III. Verlassen


Er schreckte aus seinem Schlaf. Stöhnend legte er den Kopf in seine Hände, es dröhnte unangenehm hinter seiner Stirn. Die andere Seite des Bettes war verlassen, also musste Astoria schon auf den Beinen sein. Zusätzlich stellte er fest, wie hoch die Sonne bereits stand und in sein Schlafzimmer schien. Mehrere Gedanken folgten in einem Strom durch sein Bewusstsein: Ich bin heil zuhause angekommen. Gestern war mein Junggesellenabschied. Ich war betrunken. Ich habe mich in einen Strip Club bringen lassen. Eine Tänzerin gab mir eine Privatvorstellung. Ich bin Astoria nicht fremdgegangen. Puh. Aber die Tänzerin. Heiß sickerte die Erinnerung zu dieser schönen Frau zu ihm durch. Entkräftet ließ er sich zurück in seine Kissen sinken, stellte fest, dass er sich nur vage an sie erinnern konnte, aber die Gefühle, die sie in ihm hervorgerufen hatte, waren noch vorhanden.

Die Bilder in seinem Inneren fielen in sich zusammen, als sich die Schlafzimmertür öffnete und eine blonde, schöne Frau ihren Kopf hineinstreckte.

„Schön, du bist wach!", flötete sie und trat ganz ein. Mit wippenden Schritten und in einen seidigen Bademantel gehüllt hielt sie neben ihm. „Hat es dir gefallen, gestern Abend? Ihr habt euch ja einiges an Alkohol gegönnt, weil du direkt nachdem du neben mir auf die Matratze gefallen bist, angefangen hast zu schnarchen.", sie kicherte und setzte sich. Fast automatisch strich er mit seinen Fingern über ihren nackten Oberschenkel.

„Ein bisschen war es, das gebe ich zu.", grinsend nahm er das Band in die Hand, das den Bademantel an Astorias Taille verschloss.

„Finger weg!", fast schon zärtlich schlug sie auf seine Finger und beugte sich zu ihm, hauchte einen Kuss auf seine Wange. „Du riechst wie eine Kneipe, geh duschen, wenn du mehr von mir willst. Ich warte hier auf dich."

Dazu konnte er nicht nein sagen. Schnell begab er sich ins Badezimmer, versorgte sich mit einem Anti-Kater-Trank, duschte ausgiebig und putzte seine Zähne. Als er zurückkehrte fand er seine Verlobte in einer erotisierenden Position auf dem Bett vor, sie lächelte ihm verschlagen entgegen. Wie ein Raubtier stürzte er sich auf sie, riss ihr den Bademantel vom Leib und stieß in sie, ohne große Vorbereitungen zu treffen. Die letzte Nacht hatte eine Unmenge an Erregung in ihm heraufbeschworen, die er loswerden musste und da Astoria sich ihm bereitwillig hingab, hielt er sich nicht zurück.

Auch wenn sie zu Beginn schmerzlich gezischt hatte, so wandelte sich diese kleine Meldung schnell in ein leidenschaftliches Stöhnen, an das er sich schon lang gewöhnt hatte und das er ihr so gern entlockte. Irgendwann wollte er sie jedoch nicht mehr ansehen und so drehte er sie auf den Bauch, legte seine Hände an ihre Hüfte und schloss seine Augen, während er versuchte die Erinnerungen an Bunny zu kanalisieren und ein für alle Male verschwinden zu lassen. Hart nahm er Astoria, die sich keuchend in die Lacken krallte, sie kannte es bereits von ihm und ließ ihn gewähren, das wusste er.

Bei seinen Gedanken spürte er schnell, wie er seinem Orgasmus näher kam, weshalb er sein Tempo beschleunigte und mit einer Hand in die langen Haare seiner Freundin packte. Wenig vorsichtig war die Berührung, mit der er an ihrer Kopfhaut riss, der aber auch sie nicht abgeneigt war. Sie kamen gemeinsam und fielen anschließend erschöpft in die Bettdecke.

Draco war noch nie ein Mann großer Zärtlichkeiten gewesen und würde auch jetzt nicht damit anfangen. Ohne zu kuscheln erhob sie sich und ging durch das Zimmer ins Bad. Aus seinem Blickfeld verschwunden sprach sie mit ihm:

„Wie war es denn sonst so gestern?", er überlegte, was er ihr erzählen wollte und stellte fest, dass nichts Verfängliches vorgefallen war und er es deshalb offen ansprechen konnte.

