Kannst du sie erkennen? von lusakel

Titel

Kannst du sie erkennen?

Autor

lusakel

Genre

Kurzgeschichte

* * *

Bevor wir uns daran machen, dir etwas über unsere Eindrücke, zu deiner Geschichte zu schreiben, möchten wir ankündigen, dass bei solch einer Form der Kurzgeschichte, eine gewöhnliche und sehr ausführliche Kritik, wie wir sie sonst schreiben, entfällt, da viele Punkte kaum zu bewerten sind.

Des Weiteren möchten wir klarstellen, dass keiner von uns ein begnadeter Poet ist. Wir sind Autoren, die sich mit Romanen oder Fan-Fictions befassen und selbst Sue, die hin und wieder gerne mal selbst ein Gedicht schreibt, tut das gern einfach so, ohne sich Gedanken zu machen, ob das, was sie da schreibt nun irgendwelche poetischen Stilmittel enthält oder nicht. Kurz um: Das wird das letzte Mal sein, dass wir uns mit Poesie auseinandersetzen. In Zukunft werden wir solche Werke ablehnen. Das liegt daran, dass wir hier ein weiteres Mal gemerkt haben, dass wir Poesie höchstens kommentieren, aber nicht fachgerecht bewerten können, was mit auch daran liegt, dass poetische Werke so weit gefasst sind, dass es keine deutlichen Eckpunkte gibt, die man bewerten könnte, sondern höchstens deuten - in 1000 Facetten.

Nun, aber zu deiner Kurzgeschichte.

* * *

Cover

Wirkung: Ist es ansprechend?

Nein, das ist es ganz und gar nicht. Es ist wieder mal ein Gesicht. Was wir von Covern mit Darstellungen bekannter und / oder unbekannter Visagen halten, haben wir schon des Öfteren erörtert. Aber gerne nochmal: Sie langweilen uns und wir sind von der Flut, der uns von Covern entgegen starrender Gesichter inzwischen wirklick genervt.

Hinzu kommt in diesem Fall, dass die Dame auf dem Bild auch noch so rüber kommt, als würde sie das Kosmetiktübchen, das sie in der Hand hält, bewerben. Das kommt wirklich nicht gut rüber und fängt auch leider nichts von dem ein, was du in deiner Geschichte meitteilen möchtest.

Von der Verarbeitung her ist es aber nicht schlecht gemacht, das muss man auch erwähnen. Schlicht, aber gut. Auffällig ist es, weil es bunt ist, die Qualität ist völlig in Ordnung, du hast einen Fokus drin, weil das Mädel das einzige Element (neben der Schrift) auf dem Titelbild ist und du hast wirklich sehr gut darauf geachtet, dass überall alle Details erkennbar sind. Handwerkliche Fehler lassen sich dir nicht unterstellen und von diesem Standpunkt aus gesehen ist es doch schön anzusehen, sticht aber eben trotz seiner Buntheit nicht hervor.

Kontext: Passt es zum Titel und zur Geschichte?

Nur, wenn man davon ausgeht, das "Sie" das Mädchen auf dem Cover sein soll. Und selbst dann ... gäbe es vermutlich passendere Motive bzw. eine stimmigere Aufmachung, die Cover und Thema besser zusammenbringt, als das bisherige Titelbild.  Wir sagen es mal so: Wir kennen oder (er)kennen die Dame auf dem Titelbild nicht. Und wir gehen einfach mal davon aus, dass es mindestend 50% der Wattpaduser genauso geht. Stellt sich uns also die Frage: Wer ist sie? (Spoiler: Wir werden es nie erfahren.) In dem Zusammenhang haben wir uns (sarkastisch wie wir nun mal sind) gefragt, ob der Titel "Wer ist sie?" nicht besser gepasst hätte.  *Ironie off*

Bei der Menge an Gesichtscovern achtet auch kaum jemand noch darauf, die Art der Blickweisen zu unterscheiden, so dass der vielleicht nachdenklich wirkende Ausdruck in dem Gesicht überhaupt nicht auffällt. Zudem lässt er sich auch in Kombination mit dem MakeUp als dezent lassive deuten oder auch abwertend, herabwürdigend. Da man keinerlei Bezug zur Person hat, die ist Deutung ihrer Mimik und Haltung, die eben nicht hunderprozentig eindeutig ist, kaum möglich.

