'Keryno - Das Geheimnis der Welt' von Celikreax
Titel
Keryno - Das Geheimnis der Welt
Autor
Celikreax
Genre
Vampirgeschichte
***
Mal wieder eine Ankündigung, ja. Sogar von globaler Tragweite für diesen Account. Nein, wir werden ihn nicht löschen. Das heißt, ich werde ihn nicht löschen. Zukünftig sind zumindest die Rezensionen in diesem Buch singular. Weil diese Rezensionen einen großen Aufwand bedeuten und es nicht immer so einfach ist, das alles in den eigenen Alltag zu integrieren, haben Jao und Sue sich dazu entschlossen, sich hier zurückzuziehen, was ich vollkommen verstehen kann. Wenn eigene Hobbys und die eigenen Schreibarbeiten hintenanstehen müssen, muss man Prioritäten setzen und an erster Stelle, das ist nur gesund, sollte man bei Ressourcenknappheit die eigenen Bedürfnisse stellen. Alles andere macht einen nur kaputt. Man kann nur so viel machen wie geht.
Ich bin übrigens Syd und bleibe euch mindestens vorerst erhalten, mit einer kleinen Einschränkung: Im November wird dieses Buch hier pausieren. Ich nehme mit meinem eigenen aktuellen Schreibprojekt am NaNoWriMo teil. 50.000 Wörter schaffe ich auch mit vier Rezensionen, aber das hier ist ja keine Novelle. Mein Projekt zwar auch nicht, aber in einem Monat mit vielen anderen zusammen dort ein ganzes Stück weiter zu kommen, ist mir dann doch wichtiger. Weiter geht es hier also erst im Dezember, wovon mich die Feiertage vermutlich auch nicht abhalten werden. Hab's zu eurem Vorteil nicht so mit Festivitäten.
In dem Sinne: Viel Erfolg mit der letzten Rezi bis Dezember.
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Cover
Wirkung: Ist es ansprechend?
Das kann man nicht von der Hand weisen: Der dunkle Hintergrund, vor dem die kräftigen Farben und Leuchteffekte so richtig gut zur Geltung kommen, der schimmernde Effekt der Schrift, das hat keine schlechte Wirkung, nein. Es wirkt nicht zu voll, stark und ein wenig mystisch, was zum Genre durchaus passt. Man kann auch in der kleinen Ansicht genügend Details erkennen, um sich ein grobes Bild zu machen. Eine junge, ziemlich blasse Frau, aus deren linker Hand Funken schlagen und hinter der irgendwelche Gebilde und ein scharlachrotes Tuch oder Rauch emporsteigt. Das ist schon gar nicht schlecht, wenn man das direkt in der Liste erkennen kann - und gar nicht so leicht, das so übersichtlich umzusetzen.
Wenn man das Cover in Groß anschaut, dann kann man wunderbar erkennen, dass das Gebilde hinter der Dame Trümmer sind und das Tuch gar kein Tuch, sondern etwas, das mehr wie eine blutrote Sonne aussieht. Kein Mond, weil da so komische Funkenschwaden drumherumtanzen und die Oberfläche mehr an eine Sonne als den Mond erinnert, was mich bei einer Vampirgeschichte etwas erstaunt hat. Sonst aber recht ansehlich.
Nur eine Sache, die wir anmerken wollen: Die Abstände der Schrift zum Rand sind oben bzw. unten recht unterschiedlich, obwohl unten noch Platz gewesen wäre. Mein Vorschlag wäre, ich hoffe, Die-Leserin ist mir hier nicht böse, dass man das Motiv (Dame, Trümmer, Blutsonne) etwas nach unten verschiebt und den oberen Abstand dem unteren ein wenig angleicht. Das hat auch noch einen anderen Grund, zu dem wir in Punkto Schrift kommen.
Kontext: Passt es zum Titel und zur Geschichte?
Soweit man es aus dem Klappentext ableiten kann, passt mindestens die düstere Atmosphäre. Die Protagonistin begibt sich in den Untergrund und tritt einer Organisation bei, die Vampire bekämpft, die unter den Menschen im Verborgenen leben. Außerdem hat sie eine zerstörerische Fähigkeit. Die Fähigkeit wird auf dem Cover durch die Funken ausgedrückt, die Zerstörung durch die Trümmer im Hintergrund. Dass das blutrote, runde Etwas vermutlich für die Vampire steht, vermute ich an dieser Stelle einfach mal und wenn ja, dann finde ich das gar nicht schlecht. Da sind durchaus Parallelen auffindbar, nicht nur (aber vor allem) die angesprochene Atmosphäre.
Schrift: Kann man den Titel gut erkennen?
Teilweise sehr gut, ja. Das "KERYNO" ist nicht nur in Lettern geschrieben, es ist auch groß und setzt sich gut vom Hintergrund ab. Die Farbe passt übrigens wunderbar zum Kleid der jungen Dame, was aber mit der Erkennbarkeit wenig zutun hat. Auch der Autor lässt sich sehr gut lesen. Zu dem englischen "written by" sag ich an dieser Stelle mal nix.
Was man dagegen in der Listensicht nur ganz schwer erkennen kann, ist die Nennung des Covermakers. Zugegebenermaßen muss man den auch nicht auf den ersten Blick sehen können, er ist ja eher (gerechtfertigte) Werbung für Interessierte, die sich Cover ohnehin näher anschauen, aber durch die weiße, helle Schrift ist diese Ziele zu aufdrinlich, dass man sie nicht beachten würde. Man sieht sie also sehr gut, sie sticht ins Auge, aber man kann sie nicht erkennen. Und das ist ein ganz doofes Mittelding.
Schlimmer aber ist der Untertitel. Die geschwungene Schrift sticht erstmal extrem hervor, da du auf dem Cover ansonsten eine klare, Serifenschrift verwendet hast, aber das ist nicht das Problem, da sie dennoch andächtig und formell, wie mit Füller geschriebene Schönschrift rüberkommt. Das Problem ist die Größe. Man muss sich das Cover in der Vollsicht anschauen, um das lesen zu können. Und das ist echt schlecht. Mindestens in der Buchübersicht (da, wo man den Klappentext komplett lesen kann) sollte alles, was auf dem Cover steht, problemlos erkennbar sein. Das ist in diesem Punkt leider nicht gegeben. Auch deshalb wäre es gut, wenn du das Motiv nach unten schieben würdest, damit du nämlich mehr Platz für den Untertitel deines Buches hättest und dem ein paar pt mehr sponsern würdest.
Der Titel
Wirkung: Klingt er interessant und ansprechend?
Wenn ich ehrlich bin: eher mäßig. Das Keryno wirft bei mir Fragen auf, die Darstellung auf dem Cover, die unverschnörkelte und nicht verspielte Präsentation des Wortes in Großbuchstaben hat mich aber mehr gefesselt, als das Wort mich im Titel überzeugt hätte, da ich keinen Bezug dazu habe. Erst mit der Verbindung zum Cover kommt es durch. Irgendein Eigenname, aber nicht von einer Person - oder nur der Spitzname. So alleinstehend bietet es fast schon zu viele Möglichkeiten der Interpretation. Es könnte auch nur ein besonders ausgeklügeltes Werkzeug eines Klemptners sein, oder ein Heilmittel gegen Krebs. Die Spannweite ist ziemlich groß.
Was den Untertitel angeht, schreckt er mich eher ab, als dass er mich fesselt. Das liegt aber an meiner Leseerfahrung. Wie oft schon habe ich Bücher in der Hand gehabt oder auf Wattpad gesehen, in denen es um Geheimnisse ging? Wie oft schon über ultivmative Kämpfe oder die Rettung der Welt? Zugegeben, letzteres bin ich eher aus Filmen leid, aber es sind sehr oft und häufig gebrauchte Worte, die du nicht besonders originell zusammensetzt. Warum baust du nicht um den Namen der Organisation etwas herum? "Im Netz von Keryno" oder "Keryno - Des Rätsels Lösung", je nachdem, wie dein Roman verläuft? Lass es sich aufeinander beziehen, weil Keryno ja nun nicht das Geheimnis der Welt ist, oder? Da steht einmal "Keryno" und dann als Untertitel, dass es außerdem um das Geheimnis der Welt geht. Gleich zwei Faktoren im Titel unterzubringen ist schwierig, wenn davon einer auch noch unklar ist.
Der Zusammenhang zwischen den Begriffen muss auch nicht sofort ersichtlich werden. Genauso wenig bin ich selbst ein Freund davon, dass der Titel einem sofort die Handlung verrät, aber er soll Lust machen, zu lesen und man sollte irgendwas damit verbinden. So eine grobe Ahnung. Die fehlt mir bei deinem Titel völlig.
Kontext: Passt er zur Geschichte?
Aus dem Klappentext ist das noch nicht ersichtlich. Da gibt es so viele Geheimnisse. Die Organisation ist selbst geheim, die Existenz der Vampire ebenso und dann ist da noch die Fähigkeit der Protagonistin, die auch im Verborgenen liegt. Was genau ist in deiner Geschichte also kein Geheimnis? Es passt schon sehr gut, vor allem der Untertitel, aber der Zusammenhang ist doch sehr schwammig, was nicht unbedingt schlecht sein muss. Nur ist es in deinem Klappentext als Thema schon so präsent, dass du es eigentlich im Titel nicht mehr brauchst. Das wirkt beinahe schon redundant.
Wie oben aber erwähnt, bleibt bei alleiniger Betrachtung des Titels eine Erwartung aus. Man baut die Beziehung zum Titel also erst im Laufe der Geschichte auf. Kein Beinbruch, aber ich bin mir eigentlich sogar sicher, dass du das besser hinbekämest.
Der Klappentext
Äußere Form: Wie lang bzw. kurz ist er?
Er ist schon sehr lang, das muss man sagen. Wir haben einen Handlungsabriss und diverse organisatorische Angaben, auf ich hier vordergründig eingehen würde. Vorweg aber ein kleiner Spoiler: Der inhaltliche Teil lässt sich deutlich kürzen, dazu aber mehr im nächsten Punkt.
Hier geh ich vor allem auf den organisatorischen Kram ein. Das Ranking: Klar, da ist man stolz drauf, ja, kann man machen und bei dir ist es ja auch nur eine Zeile. Geschenkt, auch wenn das Herzchen bei mir persönlich immer einen X-Effekt auslöst: ich suche reflexartig nach dem X am Tab. Naja, andere mögen es ja herzlich.
Danach der Hinweis, dass die Story von dir ist. Haben wir da nicht schon oft genug drüber geredet? Noch einmal in der Monoversion: In Deutschland gilt das Urheberrecht. Es schützt automatisch dein gesamtes geistiges Eigentum. Dinge, die du selbst hervorgebracht hast. Egal ob Bilder, Texte oder Lieder. Das gilt auch für deinen Titel. Diesen Hinweis solltest du dir also sparen, denn dass die Geschichte von dir ist und der Titel dein geistiges Eigentum, das ist der Normalzustand. Was glaubt ihr eigentlich? Dass jemand, der eure Texte klauen will, sich davon abhalten lässt oder es ausversehen mit dem Klappentext mitkopiert? Nein, das hält niemanden davon ab. Wenn ihr jemanden aber erwischt, könnt ihr den auch ohne diese völlig sinnlose Markierung zivilrechtlich verklagen. Nehmt das einfach raus. Es ist flüssiger als überflüssig.
Dagegen ist der Hinweis auf den Covermaker die einzige Information, die ich in irgendeiner Weise als wichtig bezeichnen würde. Dass ihr die Person nennt, der ihr euer Cover verdankt, ist eine Wertschätzung, die diese Person verdient. Wirklich die einzige Anmerkung, die da hingehört. Der Rest bläht den Text nur auf.
Inhalt: Verrät er zu viel oder zu wenig?
Welche Informationen haben wir im Klappentext? Eine Welt, in der Vampire vor Menschen versteckt leben; eine Protagonistin, die plötzlich mit Vampiren konfrontiert wird und sich einer Organisation anschließt und eine magische Kraft besitzt. Außerdem, dass sie sich in jemanden verliebt, gleichzeitig aber von ihrem Hass beherrscht wird und sich zwischen ihren Gefühlen entscheiden muss. Außerdem gibt es irgendein kollosal wichtiges Geheimnis. Ja.
Was ist das, was ich aus dem Klappentext als Plot ableite: Die Protagonistin, wegen deren Namen ich die Rezension fast in den Wind geschrieben hätte, verliert Menschen, die ihr wichtig sind, weil Vampire sie getötet haben. Daher die Kombination, dass sie brutal in den Vampirteil der Welt gezogen wird und später mit Rachegefühlen kämpft. Nach dem Ereignis schließt sich sich einer Organisation an, die Vampire jagt und lernt, dass sie super special ist. Als sie dann aber endlich selbst in diesen geheimen Krieg eintritt, verliebt sie sich in einen Vampir, Empathie kommt ihr in die Quere und sie ist verwirrt, weil sie plötzlich Mitleid mit den Wesen hat, was sie vermutlich in ein emotionales Chaos stürzt und wegen ihrer Kraft für die ganze Welt eine Gefahr darstellt. So viel, ohne die Geschichte gelesen zu haben. Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich das schreibe, hoffe ich, dass ich falsch liege ...
