Preference - Wir haben keine Wahl von Paroxys
Titel:
Preference
Autor:
@Paroxys
Genre:
Sci-Fi
***
Cover
- ist es ansprechend?
Das Cover mutet mystisch und geheimnisvoll an. Der Umriss eines Mädchens im, durch silbernes Mondlicht erleuchteten Wald, gibt eine Vorahnung auf Flucht und Verzweiflung - oder auf heimliche Treffen in der Nacht, fernab der Nachbarn. Doch die hohen Blauanteile lassen kaum die Vorahnung eines Stelldicheins erahnen, denn es wirkt kalt und ungemütlich. Was nicht heißt, dass es nicht zum Lesen verleitet. Denn die Assoziationen, die dabei geweckt werden, sind manigfaltig und wecken Neugier.
Die klare Aufteilung und die wenigen Elemente machen es sehr übersichtlich und auch in kleinem Format sehr gut erkennbar.
Andeutungen aufs Genre, die klassischen Elemente, gibt es keine, was dein Werk hervorhebt.
3 von 3 Punkten
- passt es zum Titel und zur Geschichte?
In Anbetracht der Tatsache, dass die Aussortierten Pangäas teilweise gezwungen sind, die Sicherheit der Kuppel zu verlassen und sich in die Dunkelheit der Unsicherheit begeben müssen, ist das Cover zumindest passend gewählt, auch wenn man den Bezug zur Story nicht unmittelbar ersehen kann. Aber das lässt Raum für Interpretation und ist somit nicht schlimm.
3 von 3 Punkten
- kann man den Titel gut erkennen?
Du hast eine sehr einfache und schnörkelose Schrift gewählt, die auf dem dunklen Untergrund durch den hohen Kontrast sehr gut zu erkennen ist. Die Großbuchstaben, in denen der Titel gehalten ist, lassen es umso deutlicher wirken.
Jedoch wirkt dadurch die Unterschrift, der Titel der Chronik, falsch und deplaziert. Sie ist unten an den Rand gequetscht, als hättest du keine Idee, wohin sonst mit ihr. Da solltest du noch einmal dran arbeiten.
2 von 3 Punkten
8 von 9 Punkten
Der Titel
- passt er zur Geschichte?
Wenn man Prefernce im Sinne von Vorrang oder Bevorzugung interpretiert, passt er hervoragend zur Geschichte. Ebenso wie der Untertitel: Wir haben keine Wahl. Denn genau das ist ja, was Lynn in Pangäa erlebt und beigebracht bekommt. Ein System, in dem nur die Auslese der Gesellschaft mit Vorrang behandelt wird und die bei der Frage ums Überleben bevorzugt behandelt werden. Eine Wahl bliebt ihnen nicht wirklich, denn wer würde sich freiwillig für ein Leben außerhalb der Kuppel entscheiden, wo einen scheinbar der sichere Tod erwartet? Die Titelwahl ist passend zur Geschichte.
3 von 3 Punkten
- klingt er interessant und ansprechend?
Im ersten Moment klingt er vor allem verwirrend. Preference heißt übersetzt aus Sicht der Protagonistin und der Bewohner nichts anderes als Präferenz oder Vorliebe, kann aber auch Wahl bedeuten. Dass man es natürlich auch als Bevorzugung deuten kann, hatte ich (Syd) gar nicht auf dem Schirm. Der Untertitel jedoch widerspricht den Deutungen, welche ich im Kopf hatte, denn er besagt, dass es keine Wahl gäbe - womit auch impliziert wird, nicht nach seinen Vorlieben gefragt zu werden. Das beschäftigt, lässt aber auch die Frage aufkommen, ob der Titel mit Bedacht gewählt wurde und wenn ja, woran man womöglich beginnt zu zweifeln, was er bedeutet. Der Titel ist mitunter das erste, womit dein Leser konfrontiert wird. Wenn er darin schon Widersprüche findet und sich in seiner womöglich schon existenten Skepsis ("Unter 100 Geschichten findet man sowieso höchstsens nur eine gescheite ...") bestätigt sieht, verlierst du ihn. Entweder klärst du im Klappentext über diesen Widerspruch auf, oder du überdenkst deinen Untertitel. Vielleicht stellst du ihn zur Frage um, wie z. B. "Hatten wir je eine Wahl?". So hast du einen klaren Bezug, der nicht widerspricht, sondern hinterfragt. Würde deutlich werden, dass es sich um eine Präferierung durch die Regierung handelt, wärs schon deutlicher.