Außerdem können wir wirklich nichts mit den japanischen (?) Zeichen anfgangen. Untertitel: Was bedeuten die Zeichen?  Von dir wissen wir, dass es A) chinesische Zeichen sind und B) sie als schlichte Lückenfüller dienen, aber als Betrachter fragten wir uns unweigerlich, welche Bedeutung sie haben, ob sie wichtig sind und wenn ja, warum es nicht erklärt wurde. Außerdem hat zwar die Dame auf dem Cover asiatische Züge, aber ansonsten haben wir in der Geschichte keinen Zusammenhang mit dem asiatischen Kontinent gefunden, die eine Verwendung dieser Zeichen hätte begründen können.

Um zum Ernst zurückzukehren:  Es ist ja doch ein sehr düsteres Thema, dem du dich mit deiner poetischen, kurzen Story zuwendest. Um ehrlich zu sein, fänden wir es passender, wenn du diese Stimmung auch im Cover aufgreifen würdest. Grautöne unterschiedlicher Intensität zum Beispiel, vielleicht mit Rot durchsetzt, um die Komponenten von Liebe und Trauer zu vereinen. Nur so als kleine Anregung. Sonst darfst du auch gern im Kontrast weiter bei den farblichen Motiven bleiben, aber suche dir vielleicht etwas anderes als eine Person oder bleibe bei einem Umriss, quasi dem Schatten, den Abdruck, die eine Person hinterlässt. Denk, um auf Ideen zu kommen, mal an die Sachen, die der Erzähler womöglich vermisst, welche die Person ausgemacht haben. So etwas ist meist deutlich aussagekräftiger als ein fremdes Gesicht.

Schrift: Kann man den Titel gut erkennen?

Den Titel kann man zwar gut lesen, was bei weißer Schrift auch kein Problem sein sollte, aber die Anordung ist irritierend.  Das "Du" steht an erster Stelle und ist am besten zu sehen, sodass man automatisch versucht ist zu lesen: Du kannst sie erkennen? Das kann ein guter Kniff sein, wenn du willst, dass man den Satz sowohl als Frage, als auch als Aussage interpretieren kann. In dem Fall solltest du das Fragezeichen aber weglassen. Oder aber du willst es als Frage haben? Dann musst du den Titel so umstellen, dass man ihn auch in richtiger Reihenfolge lesen kann.

Generell sind wir keine Fans von vertikaler Schrift, da sie der westlichen Leserichtung entgegensteht, aber das ist Geschmacksache. Allerdings muss man hier auch dazusagen, dass du nicht nur von oben nach unten schreibst, sondern dich streng an die japanische Leserichtung (oben nach unten, rechts nach links) hälts, was das absolute Gegenteil der westlichen Leserichtung ist. Mangafans oder auch Liebhaber der asiatischen Kulturen werden da schnell hinter kommen, alle anderen sind vermutlich sehr froh, dass der Titel noch einmal neben dem Cover steht. So etwas kann auch Aufmerksamkeit generieren und lenken, was wir in diesem Fall leider nicht erkennen konnten. Es macht mehr den Eindruck, als hättest du es so angeordnet, weil es anders nicht gepasst hat. Die Großschreibung des DUs setzt den Fokus eigentlich schon sehr gut, so dass die verworrene Stellung der Buchstaben etwas too much ist.

Der Titel

Kontext: Passt er zur Geschichte?