Jedenfalls wäre es ganz nett, wenn du dich auf einen Punkt fokussieren könntest und nicht ganz so viel Handlung verbraten würdest. Red ein wenig über die Vergangenheit, dass die Hauptfigur mit der Welt der Vampire in Berührung kommt und sich dann in einem todgeschwiegenen Krieg wiederfindet, aber lass die ganzen Ausschmückung drumrum. Es geht in Klappentexten eher darum, ein Gefühl zu vermitteln, nicht eine nachvollziehbare Handlung zu liefern. Wie bei Filmtrailern. Im besten Fall kann man sich da auch keinen Reim auf den Plot machen - oder nur sehr grob - aber man hat trotzdem dieses "Wooow, das will ich sehen!"-Feeling. Das willst du im Klappentext erzeugen. Deshalb: Keine Inhaltsangabe, auch wenn manche das einem Klappentext gleichsetzen. Such dir das Motiv, das du beleuchten willst und verknüpf es mit der Ausgangslage, aber bitte ohne über Los zu gehen und den gesamten Hergang zu schildern. Der Anfang ist gut, die Welt, ein schöner Ausgangspunkt. Dann die Hinleitung zu deiner Figur und dann komm schnell zum Kernthema und teaser das an.
Hier mal ein Beispiel: "Die Menschen wissen nicht, dass unter ihnen Vampire im Verborgenen leben. Bis diese beiden Welten wieder einmal für nur kurze, brutale Sekunden aufeinandertreffen, hat auch Skye keine Ahnung davon. In ihrem anfänglichen Entsetzen und der unbändigen Wut beschreitet sie einen Weg, der sie mitten in einen verborgenen Krieg führt und ihr selbst eine Macht offenbart, die sie niemals für möglich gehalten hätte. Dass ausgerechnet sie diese Macht kontrollieren soll, überrascht nicht nur sie."
Kurz, knapp, mit genügend Lücken drin, die den Text interessant machen. Denn wenn man den kompletten Hergang bereits erahnt, ist das Buch, bis man über den Klappentext hinweg ist, langweilig. Und das will man ja nicht. So lernt man die Organisation erst später kennen, kann sie dann direkt mit dem Namen verknüpfen und auch der Liebesplot wird einem nicht sofort ins Gesicht gedrückt. Diese Emotionsaufzählungen klingen außerdem gerade bei jungen, weiblichen Charakteren meist nach Pubertät², tschuldige.
Wirkung: Macht er neugierig?
Ich kann nicht sagen, dass es keine Fragen gäbe, die mich nicht zum Lesen animiert hätten. Die Sache mit den Vampiren, die im Verborgenen leben, und auch die geheime Organisation, haben durchaus ihren Reiz. Aber es gab auch einige Faktoren, die das zerstört haben. Einmal, dass da so viele Infos enthalten waren, die es mir ermöglicht haben, einen gesamten Arc zusammenzubasteln, die Hindeutung, dass es letztlich doch (mal wieder) auf einen Love-Interest-Conflikt hinausläuft und dann der Name deiner Protagonistin.
Skye. Wirklich? Das ist in der Hitparade der klischeebelastetsten Namen bestimmt ne glatte Neun (von Zehn). Zusammen mit Sky und Skylar. Gleich nach Hope und Melody. Ein Teil von mir hat geweint und mit dem Buch innerlich abgeschlossen, der andere hat Stoßgebete gen Nexus gesandt, dass du bitte mit den Pappaufsteller-Klischees brichst und mit deiner Figur ein lebendiges, vielschichtiges Wesen schaffst, das sich den schlechten Beispielen entgegenstellen kann. So einen Namen zu wählen ist entweder mutig (wenn es gut gemacht ist) oder vorsichtig formuliert kein Zeugnis gesteigerter Kreativität. Eigentlich ist das ja ein Punkt, der zum Punkt Charakter gehört, aber es war neben der Infoflut das größte Hemmnis im Klappentext, dein Buch aufzuschlagen.
Der Rest ist, bis auf die angemerkten Punkte, okay.
Tags
Ausnahmsweise wird diese Kategorie mal extra kurz, denn, Obacht, wir haben keinen Tag zu kritisieren. Alle gewählten Tags sind schon allein durch den Klappentext als treffend und passend zu nennen und bekannte Schlagworte der entsprechenden Leserkreise. Also alles richtig gemacht! Lob dafür.
Vorschlagen könnte man dir noch Tags wie #rache, #verlust oder auch #schwert, aber deine Auswahl ist schon sehr gut.
Gute Tags: blut, fabelwesen, fantasy, kampf, liebe, magie, romanze, vampire
Storyaufbau
Einführung: (Fühlt man sich gut von dir abgeholt oder muss man sich eher in deine Geschichte hineinquälen?)
Dann wollen wir mal beginnen. Ich muss mich echt extrem konzentrieren, um nicht ausversehen im Plural zu schreiben, aber da hab ich ja genügend Zeit, mich einzustellen, denn vor der Geschichte kommt erstmal ein ziemlich langes Vorwort. Wie habe ich mich nach diesem kleinen Text, der mich in das Buch mitunter einführen soll, gefühlt? Jetzt mal knallhart aus der Sicht eines Rezensenten: Ich habe mich überflüssig und - entschuldige - verarscht gefühlt. Als Leser wäre es mir nicht anders ergangen.
Versetz dich mal in die Lage: Da kommt jemand und klickt ein Buch an, überfliegt den Klappentext und entscheidet sich dazu, auf den großen, orangenen "Lesen"-Button zu klicken und wird dann mit Versprechungen überhäuft, was dieses Buch NICHT ist. Nämlich absolut kein Klischee und es wird total gut und der Autor gibt sich Mühe. Hallo? Der Leser hat bereits reingeklickt, du musst ihn nicht mehr überzeugen oder beschwichtigen. Er ist schon da, wo du ihn haben wollstest. In deinem Buch! Hallo, herzlich Willkommen, viel Mühe, Kommentare erwünscht, viel Spaß. Vielleicht noch Hintergründe, wie du darauf kamst, den Roman zu schreiben, aber kein unterschwelliges "Bitte, bitte flüchte nicht sofort wieder T___T". Mehr Selbstbewusstsein! Leute, die freiwillig in deine Wohnung kommen, begrüßt du ja auch nicht mit "Ich freu mich, dass du gekommem bist und ich verspreche dir auch, kein psychopatischer Massenmörder zu sein, der seine Opfer bei lebendigen Leibe wie Frösche kocht." Die Reaktion ist übrigens genau dieselbe: Man befürchtet, dass alles, was einem dort ausgeredet wird, letztlich doch zutrifft und man kriegt erst recht Angst.
Der zweite Punkt ist ein Fehler in den ersten Sätzen, der normalerweise ein Ausschlusskriterium ist, aber da er so dermaßen verbreitet auf Wattpad ist, hab ich mich hier mal für die Aufklärung entschieden. Der gemeine, deutsche Kommentar, beheimatet vor allem in den westlichen und südlichen Regionen, seltener im stillen Norden, ist ein durchweg maskulines Wortwesen. Sprich: Es heißt verflixt noch eins DER KOMMENTAR! DER!!! Nicht DAS! Woher kommt diese Unart? Ich hab das hier schon so oft gelesen, dass ich selbst verunsichert war und im letzten Jahr bestimmt schon fünfmal auf duden.de nachgeschlagen habe, aber die Lage ist unverändert. Der Kommentar ist männlich, kein Neutrum. Daran ändert auch nichts, dass Männer UND Frauen Kommentare schreiben. Ginge es darum, müsste es die Kommentar heißen. Andererseits haben auch Männer zu allem eine Meinung. Egal. Grammatikalisch gesehen hat der Kommentar einen Schwanz. So! Ich hoffe, das ist einprägsam genug, dass sich das alle Leser auf ewig merken.
Dann wäre da noch die Sache mit dem großen Du und Dein. In Briefen war das früher einmal üblich. Heute nicht mehr. Nach den geltenden Rechtschreibregeln schreibt sich allein die förmliche Anrede (Sie, Ihnen, (majestätisch) Euch) groß, alles andere nicht. Daran ändert auch das englische I absolut nichts.
Wirklich skeptisch wurde ich erst beim vorletzten Absatz, in dem du betonst, dass du für Kritik aufgeschlossen bist. Gehen wir das mal Schritt für Schritt durch. Es ist eine Anmerkung die man durchaus machen kann, sofern man Kritik auch verträgt. Davon gehe ich bei dir mal aus, schließlich hast du eine Rezension von uns erfragt. Fehler aber mit dem Hobby-Autoren-Status im Vorhinein zu entschuldigen, hinterlässt bei mir immer einen fiesen Beigeschmack, aber gut, kann ich mit leben. Der nächste Satz (ohne die lästigen Klammerkommentare, die das Lesen nun einmal extrem erschweren) ist aber nicht nur inhaltlich schwer zu verdauen. "Außerdem würde mir eure Hilfe die Überarbeitung von Kapiteln erleichtern (...) und dank Deiner Hilfe kann sie sich bessern." Eh ... Eh ... Was? Mit Klammern sollte nur spielen, wer den Satz drumrum trotzdem noch im Griff hat. Erst sprichst du die Leser im Plural an (euer) dann direkt in der 2. Person (Du) und was zum Henker soll sich bessern? Sie sich bessern ist Singular (sie) 3. Person weiblich, was nur auf die Überarbeitung zutreffen kann, aber wie zum Henker soll die sich bessern? Abgesehen davon erleichtern einem Kommentare nicht die Überarbeitung von Fehlern, sondern sie nehmen einem die Arbeit fast komplett ab. Insgesamt klingt das so, als würdest du dich komplett auf die Mithilfe deiner Leser verlassen, nach dem Motto "Ich bin durch mit dem Kram, wenn ihr was Besseres haben wollt, müsst ihr schon selbst mithelfen". Vor dem Hintergrund fand ich den Hinweis, dass du beim Schreiben manchmal Musik hörst und weißt, dass du deshalb zu Fehlern neigst, und dass deshalb manchmal Sätze mit Liedtexten verquierlt sein könnten, unglaublich abschreckend. Das klingt, als würdest du im Anschluss nach dem Schreiben überhaupt nicht mehr drüberlesen, weshalb dir ein Satz wie "Er ging zum Schrank and we all feel the power" nicht auffallen würde. Das ist KEIN Beispiel aus dem Text, aber das Horrorszenario, das sich da bei diesen Zeilen in meinem Kopf geformt hat. Orthografisch traf das Szenario dann glücklicherweise nicht zu.
Im Ernst: "Ich bin dankbar für Kritik" und "Aber Fehler passieren und aus diesen und jenen Gründen auch schon einmal öfter, mach das eh nur zum Spaß, kann ich nix für, lolz" passen einfach nicht zusammen. Wenn, dann zeigt auch deutlich, dass ihr selbst euch Mühe gegeben habt und selbst Arbeit in den Text investiert habt. Klar, kann dann trotzdem noch ein Fehler durchgerutscht sein, aber neun Zeilen Rechtfertigung auf zwei Zeilen "Ich bin derbe kritikfähig" kann doch niemand ernst nehmen, was gerade als Rezensent ziemlich niederschlagend ist. An der Stelle musste ich mich also wirklich quälen, um doch noch reinzulesen, auch wenn ich mir gesagt habe, dass du das sicher nicht so gemeint und nur sehr, sehr unglücklich formuliert hast.
Du beginnst ohne einen Prolog. Das ist gut. Mindestens besser als ein Prolog, der keiner ist. In deinem Kapitel steigst du auch glücklicherweise nicht mit einer Aufwachsezene ein, sondern dein Ich-Erzähler (Präsens) trifft seine/ihre Freundin. Ich ging an der Stelle mal davon aus, dass Skye die Ich-Erzählerin ist. Der Name der Figur in Kombination mit der Erzählperspektive, die für Jungautoren ja sehr anziehend scheint, bestätigte meinen inneren Pessimisten zwar in seinen Befürchtungen, aber nach einem Satz lässt sich noch wenig sagen.
Du versuchst auch schon ein wenig was für die Vorstellung reinzubringen, indem Skye ihre Begrüßung, mit der das Kapitel beginnt, nicht irgendeiner Freundin zuruft, sondern ihrer "blonden Freundin Lola". Aus dem Tierschutz bin ich solche Sätze in folgender Konstelation gewohnt: "der unglaublich agile trico Border Collie Jack". Nimm es mir nicht böse, das Aussehen reinzubringen ist nicht leicht. Keine Spiegelszenen, keine ellenlangen Bandwurmsätze, in dem Haare, Augen, Kleidung und Co drin verkleistert sind, auch sonst keine Infodumps, aber es darf auch nicht zu wenig sein, weil man sich ja sonst kein Bild machen kann.
