+ 'Die Aquerra Chroniken - Alte Legenden' von Weltenwolke

Titel

Die Aquerra Chroniken - Alte Legenden

Autor

Weltenwolke

Genre

Fantasy

* * *

Warum dieses Werk?

Da wir hier aus eigenem Antrieb ein Buch bewerten und dafür die Warteliste ignorieren, ist eine kurze Erklärung angebracht, weshalb wir ausgerechnet diese Geschichte gewählt haben, gerade auch vor dem Hintergrund, da es sich ebenfalls um eine Geschichte handelt, deren Protagonisten die Pubertät deutlich spürbar durchleiden und wir ja sagten, wir brauchten Abstand von Junghelden.

Aber vor allem brauchten wir Abstand von dystopischen Erzählungen um Junghelden, die in ihre Rolle geschichtsbedingt hineingepresst und benutzt werden. Hier haben die Protagonisten die Wahl und freuen sich auf das, was ihnen bevorsteht (wenn man Nico ausklammert). Sie wählen ihr Schicksal und sind bereit, FÜR ihre Welt und das herrschende System einzutreten. Trotz Gemeinsamkeiten, ist die Ausgangssituation (und das Setting wie die Atmosphäre) also eine andere, die wir zur Abwechslung mal brauchten.

Zweiter Grund, weshalb wir auf gerade dieses Buch gekommen sind: Wir sind durch Zufall drüber gestolpert, haben gesehen, dass das Buch vergleichsweise unbekannt ist und fanden es gut. Es bietet sich hervorragend an, um an positiven Beispielen aufzuzeigen, wie man ein gutes Buch schreiben kann. Man kann sich also jetzt schon ausrechnen, wie diese Rezension ausfallen wird.

Und nochmals die Versicherung: Autor ist keiner der drei Buchseelen und eine persönliche Verbindung im Sinne von Freundschaft besteht zwischen dem Autor und den Buchseelen nicht. Weder wurde für diese Rezension mit Votes gehandelt, noch ziehen wir daraus sonstige Vorteile. Positive Äußerungen gründen auf literarischen Tatsachen und nicht auf persönlichen Sympathien.

Und nach fünf Rezensionen in einem Monat, ist es in unseren Augen auch unser Recht, einmal selbst unser Rezensionsschicksal zu wählen ;-)

* * *

Cover

Wirkung: Ist es ansprechend?

Aber hallo! Goldintarsien auf sattem, blaugefärbtem Ledereinband mit kunstvoll eingearbeiteten Eyecatcher. Welchem Fantasy-Fan geht da nicht das Herz auf? Die Farbkombination Blau-Gold ist ohnehin eine sehr stimmige und selbst das Blutrot der Edelsteine fügt sich schön in diese Komposition ein, ohne zu überladen zu wirken. Man denkt sofort an alte Länder, Sagen und Legenden, an Drachen, Zwerge und Riesen, an unheimliche Geschichten, überladene Kneipen, dunkle Gestalten in noch dunkleren Gassen. Man verbindet sofort etwas mit der Welt, der Geschichte und das weit über einen einzelnen Charakter hinaus. Allein das Cover verströmt eine ganz klassische Genre-Atmosphäre!

3 von 3 Punkten

Kontext: Passt es zu Titel und Inhalt?

Vor allem passt das Cover 1A zum Genre! Zum Inhalt und dem Titel allerdings auch. Es wirkt tatsächlich wie ein äußerst hochwertig eingefasstes Werk, das in der Tat eine Chronik beinhalten könnte. Und wenn man das Buch aufschlägt, wird man ob des Inhalts nicht enttäuscht, denn womit wird man konfrontiert? Genau, dunkle Gestalten in noch dunkleren Gassen, Felsenmenschen, raue Sitten und kurz darauf eine Welt voller Magie in einem alten Königreich. Was will man mehr?

3 von 3 Punkten

Schrift: Ist der Titel gut lesbar?

Wer Gold auf Blau nicht lesen kann, sollte zum Arzt. Die Farbkombination harmoniert nicht nur sehr gut, sondern bietet auch einen sehr hohen Kontrast, der die Lesbarkeit erleichtert. Die Schrift selbst ist groß genug, um sie zu lesen, leicht verschnörkelt, aber nicht zu verspielt. Sie wirkt passend anmutig und förmlich. Die Schrift, in der dein Name gehalten ist, ist kleiner, unauffälliger, aber man muss sie auch nicht mit der Lupe suchen. Dennoch lenkt der Autorenname nicht vom Titel ab. Schön gemacht!

3 von 3 Punkten

9 von 9 Punkten

Titel

Wirkung: Klingt er interessant und ansprechend?