Dein Titel ist ein kleines Rätsel, das du deinen Lesern aufgibst. Zumindest haben wir das so interpretiert. Dabei kann sich die Frage "Kannst du sie erkennen?" auf unterschiedliche Dinge beziehen. Es kann die Frage nach den Gefühlen sein, die eine große Rolle innerhalb deiner Geschichte spielen oder aber auch die Frage nach den Rollen (Täter, Opfer, Akteur und Zuschauer) sein, die du ebenfalls aufgreifst. Ganz unpassend erschient uns dein Titel also nicht.

Wirkung: Klingt er interessant und ansprechend?

Das steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Der Titel für sich, könnte sogar ganz reizvoll sein, weil es kein Allerweltstitel ist, wie man ihn auf Watty auf jedem dritten Cover entdeckt. Er spricht den Leser direkt an und schafft dadurch sofort Bindung. Allerdings kommt hier wieder dein Cover zum Tragen: Es macht alle Wirkung, die dein Titel entfalten könnte sofort zunichte! Gib deinem Buch ein anderes Gesicht und dein Titel wird seine, an für sich gar nicht schlechte Wirkung, besser entfalten können. Manch ein Leser wird sich dadurch angesprochen oder sogar angespornt fühlen, die Frage zu beantworten und das Rätsel zu lösen. 

Der Klappentext

Äußere Form: Wie lang bzw. kurz ist er?

Er ist sehr kurz. Aber das ist in Ordnung, da du ja auch eine extrem kurze Geschichte hast, die du da erzählst, von daher war dein Gedanke, nicht zu viel zu verraten verständlich und richtig.

Inhalt: Verrät er zu viel oder zu wenig?

Er verrät gar nichts. Er wirft nur Fragen auf. Das ist ein Punkt, den wir als störend empfanden. Eine Frage, ja. Ein Fragenkatalog ... eher nicht. Hinzu kommt, dass du in deinem Klappentext - und auch sonst nicht innerhalb des Buches - nicht darauf hinweist, dass hier das Thema "Suizid" aufgegriffen wird. Ja, das steht in dienen Tags, aber nicht jeder schaut sich die an, ehe er ein Buch aufschlägt. Und gerade solche Themen sind nichts für jederman. Gerade Jao ist beispielsweise eine Leserin, die sich das gerne fünfmal überlegt, ob sie Bücher mit solchen Texten aufschlägt oder nicht. Und das aus gutem Grund. Da täte also eine kleine Warnung gut.

Wirkung: Macht er neugierig?

Was wir am Titel gut fanden, nämlich die direkte Ansprache an den Leser, die Frage, das Rätsel, ist uns im Klappentext zu viel. Es zerstört die anfängliche Neugier und hinterlässt eher eine gewisse Gereiztheit, die einen weiterblättern lassen will, aber nicht dafür sorgt, dass man das Buch aufschlagen möchte. Vielleicht solltest du weniger Fragen stellen, aber ein paar zarte Andeutungen machen, die nicht zu viel verraten, aber die Neugier und den Wunsch das Rätsel zu lösen, weiter steigern.

Oder du reduzierst die Anzahl weiterer Fragen einfach. Das kürzt den Klappentext natürlich weiter ein, aber damit schonst du die Nerven der potenziellen Leser.

Tags

Tags, die sich uns nicht ganz erschlossen haben, sind folgende: aufrichtig (gibt das tatsächlich jemand ein?), kannstdusieerkennen (das würde voraussetzen, das man explizit nach dem Titel deines Buche sucht. Wer tut das? Außerdem funktioniert die Suche nach dem Titel automatisch), Mobbing (Dieser Aspekt wird in deiner Geschichte ehrlich gesagt nicht ersichtlich, weswegen uns der Tag tatsächlich irritiert), Soizid (Das kann keiner finden, denn Suizid ist das richtige Wort für Selbsmord)

Storyaufbau

Einführung: (Fühlt man sich gut von dir abgeholt oder muss man sich eher in deine Geschichte hineinquälen?)