Jao: Auch wenn ich den oben angeführten Kritikpunkt durchaus verstehe und ihm weder widersprechen kann, noch möchte, da es bestimmt vielen Lesern so ergehen mag, habe ich zu diesem Punkt eine andere Meinung. Mich hat der Titel neugierig gemacht, denn ich habe, um ehrlich zu sein, nicht unbedingt einen Widerspruch in Über- und Untertitel gesehen. Da Präferenz durchaus auch die Bedeutung "Vorrang" oder "Vorzug" haben kann, habe ich mir die Frage gestellt, wer oder was bevorzugt wird, und was daran so schlimm ist, dass man schreiben muss: Wir haben keine Wahl. Ich war also gespannt ... - Jao Ende-
Sonst stellt sich dem Skeptiker in mir die Frage, weshalb du einen englischen Titel gewählt hast, wo das Buch doch in deutscher Sprache gefasst ist und sich um eine neue Welt dreht. Warum nicht das lateinische Wort "Präferenz" oder ein deutsches Äquivalent? Das soll kein Antianglezismus sein, aber die Wahl der Titelsprache sollte wohlüberlegt sein. Bei deutschen Texten ist die Zielgruppe ein deutschsprechendes Publikum, das man am besten in der Zielsprache (deutsch) ansprechen kann. Warum der Kunstgriff in eine andere Sprache, wenngleich viele Buchautoren es ähnlich handhaben? Bei einer guten Begründung sehen auch skeptische Leser drüber hinweg. Begründungen könnten sein, dass die englische Sprache für den Inhalt wichtig ist, jedoch wird die Sprache (bis auf elterliche Anreden) im Buch selbst gar nicht thematisiert. Beispielsweise spielt die Geschichte in einer englischsprachigen Region oder bezieht sich auf englischsprachige Werke oder sie behandelt die englischen/amerikanischen/etc. Wurzeln eines Protagonisten, weshalb diese Sprache für ihn an Relevanz gewinnt. Einfach so, weil es besser klänge, ist meist nichts weiter als eine Ausrede des Autors, sich nicht länger mit dem Titel befassen zu müssen.
1,5 von 3 Punkten
4,5 von 6 Punkten
Den Klappentext
- wie lang bzw. kurz ist er?
Von der Länge her ist der Klappentext wirklich sehr gelungen. Es ist ein Text, den man kurz überfliegen kann und der nicht viel Zeit in Anspruch nimmt. Ideal eigentlich, um Leser zu angeln, die schnell durch die Liste scrollen und sich nie mehr als eine Minute Zeit für die ersten paar Worte nehmen, um zu entscheiden, ob sie weiterlesen oder nicht.
3 von 3 Punkten
- verrät er zu viel oder zu wenig?
Es fehlt der Fokus, was den Klappentext unruhig und wenig strukturiert wirken lässt. In einem Satz fällt ein Stichwort zu der Welt, in welche du den Leser einführen willst, dann springst du wieder zu Lynns Schicksal, um wieder auf die Welt zurückzukommen und die Stichpunkte, die du dem Leser präsenzierst, ineinander verschwimmen. Ob es sich bei den Schwierigkeiten ("Doch die Selektion kommt einem Todesurteil gleich"), die Lynn bei der Selektion hat, um ein Phänomen oder eine normale Gegebenheit handelt, ist schon nicht ersichtlich. Es ist das eine, offene Fragen zu belassen, um die Neugier zu wecken, oder echte Konfusität beim Leser zu schüren, der sich fragt, was genau du ihm damit sagen willst. Letzteres passiert bei dir an eben dieser Stelle. Der Grat zwischen Neugier und Unverständnis ist schmal.
Wenn du dich auf einen Aspekt - Welt oder Charakter - mehr fokussieren würdest, hättest du durch die Struktur gleich mehr Übersichtlichkeit drin und würdest es dem Leser erleichtern, sich in deinen Text einzufinden und dir zu folgen.
Und streiche den Disclaimer. Der bläht den Text unnötig auf. Stell ihn der Geschichte voran in ein eigenes Kapitel, denn er stellt (im Gegensatz zum Klappentext) keine Zusammenfassung dar, sondern einen eigenständigen, vollständigen Text.
Da die Romanze bzw. die Verbindung zwischen Lynn und ihrem Partner, in den ersten Kapiteln gar nicht wiederfinden lässt, würden wir auch empfehlen, diese ebenfalls au dem Klappentext zu streichen, um mehr Fokus zu erreichen. Über ihren späteren Partner macht sich Lynn im Text selbst noch genügend Gedanken, dass dieser Aspekt ganz sicher nicht verlorengeht.
1,5 von 3 Punkten
- macht er neugierig?