Auch der Titel der Reihe passt wunderbar zum Genre. Schon der Terminus "Chroniken" klingt schön alt und gehoben, eben nach alter Tradition oder nach Legenden. Du setzt die Latte damit schon recht hoch an, was die Erwartungen des ambitionierten Fantasy-Fans betrifft. Dass es sich bei Aquerra um das von dir geschaffene Reich handelt, ahnt man bereits und ist gespannt auf die von dir geschaffene Welt, wo wir wieder bei den hohen Erwartungen wären. Der Buchtitel "Alte Legenden" sagt einem jetzt erstmal ... nix. Es kann um alte Legenden gehen, es kann darum gehen, dass jemand auf eine Legende trifft oder dass jemand zur Legende wird. Trotz allem fügt sich auch dieser Buchtitel, generisch wie er ist, ins Setting.

Auch Sue findet den Titel nicht aussagekräftig genug. Ohne, dass ihr dein Werk empfohlen worden wäre, hätte sie es, trotz gutem Cover, nicht 'aufgeschlagen' und gelesen.

Jao sieht das ein wenig differenziert. In den meisten Punkten ist sie zwar mit den Aussagen ihrer Kolleginnen dacore, aber im Gegensatz zu den anderen beiden empfindet sie die Wendung: "Chroniken von ... oder die XY- Chroniken" als nicht sehr innovativ, da sie insbesondere bei Wattpad ein bisschen überstrapeziert werden... Jao ist bewusst, dass dies nicht deine Schuld ist und (hier wird es nun etwas ambivalent - entschudigung dafür) findet den Titel deshalb auch nicht unbedingt schlecht. Sie wollte es nur erwähnen, um diesen Aspekt ebenfalls zu beleuchten.

1,5 von 3 Punkten

Kontext: Passt er zur Geschichte?

Der Titel der Reihe: Jup. Der passt. Es geht um Geschichten, die in und um Aquerra spielen. Da kann man wenig falsch machen. Der Bezug des Buchtitels zum Inhalt gestaltet sich jedoch defizieler. Es handelt sich um ein klassisches, fantastisches Reich, das durchzogen und getränkt mit Legenden ist, ja. Aber mit einer bestimmten alten Legende kommen sie zunächst nicht in Kontakt.

3 von 3 Punkten

4,5 von 6 Punkten

Klappentext

Länge: Wie lang bzw. kurz ist er?

Der Klappentext ist nicht schlecht, wenngleich er eindeutig zu lang geraten. Nicht umsonst heißt es: In der Kürze liegt die Würze. Bedenke immer, dass die Inhaltsangabe darüber entscheidet, ob dein potentieller Leser, das Buch öffnen wird oder eben nicht. Wenn er sich schon zu Beginn mit zu viel Text und Informationen überhäuft fühlt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er weiter suchen wird, ohne in die Chroniken hineingesehen zu haben. Was schade ist! Ein wenig Kürzung und Straffung täten dem Klappentext gut.

2 von 3 Punkten

Inhalt: Verrät er zu viel oder zu wenig?

Der Klappentext verrät zu viel, wobei wir schon bei der Möglichkeit wären, ihn zu kürzen. Du erzählst vo Miriams Rückkehr, deutest ihre Vergangenheit an, sprichst von den Bestimmungen ihrer Kinder, davon, dass sie Abenteuer bestehen müssen, ihr Land retten müssen und mit Königen reden usw. Es wäre sinnvoller den Fokus in der Tat auf die Bestimmung der Geschwister und den daraus resultierenden Folgen zu legen. Miriams Rückkehr kannst du am Rande erwähnen, aber die Anspielung auf ihre Vergangenheit kannst du in den späteren Erzähltext einbauen. Auch dass Gespräche mit Königen stattfinde ist für den Klappentext ersteinmal unrelevant. Am Schluss der Inhaltsangabe würde ich sogar den ganzen Absatz, der die Folgen, welche die schwierige Entscheidung, welche die Geschwister zu treffen haben, beleuchtet, vollkommen weg lassen. Enden würde das ganze dann so: Geheimnisse, die lieber noch im Verborgenen geblieben wären, werden aufgedeckt und eine Entscheigung muss fallen: "Für diese Welt kämpfen oder das eigene Leben retten?" - Würdst du für eine Welt sterben, die du erst seit zwei Wochen kennst?

2,5 von 3 Punkten

Wirkung: Macht er neugierig?

Keine Frage, das tut er! Allein die Andeutung auf eine völlig neue Welt, gepaart mit dem Hinweis, dass auf die Geschwister eine Bestimmung wartet, die sie in ein gefährliches Abenteuer führen wird, macht schon neugierig und erfüllt einen mit dem Wunsch gleich die ganze Welt Aquerras zu erkunden. Insbesondere die Frage am Schluss des Klappentextes bezieht den Leser schon mit ein und verleitet ihn dazu, sie gerne beantworten zu wollen. Aber das geht nur, wenn man die Story liest ... Also in der Hinsicht: Gut gemacht!