Hier ist vor allem eins etwas störend: Es ist der erste Satz der Geschichte und du verwurstest hier drei Informationen zu einem zweiten Charakter in nur drei Worten. Dass es Skyes Freundin ist, dass sie blonde Haare hat (warum auch immer das wichtig ist) und dass sie Lola heißt. Lass Skye ihren Gruß einem blonden Mädchen zurufen, das vielleicht mit dem Rücken zu ihr steht und das sie trotzdem als ihre Freundin Lola erkennt. Dann hat die Haarfarbe nämlich eine Funktion. Sie beschreibt eines der vielen Mädchen und dient mit als Erkennungsmerkmal, an dem Skye erkennt, wen sie grüßt oder trotz dem sie erkennt, wen sie grüßen will. In deiner Version klingt es überflüssig und langatmig und ist belangenlos.
Der angekündigte Redeschwall sind dann genau zwei Sätze, was den Eindruck hinterlässt, dass du dir Lola sehr gesprächtig vorstellt hattest, aber dir die Kreativität oder das Durchhaltevermögen fehlte, um das auch entsprechend darzustellen. Zwei kurze Sätze, das ist noch weit entfernt davon, jemanden zuzulabern. ICH labere dich hier zu, aber Lolas Äußerung passt in eine Twitter-Nachricht. Sei da konsequenter. Wenn du einen Redeschwall versprichst, muss auch einer kommen.
Es folgt das übliche gemeinsame beste-Freundinnen-Gelächter und der Gang in die Hölle der unfreiwilligen Jünger des Wissens: Die Schule. Nicht super originell, aber kann man machen, wenn man es gut umsetzt. Schauen wir mal, was bei dir passiert.
Lola und Skye treffen Justin, einen Jungen ihrer Clique, dessen Begrüßung nicht einmal mehr mit einem Dialog begleitet wird und dann den letzten im Bunde, Dominik, der zu ihnen stößt, woraufhin sich die beiden Jungen erstmal in den Schwitzkasten nehmen, raufen und dann alle vier glücklich in Richtung Unterricht entschwinden. Eigentlich gehört das jetzt gar nicht zum Punkt Einführung, sondern zur Charakteranalyse, aber da hier sonst nichts zum Punkt Einführung ist: Das Authentizitätslevel, das einem hier entgegenschlägt, die aufgesetzte, aufgedrehte Fröhlichkeit der handelnden Personen, ist eher so "Disney Channel" statt Full-HD-Reality. Der Junge, der total abgehetzt, schwitzend auf den letzten Drücker erscheint, die Rauferei ... es ist zu viel. Du magst hier Gutes gewollt haben, nämlich die gute Gemeinschaft zu skizzieren, aber gerade auf der männlichen Seite übertreibst du zu sehr.
Im Verlauf sitzen sie im Erdkunderaum, Skye schaut nach vorn und ein Blauäugiger dreht sich zu ihr um. Eine Beschreibung, für die ich schon lange niemanden mehr rund machen musste, aber hier aus einem ganz speziellen Fall: Ist nun Dominik oder Justin blauäugig oder ist es ein ganz anderer Typ? Keine Ahnung, wer gemeint ist. Synonyme, Beschreibungen anstelle von Namen kann und soll man durchaus verwenden, um Abwechslung reinzubringen, aber bitte ERST, wenn der Leser sich ein Bild machen konnte und die Chance hatte, die im Folgenden womöglich genutzten Eigenschaften (der stille Kerl, die hochgewachsene Frau, der Blauäugige mit den grünen Augen) mit der Person zu verbinden. Die Chance hatte ich hier bisher nicht und so bleibt durch diese gutgemeinte Abwechslung nur eins: Verwirrung.
Was mich im ersten Kapitel zudem außerdem erneut wimmern ließ: Schüler, die über Schule herziehen und meckern. Das musste ich dreizehn Jahre ertragen. Es ist scheißegal, welches Fach in der ersten Stunde ist, es ist immer falsch. Sport? Boah, ne, muss man ja duschen oder stinkt den ganzen Tag. Mathe? Oh, wer kann sich denn da schon konzentrieren? Religion: Zu einschläfernd. Ja, kaum ein Schüler geht gerne zur Schule, aber das ewige Herummeckern, mit Aussicht es angeblich so viel besser zu wissen und ja niemals auf diese Schnappidee kommen zu würden, hätte man die Entscheidungsgewalt, ist so ein Ding pubertärer Wesen, auf das ich gut verzichten kann. Jüngere Leser mögen sich damit identifizieren können ... Ich brauch dafür kein Buch aufschlagen.
Was haben wir nach der ersten Stunde Geographie? Einen Haufen Fetzen an irgendwelchen Nichtigkeiten, keine zusammenhängenden oder wichtigen Informationen, außer, die drei Freunde unserer Protagonistin und auch keine längere, zusammenhängende Szene. Mehr nicht. Wenn du nicht vorhast, den Unterricht zu beschreiben, dann beginn die Geschichte doch ganz einfach danach. Du zerrst mich hier vom Schulhof durch die Gänge, deren Aussehen im Verborgenen bleiben, stellst mir im Eilverfahren drei Leute vor, die nichts halbwegs Interessantes zur Sprache bringen, um mir dann einen Lehrer vorzustellen, von dem Skye mir zwar berichtet, er sei langweilig, aber wie sich das äußerst, außer im Austeilen von Arbeitsblättern, das fällt auch schon wieder unter den Tisch. "Zieht sich wie Kaugummi in die Länge" trifft also nicht nur auf den Geographie-Unterricht zu, sondern auch auf die erste Hälfte deiner Einleitung. Ja, Alltagsszenen können wichtig sein. Sie sind eine schöne, dankbare Kulisse, um ein paar Informationen oder Grundlagen zu vermitteln, gemeinsam mit einem Gespür für die Welt zwischen unseren beiden Buchdeckeln und um unsere Charaktere ohne große Ablenkung zu präsentieren. Trotzdem sollten Dialoge und Handlungen interessante Elemente beinhalten und wenn schon das nicht der Fall ist: Man kann auch die morgendliche Tasse Kaffee sprachlich ansprechend thematisieren oder sie thematisch mit fesselnden oder amüsierenden Gedankengängen kombinieren. Wie eine Schülerin zur Schule kommt und sich zwei Stunden bei Erdkunde langweilt, darauf wartet die Welt dagegen nicht. Ich zumindest nicht.
Zurück zu den Freunden, die sich inzwischen in der Pause befinden. Zwanzig Minuten dauert die, laut deiner Aussage, und das einzige, was dort passiert, ist, dass Skye ein bisschen die Umgebung genießt. Kein Wort über ihre Freunde, als hätten die sich in Luft aufgelöst. Das scheinen die klassischen Alibianhängsel zu sein, die man hervorholt, wenn man mal lustige und gesellige Momente haben will, aber die man danach wieder in eine Schublade für später packt. Nein. Syke kann ja gerne da im Gras liegen und die Wolken beobachten, aber eine Erwähnung, dass der Rest auch noch da ist und miteinander agiert, wäre nicht schlecht. Du verlierst ziemlich schnell den Überblick über dein Setting, habe ich das Gefühl, und hast nicht so ganz im Blick, wen du gerade alles händeln musst. Du fokussierst dich zu stark auf deine Protagonistin, was in der Ich-Perspektive schnell passiert, aber die Geschichte wie durch einen Tunnelblick für den Leser erscheinen lässt. Bei dem Tempo und den vielen Zusammenfassungen (Pause drei Sätze, Doppelstunde Erdkunde (ohne Vorgeplänkel) vier Sätze, Rauferei ein Satz), in die man als Leser wegen der mangelnden Tiefe nicht eintauchen kann, liest es sich eher wie ein Wurmloch, durch das man gewaltsam hindurchgerissen wird. Die nächsten Schulstunden (Mathe, Geschichte) werden sogar in einem Satz immerhin gnädigerweise erwähnt.
Wenn du merkst, dass da keine Stelle ist, die du wirklich näher beschreiben WILLST, ist das ein sicheres Indiz dafür, dass du dir die falsche Stelle zum Einstieg ausgesucht hast. Es plätschert dahin, nichts fängt einen wirklich ein, weder Charaktere, noch Plot, noch die Sprache. Da ist kein Dialog, der über 3 Sätze hinausgeht. Such dir etwas, was du wirklich erzählen willst und steig da ein. Weder eine Aufwachszene, noch ein Schultag sind Pflicht. Fang doch nach der Schule an, lass Skye mit Justin, Dominik und ... wie auch immer ihre andere Freundin heißt (Lola? Glaub ja ...) ins Kino gehen und darüber diskutieren, in welchen Film sie nun gehen. Zeig, wer der Actionfan ist und wer wen für ein bisschen weichgespühlt hält, überrasche den Leser, weil Dominik eigentlich am liebsten in ein Drama gehen würde und dafür sogar den Ballerstreifen in den Wind schießen würde und lass sie einfach einen tollen Tag erleben und nimm den Leser dorthin mit. NACH DER SCHULE, die deine Charaktere und du selbst scheinbar einfach ätzend finden.
Die Stullen der Mutter beispielsweise sind ein guter Anfang, denn sie zeigt einerseits, dass Skye eine Familie hat, die sich um sie kümmert und dass sie es entweder mit ihren zarten sechzehn Jahren genießt, noch so umsorgt zu werden und vielleicht lässt es sie auch ein wenig unselbstständig wirken, was für eine Sechszehnjährige noch vollkommen okay ist. Man glaubt in diesem Alter nur, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, mit der Realität hat das selten was zutun. Dann aber zeigst du nicht, wie viel Mühe sich die Erziehungsberechtigte sich gegeben hat, sondern bleibst bei der Behauptung hängen und viel detailierter beschreibst du dann, wie Skye Justin, der ihr einfach das Duplo klaut, mit Wasser bespritzt, er das zunächst (erschrocken? Man weiß es nicht) über sich ergehen lässt und dann sauer wird. Das ist wieder too much, denn so wie es da steht, kommt Justin als ziemlich respektloser Arsch rüber, der sich bei anderen alles erlaubt, aber nicht einstecken kann, davon einmal abgesehen, dass die Nummer mit dem Wasser hochgradig kindisch ist, was auch nicht so fern von der Realität wäre, aber in dem Maße hier übertrieben wirkt.
Es sind die ganz, ganz, ganz vielen Kleinigkeiten, die hier zusammenkommen, die mir das Lesen wirklich zu einer Qual gemacht haben. Einzelne Punkte daraus wären völlig in Ordnung gewesen, aber die Summe ruft in mir einen Lesefluchtinstinkt hervor und schmälert jedes Vertrauen, das ich bisher in dich hatte, denn das Cover war echt super und hochwertig, weshalb ich mich auf eine tolle, spannende Geschichte gefreut habe. Jetzt lese ich das und ... will einfach weg, weil ich von Klischees und Disney-Teenie-Highschooolgehabe überrannt werde, wobei doch Klischees kaum vorkommen sollten. Gut, Skye ist kein gemobbtes, misshandeltes Mädchen, das sich ritzt und kurz vom Selbstmord steht und dann von einem Tag auf den anderen von einem heißen Typen geheilt wird, ja, dieses Klischee hast du nicht drin, dafür gefühlt jedes andere aus dem High-School-Setting, vom heißen Schwarm mal abgesehen. Auch das würdest du eliminieren, wenn du dir darüber klarwerden würdest, was du überhaupt erzählen willst. Mal so einen Schultag zu schreiben ist eine nette Schreibübung, da es für Schüler einfacher ist, in einer bekannten Umgebung zu beginnen, gehört aber so ganz ohne Fokus nicht in das fertige Werk.
Dabei hättest du Möglichkeiten gehabt, sogar im Schulsetting. Ein guter Einstieg wäre der Physikunterricht gewesen. Vielleicht kurz bevor Dominik sich Sorgen wegen des Tests macht und Skye vielleicht noch ganz knapp über den restlichen Tag sinniert, sie in die Klasse kommen, vielleicht noch 2-3 Klassenkamerade erwähnt werden, wie sie sich besonders eilig in die letzte Reihe verkrümmeln oder du bringst hier eine gehörte Unterhaltung zwischen den Mädels ein, die Skye so ätzend findet, statt später wieder nur zusammenfasst darüber zu berichten. Danach ein paar Worte des Lehrers - nicht zusammengefasst, sondern in wörtlicher Rede - dann sollte der angekündigte Test auch kommen oder aber die Erleichterung thematisieren, wenn der Lehrer ihn doch irgendwie abgesagt oder auf den nächsten Tag verschoben hat und da kannst du wunderbar die Beobachtung von Skye unterbringen, ohne, dass 99% des Texts Füllstoff sind, der offenbar nicht einmal dich wirklich interessiert (sonst hättest du ihn detailierter beschrieben).
Im aktuellen Zustand ist die Einleitung leider eine mittelschweres, verwirrendes und unzusammenhängendes Katastrophenrinnsal. Tschuldige. Dass mich dann in der zweiten Hälfte eine Spiegelszene aus dem Nichts anspringt, hätte mich fast zum Weinen gebracht, aber letztlich habe ich mich bis zu der fetten, langen Autorenanmerkung des Teufels doch noch beherrschen können. Aber nur bis da.