Zu allererst hat uns der Text an Die Tribute von Panem (Suzanne Collins) und Die Bestimmung (Veronica Roth) erinnert. Alle Sechszehnjährigen müssen sich, nachdem ein großer Krieg stattgefunden hat und die soziale Ordnung auf den Kopf stellte, einem Urteil unterziehen und, wenn es ungünstig für sie läuft, sich einer harten Prüfung stellen. Es gibt noch mehr Bücher, die dieses Thema behandeln, aber das sind die zwei aktuellsten und populärsten Beispiele aus diesem Muster, wenngleich Veronica Roths Werk hier an dieser Stelle besser zu passen scheint. Den einen Leser mag es neugierig machen, bei dem anderen schürt es die Zweifel. Es wäre jedoch vermutlich günstiger, wenn diese Paralellen nicht direkt im Klappentext ersichtlich würden. Heb dich von ihnen ab. Und geb dir mehr Raum als den Klappentext, um den Leser von deiner Idee und deren Einzigartigkeit, zu überzeugen.
Besonder gelungen ist jedoch das Zitat aus dem Text zu Beginn. Der Kampf um Freiheit ist ein immerwährendes Streben des menschlichen Seins und beflügelt immer wieder unser Denken und Träumen.
1 von 3 Punkten
5,5 von 9 Punkten
Storyaufbau
- Einführung
Schlägt man das erste Kapitel auf, springt einem zunächst ein Vorwort entgegen, das leider mit dem Text nicht viel zu tun hat. Die Danksagung an die Leser ist sicherlich nett gemeint, jedoch wirkt der Text mit den Smileys, Herzchen und Dankesbeteuerungen sehr jung und wenig ernsthaft. Natürlich ist klar, dass nicht jeder seine Geschichten hochprofessionell darstellen will, für viele ist es nur ein Hobby. Aber bei einem solchen Vorwort, das kaum Bezug auf den Inhalt nimmt und sonst nur Bitten um Kritik und Kommentare enthält, erwarten die meisten keinen allzu sorgfältig gepflegten Text. Viele, die nach gutgeschriebenen Geschichten suchen, ergreifen dabei die Flucht. Syd gehört dazu. Jao und Sue für gewöhnlich auch. Es sei denn, dann liest auch Syd weiter, sie werden explizit gebeten, sich das Buch anzusehen. Da wir den Wunsch nach Kritik und Lob durchaus verstehen (und weil wir selbst auch schreiben, wissen wir, dass man machen Lesern geradezu in den Hintern treten muss, damit sie mal auf das Sternchen klicken oder einem sagen, ob sie es gut oder schlecht fanden) hier ein kleiner Tipp: Wenn du ein Wort an die Leser richten willst, dann kennzeichne es deutlich mit einer ensprechenden Überschrift. Wer keine Lust drauf hat, sich darauf einzlassen, kann diesen Part dann getrost überspringen.
Vor dem Hintergrund des Vorworts lesen Skeptiker auch die ersten Kapitel kritischer. Erste Erkenntnis: Es handelt sich um die Ich-Perspektive. Es ist eine große Leistung, einen guten längeren Text in dieser Perspektive zu verfassen. Mit den Zeilen überzeugst du allerdings durchaus und führst den Leser über Lynn gut in deine Welt ein. Die Idee, über einen Schulaufsatz der Protagonistin einen Überblick zu geben, ist übrigens sehr kreativ.
Allerdings springt einem nach jedem Kapitel eine Autorenanmerkung entgegen, die an das Vorwort erinnert, mit Smileys und Bitten um Kommentare gespickt ist. Abgesehen davon, dass es mit der Zeit aufdringlich werden könnte, vorsichtig formuliert, reißen einen spätestens die Emojies, in aller Deutlichkeit gesagt, jedes Mal komplett aus dem gewonnenen Lesefluss und der aufgebauten Atmosphäre. Im einen Moment ist man komplett vom Augenblick gefesselt, total in der Geschichte, es ist spannend, ernst und ein wenig beklemmend und dann liest man: "^^ [...] :D" Da ist es mit jeder Atmosphäre vorbei. Dass du deinen Lesern fragen stellst, ist keine schlechte Idee. Das gibt Anregungen und könnte einen Dialog voranbringen. Aber streich den Rest. Wirklich. Ebenso wie die selbstironischen Kommentare zum Text. Es erschwert, ihn ernst zu nehmen. Selbes Beispiel wie oben. Total super Atmosphäre, man fiebert mit und dann wirfst du dem Leser den sprichwörtlichen Knüppel zwischen die Beine, wenn du schreibst: "Ich weiß, ich bin fies :P" Uns ist klar, dass du da kein Einzelfall bist und dass diese Praktik unter jungen Autorn fast schon Gang und Gebe ist, aber wir raten dir den Schirtt zu wagen, dein Buch ein wenig erwachsener darzustellen.
