XII. Überredung
„Mit mir sprechen?", verblüfft erwiderte sie seinen Eisblick. „Du weißt, dass ich hier arbeite. Du musst mich schon bezahlen. Aber eigentlich will ich dich nie wiedersehen und habe gehofft, dass du mich in Frieden lässt."
„Ich wollte dich auch in Frieden lassen. Aber ich habe meine Meinung geändert.", antwortete er vage und lehnte sich gegen die Theke. Viel zu nah neben Bunny.
„Hallo, kann ich dir helfen?", unterbrach Mouse das gerade gestartete Gespräch. Innerlich atmete die Brünette auf, bemühte sich aber, gleichgültig zu wirken.
„Nein, ich möchte nur mit Bunny sprechen.", sagte er, an Mouse gewandt deren Augen sich verengten.
„Aha. Sie wird aber nicht fürs sprechen bezahlt. Ich denke-"
„-Schon gut.", unterbrach er die Schwarzhaarige und zog eine Hand voller Galleonen hervor, „Ich nehme eine Privatvorstellung."
Mouse verkniff sich einen Kommentar und presste stattdessen ihre Lippen aufeinander. Bunny warf ihr einen Blick zu, der sie erdolchen würde, wenn er könnte. Mit einer herrischen Geste entriss sie ihm das Geld und drückte es Mouse in die Hand.
„Danke für deine Hilfe.", zischte sie ihr zu, winkte Draco hinter sich her und stampfte voraus zu ihrem Abteil.
Sie betraten es, Bunny verschloss die Vorhänge und starrte dann abwartend auf Draco, der mitten im Raum stand, seine Hände waren in seinen Hosentaschen vergraben. Sie verschränkte ihrerseits ihre Arme vor der Brust und wartete darauf, dass er etwas sagte.
„Also?"
„Ich möchte mit dir ausgehen.", schoss er in ihre Richtung, aber eher angestrengt, als leidenschaftlich. Bunny sah ihn unterdessen an, als wäre er von allen guten Geistern verlassen.
„Hä? Ich glaube mich verhört zu haben."
„Du hast mich schon verstanden."
„Warum solltest du das wollen?"
„Der Grund ist unwichtig.", entgegnete er und winkte ab.
„Was ist, wenn ich nicht will?", herausfordernd reckte sie ihm ihr Kinn entgegen, sollte er doch warten, bis er schwarz würde.
„Du wirst mit mir ausgehen! Ich werde jeden verdammten Tag wiederkommen, bis du zustimmst!", unheilvoll kam er auf sie zu und deutete mit seinem Zeigefinger auf den Boden. Nahe standen sie einander gegenüber und funkelten sich an.
„Das kannst du vergessen! Ich habe nicht das geringste Interesse an dir!", rechtfertigte Bunny sich und piekte ihrerseits ihren eigenen Zeigefinger gegen seine Brust. Aufgebracht schlug er ihre Hand beiseite.
„Lass das! Geh mit mir aus."
„Nein, verflucht nochmal.", setzte sie ihm entgegen. „Du kriegst mich nicht klein, das solltest du wissen."
„Ich hasse dich.", murmelte er, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Ihre Kühle geriet jedoch in leichtes Wanken, als er die Worte zu ihr sagte.
„Ach ja? Warum willst du dann mit mir ausgehen?", wollte sie nun wissen. Sie konnte es bei bestem Willen nicht verstehen, aber wenn er wollte, dass sie mit ihm ausging, sollte er ihr wenigstens einen guten Grund nennen. Bloß einen und sie würde ja sagen, schwor sie sich.
„Ich habe dir doch gesagt, dass der Grund egal ist."
„Ja, aber ohne einen winzigen Grund, werde ich dich nicht begleiten.", wütend sah er sie an und erinnerte sie damit an die Schulzeit, in der er sie oft so angesehen hatte. Als wäre sie die schlimmste und ätzendste Person auf diesem Planeten.
„Hör zu, ich kann dich nicht ausstehen, aber vielleicht bist du ja gar nicht so furchtbar. Und da mich meine Verlobte verlassen hat, gibt es auch keinen Grund für Gewissensbisse. Außerdem habe ich ein Buch in meinem Besitz, das dich interessieren könnte.", spöttisch grinste er ihr nun entgegen, als er den letzten Satz aussprach. Sie realisierte seine Worte und war schockiert. Wie konnte er sich innerhalb dieser kurzen Zeit von seiner langjährigen Freundin trennen? Sie konnte es herausfinden, wenn sie mit ihm ausging und ihn fragte. Und von welchem Buch sprach er? Anscheinend stand ihr diese Frage ins Gesicht geschrieben, denn er ergriff die Initiative: „Wenn du mit mir essen gehst werde ich dir sagen, warum wir uns getrennt haben und ich werde dir das Buch zeigen. Ich bin mir sicher, dass du es an dich reißen wirst."