„Blaise und Greg haben zuerst einen Tisch in einem Steakhouse reserviert, dann waren wir Pokern und in einer Bar, zum Schluss haben sie mich in einen Strip Club geschleppt, kannst du dir das vorstellen? Aber es war ein klasse Abend, ich hätte auch nichts anderes von ihnen erwartet."

Ruckartig lehnte sie sich zurück, tauchte im Türrahmen auf und sah zu ihm: „Bitte was?"

Er schluckte. Machte es ihr womöglich mehr aus, als er vorher angenommen hatte?

„Wir waren...", begann er und wollte alles noch einmal sagen, ehe sie sich mit verschränkten Armen in der Tür aufbaute.

„Ich habe schon verstanden wo ihr gewesen seid! Strip Club? Dein Ernst? Wir haben uns doch vorher darauf geeinigt, dass solche Dinge ausfallen!", wütend starrte sie den Blonden an, der ihren feurigen Blick kleinlaut erwiderte.

„Aber Blaise hat mir vorher nichts davon gesagt und ich hatte ja keine Ahnung..."

„Das ist mir egal! Wenn ihr vor der Tür eines entsprechenden Geschäfts steht wirst du wohl erkennen worum es sich handelt, oder nicht? Dann hättest du dem Ganzen immer noch einen Riegel vorschieben können!"

Ertappt schloss er seinen Mund, in stiller Zustimmung. Natürlich hatte sie Recht, aber er war nicht Herr seiner Sinne gewesen, als sie angetrunken vor dem Leuchtschild des einschlägigen Geschäfts standen und schließlich eingetreten waren. „Es tut mir leid. Wir haben wirklich nichts weiter gemacht, wir saßen an einem Tisch, haben ein paar Bier getrunken und zwei Shows gesehen, ich schwöre es dir!"

Astoria verengte ihre Augen, ließ ihre Arme an ihre Seiten fallen und ballte ihre Hände zu Fäusten. „Bist du dir sicher, dass nicht mehr passiert ist? Immer, wenn du mich so nimmst wie heute, ist irgendetwas mit dir los. Ich kenne dich, Draco."

Ja, nach dieser jahrelangen Beziehung konnte er davon ausgehen, dass sie ihn kannte.

„Blaise hat mir eine Privatvorstellung bezahlt, aber sie hat sich nicht einmal ausgezogen! Es ist nichts passiert!", aufgebracht erhob er sich ebenfalls, noch immer nackt und griff sich die Boxershorts neben dem Bett, um sie anzuziehen. „Astoria, es war doch nichts weiter."

Händeringend stand er vor ihr und beobachtete, wie sie vor unterdrückter Wut zitterte. Verärgert stieß sie ihn mit ihren Händen vor die Brust.

„Und ich warte hier auf dich, während du irgendwelche Schlampen bezahlst und sie angaffst!", mit rauschendem Haar stürmte sie an ihm vorbei und zog eine Tasche unter dem Bett hervor.

„Hey!", rief er und hielt sie an ihrem Ellenbogen zurück. „Was wird das?"

Sie wirbelte herum und entriss sich ihm gleichzeitig, mit glänzenden Augen fixierte sie ihn: „Du solltest dir dessen bewusst werden, dass wir bald heiraten. Ich dulde es nicht, dass du neben mir andere Frauen, die halbnackt sind, dafür bezahlst, dass sie sich ausziehen oder für dich an einer Stange tanzen. Oder noch schlimmer: sich auf deinen Schoß setzen."

„So ist es doch gar nicht gewesen!", beharrte er und kam einen Schritt auf sie zu, vor dem sie augenblicklich zurückwich.

„Ich... muss nachdenken. Ich fahre zu meiner Schwester.", entgegnete sie schwach, Tränen liefen über ihre Wangen. Dann wandte sie sich ab und ließ mit ihrem Zauber alles notwendige in ihren Koffer schweben. Perplex beobachtete er ihr Tun, unterbrach sie nicht, weil er sie vermutlich sowieso nicht abhalten konnte.

Wenige Minuten später hörte er die Wohnungstür ins Schloss fallen. Noch immer stand er im Schlafzimmer und stierte auf das unordentliche Bett, konnte nicht fassen, dass er es mit einer unbedachten Antwort versaut haben musste und auf unerklärliche Weise entwickelte sich Wut in seinem Herzen, die sich auf seine Freunde richtete, obwohl sie keinen Fehler gemacht hatten. Er hätte einfach darauf bestehen müssen, dass ein Strip Club eine schlechte Idee gewesen war...