Wir sind außerdem etwas verwirrt, dass du erst den dritten Teil deines Buches mit der Bezeichnung Prolog belegst. Steht dieser nicht immer am Anfang eines Romans? Den Aufsatz als Prolog und Einführung zu wählen erscheint sinnvoller. Den folgenden Teil kannst du ja als Kaptiel 1 benennen und ihn durch die Überschrift "Rückblick" kennzeichnen, wenn du es ganz deutlich machen willst. Aber der Leser würde auch so verstehen, dass die Szenen, die du beschreibtst, weiter zurückliegen.
Von den im Klappentext implizierten Parallelen gelingt es dir zunächst jedoch nicht, dich zu lösen. Das dauert bis zum vierten Kapitel. Desweiteren wird auch im ersten Kapitel schon sehr deutlich, dass es sich um eine sehr kaputte Gesellschaft handelt. Die Verteufelung von Mutation zeigt dem gebildeten Leser, dass die Allgemeinbildung unter den Bürgern von Pangäa sehr eingeschränkt zu sein scheint, was ein Regime impliziert, welches Wissen bewusst zurückhält und in falsche Zusammenhänge setzt. Denn Mutation bedeutet eigentlich nichts weiter, als Veränderung von Genstrukturen, was ein vollkommen normaler Vorgang ist, durch den wir uns aus unseren Vorfahren entwickelt haben. Mutation ist also nicht per Se etwas Schlechtes. Es kommt immer auf die Umstände und Folgen an, nach denen diese zu bewerten ist. Wissen, welches das Regime zurückzuhalten scheint. Sollte gleich zu Beginn die Welt um Pangäa mit einem sehr bitteren Nachgeschmack versehen sein, hast du dein Ziel gut erreicht. Wenn nicht, ist es offensichtlicher, als du geplant hast.
Dann verwirrt der Gebrauch des Wortes Revolution. Denn Revolution beschreibt einen getriebenen, teils gewaltsamen Wandel in einem oder mehreren Systemen. Revolution ist ein Begriff, der vorzugsweise im politischen Kontext gebraucht wird und das politische System von Pangäa hinterlässt nicht den Eindruck, als wäre es an politischer Revolution interessiert. Natürlich gibt es Revolution auch in der Wissenschaft, aber in dem hier beschriebenen Kontext ist es missverständlich. Eine Umschreibung wie "um das menschliche Sein zu revolutionieren" würde konkretisieren, dass es sich um eine gewollte Revolution des menschlichen Köpers (Phänotyps), oder des menschlichen Erbguts (Genotyp), eine gezielte, kontrollierte Mutation zum Wohle der Gesellschaft, wenn man so will, aber nicht um eine Revolution des sozialen Gefüges handelt.
In den folgenden Kapiteln blühst du aber mehr auf. Die Träume, die Befürchtungen und die Tücken des System beschreibst du wirklich einfühlsam und ausführlich, so dass man sich ein Bild von den Gegebenheiten machen kann und auch ihre Familie kennenlernt. Besonders die Ausführungen über die Selektion von Lynns Bruder hast du sehr eindrücklich beschrieben und gibst gute Einblicke zu Lynns Herkunft. Man findet sich wirklich ein, auch weil du einen angenehmen Stil hast. Wären da nicht die immerwährenden Autorenanmerkungen am Ende ...
2 von 3 Punkten
- Der rote Faden: ist die Geschichte stimmig und verfügt über einen logischen Aufbau und ist somit nachvollziehbar?
Die Art und Weise, wie du deinen Leser in die Welt und die Gepflogenheiten Pangäas einführst, ermöglicht ihm einen übersichtlichen und angemessenen Einstieg. Nichts passiert zu überstürzt oder zieht sich zu sehr in die Länge. Dabei arbeitest du zunächst auf das Ereignis von Lynns Selektion hin und behälts dabei den roten Faden bei, ohne abschweifend oder verwirrend zu werden. Immer wieder deutest du auf die mutierte Welt außerhalb der Kuppel hin, ohne dabei zu viel und andauernd zu wiederholen - sieht man von dem Begriff 'Mutation' ab. Stattdessen bereitest du den Leser sozusagen auf die nächste Ebene deines Buches vor, welche nach der Selektion auf ihn wartet. Im Großen und Ganzen hältst du einen interessanten und passenden Verlauf deiner Geschichte aufrecht.
Ein kleines Detail, welches Fragen aufwirft und vielleicht einer deutlicheren Erklärung bedürfte, ist der Grund aus dem auch die älteren Bewohner Pangäas aussortiert werden, denn im ersten Moment glaubt man, dass nur diejenigen aussortiert oder eben ausgewählt werden, die ihr sechszehntes Lebensjahr erreicht haben. Dabei liegt es ja auf der Hand: Wer unbrauchbar wird und nur noch Essen und Luft verbraucht, die andere nötiger haben, muss gehen! Mach' das ruhig in all seiner Grausamkeit deutlich.