Dein Prolog hebt sich (übrigens genau wie dein Epilog) äußerlich und stilistisch vom Rest der Geschichte ab. Das finden wir gut gelungen. Oftmals ist der Prolog ja so etwas wie das erste Kapitel und genau so etwas sollte nicht passieren.

Weniger gut gelungen finden wir den Inhalt, beziehungweise die Umsetzung. Dabei sind es gar nicht die angewandten Stilmittel. (Wie bereits erwähnt, kennen wir uns damit nicht super gut aus, aber auch wir sind in der Lage Epiphern, Paradoxen oder Metaphern zu erkennen).

Uns störten allerdings eher die Ungereimtheiten, wie zum Beispiel hier: Zur selben Zeit ist es feurig heiß und bitterkalt, als säßest du erst in der Sauna und gingest dann in den Schnee. Da widersprichst du deiner eigenen Aussage. Bevor jemand schreit: Nein, wir meinen nicht den Vergleich der heißen und vermutlich zugleich eiskalten Sauna an sich, der ja gerade das Paradoxon erklären soll, sondern etwas anderes. Entweder ist es zur selben Zeit so, dann sitze ich in einer Sauna , in der es gleichzeitg schneit. Oder aber ich sitze erst in der Sauna und es ist feurig heiß und gehe dann in den Schnee, wo es kalt ist. Das eine ist zeitgleich, das andere geschieht nacheinander.

Angst wallt in dir auf[,] wie auch die bedingungslose Vertrautheit, die du nicht ahntest[,] überhaupt aufbringen zu können. Auch hier taten wir uns etwas schwer, da man unserer Meinung nach Vertrautheit nicht aufbringt. Die entsteht einfach. Es ist ein Gefühl von Vertrautheit, dass einen erfüllt, einhüllt oder einlullt. Aufbringen muss man eher so etwas wie Mut, Verständnis, Courage usw. In deinem Fall wäre Zuneigung etwas, das passender gewesen wäre, denn das ist etwas, dass man aufbringen bzw. entgegenbringen kann.

Dann machst du mit einem Vergleich weiter, um die Leidenschaft zu beschreiben. Zugegeben: Einfallslos ist dein Vergleich mit den Männchen, die  verrückt spielen, nicht unbedingt. Er ist nicht alltäglich. Aber um offen zu sein: Wenn wir leidenschaftlich werden, dann denken wir NICHT an unzählige Männchen, die sich in NinjaWarriorManier durch unsere Adern hangeln.

Die Fragen: Was ist das? Was ist was? finden wir wieder recht treffend, da du damit herausstreichst, dass Liebe aus vielerlei Gefühlen besteht, die in ihrer Gesamtheit ein großes Ganzes ergeben. Leider machst du genau diesen guten Eindruck mit den nächsten Zeilen wieder zunichte: Liebe ist Zuneigung . Undefinierbare Zuneigung. Zwar ist Zuneigung auch eine Form von Lieben, aber für den Zweck, den dies Aussage erfüllen soll erscheint uns diese Bezeichnung zu schwach. Falsch ist sie nicht, aber wir würden uns mehr Kraft in der Aussage wünschen.

Ein roter Faden zieht sich gut durch deine Geschichte. Man kann dem Geschehen folgen und man begreift, was geschieht. Glauben wir jedenfalls.

Wir beginnen mal mit No1. Das finden wir stimmig. Gerade das Paradoxon von Wasser in der Wüste, das den Abgrund hinaufgerissen wird, um ans Licht gebracht zu werden, gefällt uns gut. Liebe ist oftmals selbst ein Paradoxon. Das auszudrücken, ist dir also gut gelungen. Was uns weniger gut gefällt, ist, dass du die Zeilen immer klein beginnst. Zumindest die erste und auch die in fette Schrift gesetzte letzte Zeile, sähe unserer Meinung nach großgeschrieben einfach schöner aus.

