7. Wiedersehen
Dortmund Hauptbahnhof
Nervös sah ich ein letztes Mal zurück auf meinen Platz, auf dem ich die letzten drei Stunden gesessen hatte und warf erneut einen Blick unter die Bank, ob ich auch wirklich nichts vergessen hätte. Ich kannte mich und meine Tollpatschigkeit, man konnte gar nicht vorsichtig genug sein. Ich schulterte meine Reisetasche höher und machte mich schließlich auf den Weg zwischen den Sitzen hindurch bis zum Ende des Wagons, wo schon eine Hand voll anderer Leute vor der Tür warteten. Es dauerte noch fast fünf Minuten, die ich mit Mik, der schon am Bahnhof wartete, schreibend am Handy verbrachte, bis der Zug endgültig zum Stehen kam. Am Bahnsteig musste ich mich erst einmal kurz orientieren, entdeckte aber sofort Mik, der mich auch schon gesehen zu haben schien und mir breit geinsend entgegenkam.
Keine zehn Sekunden später stand er direkt vor mir und im nächsten Moment lagen seine Arme um meinen Oberkörper, während auch ich mich regelrecht an ihn klammerte und im Moment einfach nur glücklich war, Mik wiederzusehen. Ich vergrub meinen Kopf in Miks Hals und atmete seinen Geruch ein, was Mik leise und melodisch lachen ließ. Schön.
"Du bist unmöglich."
Mik strich mir lächelnd durch die Haare, die Zärtlichkeit, mit der er mich betrachtete, erinnerte mich an früher.
"Wieso? Weil ich will, dass es dir gut geht, wenn du drei Stunden fährst, nur um mich zu sehen?"
"Mik! Wirklich? Erste Klasse? Das ist zu viel!"
"Ist es nicht. Wenn ich nicht denken würde, dass es das wert ist, hätte ich es nicht getan."
"Ich will nicht, dass du so viel Geld für mich ausgibst."
"Du hast eingewilligt, dass ich dir die Fahrkarten zahlen darf."
"Aber doch nicht so teuer!"
"Hey.", Mik sah mich sanft lächelnd an, strich mir mit den Daumen über die Wange.
"Lass uns nicht darüber streiten. Ich habe Geld. Und das gebe ich gerne aus und zwar für dich. Also nimm es bitte an, Babyboii."
Ich seufzte.
"Na gut.", augenblicklich wurde Miks Grinsen breiter, "Danke."
"Liebend gerne."
"Aber du wirst keinen Cent für meine Unterkunft mehr ausgeben, verstanden?"
Mik verdrehte die Augen, grinste aber.
"Okay. Damit kann ich leben. Das wäre eh der nächste Punkt: Ich habe mit meinem Team gesprochen. Wenn du willst, kannst du bei uns im Tourbus schlafen."
Ich überlegte kurz.
"Ist das ... denn okay für die anderen?"
"Also. Wir sind ja mit zwei Nightlinern unterwegs. Im kleineren schlafe ich mit Ali, Janik, Bibi und Nico. Im größeren sind nochmal sechs Schlafplätze, wo die anderen fünf schlafen und eben noch eine Matratze frei wäre. Dann müsstest du kein Geld für ein Hotelzimmer ausgeben und wie gesagt, die Anderen würde es auch nicht stören."
Ich überlegte noch einmal kurz, nickte dann aber.
"Gerne. Also wenn es wirklich okay ist."
"Klar. Dann machen wir es so. Ich hab heute noch frei, mein Team muss sich heute bloß schon um die Technik und so kümmern, damit das morgen stressfreier wird, deswegen sind wir schon heute hergekommen. Heute Abend würden wir uns mit dem Rest treffen, um zusammen was zu suchen, wo man essen kann. Janiks Schwester ist noch dabei, und irgendeine Freundin von Bibi. Ansonsten nur das Team und wir. Und bis dahin haben wir den Rest des Tages für uns."
Ich nickte.
Mik hatte sich inzwischen natürlich lange von mir gelöst und wollte jetzt meine Reisetasche von meiner Schulter an sich nehmen, ich jedoch hielt ihn davon ab.
"Dennis."
Mik sah mich gespielt streng an.
"Gib mir deine Tasche."
Ich verdrehre die Augen und konnte ein Lachen nicht unterdrücken, ließ Mik mir aber dann doch meine Tasche abnehmen und selbst schultern.
"Geht doch.", der Schwarzhaarige streckte mir die Zunge raus, griff dann meine Hand und zog mich über den Bahnsteig in Richtung Ausgang. Erst draußen auf der Straße ließ Mik meine Hand los und sah sich stattdessen auf der Kreuzung, auf der wir jetzt standen, um.
"Okay. Hast du Hunger? Dann können wir etwas zum Essen besorgen. Ansonsten keine Ahnung, was man hier so machen kann."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Sonst soll's hier schöne Ecken geben, wo man sich einfach hinsetzen kann und etwas trinken?"
"Das klingt doch gut."
Ich grinste.
"Gut.", Mik zog sein Handy aus der Hosentasche und schien eine U-Bahn-Strecke herauszusuchen, bevor er das Gerät mit einem "Okay. Das sollte machbar sein." wieder in seiner Tasche verschwinden ließ.
*
»Entschuldigung?«
Irritiert drehte ich mich auf meinem Stuhl um in Richtung der Stimme, die eben gesprochen hatte und auch Mik, der mir gegenüber am Tisch saß, sah auf und lächelte freundlich.