Jedenfalls bleibt es vom Beginn, der Selektion, über das Auswahlverfahren und die darauffolgenden Ereignisse sehr stringent und nachvollziehbar.
- baut sich eine Dramaturgie auf? Zeichnet sich eine Spannungskurve ab?
Die Spannung hältst du gut. Es gibt keine Passagen, die langweilig erscheinen. Selbst Frequenzen, in denen nicht viel passiert, lesen sich unterhaltsam und flüssig. Wie bereits oben erwähnt, ist der Auftakt des Buches, Lynns Aufsatz, eine ungewöhnliche, überraschende und erfrischende Idee, ein Buch zu beginnen. Der darauf folgende Rückblick ermöglicht dem Leser einen Eindurck von Pangäa, seinen Bewohnern und, vor allem Lynn, zu bekommen. Die Beschreibung der Selektionen ihrer Großmutter und ihres Bruders nehemen den Leser sofort mit und fördern den begründeten Zweifel am System der Regierung. In den darauffolgenden Kapiteln erhöst du die Spannung leicht, indem du auf Lynns eigene Selektionen hinarbeitet. Auch wenn man auf Grund des Klappentextes und einigen Andeutungen erahnen kann, wie es ausgeht, bleibt man doch aufmerksam bei der Sache und fiebert mit deiner Protagonistin mit. Auch, weil beide Varianten wahrscheinlich erscheinen. Was dann in Gesellschaft von Flora und Livian noch folgen wird, hebt die Spannung dann auf eine neue Ebene und - sehr wichtig - bricht sehr abrupt mit den Parallelen zu den vorher genannten Werken.
- Passt der Inhalt zum Genre? Oder brichst du ganz bewusst und gekonnt mit den Vorgaben, um etwas Neues zu wagen?
Mit dem postapokalyptischen, futuristischen Setting entsprichst du dem Genre in Teilen. Die Abspaltung zur Fantasy oder Horror gestaltet sich hier im Allgemeinen nie leicht. Da du neben Schreckmomenten und Qualen aber auch noch einen validen Plot beweist, ist es definitiv kein Horror. Fantasy zeichnet sich meist dadurch ab, dass es entweder in der Jetztzeit und unserer Welt spielt (Urban-Fantasy) oder in einer eigenen Welt und meist einen Bezug zur Magie aufweist, während es in der Science Fiction wissenschaftliche Erklärungsansätze für die beschriebenen Phänomene gibt. Du versuchst eine wissenschaftliche Erklärung zu geben, indem du genetische Mutationen heranziehst, aber diese Mutation allein erklärt nicht, weshalb Lynn ihre Gabe besitzt oder andere ihre Gaben besitzen, die sie z. B. Elemente beherrschen lassen. Es liest sich mehr wie Magie (Urban Fantasy) oder übernatürliche Phänomene (Übernatürliches) als alleiniges Sci-Fi, sondern stellt mindestens eine Mischform dar. Sprich, es ist mehr X-Men als GATACA.
6 von 9 Punkten
Die Charaktere
- sind sie authentisch?
Ja, die Charaktere sind sowohl authentisch als auch voneinander unterscheidbar (dazu im nächsten Punkt mehr). Du beschreibst die Beweggründe deiner Protagonistin mal mehr mal weniger schlüssig, wobei es sich bei ihr um ein sechszenjähriges Mädchen handelt. Wenn die mal nicht schlüssig handelt oder denkt, dann liegts an den Hormonen, was Übersprungshandlungen und Gedanken sogar authentischer wirken lässt. Auch in emotionalen Ausnahmesituationen dürfen Charaktere sich schwer nachvollziehbar verhalten. Wobei Lynn dahingehend äußerst stabil und belastbar wirkt, wenngleich sie sich viele Sorgen macht.
Die anderen Charaktere, wie die Familie oder ihre Gefährten, zeichnest du auch sehr gut, gibst ihnen einen Hintergrund, ein Wesen und ein Motiv, das sie antreibt. Das lässt sie lebendig wirken und gibt ihnen Tiefe. Man hat nicht das Gefühl, sie handeln so, weil du es so willst, sondern weil diese Figuren es so für richtig und notwendig halten. Das macht sie authentisch.
- Kann man sich ein gutes Bild von ihnen machen?
Teilweise kann man sich auch optisch ein sehr gutes Bild von ihnen machen, aber oftmals vergessen Leser die Beschreibung des Äußeren zu schnell wieder, so dass es vor allem wichtig ist, ihr Wesen zu begreifen.
Zum Äußeren sei gesagt, dass du am Anfang für Lynns Beschreibung tatsächlich eine Spiegelszene gewählt hast, um das Mädchen zu beschreiben. Aufgrund der Tatsache, dass dieses Motiv sehr häufig aufgegriffen wird, solltest du es überdenken. Vielleser sind davon ziemlich übersättigt.