Im Ernst, da sind tolle Ansätze drin, aus denen man ein tolles erstes Kapitel machen könnte, aber aktuell ist es das nicht. Das tut mir leid, ich kann hier höchstens die Idee mit dem Aufeinandertreffen auf die Vampire loben, die Umsetzung ist ... verschreckend und bestätigt mich in meinen schlimmsten Klappentext-Befürchtungen.
Der rote Faden (Ist die Geschichte stimmig und verfügt über einen logischen Aufbau und ist somit nachvollziehbar? Fühlt man sich als Leser von dir abgeholt oder kommt man schwer in die Geschicht rein?)
Wir haben sowas wie einen roten Faden. Er dümpelt am Anfang zwar etwas vor sich hin, aber das allein ist nichts, das ich jemandem vorwerfen dürfte. Ich brauch selbst immer Jahre, um endlich mal in einer Geschichte vom Fleck zu kommen und verschleiere das eigentliche Problem gerne anfangs in Subplots. Wir haben bei dir aber keinen echten Subplot, wie oben schon geschildert, was hinsichtlich der Spannung zum Problem werden kann. Du brauchst irgendwas, was den Leser interessiert, aber darauf habe ich bereits genug rumgeritten.
Die Idee der Vampire, die verborgen unter den Menschen leben, ist nicht schlecht. Nicht neu, aber eben auch nicht schlecht und wenn ich das richtig erkannt habe, hast du dir sogar eine eigene Stadt ausgedacht - Lane. Mit vier Stadtteilen. Einen für jede Himmelsrichtung. Also, das ... dass du das tust ist okay und du hast meinen Respekt dafür, dir so ein komplexes Element wie eine Stadt auszudenken. Aber Himmelsrichtungen? Stadtteile, die dann auch noch Nordis, Weslis heißen? Sagnot und Ordnay sind okay, aber auch hier: Dass der Anfangsbuchstabe zu einer Himmelsrichtung passt, ist sehr einfallslos, weil in vielen, vielen Büchern üblich. Mal im Vergleich zu einer echten Stadt: In der Stadt, in der ich derzeit wohne, gibt es über 100 Stadtteile - und sie zählt mal "gerade so" als Großstadt, keine riesige Metropole wie Hamburg oder Frankfurt. Mal abgesehen davon, dass meine Mitbürger einen Großteil der Stadtteile selbst nicht kennen und manche dieser Gebiete nur 3 Straßenzüge umfassen, ist das gegenüber deinen vier Vororten doch deutlich vielfältier. Es spricht doch nichts dagegen, Bereiche aufzuteilen. Dann sag gleich "Lane West" oder "Lane Nordviertel" und spar dir die Neuerfindung von Stadtteilen, denn die haben ihre Bezeichnung nach Personen, Gewässern, Burgen, alten Fürstentümern, Sehenswürdigkeiten, vergangenen Ereignissen, berühtem Einwohnern oder heißen wie die eigenständigen Städte oder Dörfer, die sie einmal waren. (Hier ein kleiner Gruß an Herne-Wanne-Eikel.) Da geht kreativitätstechnisch noch deutlich mehr.
Dazu noch ein Hinweis: Wenn du schon eine neue Stadt und quasi eine neue Welt generierst, dann mix sie nicht mit Einflüssen der Realität. Technologien zu übernehmen, ja, die Gesellschaftsnormen sind auch völlig unproblematisch, aber so konkrete Inhalte wie "Die Gummibärenbande" haut einem sehr nachhaltig aus dem fiktiven Setting raus.
An anderer Stelle gehst du wieder nicht genau genug auf die Umstände ein und verwirrst mich damit. Zum Beispiel, als du beiläufig erwähnst, wie Skye zu ihrem E-Bike gekommen ist. "Freundlicherweise hat Papa mein weißes E-Bike schon draußen hingestellt, welches er damals gegen etwas anderes eingetauscht hatte, denn mein Vater kennt echt viele Menschen." Die Frage, warum man viele Leute kennen muss, um ein Bike nach draußen zu stellen, spar ich mir an der Stelle mal. Aber: Kann man Bikes nicht kaufen? Sind die arm? Das wäre nicht schlimm, aber ob das nun die Erklärung ist, steht in den Sternen, aber nicht in deinem Buch. Gegen was hat er es getauscht? Oder gibt es überhaupt kein Geld mehr? Und warum man kann man nur tauschen, wenn man viele Menschen kennt? Die Phrase "Ich kenne viele Leute" wird in manchen Kreisen als Drohung gebraucht und erzeugt das Bild eines Mafia-Mitglieds, das den Händler gezwungen hat, ein Pferd ohne Kopf, von der letzten Bedrohungsaktion, gegen ein E-Bike zu tauschen, weil er ansonsten die vielen Leute holt, die er so kennt. Entweder du wirst da konkreter, oder du lässt es weg. Warum die Herkunft des Bikes an der Stelle überhaupt wichtig ist, erschließt sich mir nicht. Das ist nah an der Grenze zum Infodump.
Dann eine Äußerung von Skye, die ich so nicht nachvollziehen kann. "Wenn man sich fünf Jahre kennt, ist es klar, dass man das Formelle weglässt." Ganz abgesehen davon, dass meine Großmutter ihre Nachbarin, die sie seit vierzig Jahren kennt, noch immer beim Nachnamen nennt, kenne auch ich einige Menschen schon länger und habe auch im Alter von 16 Jahren schon Leute einige Jahre gekannt, mit denen ich dennoch sehr förmlich umgegangen bin. Mein Kampfsporttrainer gehörte dazu. Das ist von Verein zu Verein und von Trainer zu Trainer unterschiedlich, aber es gibt durchaus Personen oder Institutionen, die ein autoritär-respektvolles Verhalten pflegen. Es ist also überhaupt nicht "klar", dass man eine , respektbegründete, emotionale Distanz nach X Jahren einfach so ablegt.
Insgesamt hab ich beim Kampfsporttraining immer ein wenig schmerzgeplagt gezuckt. Scharfe Schwerter, die man mit Gummiüberzügen für das Training entschärft? Wie ich das hier gerade so schreibe, klingt das, als würd man sie temporär mit einer Art Präservativ temporär kastrieren, was wiederum eine ziemlich amüsante Vorstellung ist. Gehen wir mal von der Vorstellung aus, dass die Schwerter wirklich scharf geschliffen sind (was weder Degen oder Florette beim Fechten, noch Schaukampfschwerter sind): die scharfe Klinge würde den Überzug durchschneiden und dann wär nix mehr mit Schutz. Wer mit echten Schwertern übt, der hat dicke Polsterung und ein Kettenhemd zu tragen, fertig. Ansonsten ist es ein Wunder, dass noch niemand Arme oder Beine verloren hat, denn mit einem Zweihänder, der ordentlich wiegt, ist das sehr schnell passiert. Selbst im japanischen Schwertkampf (Kendo) werden ALLE Partnerkämpfe mit einem Shinai, einem Bambusstock, ausgetragen. Scharfe Waffen werden nur von äußerst erfahrenen Kämpfern und auch ausschließlich für Katas - Ablauffolgen - genutzt, die ohne Partnerkontakt ausgeführt werden. Ja, früher einmal haben die Samurai mit echten Schwertern geübt. Inzwischen weiß man aber, dass die Verluste den Erfolg nicht aufwiegen. Von dem Aufwärmtraining, das gerade mal ein paar Runden Laufen beinhaltete, will ich eigentlich erst gar nicht anfangen. Nur so viel: Dehnung? Kraftübungen? Beim Schwertkampf wirken unheimlich große Kräfte aus verschiedenster Richtung. Da sollte man schon warm sein, wenn man nicht ständig wegen Zerrungen ausfallen will.
Der nächste Punkt, an dem ich gestockt habe, war, als, nach der Begegnung mit den Vampiren am Fluss, erstmal ein TimeSkip folgte und Skye berichtet, dass Lola die letzten zwei Tage komplett geistig abwesend gewesen wäre. Kann man so erstmal hinnehmen. Stellt sich dann aber ziemlich drastisch dar. Wir erleben das Mädel vollkommen apatisch, schweigend, ohne, dass sie auf ihre Umwelt reagieren würde und da will mir jemand erzählen, die einzige, der das auffällt, ist Skye? Nicht die Lehrer, nicht ihre Mutter, nicht ihre anderen Freunde? Hallo? Entweder ist die Darstellung zu krass und Lola ist einfach nur ein bisschen in sich gekehrt oder aber das Umfeld des Mädchens ist maximal tiefenentspannt ... oder hirntot. Setzt euch einmal in einen Raum mit einer anderen Person, die fünf Minuten nur dasitzen und nicht auf euch reagieren soll, auch wenn ihr sie ansprecht. Glaubt mir, schon nach einer Minute kriegt ihr einen Rappel und dankt irgendeinem imaginärem Wesen, dass das nur ein Rollenspiel und nicht echt ist. Nicht erst nach zwei verdammten Tagen!
Bei der folgenden Formulierung ist mir nicht klar, ob es nur blöd beschrieben wurde oder Skye die Denkhilfe wirklich benötigt: "[...] schaue ich noch einmal kurz in meinen an der Wand hängenden Spiegel. Meine dunkelbraunen Haare habe ich zu einem Zopf gebunden." Meine Frage: Muss sie wirklich in den Spiegel gucken, um zu wissen, welche Frisur sie sich morgens gemacht hat? So kam's mir beim Lesen rüber. Auch sonst finde ich, ist das die überflüssigste Spiegelszene, die ich je gelesen habe.
Es gab aber auch Dinge, die ich lobend erwähnen muss. Eins wäre zum Beispiel, dass, als Skye zum ersten Mal mit den Vampiren direkt konfrontiert sind und es bedrohlich wird, sie nicht ihre Gegner nach Strich und Faden abzieht, sondern vor Schreck gelähmt ist. Auch, wenn sie Kampfsport betreibt, ist eine echte Bedrohungssituation etwas vollkommen anderes. Einem Partner in einem Randori zu Boden zu bringen, ist nicht zu vergleichen mit einem echten Kampf, in dem man es darauf anlegt, den Gegner, den man nicht kennt, nicht nur von seinen Angriffen abhalten will, man muss ihn auch letztlich fixieren oder, wenn das nicht möglich ist und man keine Schläge einstecken will, ihn verletzen. Außerdem trifft Skye diese Situation vollkommen unvorbereitet und sie muss unter Stress handeln, was ihr in dem Moment nicht gelingt. Der kleine Unterschied zwischen Kampfsport und Selbstverteidigungstraining. Das fand ich wirklich, wirklich gut.
Gar nicht gut dagegen fand ich das folgende Szenario: Lola ist irgendwann verschwunden. Gleichzeitig gibt es Nachrichten über einen gesuchten Massenmörder, der durch Lane marodiert. Lolas Mutter ruft Skye an, um zu fragen, ob ihre Tochter bei ihr ist, aber Skye hat keinen Plan, wo ihre Freundin abgeblieben ist. Bis dahin ok. Aber später, nachdem auch Dominik und Justin sich auf den Weg machen, fällt Skye die unglaublich tolle Idee ein, sie könnte ja mal Lola auf dem Handy anrufen. Dass sie selbst nicht drauf kommt: Geschenkt. Sie ist gerade ohnhin etwas neben der Spur, mit den Gedanken woanders und Stress frisst Hirn, alles gut. Warum aber zum Henker ruft die Mutter nicht zuerst ihre Tochter auf dem Handy an, bevor sie deren Freunde anruft?! Warum kommen auch Dominik und Justin nicht auf die Idee? Warum ist Skye, nach einer gefühlten Stunde selbstlosen Herumlaufens im Regen, die erste, die auf diese sehr, sehr naheliegende Idee kommt? Das riecht mal wieder sehr nach zu starker Fokussierung auf den eigenen Protagonisten. Behalte bitte im Hinterkopf, dass auch deine anderen Charaktere ein Hirn haben und in der Lage sein sollten, dieses zu benutzen. Macht dein Setting nicht nur lebendiger, sondern auch intelligenter.
Es sind also gar nicht so viele Logiklücken oder Stolpersteine, an denen ich mich aufgehangen habe. Es waren aber auch nur die ersten fünf Kapitel. Grund, warum ich nicht weiter gelesen habe, war vor allem der nächste Punkt und dein Setting.
Dramaturgie (Zeichnet sich eine Spannungskurve ab? Oder neigt man dazu den Inhalt deiner Geschichte einfach zu überfliegen?)
Das ist der Punkt, an dem du echt den größten Nachholbedarf hast. Derzeit liest es sich, als würdest du die Ereignisse einfach nur grob runterschreiben und dir Mühe geben, dass es möglichst professionell klingt. Hestehna hatte da einen guten Tipp, als der Ideenzauber-Award lief: Versuch niemals, professionell zu klingen. Dann versaut man es nur umso treffsicherer.