3 Punkte

7,5 von 9 Punkten

Storyaufbau

Einführung: Fühlt man sich gut abgeholt oder muss man sich in die Geschichte hineinquälen?

Quälen? Nein. Aber dein Vorwort zieht sich etwas. Zunächst einmal: Dass du dein Werk mehr oder weniger indirekt in Frage stellst, verunsichert Leser und manche missdeuten es als Fishing for complimence. Wenn es allein um den Updatestatus geht, oder darum, dass Kritik erwünscht ist, halt dich kurz. In einem, nicht in zwei Kapiteln. Am besten ist so etwas immer noch im Profil aufgehoben. Im Werk wirkt es deplatziert, vor allem da der Leser in Erwartung steht, die eigentliche Geschichte zu lesen. So etwas haben wir auch schon bei anderen Autoren bemängelt. Was in einem Vorwort dagegen gut kommt: Woher kommt die Idee zu der Geschichte? Was hat dich dazu bewogen? Wie lange arbeitest du schon daran? Macht es dir Spaß? Was ist dein persönlicher Bezug dazu? Das sind Dinge, die in ein Vorwort gehören, wenn man eines verfassen will. Aber auch hier solltest du eine Bildschirmlänge nicht deutlich überschreiten.

Du rollst deinen Lesern zwar nicht den roten Teppich aus, sondern wirfst ihn direkt ins Geschehen, aber der Fall ist ähnlich dem Gefühl im Bestimmungslimbus der drei Schwestern. Man fällt nicht. Man ist plötzlich mittendrin und das ohne das Gefühl zu haben, vollkommen fremd zu sein. Beschreibungen lässt du unglaublich nebensächlich mit einfließen, sodass keine Verwirrung aufkommt aber auch keine langweiligen langen Erklärungspassagen, die man gerne eher doch überfliegt, als sie sich genaustens einzuprägen. Du reduzierst es auf das Wesentliche, was ernorm gefällt!

Wenn auch im Prolog keine Namen fallen, bleibt es übersichtlich. Man kann die Handlung nachvollziehen, auch wenn man deren Sinn und Ursprung nur sehr vage erahnen kann. Dafür bekommt man die geballte Ladung Atmosphäre. Die überfüllte Kneipe, der raue Ton, der von Aberglaube und Schauergeschichten genährte Argwohn, der das plötzliche Schweigen begründet. Auch, dass ein Großteil seiner Angst gegenüber dem Fremden nachgibt und sich nicht vom Anblick des leidenden Mädchens erweichen lässt, unterstreicht, wie tief diese Vorurteile und Ängste vergraben sind und geben dem Leser ein Gefühl davon, wie essenziell dieser Teil für die Welt ist, in der er sich innerhalb dieses Buches bewegen wird. Dass es mehr sind als Geschichten, sondern die Menschen - aus welchen Gründen auch immer - wirklich dran glauben. Ob es ist, weil es die Wahrheit ist, oder weil sie es als ihren Leitfaden fürs Leben aktzeptiert haben und brauchen. Das offene Ende des Prologs juckt natürlich in den Fingern und animiert auch weit später noch zum Weiterblättern - jedoch kommen noch einige Gründe dazu.
Sue und Syd gefallen die offenen Fragen die du in den Prolog eingebaut hast.
Nicht nur die Frage nach dem warum ein Mönch ausgestoßen sein könnte, denn mit eben diesen verbindet man, im herkömmlichen Sinne, Gläubigkeit, Treue und mehr. Du wirfst auch die Frage auf, und deutest es beinahe schon selber an, ob das Mädchen damit zu tun hat, dass er augestossen wurde. Was das für eine Bedeutung eines Gottesmannes ist, ist ein sehr gewagter Gedankengang.

Das folgende erste Kapitel ist passender Weise aus der Sicht von Personen geschrieben, die selbst noch nicht lange in der Welt sind und über die Faszination hinaus bekommt man genug Zeit und Input, um diese Welt langsam zu verstehen. Man schaut selbst durch Augen, für die diese Welt neu ist. Das Konzept funktioniert bei vielen anderen Büchern auch (Narnia, Harry Potter), aber du setzt es ebenfalls gut um. Die offenen Fragen, die fürs Verständnis wichtig sind, beantwortest du, andere lässt du bewusst offen oder lässt sie einfach nur für sich stehen, weil die dahinterliegenden Mechanismen nichts zur Sache tun. Das beugt der Überladung an Informationen vor und ist sehr angenehm und wirkt trotz des Chaoses der neuen Welt - der fliegenden Plattformen, der verschiedenen Stockwerke und der allgemeinen Architektur - sehr strukturiert. Also: Ja, man kommt sehr leicht in diese Welt hinein und auch, wenn man zu Beginn gleich mittendrin ist, ist man nicht verloren. Aber wird gleichzeitig auch nicht von dir bemuttert ("Schau, und das dort, das sind Meisen. Kennst du noch, Meisen?"). Ein bisschen glaubt man, die Welt selbst zu erkunden und nicht geführt zu werden.