No2. ist dir stilistisch nicht ganz so gut gelungen. Insbesondere die Zeile "aufregend, atemberaubend im wahrsten Sinne des Wortes" wirkt hier absolut deplaziert und ungelenk. Es ist zu alltäglich im Vergleich zum Rest des Textes. Allerdings ist die Doppeldeutigkeit im Bezug auf den Kuss, der einerseits mental fordert und andererseits einem vom anderen tatsächlich die Luft zum Atmen genommen werden kann, gut aufgegriffen.

No3. An diesen Zeilen gefällt uns einerseits, dass du hier den Aspekt der Ehrlichkeit mit einbringst und dabei unterstreichst, dass es sie auf mehreren Ebenen gibt. Was uns dabei allerdings fehlt, ist, dass du nicht auf die dazugehörige Brutalität hinweist, die Ehrlichkeit eben oft mit sich bringt. Insobesondere Syd und Jao wissen, wovon sie sprechen, da sie mit ihrer uneingeschränkten Ehrlichkeit schon so manch anderen verletzt und vergrault haben. Auch in der Liebe kann Ehrlichkeit brutal sein. Gerade da. Das widerum wiederlegst du aber mit der Behauptung: "leidend, aber ohne Leid." Wirklich? Geht das? Wir alle drei sind glücklich verliebt und dennoch gehört Leid unweigerlich auch zur Liebe. Immer. 

Dann beginnst du hier plötzlich damit, das Kapitel mit zwei Sätzen zu beenden, die angeben, wann das so empfunden wurde. "Als wir einander zum näher standen als eigentlich möglich/ als wir zusammenkamen ohne ein Treffen." Vorher hast du da immer nur einen Satz hingeschrieben. Hier brichst du also mit deiner eigenen, zuvorgesetzten Gleichheit.

No4. Hier kippt die Stimmung. Das merkt man, ja. Aber für uns hätte es drastischer, dramatischer sein können. Insbesondere die Zeile "unwirklich wie ein seichter Schleier" ist irritierend. Seicht empfinden wir hier als ein abschwächendes Adjektiv, das die eigentlich düstere Wirkung der Zeilen zu stark relativiert.  Auch das Paradoxon "Bitter ohne Geschmack" finden wir hier nicht ganz so gut gelungen. Was ist ein Verlust, wenn nicht äußerst bitter? Oder willst du hier die Taubheit symbolisieren, die mit der Fassungslosigkeit einhergeht, in der man die Fakten zwar sieht und hört, in deinem Vergleich zwar schmeckt, aber nicht begreift? Das ist so ein Punkt, an dem man sehr gut sehen kann, wieso man Poesie so schlecht bewerten kann. Es ist ultimative Was-will-uns-der-Künstler-damit-sagen-Literatur. Durch die Schwammigkeit, die das Genre mitbringt, ist die Deutungsmöglichkeit einfach unglaublich vielfältig, so dass sich Logik oder Aufbau kaum bewerten lassen.

No.5 Auch hier wird zwar deutlich, was du meinst, aber teilweise sind die Worte die du verwendest noch sehr schwach für den Zustand, den du beschreibst. So könnte man übermüdet durch erschöpft ersetzten. Und auch "traurig wie noch nie zuvor" wirkt hier eher banal und ein wenig einfallslos. Auch da solltest du viellieicht noch mal überlegen, ob es Worte gibt, die treffender ausdrücken, in welch dunklem Abgrund sich der oder die Trauernde befindet. 

Dann haben wir noch den Epilog, der sich, wie bereits erwähnt deutlich vom Rest des Textes abhebt. Leider nicht nur im positiven Sinne. Abgesehen von der deutlichen Häufung deiner Rechtschreib - und Grammatikfehler, sind im Epilog noch andere Dinge aufgefallen.