»Bist du darkviktory?«
Überrascht sah ich zu meinem Freund und zurück zu den zwei Mädchen, die hinter mir in dem Café standen. Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich mit jeder Sekunde mehr vergaß, wie viel sich seit unserer Schulzeit geändert hatte und dass Mik inzwischen echt bekannt war. Hätten diese beiden Mädchen, die anscheinend Fans von Mik waren, mich nicht eben wieder daran erinnert, hätte ich wahrscheinlich gar nicht mehr daran gedacht.
»Ja.«, Mik nickte.
»Könnten wir vielleicht ein Foto machen oder ein Autogramm oder so?«
Ich beobachtete Miks Gesichtszüge, die zwar total freundlich wirkten, aber trotzdem sah ich, dass die Unterbrechung ihm zumindest nicht gelegen kam.
»Klar.«, Mik stand auf, »Wie heißt ihr denn?«
Während er mit den Mädchen ein paar oberflächliche Sätze austauschte machte er mit beiden Fotos und unterschrieb - nachdem er extra beim Kellner um einen Edding gebeten hatte - auf ihren Handyhüllen.
»Seid ihr beiden morgen auf dem Konzert?«
Beide Mädchen nickten, man konnte ihnen ansehen, dass sie nervös waren - etwas, was mir vollkommen abstrus erschien, schließlich war es für mich das normalste der Welt, Zeit mit Mik zu verbringen und mich mit ihm zu unterhalten.
»Cool, dann hoffe ich, es gefällt euch!«
Das linke Mädchen, das die Extrovertiertere der Beiden zu sein schien, grinste.
»Solange es Konfetti gibt.«
Mik lachte, während ich bemerkte, wie das andere Mädchen mich neugierig zu mustern schien. Irgendwie war mir unwohl dabei, doch ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
»Natürlich.«
»Cool. Okay, dann ...«, sie schien wieder unsicherer, »Danke auf jeden Fall nochmal.«
Mik lächelte erneut freundlich.
»Kein Problem. Viel Spaß euch noch.«
»Dir auch.«
Beide winkten und auch Mik erwiderte diese Geste, bevor er sich erneut mir gegenüber auf seinen Platz sinken ließ. Die beiden Mädchen ließen sich etwas abseits von uns an einem Tisch nieder und als ich mich erneut umdrehte, konnte ich ihre Blicke in unsere Richtung sehen.
»Sorry.«
Mik verzog das Gesicht.
»Nicht deine Schuld.«
»Es war ein bisschen unhöflich, dass sie dich nicht einmal beachtet haben.«
Ich schüttelte leicht lachend den Kopf.
»Du bist der Star von uns beiden, Miki.«
Mein Gegenüber verdrehte die Augen.
»Ich bin gar kein Star.«
»Aber du bist bekannt.«
»Ein wenig.«
»Du untertreibst.«
»Nein, im Ernst. So oft, wie du denkst, werde ich auf der Straße nicht angesprochen.«
Ich grinste Mik frech an.
»Na dann ... Nervt dich das?«
»Angesprochen zu werden? Nein, eigentlich nicht. Bloß wenn es halt gerade eine doofe Situation ist halt. Gerade zum Beispiel fand ichs blöd, dich dann dafür einfach sitzen zu lassen.«
»Auch quatsch. Ich finde das mehr als nur spannend. Das ist irgendwie voll ungewohnt.«
Mik seufzte.
»Wem sagst du das. Glaubst du wirklich, für mich wäre das alles inzwischen zur Normalität geworden?«
* * * * *
»Morgen, Babyboii.«
Grummelnd vergrub Dennis sein Gesicht im Hals seines Freundes, ließ sich von ihm noch ein Stück näher an sich ziehen.
»Ich muss gleich aufstehen. Ich muss um sechs an der Schule sein.«
Jetzt hob auch Dennis den Kopf ein wenig, betrachtete die Gesichtszüge seines Freundes etwas wehmütig.
»Ich will nicht, dass du weg bist.«
»Ich fände es auch cooler, wenn du dabei wärest. Aber es ist meine Abifahrt.«
»Ich weiß schon. Ich will ja auch, dass du ne coole Zeit hast und so. Aber ich werde dich halt vermissen.«
»Ich dich auch.«
Sanft legten Miks Lippen sich auf die Stirn des Jüngeren, er erlaubte sich noch einmal für einen kurzen Moment, seine Nase in Dennis' Haaren, die so herrlich nach ihm rochen zu vergraben, bevor er sich endgültig aufsetzte und dabei den immer noch halb schlafenden Dennis von sich schob und stattdessen auf der Matratze ablegte.
»Also? Kommst du mit, oder soll ich mich hier von dir verabschieden? Wenn du da bleibst, sag ich meiner Mum bescheid, dass sie weiß, dass du noch hier bist.«
»Nein.«, widerwillig kam nun auch in Dennis Leben, »Ich will mitkommen, dir Tschüß sagen.«
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Als Erinnerung:
In den Flashbacks, die ja chronologisch sind, sind sie immer noch nicht zusammen.
Ich hoffe, euch hat das Kapitel wieder einmal gefallen. Über jede Art von Feedback freue ich mich wahnsinnig.
Wenn irgendjemand von euch talentiert im Zeichnen oder Photo-Montage ist und Lust (im besten Fall auch bisschen Erfahrung damit, aber nicht zwingend) hat, kann er mir sehr gerne ein Wattpad-Cover für diese Gesichte hier machen. Auch wenn ich bezweifle, dass irgendjemand Lust darauf hat :)
Ansonsten einen schönen Abend euch noch!
Liebe Grüße, minnicat3
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