darauf warten, bis der Kaffee fertig ist.«

Ich fluchte und wirbelte zur Maschine herum. Verdammt, er hatte Recht. Ich musste den Stecker wohl beim Putzen rausgezogen haben.

Die nächsten fünf Minuten, bis der Kaffee fertig war, waren die reinste Qual. Ich konnte Ches' Augen im Nacken spüren und widerstand dem Drang mich zu ihm umzudrehen.

Als die letzten Tropfen in die Tasse gefallen waren, feuchtete ich in der Spüle ein sauberes Küchentuch mit warmem Wasser an. Anschließend drückte ich ihm die Tasse in die Hand.

Ches schnaubte. »Ernsthaft? Eine Einhorntasse?«

»Ich gebe nicht jedem meine Lieblingstasse«, erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. Das war gelogen. Ich gab jedem meine Lieblingstasse. Zu meiner Verteidigung, ich besaß nur fünf Tassen, da passierte es schon einmal, dass man diese erwischte.

»Brauchst du Zucker und Milch?«

Ches brummte ein »Nein«, und trank einen Schluck. Währenddessen schob ich meinen Stuhl vor seinen, bis unsere Knie sich berührten. Es kostete mich Mühe, nicht zu grinsen. Ehrlich gesagt hatte ich kaum drauf geachtet, welche Tasse ich ihm gebe. Doch ich hätte es nicht schlechter treffen können als mit dieser hier. Das Horn stand von der Tasse ab, war strahlend Pink und glitzerte.

»Was machst du da?«, fragte Ches und kniff misstrauisch die Augen zusammen, als ich mich zu ihm nach vorne beugte.

Ich nahm das feuchte Tuch zur Hand. »Dir klebt überall getrocknetes Blut im Gesicht«, erklärte ich schüchtern.

»Oh«, sagte er leise und stellte die funkelnde Tasse ab. Einer seiner Mundwinkel hob sich zu der Andeutung eines Lächelns. »Ich muss ganz schön furchterregend aussehen, was?«

Ich erwiderte das Fast-Lächeln mit einem Richtigen. Freundlichkeit stand ihm gut. 

»Ein wenig. Darf ich?« Ich hielt das Küchentuch hoch. Ches schloss den Mund und nickte.

Zaghaft streckte ich den Arm aus und tupfte seine Wange ab. Sofort zuckte er zusammen, was mich vor Schreck ebenfalls zusammenzucken ließ. »Scheiße, tut mir leid, ich wollte dir nicht wehtun.«

»Schon in Ordnung, Ella«, sagte Ches. »Ich halte mehr aus als dich.« Er zwinkerte mir zu. Bei jedem anderen hätte ich es seltsam gefunden, doch irgendwie fand ich es ... nett.

Ich arbeitete so vorsichtig, wie ich nur konnte. Ches zuckte nicht noch einmal, während ich versuchte den Schmutz und das getrocknete Blut von seinem Gesicht zu bekommen. Doch ich sah, dass er die Zähne zusammenbiss, besonders als ich mit dem Lappen über seinen aufgeschlagenen Wangenknochen tupfte.

»Das meiste bekomme ich nicht ab«, sagte ich und lehnte mich wieder in meinem Stuhl zurück. »Willst du duschen? Wenn du möchtest, kann ich auch deine Sachen mitwaschen, Die sehen aus, als hättest du die Nacht auf der Straße verbracht.«

Diesmal zuckte Ches zusammen. Für einen Moment trat ein seltsamer Ausdruck auf sein Gesicht, den ich jedoch nicht deuten konnte, und verdunkelte das Grau seiner Augen wie Gewitterwolken. Im nächsten Moment war es jedoch fort und er wandte den Blick von mir ab.

»Ich dachte, du wolltest mich zum Essen einladen und nicht zum Duschen.«

Hitze stieg mir ins Gesicht. »Mir geht es nach einer heißen Dusche immer besser. Naja, ich dachte, vielleicht würdest du das wollen. Danach können wir immer noch essen.«

Außerdem würdest du dann besser riechen. Das sagte ich ihm natürlich nicht, auch wenn ich vermutete, dass er die Worte vermutlich in meinen Augen lesen konnte.

Er sah mich wieder an und verengte die Augen. Doch ich konnte sehen, dass er über meine Worte nachdachte.

Als er schließlich aufstand und seine abgegriffene Jeansjacke auszog, strahlte ich ihn an.

Ches schüttelte schnaubend den Kopf. »Du bist das seltsamte Mädchen, dem ich je begegnet bin, Kleine. Aber ich ... ich nehme das Angebot an.«

Triumphierend klatschte ich in die Hände und sprang auf. »Ich hole dir Handtücher.«






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Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat!

So langsam formen sich die "Seelen" der Charaktere, sozusagen ihr Eigenleben, und das zu spüren ist immer wieder spannend!
Was haltet ihr von Ches und Ella?

Übrigens bin ich super happy, dass Burning Bridges innerhalb von 1 1/2 Wochen schon über 2 TAUSEND MAL gelesen wurde!! WUHU! Ich freue mich jedes Mal total über eure Kommentare und hoffe, dass ihr auch weiterhin dabei bleibt. <3

Eure Tami xx



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