Als du bespielswiese von dem Puzzel der Gefühle und Eigenschaften sprichst, reihst du diese einfach zusammenhangslos aneinander. Eine Aufzählung, die leider nichts transportiert.  Schmerz, Trauer, Ungeduld, Schuld, Verbitterung, Uneinsichtigkeit - ähnlich wie ein Puzzle aus schlechten Gefühlen und Eigenschaften. Was in der Aufzählung fehlt, was aber deutlich dazu beitragen würde, etwas zu transportieren, sind die Eigenschaften, die du erwähnst. Das könnte so aussehen:

Schmerz - stechend scharf und brennend heiß, Trauer - todesschwarz und bitterkalt, Ungeduld - rumorend und ruhelos etc.  So würde man einen Eindruck des visuellen Chaos eines solchen Puzzles bekommen und über eine bloße Aufzählung nüchterner Tatsachen hinauskommen. 

Der Beginn deines Epilogs ist zu dem recht abgehoben von der eigentlichen Poesie deiner Geschichte, wodurch er sehr erklärend wirkt. Gleichzeitig hat man den Eindruck, dass hier Gedanken einfach andeinandergereiht wurden. Manchmal ist es gut, Gedanken einfach aufzuschreiben und sie dann später zu strukturieren. Allerdings fehlt uns im ersten Teil ein wenig die Struktur.

Am Schluss findest du zurück zum eigentlichen Stil deiner Kurzgeschichte. Der Teil mit dem Mobbing ist nicht klar ersichtlich und wird nur deutlich, wenn man die Tags gelesen hat. Aber ansonsten greifst du zum Schluss deine eigentlichen Fragen wieder auf: Ob der Leser nun erkennen kann, wer Opfer, wer Täter und wer Zuschauer ist, liegt nicht nur an der Interpretation, sondern wohl auch in der jeweiligen emotinalen und moralischen Verfassung. Zu welcher der Gruppen der Leser selbst gehört, kann er letztlich nur selbst entscheiden. Nach deiner Aufzählung über die Schuldfrage (wobei wir da mit Schuldzuweisungen, gerade was Suizid betrifft, sehr zurückhaltend sein wollen) ist es sogar möglich, dass man sich in allen drei Rollen wiedererkennt.

Genrebezug? (Passt der Titel zum Inhalt? Oder brichst du ganz bewusst und gekonnt mit den Vorgaben, um etwas Neues zu wagen?)

Du hast dein Werk unter Kurzgeschichten einsortiert. Eine klassische Kurzgeschichte ist das aber ganz und gar nicht. Zwar wird in der klassichen Kurzgeschichte das lyrische Ich oder der Erzähler auch gerne mal im Dunkeln gelassen und bezieht sich auf kurze Einblicke und Abrisse, aber ein Großteil deines Werkes ist poetischer Natur und hält sich nicht an den klassischen Satzbau, so dass es genau genommen kein klassisch epischer Text ist. Daher würden wir dir empfehlen, dein Buch künftig unter Poesie zu listen.

Äußere Form: Verwendest du Satzzeichen? Verwendest du sie richtig? Wie steht es um deine Rechtschreibung? Wie ist es mit der Grammatik? Nutzt du lange Bandwurmsätze, ungeachtet der entsprechenden Situation, oder weißt du damit zu spielen?

Da deine Kapitel recht kurz sind, ist auch die Möglichkeit, Fehler zu machen, beschränkt. Dennoch haben wir hin und wieder welche gefunden. Auch hier zeigt sich, dass Poesie schwer zu bewerten ist, denn gerade in grammatikalischer Hinsicht sind so manche Dinge erlaubt, die in einem Prosatext uns hätten die Hände über den Kopf zusammenschlagen lassen. Du bemühst dich um ein hohes Niveau deiner Texte. Man merkt, dass du Herzblut reingesteckt hast. Aber da ist noch etwas Luft nach oben.