Zum Wesen sei gesagt, was schon oben bei der Authenzität geschrieben steht: Du machst das Wesen deiner Charaktere deutlich. Sie sind unterschiedlich, haben alle ihre eigenen Züge und handeln entsprechend. Die schüchterne Flora, der pragmatische Livian, Lynns optimistischer Bruder, der stolze Vater - zu jedem Charakter fällt einem mindestens eine beschreibende Eigenschaft ein, die im Gedächtnis bleibt.
- Wie sind Dialoge und Emotionen beschrieben worden?
Deine Dialoge wirken zu großen Teilen sehr natürlich. Die Sprache ist nicht gestelzt, sie ist nicht zu umgangssprachlich, wo es nicht angebracht wäre, aber Emotionen könntest du öfter zeigen, als sie zu beschreiben. Als Beispiel ist mir da Lynns Spritzenphobie in Erinnerung geblieben, wo sie einfach nur daran denkt, dass sie Nadeln hasst. Beschreib an solchen Stellen lieber die Auswirkungen auf sie, was diese Angst mit ihr tut. Hier mal anhand dieser Situation ein Beispiel:
"Allein der Gedanke, dass sich diese viel zu große Nadel gleich durch jede einzelne Schicht meiner Haut bohren und in meiner Vene versinken würde, trieb mir den Schweiß auf die Stirn und mein Arm verkrampfte sich, zusammen mit dem Rest meines Körpers, bei dem Versuch, ihn nicht wegzuziehen, was ich doch so gern getan hätte, um dem spitzen, penetrierenden Schmerz zu entgehen."
Aber wie gesagt, an anderen Stellen gelingt es dir sehr gut. Es hat auch den Anschein, als würde es mit jedem Kapitel besser werden, denn in den ersten Kapiteln neigst du mehr zu reinen Beschreibungen als zur Präsentation der Folgen. Das Stichwort hier heißt "Show, don't tell".
7,5 von 9 Punkte
Dein Schreibstil
- Ausdruck
Du verfügst über einen großen und schönen Wortschatz, was es angenehm macht, deinen Erzählungen zu folgen. Daher ist es besonders schade, dass dir desöfteren Wortwiederholungen unterlaufen. Bei erneuter Überarbeitung, sollte es für dich aber kein Problem sein, dies, durch die Verwendung von Synnonymen oder durch schlichte Umformulierung, zu beheben.
Ansonsten schaffst du es trotz Ich -Perspektive (die keinem von uns so recht liegt), durch Ausdruck und überzeugender Beschreibung der Emotionen zu überzeugen.
Zeitlich springst du aber ab und an immer mal wieder. Ein frühes Beispiel ist der Prolog (das dritte Kapitel) in dem du hin und wieder an unangebrachten Stellen zwischen Präteritum und Plusquamperfekt hin und her springt. Aber in den späteren Kapiteln passiert dir das immer wieder. Außerhalb der wörtlichen Rede oder den wörtlichen Gedanken deines Charakters hat die Gegenwart in dem Text nichts verloren, kommt aber immer mal wieder durch.
Auch wenn wir hier nicht viel zu beanstanden haben, sind doch einige unbeholfene Formulierungen aufgefallen, die du vielleicht noch einmal überdenken solltest:
1. Bsp.: "[...] verkündete er schließlich mit nasaler Stimme, die letztendlich genauso wenig über seine wahren Gefühle preisgab, wie es die steinharte Maske tat, welches sein proffessionelles Gesicht überschattete."
Es ist davon auszugehen, das sein professionelles Gesicht bereits eine Maske ist, die er metaphorisch aufsetzt, um seine wahren Gefühle in dieser Situation zu verbergen. Deine Formulierung erzeugt das Bild einer tatsächlichen Maske, die er sich vor seine ohnehin schon versteinertes Gesicht hält. Eine angebrachtere Frormulierung wäre beispielsweise: "[...] verkündete er schließlich mit nasaler Stimme, die genausowenig über seine wahren Gefühle verriet, wie sein ausdrucksloses Antlitz."
Aber lobend erwähnt sei, dass du mit den Relativpronomen der/die/das/welche/welcher/welches sehr vielfältig umgehst. In diesem Satz hast du beispielsweise einmal Die und später dann Welche verwendet, um unschöne Wiederholungen zu vermeiden. Auch sonst ist keine besondere, störende Häufung einer Variante aufgefallen. Manchen fällt das schwer, dir gelingt es gut.
2.Bsp.: Irgendwo verwendest du das Wort Pein. Das ist ein schönes Synnonym für Schmerz, aber es ist sehr veraltet und daher solltest du genau überlege, ob es in den Kontext passt.
3.Bsp: "[...] ihr hellblauer Blick wirkte abwesend [...]"