Das merkt man bei dir vor allem bei gewissen Formulierungen, die mehr nach DIY-Anleitungen klingen, und mit denen du dir die Authentizität raubst. Man möchte einen Text lesen und es soll natürlich klingen. Nicht nur die Handlung, sondern auch die Sprache, die in deinem Fall, durch den Ich-Erzähler, die Gedankengänge deiner Protagonistin skizzieren. Durch deinen Erzähler modelierst du die Gedankenwelt deiner Hauptfigur und hast damit einen sehr großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Lesers. "Wir begrüßen uns mit einer herzlichen Umarmung" ist da noch ziemlich harmlos, klingt trotzdem nicht so gefühlsecht. Es klingt mechanisch, wie ein technischer Ablauf. Begrüßung, Typus: Umarmung. Ausführung: Herzlich. Die Umarmung wird hier als Mittel zum Zweck, als Werkzeug dargestellt. Das Werkzeug, was für die Begrüßung genutzt wird. Warum nicht "Wir umarmten uns herzlich (zur Begrüßung)"? Immer noch nicht das Gelbe vom Ei, aber in meinen Augen die bessere Lösung.
Krasser sieht man das an Sätzen wie diesem: "Die Sonne scheint auf meine Haut und erzeugt ein warmes Gefühl auf ihr." Ehm ... hallo? Ich selbst bin bezüglich Emotionen und Wahrnehmung ein unglaublicher Theoretiker, aber das schlägt selbst mich. Das klingt, als würde ... nein, es klingt nicht nur so. Skye beschreibt eine physikalische Reaktion, Energieübertragung von Sonne auf Haut durch Licht. Das ist selten besonders mitreißend und hier nicht detailiert genug, um faszinierend zu sein. Beschreib doch bitte, was sie empfindet und zwar nicht so, dass man es in ein Experiment-Protokoll der achten Klasse beinahe unverändert unter den Punkt "Beobachtung" schreiben könnte. Letzteres kann man auch machen, dann aber mit dem passenden Charakter (zum Beispiel Spock) und dem entsprechend fachlichen Vokabular. Versuch es aber einfach mal so: "Ich spüre das Sonnenlicht auf meiner Haut und genieße die angenehme Wärme." Nicht nobelpreisverdächtig, aber menschlicher. Das ist mit einer dieser großen Punkte unter Show, don't tell. Beschreibe deine Umgebung durch die Empfindungen und Wahrnehmungen deines Charakters und nicht durch deine Autorenaugen.
Was mir noch aufgefallen und auf die Nerven gefallen ist: dass alles viel zu knapp abgehandelt wird. So vieles, das du in lieblosen Zusammenfassungen präsentierst. Es fehlt die Detailtiefe, in der man versinken kann und es fehlt die Zeit, die Situationen auf sich wirken zu lassen. Oben schon genannt.
Dafür aber wirst du an anderen Stellen viel zu ausführlich und drehst dich um Fakten, die seit dem ersten Satz klar sind: "Der Verein befindet sich in Lane Nordis, ich wohne aber in Lane Sagnot und brauche ungefähr eine halbe bis [Dreiviertelstunde] bis zu der Trainingshalle. Derek jedoch wohnt direkt in Nordis und benötigt nur eine [Viertelstunde]. Für mich ist das oft ziemlich lästig, aber was will man machen?"
Bis dahin ist es erträglich. Drei Sätze für diesen simplen Umstand, obwohl selbst das Zusammentreffen mit Justin weniger Worte bedurfte, aber erträglich. Es geht aber weiter: "Meistens fahre ich mit dem Fahrrad."
Auch das ist noch irgendwie eine Zusatzinformation. Unglaublich nichtig und man könnte sie oben problemlos mit unterbringen, aber man erfährt etwas Neues. Ab jetzt nicht mehr: "Unfair nur, dass Dereks Wohnung so nah liegt! Er hat bereits seinen Führerschein und bietet mir immer an mich abzuholen, aber ich wollte und will nicht, dass er extra den Umweg zu mir fährt. Ich klage zwar oft über den langen Weg [...]"
WAS DU NICHT SAGST!!! Man merkt ziemlich gut, dass Skye in all den Jahren, in denen sie Schwertkampf übt, nicht über diese unterschiedliche Distanz hinweggekommen ist. Mimimi in Reinkultur. Dinge zu zeigen, statt sie zu beschreiben, ist zwar einer der Punkte, den ich dir mit auf den Weg geben will, aber das ist eine höchst ungüngste Stelle dafür, denn hier tut Skye mit ihrer Jammerei vor allem eins: Nerven.
"Auch, wenn ich aus Sagnot manchmal eine Dreiviertelstunde bis nach Nordis zur Trainingshalle brauche, weigere ich mich Dereks Angebot anzunehmen, mich abzuholen. Bevor ich ihn einmal quer durch die Stadt und zurückjage, fahr ich lieber mit dem Fahrrad, auch wenn ich ihn um den kurzen Weg beneide, aber vor allem habe auch ich meinen Stolz." So, zwei Sätze, keine Wiederholungen und gut ist. Immernoch trotzig, aber wenigstens kürzer.
Auf anderen Sachen dagegen könntest du viel mehr rumreiten. Beispielsweise, als Skye am Dienstag auf Lola trifft und ihren Blick als tot beschreibt. Außerdem meint sie, dass sie keine Miene verzieht und nicht reagiert. Einmal spricht Skye sie wirklich an, man liest wörtliche Rede und Lolas Reaktion, die in der Tat sehr sparsam ausfällt, wird angedeutet. Arbeite da mehr mit! Schreibe auf, was Skye erwartet, wie Lola normalerweise reagieren würde und stell das dann dem IST-Zustand gegenüber, woraus sich dann Skyes weitere Gedanken, Befürchtungen und Ängste ableiten lassen. Gleichzeitig bekommt der Leser dadurch einen Eindruck, wie Skye Lola wahrnimmt und wie die beiden sich in der Vergangenheit in der Gegenwart des Gegenübers verhalten haben. So machst du die Veränderung viel deutlicher. Der Leser hat Lola erst einmal in Aktion gesehen. Das heißt, sie hat drei Sätze gesagt und das wars. Er kennt Lola nicht und trotzdem musst du es irgendwie schaffen, dass er die Veränderung selbst bemerkt und einschätzen kann. Klar, Skye kann die Einschätzung selbst vorgeben, nämlich, dass Lola voll anders als sonst ist, aber es wirkt besser, wenn man den Leser selbst auf sowas kommen lässt.
Der nächste Punkt ist der Gebrauch von Namen. Du versuchst, die ständige Nennung von Namen zu vermeiden und über die Nutzung von Personalpronomen (er/sie usw.) hinaus, greifst du auf Beschreibungen zurück. Bevorzugt Haarfarbe und Augenfarbe. "Der Grünäugige" oder "die Braunhaarige" ist bei dir also keine Seltenheit. Jetzt die schlechte Nachricht: Es sollten Seltenheiten sein. Erstens wird sich nach dem ersten Kapitel kaum ein Leser merken können, wer nun welche Augen- oder Haarfarbe hat, und zweitens klingt es beim Lesen unglaublich oberflächlich. Was sich zur Vermeidung von Namen, die man auch nicht exessiv betreiben muss, gut eignet, sind im Allgemeinen vor allem Stände. Militärränge, Berufe, Beziehungsbegriffe (ihr Freund, seine Mutter, ihre Tochter, sein Azubi). Das kannst du hier knicken, weil alle denselben "Stand" (Schüler) haben, aber das ist noch lange kein Grund, Haar- oder Augenfarben heranzuziehen. Nutz die Personalpronomen! Das ist schwierig, wenn mehrere Jungs und Mädels anwesend ist, weil es nicht eindeutig ist, aber wenn du in einem Absatz anfangs den Namen nennst und danach nurnoch Sie sagst, ist das okay. Sonst wären da noch eindeutige Charakteristika. "Der Junge" mag nicht eindeutig sein, aber wenn man Dominik und Justin hat, dann ist "Der vorlaute Junge" für eine eindeutige Identifikation brauchbar. Auch damit sollte man es allerdings NICHT übertreiben. Ein- oder zweimal im Kapitel, öfter nicht. Gerade am Anfang ist es nicht schlimm, die Namen öfter zu verwenden, da sich der Leser eh noch gewöhnen muss. Ihr tut ihm damit einen Gefallen, sofern nicht in jedem Satz ein Name fällt.
Zu den oben genannten Klischees (obligatorischer Schultag, Alle-Lehrer-und-Schule-ist-doof, heiße, geheimnisvolle Typen, die Auserwählte) darf natürlich das "Hoppla, da bin ich wohl in sie hineingelaufen, tut mir soooo unglaublich leid" nicht fehlen, bei dem man natürlich ganz rein zufällig irgendeiner für den Plot unglaublich wichtigen Person in die Arme läuft. Dass man Häuserecken noch nicht verboten hat, weil das Verletzungsrisiko viel zu groß ist, oder überall in den Innenstädten noch keine Spiegel angebracht sind, damit man um die Ecke gucken kann, ist, wenn man die Wattpad-Geschichten zugrunde legt, katastrophal.
Das, was mich aber dazu gebracht hat, das Buch nach fünf Kapiteln endgültig beiseite zu legen, nachdem ich der Geschichte die zehnte letzte Chance gegeben hatte, war, als du angefangen hast, Skizzen in dein Buch zu packen. Keine schönen Illustrationen, welche die Atmosphäre untermalen oder ein toller Hingucker sind, nein. Skizzen davon, welche Haltung dein Charakter gerade hat, als hättest du Angst, dass der Leser es sonst nicht begreift. Bilder akzeptiere ich nur einem Ausnahmefall: Eben genannte (selbst gemalte) Illustrationen, die reinen Dekozweck erfüllen. Dekozweck heißt: Die Geschichte muss sich auch ohne diese Abbildungen problemlos lesen lassen. Selbst, wenn diese Abbildung von dir selbst mit Paint generiert worden sein sollte, dient sie dem Verständnis und das sollte nicht sein. Du schreibst ein Buch und keinen Comic, was keine Herabwürdigung gezeichneter Geschichten sein soll. Ich bewundere Mangakas und Comiczeichner für ihr Talent, aber wenn, dann solltest du dich für eine Seite entscheiden.
Gemessen an deiner Kampfszene beim Schwertkampf solltest du dir, solltest du beim Schreiben bleiben, das Beschreiben von diesen Situationen noch einmal genau vorknöpfen. Vorweg: Es ist sau schwer und ich bin verdammt froh, dass ich so wenige Kampfszenen in meinen Geschichten habe, denn ich habe absolut keinen Spaß daran, sie auf Papier zu bringen. Wichtig bei guten Kampfszenen ist, dass sie nicht wie ein Schritt-für-Schritt-Report klingen, gleichzeitig aber genügend Details haben, um ein Bild zu erzeugen und den Verlauf zu skizzieren. Vergleichbar ist das mit Fußballkommentatoren, die ja auch nicht jedes Nasebohren oder Stolpern der Fußballer beschreiben und man im Radio dennoch folgen kann. Es geht darum, die wichtigsten Wendungen herauszugreifen und diese zu visualisieren, aber knapp genug, damit das Tempo nicht verloren geht. Zu viele Details: Es wirkt gestreckt und wie in Zeitlupe. Langweilig. Zu wenig Details: Es kommt unübersichltich rüber und der Leser hat keinen Plan, was gerade passiert. Vergleichbar mit der "Mein Fisch stinkt nicht!"-Keilerei bei Asterix und Obelix, wo alles in einer riesigen Staubwolke verschwindet und nur ein einsamer Fisch in Verleinix' Hand und einige Gliedmaßen aus der Menge ragen. Die richtige Dosis zu finden, ist eine Kunst für sich. Wer aber ein Buch schreiben will, das Kämpfe beinhaltet, der kommt nicht drumrum, es zu lernen. Durch Übung. Viel Übung. Und noch mehr Übung. Die Abkürzung "Bilder" gibt es nicht.
Hier hast du also einiges nachzuholen. Du musst wegkommen von "Ich, der Autor, will euch etwas erzählen" zu "Ich, Skye, erlebe ein unglaubliches Abenteuer".
Genrebezug? (Passt der Titel zum Inhalt? Oder brichst du ganz bewusst und gekonnt mit den Vorgaben, um etwas Neues zu wagen?)
Jugendbuch. Ja, es geht bei dir auch um Vampire, deshalb ist das Genre nicht falsch, aber beim linken Socken von Casper, dem kleinen Gespenst, gruppier es doch als Jugendbuch ein. Zumindest als zweites Genre in Form eines Tags. Bei Vampiren erwartet man entweder Hellsing oder Dracula, vielleicht noch was in Richtung Twiglight, aber nicht Pubertät und Herzschmerz und übersteigerte Selbstwahrnehmung. Man erwartet Spannung, Gruselfaktor und Gefahr und ... ich habe nur fünf Kapitel gelesen, kann aber anhand deines Schreibstils sagen, dass man da derzeit lange drauf warten kann. Da hat man als Teenie wohl vor allem Freude dran, weil man so viele Punkte zur Identifikation findet, aber nicht weil einem Vampire das Gruseln lehren.
Charaktere
Charakterset: Sind sie authentisch?