Beginnen wir mit Punkt eins: Den Nebensätzen. Da hätten wir einmal den folgenden Satz, der gleich zwei Baustellen bietet: "Angst wallt in dir auf wie auch die bedingungslose Vertrautheit, die du nicht ahntest überhaupt aufbringen zu können."
Einmal haben wir eine Aufzählung zweier Dinge, die in der beschriebenen Person aufwallen: Angst und bedingungslose Vertrautheit. Ein Widerspruch, aber sowas ist ja erlaubt. Was nicht erlaubt ist, diese zwei Dinge nicht als zwei Dinge kenntlich zu machen, sprich, sie mittels Komma zu trennen. Das zweite Komma hat zu Beginn des Infinitivsatzes zu stehen, der durch "zu können" eingeleitet wird. Außerdem ist das Komma gleichzeitig auch das Ende des korrekt eingeleiteten Relativsatzes "die du nicht ahntest". Letztlich sieht der Satz dann so aus: "Angst wallt in dir auf[,] wie auch die bedingungslose Vertrautheit, die du nicht ahntest[,] überhaupt aufbringen zu können."

Der zweite Punkt sind auch bei dir die Vergleichssätze. Bei Vergleichen mit Wie und Als wird das Komma dann gesetzt, wenn der Nebensatz selbst ein Verb enthält. Tut er das nicht, enfällt das Komma. So wie hier: "Meine Welt brach in sich zusammen wie ein läppisches Kartenhaus [...]". Abgesehen davon, dass es als "Meine Welt brach wie ein läppisches Kartenhaus zusammen" flüssiger klingt, ist dieser Satz besonders dramatisch gewesen, weil er die Einleitung deines Epiloges ist. Erster Eindruck und so ...

Im nächsten Beispiel ist das Komma zwar richtig, aber die Nebensatzart ist von dir falsch eingeschätzt. Bei "Ein Leben ohne dich ist kein Leben, dass ich leben möchte." handelt es sich mitnichten um zwei mit einer Konjunktion verbundene Sätze, sondern um einen Relativsatz. Wie man dass/das auseinanderhält haben wir in diversen Rezensionen erklärt und würden dich bitten, einfach mal nachzulesen.

Später im Satz heißt es dann, die Windböhe, die das imaginäre Kartenhaus zerstört hat, sei "weiter gezogen". In diesem Fall schreibt es sich zusammen. Ansonsten beschreibt man, dass man die Tätigkeit des Ziehens weiter vollzogen hätte. Aber das willst du ja nicht sagen, sondern dass die Windböhe weitergezogen, sich wegbewegt, hat. Sprich: Getrennt und Zusammenschreibung solltest du dir auch noch einmal anschauen.

Der nächste Punkt dreht sich um den Bezug von Wörtern. Der Satz "Es (das Kartenhaus) zerfiel zurück in ihre Einzelteile [...]" ist so alleinstehend vermutlich sehr deutlich falsch, was dir in Verbindung mit den Karten (die Karten, feminin) vermutlich nicht aufgefallen ist. Du beschreibst hier das(!) Kartenhaus und dessen Einzelteile. Es sind also nicht ihre, sondern seine. Es sei denn, du möchtest die Einzelteile der Karten beschreiben, die du vorher noch nicht erwähnt hast (was du dann dringend nachholen solltest).

Wo wir schon beim Genus sind, springen wir gleich weiter zum Kasus. Akkusativ und Dativ sind eine der drölf Geißeln der WP-Autoren, du bist also nicht alleine, wenn du "Und du warst Schuld, hattest dich nicht dazu bewegen können, es jemanden zu sagen" schreibt, dennoch ist "Und du warst Schuld, hattest dich nicht dazu bewegen können, es jemandem zu sagen" richtig.