Bunny seufzte: „Schön. Wohin willst du gehen? Und wann?"
„Morgen Nachmittag, ich schick dir eine Eule.", antwortete er, ohne nachzudenken. Dass er davon ausging, sie sofort breitschlagen zu können ärgerte sie, war aber nun nicht mehr zu ändern. Sie nickte ihm als eine Antwort ihrerseits zu, drehte sich um und öffnete den Vorhang.
„Schönes Korsett übrigens, zieh Morgen aber bitte etwas weniger aufreizendes an.", kommentierte er noch, ehe er an ihr vorbei ging und das Péché verließ. Mit geröteten Wangen sah sie ihm nach, sie ballte ihre Hände zu Fäusten und schritt energisch auf die Theke zu, an der Mouse stand und den Auftritt von Cat bewunderte.
„Ist das zu fassen?!", fauchte Bunny, als sie ankam. „Gieß mir einen Kurzen ein. Vodka."
Mouse tat, wie ihr geheißen und besah ihre Kollegin besorgt: „Es tut mir so leid! Ich wollte nicht, dass er-"
„-Es ist nicht wegen dir.", stieß die andere aus und kippte den Schnaps. Ein mildes Brennen breitete sich in ihrem Mund und ihrer Speiseröhre aus, dann erfüllte sie eine angenehme Wärme. „Er hat es tatsächlich geschafft, mich zu einem Date zu überreden! Er ist so furchtbar!"
„Aber wenn er so furchtbar ist... warum hast du dann zugesagt?"
„Er hat mich mit dem geködert, das immer funktioniert. Er sagte er hätte sich von seiner Verlobten getrennt und ich will natürlich den Grund erfahren. Außerdem kennt er meine Schwäche für Bücher und die nutzt er einfach so aus!"
„Sag doch Harry, dass er dich unauffällig begleiten soll.", schlug Mouse vor, sie polierte gerade ein Glas auf Hochglanz, dabei lag ein rosa Schimmer auf ihren Wangen.
„Gute Idee.", gestand sie ihr zu, ihre Wut verpuffte so schnell, wie sie gekommen war. „Sag mal, was ist mit dir und Harry los?"
In der nächsten Sekunde tönte ein Klirren neben der klassischen Musik durch den Raum. Mouse hatte das Glas in ihrer Hand zerbrochen und bemerkte, dass sie sich geschnitten hatte. „Verdammt."
„Warte ich helfe dir.", versöhnlich umrundete Bunny die Theke, öffnete den Erste Hilfe Kasten und fischte Diptam heraus. Vorsichtig träufelte sie etwas davon auf den verletzten Finger, worauf Mouse ein leises Zischen von sich gab. „Meine Frage sollte dich nicht so beunruhigen, dass du das Glas zerbrichst.", kicherte sie leise.
„Es tut mir leid. Oh man, Bunny, ich muss es dir sagen.", bittend sah sie ihr in die Augen, Bunny packte das Fläschchen zurück in den Kasten.
„Mir was sagen?", neugierig lehnte sie sich der anderen entgegen.
„Harry und ich haben uns letzte Nacht geküsst. Ich wollte es dir nicht in der Wohnung sagen, weil er es doch hören könnte und ich wusste nicht, ob er etwas dagegen hätte, wenn du es wüsstest."
„Wann ist das denn passiert?", erstaunt über ihren anscheinend sehr tiefen Schlaf, sah sie Mouse weiter an, die ihre Finger betrachtete.
„Also ich... wollte ins Badezimmer und er ist gerade rausgekommen... und es war dunkel und wir standen so nah beieinander und dann ist es einfach passiert."
„Damit erklärt sich auch seine gute Laune von heute Morgen.", missmutig stützte Bunny ihren Kopf auf ihrer Hand ab. In erster Instanz hatte sie angenommen, dass es am späteren Treffen mit Ginny lag, aber dem war wohl nicht so. „Es wundert mich aber nicht, er hatte vorher schon nach dir gefragt, nur habe ich es ihm ans Herz gelegt, Ginny noch nicht aufzugeben. Sie bekommen bald ein Kind, Mouse."
„Ich weiß.", murmelte sie geschlagen. „Es war wirklich schön. Ich glaube ich muss ihm trotzdem noch Zeit geben, falls er und seine Freundin sich wieder vertragen. Ich kann nicht der Grund dafür sein, dass ein Kind mit getrennten Eltern aufwachsen muss."