Am Punkt der Charaktere merkt man sehr, sehr deutlich, dass du ein Anime-Fan bist. Das wäre auch ersichtlich gewesen, wenn Skye nicht ab und an mal was von Animes erzählen würde und dein Avatar keinen Charakter aus diesem Genre darstellte, denn die Sprunghaftigkeit und das überzogene Verhalten deiner Figuren spricht Bände. Am krassesten aber hat man es daran erkannt, dass deine Charaktere ständig, wenn sie verärgert waren, die "Wangen aufgeblasen" haben. Gemeint ist dieses empörte Hamstergesicht, das manche Menschen haben, wenn ihnen etwas vor Wut die Sprache verschlägt. Um die Absurdität mal zu demonstrieren: Wer das für super putzig und authentisch hält, steht jetzt auf, geht ins Badezimmer, stellt sich vor den Spiegel, verschränkt wütend die Arme vor seiner Brust, bläst die Wangen auf und erzählt mir dann glaubhaft, dass das eine Geste ist, die er ohne jede Hemmung von nun an in seinen Alltag integrieren wird. Ich selbst komme mir dabei unglaublich bescheuert vor und ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der das gemacht hat. Mag daran liegen, dass Menschen, die Sprachlosigkeit empört zur Schau stellen, in diesen Breitengraden eher zu schmalen, verkniffenen Lippen und einem Todesblick neigen. Selbst in der Welt der Animes und Mangas find ich das nur bei einem Charakter nicht unglaublich lächerlich: Bei Hamtaro und seinen Freunden.
Dann dieses ständige Gruppen-Gelächter, das auch immer mit denselben Phrasen beschrieben wird. Ja, diese Momente gibt es wirklich. Man sagt etwas, danach herrscht einen kleinen Moment lang Stille, man sieht sich an, weiß, man versteht sich und plötzlich bricht es aus allen Beteiligten heraus. Aber nicht immer und ständig und nicht mit diesen repitativen Phrasen bitte. Hätte ich aber mit leben können. Was mir sehr schnell sehr krass auf die Nerven ging, war, dass immer alle lächeln, grinsen, lachen. IMMER und ständig. Selbst die fucking Sonne grinst irgendwo in den ersten Kapiteln, was die Stelle war, an der ich gedanklich vor Wut wie ein Flummi durch den Raum gehüpft bin, wie Gargamel auf Speed! Reduzier das. Diese omnipräsente Fröhlichkeit und vor allem die damit einhergehenden Wort- und Tätigkeitswiederholungen (ich hab ja nix gegen gute Laune) ziehen deinen Text runter und erzeugen Aggressionen. Zumindest bei mir. Es ist okay, wenn deine Figuren gut drauf sind, ja, aber Wiederholung bleibt Wiederholung und ist nicht schön. Einmal oder zweimal anmerken reicht. Der Leser vergisst das nicht nach fünf Sekunden.
Kommen wir dann aber mal zu den Personenkreisen, die du so darstellst. Viele kann ich gar nicht einschätzen, weil sie extrem blass bleiben. So zum Beispiel die Lehrer. Keinen Plan, wie die so drauf sind. Es wird zwar aus Skyes Sicht viel erzählt, aber da bleibt kein Name hängen und kein Charakter. Irgendjemand ist langweilig und vom Rest: Keine Ahnung.
Was die Schulklasse von Skye angeht: Da gibt's irgendwelche Mädels, mit denen sie anscheinend mal gut klar kam, aber inzwischen ist deren Hirn wohl von Sexualhormonen besiedelt und steuert deren Denken. (Ist bei Lola, ihrer besten Freundin, übrigens gar nicht der Fall, deren erster Kommentare zu völlig fremden Jungs ist: "Boah, voll die Hotties!") Gut, nennt man Pubertät, äußert sich bei jedem etwas anders. Nicht unrealistisch, aber zum Rest der Klasse hab ich nur eine undefinierte Nebelwolke, zu der ich gar nichts sagen kann. Nicht einmal irgendeine Tendenz. Scheint unwichtig zu sein.
Die Ausnahme bildet Skyes Freundeskreis, der aus drei Leuten und ihr besteht. Zu den Leuten kann man sich, wie im nächsten Punkt gezeigt, ein grobes Bild machen, und es sind auch nicht die klassischen besten Freunde, die fünf Sätze haben und dann nie wieder vorkommen, nein, es sind Red-Shirt-Friends, die immerhin vor ihrem heldenhaften Tod zweieinhalb Szenen haben, in denen auch sie vorkommen. Die innige Freundschaft kommt aber leider nur bruchstückhaft rüber. Man hat kaum Austausch zwischen ihnen. Das höchste der Gefühle ist eine Konversation über einen Physiktest. Sonst hat man keine gemeinsamen Aktivitäten. Ja, klar, sie gehen zusammen an einem Fluss entlang und treffen die Antagonisten in Spe, aber da sind die Freunde auch nur dabei, während Skye die Natur genießt. Wie auf dem Schulhof, wo Skye die Wärme der Sonnenstrahlen genießt und ihre vermutlich anwensenden Freunde nicht einmal erwähnt. Als Lola plötzlich stark wesensverändert ist, fällt das auch nur Skye auf und sie denkt nicht im Traum daran, mal mit Dominik und Justin darüber zu sprechen, nein. Immerhin die Jungs rufen, nachdem Lola verschwindet, bei Skye an und man kann sowas wie Gemeinschaftsgefühl erahnen, das ist aber auch alles. Wie beste Freunde sieht das nicht aus. Da geht mehr. Derzeit kannst du mir da viel erzählen.
Auch wenn man die Charaktere betrachtet, bietet es sich an, das anfängliche Schulthema herauszustreichen. Lass die vier etwas gemeinsam (außerhalb der Schule) unternehmen, wenn du ohnehin nur sie und im Schulsetting sonst nix anderes beschreiben willst. Wichtig dabei: Gemeinsam! Biete jedem Charakter die Möglichkeit, sich einzubringen und nicht bloß Skyes Anhängsel zu sein. Warum genau laufen sie an einem Fluss entlang? Nette Vorstellung, aber so vollkommen grundlos einfach mal in die Natur gehen und die frische Luft genießen? Bin ich die einzige, der das unglaubwürdig vorkommt? Warum hat Justin nicht seinen Hund mit und der Rest begleitet ihn, damit sie unterwegs quatschen können? Dann lass sie sich aber auch unterhalten und lass das Gespräch nicht in hintergründigen Zusammenfassungen versanden, während Skye die Aussicht genießt. Da fehlt schlichtweg Leben in der Beziehung der vier.
Zu den Vampiren kann ich wenig sagen. Sie sehen heiß aus, was auch immer das bedeutet, können sich in Luft auflösen und Menschen manipulieren. Ganz nette Fähigkeiten, mit denen man viele lustige Dinge tun könnte. Zu den rotglühenden Augen, wenn sie Blut getrunken haben, halt ich mich mal geschlossen. Immerhin glitzern sie nicht. Außerdem sind sie aus ominösen Gründen hinter Skye her und fangen plötzlich, nachdem sie Jahrhunderte versteckt gelebt haben und ihre Ruhe vor Vampirjägern hatten, an, durch Lane zu rennen, Menschen zu kidnappen, ihr Blut zu saufen und dann die Beweise in der Gegend rumliegen zu lassen. Wie haben diese unvorsichtigen und kurzsichtigen Wesen, die vor einer Horde halber Kinder mal eben ausplaudern, dass sie übrigens die gesuchten Massenmörder sind, es geschaft, sich überhaupt vor irgendjemandem zu verstecken? Mag ja sein, dass Aphrodite sie mit einem ansehlichen Äußeren gesegnet hat, aber mit Hirn war Athene reichlich sparsam. Umso mehr Glück (und Arroganz) scheinen sie zu haben.
Charakterdesign: Kann man sich ein gutes Bild von ihnen machen? (nicht nur äußerlich, sondern auch was ihre Eigenschaften betrifft)
Fangen wir mal ganz klassisch mit Skye an? Werd ich wohl dieses Mal. Denn der Name regt mich jedes Mal auf, wenn ich ihn lesen muss. In jeder noch so parodistisch gemeinten halbwegs ernstzunehmenden Anleitung zum Schreiben von Geschichten hier auf Wattpad, steht ganz klar drin: Bitte nimm weder "Hope", noch "Night", noch "Skye" als Namen für deinen Protagonisten. Davon gibt es bereits viel zu viele! Und immer sind es irgendwelche Auserwählten, die in völlig hanebüchenen Plots erst irgendwie die Welt retten und sich dabei noch in irgendeinen hotten Typen verknallen, Self-Inserts und/oder Mary Sues, die alle anderen nur zu unwichtigen Statisten degradieren und ... ganz so schlimm ist es bei dir nicht, aber viele Elemente finden sich in milder Form wieder. So betrachtet ist der Name für die jetzige Form der Geschichte vielleicht gar nicht schlecht, da er als Warnsymbol fungiert.
Wenn man den Namen einmal ausblendet, sieht man ein Mädchen, das sich zur Kampfkunst hingezogen fühlt, eine geringe Frustrationstoleranz hat (ist aufbrausend und wirft nach einem verlorenen Trainingskampf schon die Flinte ins Korn), Physik zwar mag, aber sich schwer mit dem Stoff tut, eine sie liebende Familie hat (Eltern nehmen ihre Bedürfnisse ernst und bestehen auf gemeinsame Aktivitäten wie Mahlzeiten) und die bis zu dem Zeitpunkt, als sie von zwei Vampiren bedroht wird, noch nie in einer echten Bedrohungssituation war. Oh, und sie hat natürlich nicht nur hotte Typen im Kopf, wie die anderen in ihrer Klasse. Was sie allerdings außer Schwertkampf und Vorwürfe gegen die Menschheit, die den Planeten zerstören, sonst noch so im Kopf hat, weiß man nicht. Sie trainiert zweimal die Woche, was sie sonst treibt, außer Fantasybücher zu lesen, zu zocken oder Animes zu schauen, weiß man nicht, aber immerhin hat sie sowas wie Hobbys und Interessen. Das ist gut. Du solltest sie nur etwas weniger aus Fenstern starren und sie stattdessen etwas tun lassen. Hausaufgaben, wirklich mal mit einem Buch aufs Bett verziehen oder lass sie die Glotze einschalten. Stundenlang an die Decke oder aus dem Fenster starren ist keine universelle Lösung, auch wenn man Lieblingsaktivitäten erwähnt. Du beschreibst einmal beispielsweise, wie sie mit Leuten zockt. Dann geh darauf doch etwas ein. Was ist in dem Spiel ihre Mission, was spricht sie mit ihren Partnern ab? Dass sie wegen einer kaputten Computermaus loszieht, ist auch eine gute Idee - aber kein Gamer würde sich so ein 3€ Teil bei DM holen. Er würde es nicht einmal im Traum in Erwägung ziehen. Eine Gamermaus muss gut in der Hand liegen, die Tasten müssen schnell reagieren und der Lichtsensor muss empfindlich sein - am besten kann man die Empfindlichkeit einstellen! Das Gewicht und die Form muss außerdem stimmen. Ein Highlight wäre, wenn man das Gewicht beispielsweise ändern kann. Wenn sie dann auch noch cool leuchtet, haben Gamer absolut keine Hemmungen 70€ oder mehr für so ein Teil hinzulegen, selbst wenn sie eigentlich nur 200€ zum Leben (also nach Abzug der Miete und anderer Fixkosten, verfügbar für Essen, Kleidung und Co) zur Verfügung haben. Gibt's halt öfter Nudeln mit Pesto. Nicht, dass ich das als Azubi jemals gemacht hätte ... (Die Maus hab ich heute noch!)
Jedenfalls ist Skye kein Totalausfall. Sie ist nur etwas zu wenig in ihr Umfeld eingebunden und durch die Darstellung leicht entstellt (der Charakter leidet, wie die gesamte Geschichte darunter, dass du dich nahezu nie lange mit einer Situation aufhälst), der Name ist in meinen Augen eine Katastrophe und auch wenn du anfänglich das Phänomen der Schockstarre gut getroffen hast, geht sie im Kampf mit den Vampiren doch ziemlich schlagfertig vor, was mich auch etwas verwundert hat. Ihre Lernkurve ist etwas zu steil. Sonst ist es okay.
Zu Skyes Familie übrigens: Ich fand es sehr erfrischend, dass ihre Familie mal keine kaputte Schlägermeute ist und ich finde es auch nicht schlimm, wenn junge Protagonisten sich gut mit ihren Eltern verstehen. Skyes Faulheit, die in einer Zurechtweisung der Mutter gipfelt, fand ich sehr authentisch, die Lobhudelei ("köstlich", "beste Köchin der Welt") dagegen schon etwas sehr übertrieben. Eine heile Familie, die sich gegenseitig respektiert: Wunderbar! Lobeshymnen, die an Vergötterung erinnern sind da wieder über's Ziel hinausgeschossen.
Machen wir weiter mit Lola, die nicht viel zu sagen hat. Da wäre die Begrüßung in der Schule, dann dass sie die Vampire total heiß findet und ... das war's. Sie wird dennoch noch einmal wichtig, als sich ihr Verhalten drastisch ändert. Problem dabei ist, dass wir ihr Verhalten vorher kaum beobachten konnten, weshalb der Wechsel gar nicht so extrem rüberkommt, das apatische Verhalten allein aber ziemlich gruselig ist. Lola verschwindet irgendwann, ihre Freunde suchen sie und ich weiß nicht, wie es endet. Meine Vermutung ist, sie wurde von Vampiren getötet. Ja. Das ist vermutlich der Verlust, weshalb Skye nach Rache sinnt. Was genau sie aber mit Lola verbunden hat, außer, dass sie auf dieselbe Schule gegangen sind, könnte ich jetzt nicht sagen, weshalb sie letztlich doch die Alibi-beste-Freundin der Protagonistin ist.