Kurzerhand zog er sich ein T-Shirt und eine Jeans über. Danach begab er sich zornig in sein Wohnzimmer und warf eine Hand voller Flohpulver in den Kamin.

„Church Hill!", bellte er gegen die grünen Flammen und wartete auf eine Antwort von Blaise. Nachdem sein Freund eine Beziehung mit Pansy eingegangen war, stellte seine Mutter eine Haushälfte ihres Anwesens für sie zur Verfügung, in der Voraussicht, bald Enkelkinder begrüßen zu dürfen. Jedenfalls war wohl auch Pansy der Meinung, dass der Ort Brendon in Devon eine gute Umgebung für Kinder sein musste, da es nah am Wasser lag. Zwar taten das alle Orte Englands irgendwie, aber in Brendon war es besonders grün und maritim und Pansy hatte sich sofort in die Heimat ihres Freundes verliebt.

„Hey!", lachte der Italiener vergnügt. Mit einer Tasse in seiner Hand erschien er in den Flammen. „Geht's dir gut? Man, wir haben gestern echt ein bisschen übertrieben. Ich brauchte einen Katertrank und zwei Tassen Kaffee. Pansy ist nicht sehr begeistert, aber sie wird sich schon-"

„Halt mal die Luft an, du Idiot!", unterbrach er den Redeschwall harsch. Der Angesprochene hielt verwirrt den Mund und runzelte seine Stirn. „Ich habe dir vorher klar gesagt, dass es keine Besuche in Strip Clubs und Bordellen gibt! Warum hast du nicht auf mich gehört und mich dann überredet?", unzufrieden setzte er sich und bedeckte sein Gesicht mit seinen Händen. „Argh! Blaise, wenn du gerade hier wärst, würde ich dich einen Kopf kürzer machen!"

„He, du warst doch gar nicht abgeneigt! Alles worüber du dir Gedanken gemacht hast war, ob der Laden sauber ist!", rechtfertigte er sich kopfschüttelnd.

„Ich habe dir gesagt, dass Astoria dich fertig macht, wenn sie davon erfährt!", fuhr er fort und legte seine Arme auf den Knien ab.

„Was ist passiert? Muss ich mir einen Auror bestellen, der mich vor ihr beschützt?"

„Nein. Ich hab alles abgekriegt, sie ist jetzt bei ihrer Schwester.", müde rieb er über seine Augen. „Ich bin gerade so sauer. Eigentlich hätte ich nicht mitgehen dürfen."

„Scheiße. Hast du es ihr erzählt oder was?", alarmiert setzte er sich ebenfalls.

„Natürlich. Ich dachte es wäre nichts dabei, also habe ich gesagt, dass wir in so einem Laden waren, schließlich ist nichts passiert, aber sie ist sofort wütend geworden."

„Und das mit der privaten Vorstellung?", Draco verzog seinen Mund, was Blaise Antwort genug war: „Du Trottel! Das hättest du wirklich für dich behalten können."

„Was hast du denn Pansy erzählt? Weiß sie, dass du eine Rothaarige auf deinem Schoß sitzen hattest?", skeptisch hob er eine Augenbraue, während Blaise seine Schultern anzog und eine abwehrende Bewegung mit seiner freien Hand machte, offenbar hatte Pansy soeben das Teezimmer betreten.

„Du hast WAS?!", ertönte die Stimme von Pansy, sich bald überschlagend. Ängstlich wandte Blaise sich um.

„Schatz, ich kann es dir erklären!"

„Auf die Erklärung bin ich gespannt! Sonst kannst du diese Nacht bei deiner Mutter schlafen!", zeterte sie barsch.