~*~
Nervös stand sie vor ihrem Spiegel im Bad und betrachtete ihre missglückte Frisur. Eigentlich wollte sie mit einem der Haushaltszauber eine Hochsteckfrisur beschwören, aber sie war gescheitert. Normalerweise war sie darin geübt ihre Locken zu formen, da sie das für ihren Job jeden Abend tat, aber kaum wollte sie etwas Neues ausprobieren... Letztendlich hatte es ausgesehen wie ein Vogelnest und nun, da sie die Knoten gelöst hatte, sahen ihre Locken noch schlimmer aus. Das Einzige, das ihr noch helfen konnte, war Sleekeazy's Hair Potion, aber ihr Vorrat ging zu Neige, also hatte sie nur noch eine kleine Menge übrig, um ihre Haare zu zähmen. Dazu kam noch die wenige Zeit, die ihr geblieben war. Sie würde sich bereits in drei Stunden mit Malfoy treffen und musste wenigstens vorzeigbar aussehen. Zusätzlich, machte ihr ihre Wohnungsklingel einen Strich durch die Rechnung, also legte sie das Mittel zurück auf ihr Waschbecken und ging zur Tür.
„Hallo Hermine.", begrüßte sie der Überraschungsbesuch: Ginny.
„Hallo, Ginny. Was machst du denn hier? Woher weißt du, wo ich wohne?", etwas überrumpelt ließ sie die Schwangere ein, die die Frisur ihres Gegenübers zweifelnd musterte.
„Was soll das mit deinen Haaren?"
„Ich habe ein Date. Ginny woher kennst du meine Adresse?", sie ließ sich nicht davon abhalten, ihrer Freundin weiterhin etwas ruppig zu begegnen, schließlich war sie in der letzten Zeit nicht besonders präsent gewesen.
„Ist deine Adresse nur für dich und Harry von Bedeutung, oder was? Er hat sie mir gesagt, weil ich dich um Rat fragen muss und ich das nicht in einem Brief tun wollte. Sogar er hat so ein Geheimnis aus deiner Wohnung gemacht.", enttäuscht sah sie ihr entgegen.
„Tut mir leid, natürlich ist sie nicht geheim. Wobei kann ich dir helfen?"
„Soll ich mich um deine Haare kümmern? Dann können wir reden.", entgegnete Ginny versöhnlicher. Gemeinsam gingen sie in Hermines Wohnzimmer und setzten sich. Interessiert beäugte die Rothaarige das Innenleben der Wohnung, die sie noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
„Wie lang wohnst du eigentlich schon hier? Wie kommt es, dass wir nie hier gewesen sind?"
„Wie du siehst ist es hier nicht besonders schön... ich wollte nicht, dass ihr wisst, dass ich hier wohne...", unwohl rutschte sie auf dem Polster herum, drehte sich dann mit dem Rücken zu der anderen, die sofort mithilfe ihres Zauberstabs begann das Haar zu formen.
„Okay, wenn du das sagst. Jedenfalls... du weißt sicher, dass es mit Harry momentan nicht so einfach ist. Wir haben uns gestern unterhalten und er wirkte... glücklich. Wo ist er eigentlich gerade?"
„Bei der Arbeit, er wird erst in ein paar Stunden zurückkehren.", antwortete sie wahrheitsgemäß.
„Jedenfalls... ich dachte unsere Trennung würde ihn mehr mitnehmen. Er war in den letzten Wochen sehr in sich gekehrt und hat mich gemieden. Zumindest kam es mir so vor. So wöllte ich unsere Ehe nicht führen, verstehst du das?", Ginnys Stimme war sehr sanft, Hermine konnte sich nicht vorstellen, dass sie ständig mit dem Vater ihres Kindes stritt.
„Er meinte du wolltest, dass er seinen Job ins Büro verlagert. Ich glaube das hat ihn sehr verletzt, du weißt, dass er seinen Job liebt."
„Ja, aber doch nur in der ersten Zeit. Ich meine, bis er in den Kindergarten gehen kann. Ich brauche Hilfe und im Büro kann er sich die Zeit einteilen oder Dinge Zuhause erledigen."
„Das verstehe ich. Vielleicht hat er deine weiteren Erklärungen einfach nicht hören wollen, nachdem er gemerkt hat, dass du ihn im Büro sehen willst."
„Eigentlich wollte ich gestern mit ihm darüber sprechen, aber er war gedanklich an einem anderen Ort... Meinst du er hat jemanden kennengelernt?", leise wehte die Frage an Hermines Bewusstsein. Es war dünnes Eis, auf dem sich Ginny befand und sie würde versuchen, es nicht brechen zu lassen.