Nun, ihre Augen können hellbau sein, aber ein Blick hat keine Farben. Er kann nur freundlich, traurig, betrübt, fröhlich (etc...) oder eben abwesend sein. Wenn du die Farbe mit ins Spiel bringen möchtest, müsstest du schreiben: "Der Blick aus ihren hellblaune Augen wirkte abwesend."
4. Bsp. "Meine Lunge brannte lichterloh [...]"
Das Adjektiv lichterloh ist hier äußerst deplaziert. Ein Objekt oder ein Subjekt können lichterloh brennen, wenn sie denn tatsächlich in Flammens stünden. Im Wort LICHTERloh steckt ja auch das Licht, das auf das Licht der Flammen, den gefährlichen Schein eines großen Feuers anspielt, das in diesem Kontext auch fehlt. Das Brennen der Lunge bezieht sich aber in diesem Zusammenhang, nicht auf Feuer als Ursache, sondern auf das Gefühl, das etwas brennt. Ein brennender Schmerz z. B.
Zu guter Letzt noch ein Hinweis in Hinblick auf die Ich-Perspektive. Als Lynn auf dem Platz steht und ihr Ergebnis bekommt, beschreibst du sehr genau die Reaktion der Familie. Mache dir noch mehr deutlich, dass du in der Ich-Perspektive wirklich nur, und einzig und allein nur, die Wahrnehmung eben dieses Charakters hast. Schränke die Wahrnehmung ein, wenn er erschrocken ist, mache deutlich, wobei es sich um Vermutungen oder Deutungen handelt und wo kann der Charakter die Handlungen anderer fehlerfrei bestimmen, ohne Zweifeln zu müssen? Wann steht Lynn zu weit weg, um Genaueres erkennen zu können? Andererseits gelingt es dir gut, Annahmen von Lynn zu schildern, die sich später als falsche Deutungen herausstellen, die ihr zum Verhängnis werden. Darin bist du sehr gut.
- Äußere Form
Insgesamt ist der Text von dir sehr gut zu lesen, sieht man von den oben gemachten Anmerkungen und denen, die noch kommen ab. Aber vorerst ein Lob dafür, dass sich in deinen Texten wahrlich wenig Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler finden. Die wenigen Rechtschreibfehler, die auffielen, schienen mehr der Natur der Tippfehler zu sein, als dass dir die korrekte Schreibweise nicht geläufig wäre oder du nicht wüsstest, wo du sie nachschlagen könntest. Dahingehend war der Text wirklich sehr, sehr angenehm zu lesen und auch die Satzkonstruktionen, mal kurz, mal lang, waren abwechslungsreich, dass es einem nicht langweilig wurde.
Dann kommen wir allerdings auch schon zu dem Punkt, der trotz der zumeist korrekten Zeichensetzung angemerkt werden muss. Du verwendest oftmals unterbrochene, wörtliche Rede. Erst einmal für diese Tatsache selbst: Danke! Man liest es nicht oft und viele trauen es sich auch einfach nicht, aber bei dir sieht man, was man daraus machen kann. Jetzt aber ein Kritikpunkt: Du verwendest entweder zumeist falsche Zeichensetzung in diesem Kontext, oder aber falsche Groß- und Kleinschreibung. Hier ein Beispiel, wie es bei dir aussieht:
"Ich weiß es nicht", gestand ich schließlich und seufzte, "Es ist alles ein wenig viel."
Wir haben direkte Rede, einen Einschub und danach wieder direkte Rede. Allerdings ist es so, dass die zweite direkte Rede groß beginnt. Wenn du das machen willst, die beiden Teile der direkten Rede also zwei unabhängige Hauptsätze sind, muss der Einschub mit einem Punkt abgeschlossen werden. Es ist ja so, dass der erste Satz in der direkten Rede abgeschlossen ist und der Punkt am Ende des Einschubs - der dann nur noch ein Nachsatz der wörtlichen Rede ist - ist der Punkt, den man am Ende der wörtlichen Rede nicht schreibt. Trotzdem muss der Satz ja irgendwo abschlossen werden. Das sähe dann so aus:
"Ich weiß es nicht", gestand ich schließlich und seufzte[.] "Es ist alles ein wenig viel."
Die Variante ist auch die schlüssigste. Andersrum könnte man es natürlich bei einem Einschub belassen und die beiden Hauptsätze tatsächlich mittels dem Einschub verbinden, dann müsste die zweite direkte Rede jedoch KLEIN beginnen. In etwa so:
"Ich weiß es nicht", gestand ich schließlich und seufzte, "[e]s ist alles ein wenig viel."