„Draco, ich muss aufhören. Lass uns später nochmal reden. Ich schicke dir eine Eule.", würgte er knapp hervor, ehe er das Gespräch beendete und Draco finster auf die Glut sah. Er wusste nicht recht, was er jetzt mit sich anfangen sollte, also kochte er einen Tee, setzte sich dann an seinen Couchtisch und musterte die Wohnung, die er und Astoria in Notting Hill bewohnten. Links von ihm befand sich der Kamin, vor ihm der nahtlose Eingang zu der kleinen weißen Küche. Links neben der Küche, an der gleichen Wand, war der Ausgang auf ihre Terrasse, die sich im Hinterhof zwischen den Gebäuden befand. Die Möbel waren hochwertig, modern und irgendwie barock, aber passten zueinander. Unter dem Glastisch, auf dem seine Tasse stand, lag ein kleiner weißer Teppich. Wenn man das Wohn-Ess-Zimmer verließ fand man rechter Hand das Schlafzimmer mit dem angrenzenden Badezimmer. Gegenüber der Schlafzimmertür das Hauptbadezimmer mit der Dusche. Sie hatten die Wohnung zusammen ausgesucht, obwohl die Preise in diesem Stadtteil unangenehm hoch lagen, allein die gute Lage und der schöne Schnitt der Zweiraumwohnung hatte sie überzeugt und genug verdienten sie ohnehin.

Nie hätte er mit einem derartigen Abgang von seiner Verlobten gerechnet, wusste sie doch um seine Vergangenheit als Schwerenöter. Dabei hatte es sich lediglich um drei Jahre gehandelt, in denen er sich ausgelebt und nichts Festes gehabt hatte, bis seine Eltern ihm die blonde Schönheit aus der Familie Greengrass vorgestellten. Sicher kannte er sie flüchtig aus Hogwarts, trotzdem war es eine Überraschung, als er ihr das erste Mal außerhalb der Mauern begegnete. Seit ungefähr zwei Jahren führten sie eine leidenschaftliche Beziehung, die sich vor einem Jahr durch Dracos Antrag zu etwas wirklich Ernstem entwickelte. Eher auf Anraten seiner Eltern, als seiner romantischen Gefühle hatte er sie gefragt, aber er fand auch keine Argumente, die dagegensprachen, bis er am gestrigen Abend seinen Junggesellenabschied beging und sich wieder einmal die einstige Freiheit herbeiwünschte, die er drei Jahre lang genossen hatte. Diese drei Jahre begannen mit seinem Abschluss an der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei. Auch während seines letzten Schuljahres hatte er zwei lose Beziehungen geführt, aber da ihn die anderen Mädchen dieser Schule nie sonderlich ansprachen, kam es erst danach, dass er sich austobte. Draco bereute es nie, auch nicht seine Beziehung mit Astoria, die bisher wirklich schön verlief. Sogar ein paar ihrer Interessen teilten sie, zum Beispiel Fliegen, Theaterbesuche oder Tanzen. Quidditch-Spiele besuchte er nach wie vor mit seinen Freunden, das fand er aber auch gut so.

Und jetzt saß er in seiner Wohnung, allein mit einer Tasse Tee und dachte darüber nach, auf welche Art und Weise er sie besänftigen konnte. Immerhin waren sie verlobt und ihre Verbindung barg einige Vorteile für seine und ihre Familie. Unwillkürlich fragte er sich aber auch, ob er sie besänftigen wollte? Wollte er, dass sie zurückkehrte und bei ihm blieb? Tatsächlich hatte er sich nie tiefgreifendere Gedanken über seine Gefühle ihr gegenüber gemacht, weil er zufrieden mit der Situation war. Er wollte sie nicht betrügen oder hintergehen, aber alles andere war eher das Gefühl der Akzeptanz. Akzeptanz darüber, dass er sein Leben mit ihr teilte und es in Ordnung fand. Selten stritten sie über ernsthafte Themen, er stellte fest, dass dieser Streit der erste war, der dazu führte, dass sie ging.

Grübelnd leerte er seine Tasse. Dann dachte er erneut an das Mädchen, das für ihn an der Stange tanzte. Wie hieß sie? Er konnte sich daran erinnern, dass sie eine Hasenmaske trug und auch die anderen Mädchen verschiedene Tiere mit passendem Namen darstellten. Dann musste es Rabbit sein. Obwohl, eher nicht. Ihre Mundbewegung erschien vor seinem inneren Auge, weil er ihre Lippen genau ansah, als sie ihren Namen mit ihm teilte: Bunny. Und der Club? Es war irgendetwas französisches. Verschwommen rief er sich den Weg, den sie gegangen waren ins Gedächtnis, es war unweit der Bar gewesen, die sie zuvor besucht hatten. Wenn er wollte, konnte er sie also wiederfinden und sehen.

Kurz entschlossen zog er seinen Umhang über, warf eine Hand voll Flohpulver auf die Feuerstelle, stieg in den Kamin: „Preshaw, Hayden Lane.", sagte er deutlich und verschwand.

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