Noch weniger aber verstehe ich, weshalb Skye sich mit Justin abgibt. Der Typ ist arrogant, dreist und vorlaut und fast immer, wenn er etwas tut oder sagt, ist selbst Skye von ihm nicht begeistert, außer, wenn er seine Selbstüberschätzung zur Schau stellt und die Mädels damit zum Lachen bringt. Sonst? Keine Ahnung, was die verbindet. Wie bei Lola könnte ich ihm auch keine Hobbys oder Lieblingsfächer zuordnen. Die sind halt ... da. Und das war's dann auch.
In dem Bunde mit Abstand am liebsten ist mir Dominik. Sein erster großer Pluspunkt: Er ist meistens still. Er kommt sehr unsicher rüber, dafür aber anscheinend nicht auf den Kopf gefallen, denn obwohl er sich immer viel Stress macht, fällt ihm der Schulstoff leicht. Er kommt auch auf die gloreiche Idee, als er von Lolas Verschwinden erfährt, Skye anzurufen. Er ist so eine tragische Person, die man als Leser gern als Anführer hätte, weil der Grips vorhanden ist und sie Anzeichen von planvollem Vorgehen zeigt, die aber nicht selbstsicher genug ist, um es zu sein. Zu Hobbys könnte ich bei ihm auch nichts sagen, aber er ist der für mich mit abstand sympatischste Charakter in der gesamten Geschichte. Und, wie das mit Charakteren ist, die ich gut leiden kann, stirbt er noch bevor das fünfte Kapitel beendet ist. Yeah! Heroisch, um seinen Freunden mehr Zeit zu verschaffen und es dauert gerade mal ein paar Sätze. Btw: Todesszenen haben gefälligst liebevoll geschrieben zu werden. Da steckt man Herzblut rein! Immer! Las sich bei dir nicht so.
Bliebe noch Derek, der Sandkastenfreund, der in keiner Geschichte fehlen darf. Skye und er kennen sich über ihre Eltern und betreiben gemeinsam Schwertkampf. Irgendwann war er wohl mal ein Jahr lang nicht beim Training und seitdem ist er mega gut geworden, wenn auch etwas blass um die Nase, aber er ist ein hilfsbereiter Kerl, der für Skye sogar einen vierzigminütigen Umweg in Kauf nehmen würde, um sie zum Training zu fahren. Er ist außerdem zwei Jahre älter. Meine Vermutung, ohne weitergelesen zu haben: Derek ist seit seinem kurzzeitigen Verschwinden ein Vampir und kämpft auf der Seite der Guten gegen die blutrünstigen Monster oder wird von den Bösn gezwungen, mitzumorden. Weil er diese Informationen hat, kann er Skye auch warnen. Er ist gar nicht schlecht gezeichnet und ich finde, neben Dominik ist er dir am besten gelungen.
Stichwort Vampire: Ich ignorier die beiden Handlanger jetzt mal, die Skye in der Innenstadt anrempeln und gehe auf den großen Ultra-Bösewichtigen ein: Liam Dark. Zu erkennen, dass er einer der Protagonisten (der Antagonist) ist, ist das am Namen, der mindestens genauso generisch gewählt wurde wie Skye. Der Nachname Dark? Für einen bösen, dunklen Charakter? Das Level an Subtilität ist ja kaum mehr zu unterbieten! Und wie viele Bösewichte heißen Liam? 50%? 60%? Das wär so meine Schätzung. Und bitte gebt starken, mächtigen Vampiren, die in meiner Fantasie bis zu 1000 Jahre alt werden können und deren schlimmste Exemplare eine gewisse Erfahrung haben sollten, keinen Namen eines sechzähnjährigen Milchbubis, bitte. Danke! Was den Umgang angeht, den er über der Kleidung trägt, musste ich lachen und konnte den Typen seitdem nicht mehr ernstnehmen, auch wenn er Dominik gekillt hat. Wer "Die Unglaublichen" jemals geschaut hat, der sollte von Edna wissen: KEIN CAPE! Tipp an Skye: Kämpf mit ihm in einem Aufzugschacht oder lock ihn in die Nähe von Flugzeugen, dann verliert er garantiert. Im Ernst: Liam hat absolut nichts Böses. Einen absurd "epischen" Namen, ein paar arrogante und hinsichtlich Geheimnhaltung völlig dämliche Sprüche, er ist selbstverliebt und viel zu selbstsicher, für jemanden, der seine Identität geheimhalten soll und nimmt den Kampf auf die ganz leichte Schulter. Bösewichtige, die sich lange halten, spielen nicht mit ihren Opfern. Sie gehen auf Nummer sicher. Liam ist die Sorte, bei der die Polizei eine Chance hat. Die Dummen kriegen sie immer. Aber da bei punktförmigen Bisswunden in blutleeren Leichen auch niemand nicht zumindest an einen vampirbegeisterten Psychopathen denkt, braucht er sich ja keine Sorgen zu machen ...
Wie gesagt: Hirn macht Charaktere für Leser attraktiver. Egal wie hot sie sind. Leider stellt sich kaum einer deiner Charaktere wirklich clever an, nimmt man mal Derek und Dominik aus. Auch Bösewichte erscheinen so mächtiger und furchteinflößender, weil man sie ernstnehmen kann.
Wer nun welche Augen- oder Harfarbe hat, ist bei mir übrigens nicht hängengeblieben. Da waren einfach zu viele Farben und nichts, das irgendwie einprägsam gewesen wäre. Es ging leider ziemlich unter und weil es insgesamt wenig fesselnd geschrieben war, blieb auch wenig hängen.
Metaebene: Wie sind Dialoge und Emotionen beschrieben worden?
Schwieriger Punkt. Es ist ja nicht so, als hättest du keine Dialoge oder Emotionen drin, aber in beiden Fällen hast du Verbesserungspotenzial.
Beginnen wir mit den Dialogen. Du setzt immer mal wieder zu Unterhaltungen an, brichst diese dann aber sehr schnell wieder ab. Am besten ist dir noch der Dialog in der Cefeteria gelungen, in der Skye mit ihrer Mutter redet und das Telefonat, nachdem Lola verschwunden ist, ist auch noch in Ordnung, aber alles andere kommt selten über drei Gesprächsbeiträge hinaus und verläuft dann im Nichts, dreht sich schon vorher um vollkommen nichtige Banalitäten oder ist (wie auch der Duplo-Streit) zwanghaft komisch. Es fehlt hier ganz eindeutig die Natürlichkeit, auch wenn du versuchst, das ein bisschen über Umgangssprache reinzubringen. Natürlichkeit kommt aber nicht nur davon, wie die Leute etwas sagen und welche Sprache sie benutzen, sondern auch inhaltlich muss es sich nach einem natürlichen Verlauf anfühlen. Da hilft eigentlich nur eins, wenn man damit Probleme hat: Les Dialoge laut. Am besten vor dem Spiegel. Fang mit deinem Lieblingsbuch deiner Lieblingsautorin mal an und teste, wie sich das anfühlt. Das wird dir unangenehm sein, aber wenn man schlechte Dialoge laut sagt, ist das noch tausend Mal schlimmer. Wenn es nur so ein bisschen peinlich ist, wie beim Vorlesen von guten Dialogen, ist es okay. Damit du so ein Gefühl bekommst. Später geht das dann ganz von allein. Vor allem aber: Lass unwichtige Dialoge weg. Sowas wie "Hi." - "Hi. Wie geht's?" - "Gut und dir?" - "Auch, danke." Dialog Ende braucht kein Mensch. Höchstens als Kulisse in einer übergeordneten Szene, aber wenn eine komplette Szene nur aus sowas besteht, braucht man sie nicht. Trau dich, Gespräche mal weiterzuführen. Das ist, wie Kampfszenen, eine Kunst für sich, aber bietet unglaublich tolle Möglichkeiten, Charakterzüge deiner Figuren zu zeigen oder Humor reinzubringen, ohne, dass der aufgesetzt wirkt. Sich hiermit zu beschäftigen lohnt sich!
Emotionen sprichst du zwar an, aber die Präsentation ist noch nicht optimal. Meist versaust du es dir mit den hölzernen Formulierungen, die abgehakt und distanziert klingen, so dass man sich nicht einfühlen kann, sondern den nüchternen Tatsachenbericht so zur Kenntnis nimmt. Hier könntest du mit Show, don't tell deutlich besser punkten. Anders gesagt: Wenn du die Defizite aus Dramaturgie und Ausdruck aufarbeitest, ergibt sich dieser Punkt hier höchstwahrscheinlich von selbst.
Schreibstil
Ausdruck: Gibt es viele Wortwiederholungen? Verfügst du über ein eher geringes oder über ein weitgefechertes Vokabular? Wie sieht es mit Bildern, Vergleichen oder Metaphern aus? Oder greifst du immer wieder dieselben hohlen Phrasen auf?
Kommen wir zum fast letzten Punkt, den ich hier beleuchte. Eigentlich hast du einen Wortschatz, der dir einige Freiheiten erlauben würde. Auf der anderen Seite hast du aber diverse Eigenheiten, die dir da einen Strich durch die Rechnung machen und die ich nicht gewillt bin, als persönlichen Schreibstil anzuerkennen.
Der häufigste Grund, dass diese Eigenheiten gestört haben, war (ist eigentlich wie immer), dass du dich zu sehr darin verbissen hast. Fast alles kann man als Stilmittel einsetzen, aber wenn man das dauernd tut, dann wird es störend. Das klassischste Beispiel für so ein Phänomen ist die Wortwiederholung. Dazu neigst du immer mal wieder. Das reicht von Satzfolgen wie "Menno, ich hatte mich so auf [das] Duplo gefreut. Ich reiße ihm den mickigen Rest meines Duplos aus der Hand [...]", die man gerade noch so hinnehmen kann, obwohl die Wiederholung hier durch die Streichung des zweiten Duplos problemlos zu umgehen wäre, bis zu Kloppern wie "Mein Blick schweift über die Bäume, die Straße, über rote Augen. Es ist so dunkel - warte, rote Augen?! Als ich meine Augen allerdings wieder auf die Stelle richte, sind die roten Augen verschwunden."
Dein Ernst? Hast du mal gezählt, wie oft du in den paar Sätzen Augen geschrieben hast? Weißt du, wie doof ich bei diesem Absatz geguckt habe? Ziemlich! Das ist etwas, worauf du achten solltest. Auch wieder etwas, das gar nicht so einfach ist. Entweder, man achtet bereits beim Schreiben drauf, was aber heißt, dass man weniger Ressourcen für den eigentlichen Plot und andere Formulierungen hat, oder man überarbeitet den Text anschließend dahingehend. Es gibt Tools, mit denen man Worthäufungen aufdecken kann, das ist aber meist recht mühseelig und hilft einem nicht bei konzentriert auftretenden Häufungen. Bei der Überarbeitung hilft da konzentriertes Lesen, noch besser vorlesen. Oder ein Betaleser, der mit frischen Blick mal draufguckt. Mehr Möglichkeiten hat man leider nicht. Mit der Zeit bekommt man aber, wenn man drauf achtet, ein besseres Gespür dafür und vermeidet das zu großen Teilen völlig automatisch.
Nicht nur die Wiederholung von Worten ist bei dir immer wieder anzutreffen, du hast auch Lieblingsphrasen. Vor allem eine hat es dir schwer angetan. Zu finden hier: "Mit einem breiten Lächeln stelle ich fest, dass Mama Kürbiscremesuppe gekocht hat. Ich liebe die! Freudig fülle ich meinen Teller bis zum Rand mit dem leckeren Essen. Mit einem wohligen [...] was ich mit einem "Autsch!" kommentiere."
Ja, autsch. Diese Formulierung hatte ich oben bereits erwähnt, da sie fast alles sehr mechanisch und grobschlächtig klingen lässt. Vor allem, wenn man es in dieser Frequenz wie du benutzt. Ab und an, um in den Satzgebilden zu variieren, spricht nichts dagegen, an den dafür geeigneten Stellen darauf zurückzugreifen, aber bitte nicht so oft wie du.
Dasselbe gilt übrigens für Partizipalsätze, die du verdammt gern zu haben scheinst. Die sind wie Kardamon. Absolut kein Problem, wenn man ein bisschen davon nutzt, um etwas Abwechslung reinzubringen, aber in der Menge schmeckts einfach scheiße. Zwei Beispiele sind mir da im Gedächtnis gebleiben.
Zum Einen wäre da dieses Ding hier zu erwähnen: "Ich stoße mich mit der Hand vom Schreibtisch ab, rolle samt Stuhl zu meiner Tasche und fische mein Handy aus jener. Mich wieder vor meinem Laptop befindend[,] lese ich die Nachricht, die ich von Derek erhalten habe."