Eher Sinn macht es aber, wenn man tatsächlich einen Satz unterbricht, in denen beide Teile voneinander abhängen. Beispiel:
"Ich fasse es nicht", schimpfte Sigfried wutentbrannt, "dass der Arsch schon wieder das Klopapier nicht aufgefüllt hat!"
Sonst gibt es nur noch einen Punkt, der mit zunehmender Kapitelanzahl bei dir eingerissen ist, neben der Zunahme von Tippfehlern. Die Verwechslung von Dativ und Akusativ, im Falle von ihn/ihm, dem/den usw. Plötzlich hört Lynn [ihn] zu oder schenkt [dem] Saft nach, obwohl der Saft ja nicht einmal Danke sagen könnte, weil er es ist, der eingeschenkt wird, nicht etwa der, [dem] eingeschenkt wird. Wie gesagt, ab Kapitel sechs häuft sich dieses Phänomen, zusammen mit den Tippfehlern und es wirkt, als würdest du dich besonders beeilen, um neue Kapitel rauszubringen. Nimm dir lieber einen Tag mehr Zeit, lass das Kapitel bei dir auf dem Rechner liegen, schlaf eine Nacht drüber und les es dir am nächsten Tag noch einmal durch, falls du keinen Korrekturleser hast, der mit frischem Blick da dran gehen kann.
9 von 15 Punkten
Der Gesamteindruck
Insgesamt macht dein Werk, vor allem wegen des flüssigen und streckenweise ausgesprochen fehlerarmen Textes, einen sehr soliden Eindruck. Am meisten den Lesefluss gestört haben vor allem die Autorenanmerkungen am Ende der Kapiteln, die teilweise holprigen Formulierungen und die anfänglichen Parallelen zu Veronica Roths "Die Bestimmung".
Dazu noch einige Worte. Auf keinen Fall wollen wir dir Plagiatismus vorwerfen, denn gerade das, was nach der Selektion passiert, unterscheidet sich deutlich davon und zeigt, dass du durchaus eigene Ideen hast. Aber ein sechzehnjähriges Mädchen ... lebt in einem räumlich wie sozial isolierten totalitären Verbund ... Ressourcenknappheit ... muss sich dem Urteil der Regierung unterwerfen ... Mutter kämmt vor dem großen Tag ihrer Tochter die Haare ... Prüfung beinhaltet eine "Neuronale Simulation mithilfe von Neurotransmittern", die sie mit Extremsituaionen konfrontiert ... Ergebnis des Urteils verpflichtet sie zur Verschwiegenheit und bringt sie in Schwierigkeiten ... Letztes Treffen mit den Eltern ... Im Verlauf sind es auch viele Kleinigkeiten (z. B. die Kämm-Szene), die diese Verbundenheit der Werke suggerieren, da der Ablauf so extrem ähnlich ist. Gerade, wenn man durch Zufall die Bücher gerade erst gelesen hat.
Vorher gibt es genügend Punkte, die dich von diesem Buch unterscheiden.Aber andere Punkte erinnern wieder so frapierend daran, dass wir uns stark wundern würden, wenn du dich nicht hättest mindestens davon inspirieren lassen. Versuche, diese Parallelen abzubauen. Ein Beispiel wäre die Simulation in der Selektion, mit der Lynns Gabe bestimmt wird. Die Ähnlichkeit wirst du schwer leugnen können. Ein anderer Name hätte schon genügt, um diese abzumildern. Eine andere Art der Applikation hätte da das übrige tun können. Beispielsweise gibt es Hypnose. Oder warum sollte nicht jemand die Gabe haben, solche Trancezustände herbeizurufen? Stromimpulse (die müssen nicht stark sein), 3D-Simulation a la Holodeck, die Möglichkeiten sind so vielfältig. Dein Buch ist mehr als eine billige Kopie. Arbeite das heraus.
2 von 3 Punkten
Zu erreichende Punktzahl: 60 Punkte
Erreichte Punktzahl: 42,5 Punkte
Persönliche Anmerkung
Uns ist selbst aufgefallen, dass wir bei der Punktvergabe kritischer geworden sind. Das heißt aber nicht, dass wir insgesamt zu Anfang weniger kritisch waren. Wir würden heute noch dieselben Texte verfassen, jedoch Kritikanmerkungen mehr in die Punktvergabe einfließen lassen, was eine niedrigere Punktzahl zur Folge hätte. Inzwischen berücksichtigen wir bei der Vergabe der Punkte auch kleine Anmerkungen, die vorher nicht eingeflossen sind.
Ohnehin ist der Text viel wichtiger als die Punkte, die nur als grobe Orientierung dienen sollen, wo viel oder weniger Übungs- oder Korrekturbedarf besteht.
Wir hoffen dennoch, dass die Punktevergabe in Zukunft vergleichbarer gehandhabt wird. Wir arbeiten dran.
- Syd, Jao und Sue
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