„Ich habe ihn mit keiner anderen gesehen.", was ja auch der Wahrheit entsprach.
„Aber hat er etwas erzählt?", bohrte sie weiter und gab Hermine damit das Schlupfloch, auf das sie gehofft hatte, denn Harry war es nicht gewesen, der es ihr erzählt hatte.
„Nein, er hat mir nichts erzählt."
Ginny seufzte und beendete Hermines Frisur nach wenigen Minuten. „Ich bin fertig, ich hoffe es gefällt dir."
„Danke.", Hermine erhob sich und ging zum Spiegel, der an ihrer Schlafzimmertür hing, um die Frisur zu betrachten. Ginny hatte ihre Haare zu glatten Locken geformt und einen Teil ihres Deckhaares in einem kleinen Knoten am Hinterkopf befestigt. „Es ist wirklich hübsch geworden."
„Darf ich fragen mit wem du ausgehst?", sie trat neben Hermine, ihre Augen trafen sich im Spiegel. Hermine wurde wie auf ein Stichwort warm.
„Ja darfst du, aber es ist noch nicht spruchreif, also werde ich dir nicht sagen, wer es ist.", mal davon abgesehen, dass sie zu der Verabredung genötigt wurde, aber das würde sie der anderen nicht sagen, sie sollte lieber ihr Problem mit Harry lösen.
„Na gut. Danke für deinen Rat, ich werde noch einmal versuchen mit ihm zu reden."
„Ja mach das, ich kann auch versuchen, ihm noch einmal ins Gewissen zu reden.", obwohl Hermine mehr dahinter vermutete. Letztendlich war es Ginny gewesen, die die Beziehung beenden wollte, wenn auch mit dem Hintergrund, dass er sie mied. Sie begleitete die Rothaarige zur Tür und verabschiedete sich, sie musste sich noch umziehen. Kurz dachte sie, dass es lustig wäre das kurze Samtkleid anzuziehen, das sie einmal bei einem Techtelmechtel mit ihm getragen hatte. Aber das sollte sie wohl besser nicht tun.
~*~
Draco betrachtete seine Erscheinung im Spiegel der Garderobe im Flur und war zufrieden. Sein dunkelblauer Anzug war perfekt mit dem schwarzen Hemd und der Fliege abgestimmt. Seine Frisur war tadellos, aber er sah noch immer etwas erschöpft aus. Das versprochene Buch hatte er bereits mit einem Verkleinerungszauber in seinem Mantel verstaut, den er heute tragen wollte. Für die Verabredung hatte er sie zu einem Restaurant an der Themse, in der Nähe des Syon Parks bestellt. Es handelte sich um ein verstecktes Zaubererrestaurant, das bereits seit vielen Jahren existierte. Die Gerichte wurden in einer einsehbaren Küche gekocht, durch eine große Fensterfront konnte man auf den Fluss sehen und die Tische waren mit Aquarien voneinander abgeteilt. Sie beinhalteten eine spezielle Fischart, die von Wassermenschen gezüchtet wurde und im Dunkeln leuchtete.
Rechtzeitig erreichte er das Ufer und wartete auf seine Begleitung. Wider Erwarten war er nervös und hatte in wenig Angst davor, dass das Date anders verlaufen würde, als er hoffte. Die eigentliche Mission bestand darin, einen Makel an ihr zu finden, der sie für ihn unbegehrbar machte. Der schlechteste Ausgang des Abends würde für ihn also darin bestehen, keinen Makel zu finden.
„Bringen wir es hinter uns?", hörte er Bunnys Stimme in seinem Rücken, daher drehte er sich zu ihr und erstarrte auf der Stelle. Mit gelangweiltem Gesichtsausdruck stand sie vor ihm und trug das vermaledeite schwarze Samtkleid, welches sie einmal im Péché getragen hatte. Und es stand ihr wie immer verflucht gut. Dazu diese halboffene Frisur und der natürliche Lippenstift. Über ihren Schultern lag ein dunkelroter Umhang, der bis zu ihren Knöcheln reichte. Ihre Füße befanden sich in halbhohen, offenen Schuhen, deren Bänder sich um ihre Füße schlangen.
„Ich meine mich daran zu erinnern, dir gesagt zu haben, du sollst etwas weniger offenherziges tragen.", moserte er, worauf sich ein bösartiges Lächeln in ihrem Gesicht abzeichnete.
„Keine Ahnung, das weiß ich nicht mehr. Gehen wir?"
Augenrollend reichte er ihr seinen Arm, worauf sie sich einhakte. Auch wenn das Date eher Mittel zum Zweck war, er war immer noch ein Gentleman.
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