Den Satz davor hab ich absichtlich dringelassen, denn auch inhaltlich ist das hier sehr wirr. Skye rollt vom Schreibtisch weg und als der nächste Satz beginnt, ist sie schon wieder an ihrem Laptop, der auf dem Schreibtisch steht. Warum schreibst du statt des Partizipalsatzes nicht einfach "Als ich wieder an meinem Laptop bin", was impliziert, dass die Handlung erst weitergeht, wenn sie am Schreibtisch ist. Dein Konstrukt klingt, als hätte sie sich plötzlich dahingebeamt, wenn der Leser sich die Mühe macht, für das Phänomen eine Erklärung zu finden.
Das zweite Beispiel fand ich aber noch gravierender, wenn auch nicht wegen des Inhalts: "Zum Fluss eilend, schaue ich stets nach allen Seiten, Ausschau nach meiner besten Freundin haltend." Zwei von drei Teilsätzen baust du mit einem Partizip? Bist du noch zu retten? Der Partizip ist in der deutschen Sprache selten! Und so solltest auch du das halten. Man hört und liest ihn seltener als andere Satzweisen, man ist ihn nicht so oft gewohnt, weshalb es ungewohnt und störend zu lesen ist, wenn einem das in dieser Masse entgegengeschleudert wird.
Was dir auch gerne passiert, ist, dass du Sätze inhaltlich doppelst. Grammatikalisch und von der Wortwahl unterscheiden sie sich deutlich, aber inhaltlich sind sie gleich.
Zum Beispiel hier: "[...] muss ich ständig an heute Nachmittag denken, denn das Szenario will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen."
Das Schlimmste hierbei ist, dass du hier den einen Teilsatz den anderen begründen lässt. Das ist, als würdest du sagen: "Ich fuhr schneller, denn ich erhöhte das Tempo." Überflüssig. Dass sie ständig an etwas denkt, heißt doch, dass es ihr nicht aus dem Kopf geht. Anders ist es, wenn du erklärst WARUM sie ständig daran denkt. Weil die Situation so abstrus war? Weil eine bestimmte Sache so merkwürdig war? Weil sie sich nicht vorstellen kann, dass nur sie das gesehen hat? Weil sie befürchtet, sich das nur eingebildet zu haben und den Verstand zu verlieren? Das sind Begründungen.
Manchmal passiert dir dann aber auch sowas: "Verwirrt blinzle ich mit den Augen." Mit Verlaub: Womit, als mit den Augen, sollte sie sonst blinzeln? Mit der Rosette funktioniert das nicht. Versuch sowas zu vermeiden.
An einem anderen Punkt wäre etwas mehr Gleichheit dagegen sehr, sehr förderlich, nämlich, wenn du dich auf einen Sprachstil mit deiner Protagonistin einigen könntest. Dieser Mix aus Umgangssprache ("klatsche mit kräftig auf die Wangen") mit gehobener Bildunssprache (somit, welche(r/s), somit, diese(r/s), somit, jene(r/s)) ist höchst unattraktiv. Liest sich wie eine Patchworkdecke: Am besten ist es, wenn man das Licht/Handy ausmacht.
Die Relativpronomen welche(r/s) und jene(r/s) bitte nur mit äußerster Sorgfalt verwenden. Letztere in Verbindung mit Jugendsprache bitte gar nicht, es sei denn, der Erzähler bleibt konsequent bei gehobener Sprache und die Jugendsprache verbleibt in der wörtlichen Rede einzelner Figuren.
Das Wort Somit gehört in dieselben Gefilde, weil ein Satz wie der folgende einfach nicht schön klingt: "Wie eine Gestörte renne ich zum Lichtschalter, um diesen zu betätigen und mein Zimmer somit mit hellem Licht zu fluten."
Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du schreibst "Wie eine Gestörte renne ich zum Lichtschalter, drücke panisch auf ihm herum, bis abartig helles Licht mein Zimmer flutet und mir in den Augen brennt. Fuck!".
Oder du wählst die Bildungssprache, dann kommt sowas bei rum: "Panisch springe ich auf und betätige den Lichtschalter, woraufhin das Deckenlicht mein Zimmer durchflutet."
Geht natürlich auch komplett abgehoben: "Meine übereilte Reaktion gipfelte darin, dass ich den Entschluss, das Licht einzuschalten, umsetzte und mein Zimmer daraufhin folgerichtig von gleißendem Licht heimgesucht wurde." Man kann so Romane schreiben, ja. Hab ich schonmal gemacht. Aber dann sollte man die Sprache auch auf dem Level beherrschen, sonst geht das gründlich in die Hose.
Übrigens: Wie ich es drehe und wende, ich kriege das Somit nicht unter, ohne, dass es lächerlich klingt. Das ist echt so ein Wort, mit dem man auf keinen Fall um sich werfen sollte, um klüger zu klingen. Und helles Licht ist auch so eine Dopplung. Wie dunkler Schatten.
Wozu du auch neigst sind Platzhalter. Vor allem Leicht und ein wenig haben es dir angetan. Daraus resultiert dann sowas: "fühle ich mich leicht beobachtet und auch der Braunhaarige schaut leicht umher." Gleich zweimal leicht. Dabei ist es doch so, dass man sich entweder beobachtet fühlt oder nicht. Da gibt es sehr wenige Abstufungen. Vor allem aber: Entweder man guckt sich um, oder man gut sich nicht um. Auch in der Sprache ist es wichtig, klare Entscheidungen treffen zu können.
Das Beste aber war der folgende Satz: "Als an einer Kurzve plötzlich zwei Typen wie aus dem Nichts auftauchen, lenke ich das Fahrrad leicht nach links" Da tauchen, im Dunkeln, vor dem Fahrrad zwei Typen auf, die Skye drauf und dran ist, mit dem Fahrrad umzunieten und was macht sie? Skye, dein Hirn wird von Adrenalin geflutet, dein Sympatikus läuft gerade Amok, was ungefährt so klingt: "Oh mein Gott, wo kommen die Typen her, ich werde sie töten! Ich kann nicht mehr ausweichen! Oh nein! Hilfe! Zeter und Mordio! MAMAAAA!" Alles zur selben Zeit. Du kannst froh sein, wenn du nicht den Lenker verreißt und im Gebüsch landest oder voll in die Eisen gehst und einen Adler über den Lenker machst! Du wirst nicht "leicht nach links lenken", weil diese Feinmotorik dir in diesem Moment kaum möglich sein wird. Du wirst intuitiv zum stressgetriebenen Grobmotoriker, dessen einziges Ziel es ist, irgendwie lebend aus der Sache rauszukommen, so dass es dir nur mit großer Anstrengung möglich sein wird, einen halbwegs klaren Kopf zu bewahren, dich zu beherrschen, die Spur halbwegs beizubehalten und sattelinsassenverträglich abzubremsen. Das ist alles, aber nicht leicht! Gut, dass durch dieses Verhalten, wenn wir uns erschrecken, unglaublich dumme Dinge passieren, die einem eben jenes Leben kosten können, ist nicht sonderlich clever, aber mit diesem Mechanismus haben wir es immerhin irgendwie bis in dieses Jahrtausend geschaft. Hier versaut dir dieses dreckige Wörtchen Leicht, das man besser nur hinsichtlich der Beschreibung von Gewichten nutzt, dir jede Spannung. Denn was bitte ist daran spannend, wenn das Ausweichen so leicht/einfach ist?
Zu den Formulierungen, die dir manchmal etwas zu holzig geraten, hatte ich ja schon was gesagt, aber ich hab noch drei davon auf dem Zettel, die vor allem verwirrend sind.
"Meine Arme kramen in meinem Hirn herum, als sei dieses eine Schublade." Würdigen wir kurz das Komma, dafür, dass es da ist und am richtigen Platz sitzt. Gut. Und jetzt gucken wir uns den Inhalt an. Kramen tut man zunächst einmal mit den Händen, sofern man welche hat. Hat man keine mehr, darf man natürlich die Arme zuhilfe nehmen, aber Skye hat Hände. Es gibt aber ein paar Dinge, in denen sie damit nicht herumwühlen sollte. Ihr Hirn ist eines dieser Dinge. Das ist ein so skurriles Bild, das mir dafür die Worte fehlen. Wie kommt man auf sowas? Es ... Ich weiß nicht. Denkt sie mit ihren Armen? Kann sie sich nur konzentrieren, wenn sie mit den Armen in der Luft herumfuchtelt? Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst.
"Stolz erklimmt mich." Hier weiß ich immerhin, was du meinst. Aber es heißt trotzdem "Stolz erfüllt mich". Der klettert nicht von außen an uns hoch, er erfüllt uns von innen heraus.
"[...] begrüße ich unseren Trainer, dessen blaue Augen gleich die meinen suchen." Das ist ein toller Abschluss, denn ich hasse beinahe nichts so sehr, wie irgendwelche hoch-pseudophilosophischen Beschreibungen mit Augen. Das klingt doch nicht schön! Das klingt kitschig, so sehr, dass es vor Liebessäften trieft! Und das passt hier nichtmal, weil ihr Trainer gar nicht auf sie steht und andersrum ist es nicht anders ... glaub ich. Mal an einem anderen Beispiel: Wenn es mal dazu kommen sollte, dass zwei meiner Charaktere heiraten, dann darf man das Betreten in den Satanstempel durchaus als "schreiten" umschreiben und "ich spüre jeden einzelnen Blick der Gesellschaft auf mir, selbst auf den äußersten Plätzen haben sie sich mir zugewandt, doch meine gesamte Aufmerksamkeit gilt ...". Ja, kann man machen. Wenn derselbe Charakter aber eine Pommesbude betritt, wirkt diese Beschreibung extrem fehl am Platz! So wie hier. Und dann auch noch so kitschig. Meh. Bitte sei echt sparsam mit sowas und heb es dir für die Momente auf, die dir besonders wichtig sind. Dass sie reinkommen und der Trainer bemerkt sie, ist eher Wichtigkeitslevel Pommesbude, nicht satanisches Hochzeitsritual. Also bleib doch bitte bei banalen, normalen Dingen auch bei halbwegs normaler Sprache und überschlag dich nicht in gezwungener Rafinesse.
Nach Dramaturgie ist Ausdruck das große Thema von dir, an dem du arbeiten solltest. Das Potenzial, den Wortschatz und die grammatikalische Sicherheit, hast du, du musst nur deine Wahrnehmung in der Hinsicht trainieren und viel üben, dann kann da echt was Gutes bei rumkommen. Derzeit allerdings gibt es noch einige Baustellen, die viel Gutes verdecken.
Äußere Form: Verwendest du Satzzeichen? Verwendest du sie richtig? Wie steht es um deine Rechtschreibung? Wie ist es mit der Grammatik? Nutzt du lange Bandwurmsätze, ungeachtet der entsprechenden Situation, oder weißt du damit zu spielen?
Ich mach es kurz: Die äußere Form ist gar nicht mal so schlecht. Keinesfalls so schlimm, wie ich es anhand deiner Warnung im Vorwort vermutet hätte. Grennt/Zusammenschreibung solltest du dir noch einmal zu Gemüte führen, die Kommasetzung bei Partizipalsätzen oder Infinitivsätzen sitzt teilweise auch noch nicht so ganz hunderprozentig und selten haut es dir auch die Groß/Kleinschreibung durcheinander, aber das hält sich im Rahmen und ich bin schon wieder viel zu weit überm Limit, dass ich da nicht näher drauf eingehen werden.
Insgesamt ist das schon ganz ordentlich, was du da orthografisch ablieferst. Die Rechtschreibung ist noch dein kleinstes Problem. Wie oben bereits gesagt, hast du da eine gute Basis und entsprechende Sicherheit. Wenn du weiter übst und auch deine Rechtschreibung weiter im Auge behältst, werden sich die restlichen Unsicherheiten auch irgendwann legen. Aber hier brauchst du dir wirklich wenig Sorgen zu machen.
Der Gesamteindruck
Wegen des Covers hatte ich mich schon lange auf die Geschichte gefreut und vermutlich ist meine Enttäuschung deshalb so groß. Der Titel ist okay, das kann man so machen, am Klappentext kann man sicher noch was drehen, aber vor allem solltest du die Geschichte wirklich in Ruhe und gründlich überarbeiten. Zum Plot, der Spannungskurve und der Charakterentwicklung kann ich dir natürlich nicht viel sagen, aber in Gedenken an die ersten Kapitel solltest du wirklich dringend an deinem Ausdruck und der Präsentation deiner Geschichte arbeiten. Versuch nicht nur Seiten zu füllen, sondern nimm dir Zeit für die Meilensteine deiner Handlung, die du erzählen willst. Gib den einzelnen Szenen und deinen Figuren Raum, zu handeln und sich zu entwickeln und streich raus, was du selbst als zu unwichtig empfindest, um näher darauf einzugehen. Die Idee ist nicht schlecht, aber die Umsetzung zum jetzigen Zeitpunkt leider noch sehr suboptimal und ich kann dir sagen, dass die Überarbeitung, falls du es versuchen willst, dich einiges an Nerven kosten wird, aber sieh es als Übung für dein nächtstes Buch, in dem die einzelnen Skills dann sitzen.
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