Wann hatten wir zuletzt ein Wort zur Nominalisierung verloren? Wir haben jedenfalls Gelegenheit, das zu wiederholen. "Aber nicht im entferntesten so sehr, wie die Wut, die mich innerlich zerfraß, an mir nagte wie ein unbändiges Tier." In dem Wörtlichen Im stecken zwei Wörter: In und Dem, wobei es sich bei Dem um einen (Dativ)-Artikel (neutrum) handelt. Der Artikel bezieht sich auf DAS Entfernteste, das damit eindeutig groß geschrieben wird.

Rechtschreibfehler sind uns sehr wenige über den Weg gelaufen, wenn dann waren sie aber unheimlich unvorteilhaft und stachen sehr auffällig in die Augen, dass es beinahe weh tat. Zum Beispiel so etwas hier: "Aber führ ein Lächeln, einen Tag nur mit dir, wie du wahrst und wie du bist, würde ich es immer wieder auf mich nehmen - durch die Finsternis kriechen[,] auf dem Weg zum Tagesleicht." Dieser Satz enthält alleine drei Rechtschreibfehler und zwei davon sind echt von der härteren Sorte. So etwas sollte dir vor allem in kurzen Texten nicht passieren. Das Komma wegen der Ergänzung ... geschenkt.

Zu guter Letzt ist uns noch eine Formulierung aufgefallen: "Menschen gewinnen. Sie freuen." Wir wissen, das in der Poesie so manches erlaubt ist, aber das empfanden wir schon echt als störend. Da freuen wir nicht. Klingt doof. Da freuen wir uns nicht. Schon besser.

Sieht man davon ab, merkt man, dass du durchaus gewillt und geneigt bist, mit Sprache zu spielen und sie gezielt einzusetzen. Manchmal scheint dich allerdings die Motivation oder die Aufmerksamkeit zu verlassen. Wenn du das - vielleicht mit Hilfe eines Testlesers - noch ausmerzt, würde das das Bild deines Werkes weiter heben. Gerade bei der geringen Menge an Text fallen solche Fehler schwer ins Gewicht und hinterlassen keinen guten Eindruck beim Leser. Anders als wenn 2-3 Fehler pro Kapitel in wenigstens 500 oder 1000 Wörtern "verschwinden". Das ist ein ganz anderes Verhältnis, das ganz anders wirkt. Da musst du bei der Kürze, für die du dich entschieden hast, wirklich sehr akkurat arbeiten.

Der Gesamteindruck

Es ist ein poetisches Werk mit ernster Thematik, das nachdenklich stimmen soll. Ansatzweise gelingt dir das schon ganz gut. An manchen Stellen wäre es schön, du würdest nach weniger flachen und banalen Formulierungen suchen. Auch emotional könntest du noch einiges drauflegen, um es düsterer, dramatischer und trauriger zu gestalten.

Gerade Vergleiche im Zusammenhang mit Emotionen eignen sich dafür sehr gut. Traue dich noch tiefer in die Gefühle hinein, die du beschreibst. Lass es dreidimensionaler werden, damit man nicht nur liest, was dort geschieht, sondern es auch erlebt. Damit es einen berührt.

Auf einem guten Weg bist du schon. Versuche aber das noch weiter auszubauen, damit man als Leser nicht Zuschauer bleibt, sondern auch Opfer und Täter wird bzw. sich tiefer in die Materie hineinwagt, um bis zu der Prämisse deines Werkes durchzudringen, denn über die Frage kommt man nicht hinaus. Der letzte Schritt, um zu begreifen, was du verdeutlichen willst, nämlich mehr hinter die Fassade zu schauen und sich nicht so leicht zum Werten hinreißen zu lassen, fehlt noch. Es fehlt der Punkt, dass man selbst zu leicht zum Täter wird, viel zu selten Opfer selbst erkennt und man genauer hinschauen muss. Das solltest du noch etwas besser herausarbeiten, damit der Leser es auf sich selbst bezieht und den Text nicht nur als abstraktes Rätsel zu einer fiktiven Begebenheit begreift. Er muss es auf seinen Alltag projezieren.

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