Dem entgegen steht übrigens das Infokapitel. Vollkommen unnötig in unseren Augen. Es wird auch im Erzähltext sehr deutlich, dass es vier Magiestufen gibt und diese das Magiepotenzial nur grob einteilen. Wer wann was benutzen kann, ließe sich auch noch dort unterbringen. Das Schaubild dazu ist auch durch die verschnörkelte Schrift etwas unübersichtlich, aber vor allem stört das Infokapitel den Lesefluss. Lass das weg, denn wir sind überzeugt davon, dass du es besser kannst!

Der rote Faden: Ist die Geschichte stimmig, verfügt über einen logischen Aufbau und ist somit nachvollziehbar?

Sieht man vom Prolog ab, der aus der Reihe springt - wie es ein Prolog auch DARF - folgt es alles einem roten Faden, denn wir begleiten chronologisch (woher nur der Ausdruck Chronik kommt?) die Erlebnisse der drei Geschwister, von dem Zeitpunkt an, als sie kurz vor ihrer 'Berufswahl' stehen. Wir lernen die Familie kennen und im Gespräch erfahren wir auch immer mehr über die Welt und - wichtig - dass diese Welt neben der unseren existiert und es etwas gibt, dass diese beiden Welten miteinander verbindet. Über die Verbindungen der Großmutter finden Zusammentreffen statt, aus der sich die Handlungen logisch ergeben. Auch, wenn die Handlung einige Haken schlägt, lenkst du sie logisch und nachvollziehbar. Bei der Audienz an sich ist noch nicht ersichtlich, welchen Verlauf alles einmal nehmen wird, doch die Belagerung und Nissas Aufmüpfigkeit bieten dir da ganz neue Möglichkeiten, die du fantastisch nutzt, ohne, dass es aufgesetzt ... moment, das gehört zur Dramaturgie bzw. zu den Charakteren. Jedenfalls: Ja, der rote Faden ist erkennbar und wird hartnäckig von dir verfolgt.

Jao: Ich konnte in der Szene, als es zu der Audienz kommt und ein verschwindend kurzer Absatz, über den Übergang von einem Reich ins andere, handelt, nicht umhin ihre Gedanken diesbezüglich ein wenig schweifen zu lassen. Mir war die diese "Am-Rand-Beschreibung" dieses Geschehens zu kurz. Die Geschichte mit dem Übergang von der Menschenwelt nach Aquerra zu beginnen, wäre nicht sehr zuträglich, das sehe ich ein, denn dein Anfang ist schon ein sehr guter. Aber vielleicht könntest du es als Rückblick schildern, indem Jessicas Gedanken noch einmal dorthin zurückkehren und du somit die Möglichkeit hast, alles etwas mehr auszuschmücken. Das fände ich (entschuldige die Wortwahl) richtig geil!!!

Dramaturgie: Zeichnet sich eine Spannungskurve ab?

Du sprintest nicht durch die Geschichte, um möglichst schnell zum spannensten und brutalsten Punkt zu hetzen, was unglaublich gut tut. Du springst auch nicht von einem wichtigen Moment zum nächsten, sondern füllst die Zeit dazwischen sehr interessant. Seichte Momente nutzt du, um über verschiedenste Quellen Informationen einfließen zu lassen oder die Charaktere näher zu erläutern, spannende Szenen mit dichterer Handlung formulierst du passend aus. Du hast auch einen guten Ausschnitt für die Geschichte gewählt, denn du beginnst sehr nah an dem Punkt, an dem die "Heldenreise" beginnt und gleichzeitig legst du die Ankunft der Protagonisten zeitlich in die Nähe, so dass große Zeitsprünge gar nicht benötigt werden.

Gerade die kleinen Nebensächlichkeiten, wie die Eltern, die das Ergebnis ihrer Tochter von der Bestimmung erfahren haben oder das anfängliche Geplänkel mit dem König sind nicht langweilig, obwohl sie selbst für die Handlung uninteressant wären. Aber du machst sie zu was Wichtigem.

Andererseits gibt es eine Sache, die vielen Autoren passiert und die Spannung klaut. Hier ein sehr plakatives Beispiel: "Sie glaubte, dass es das Ende war und sie gleich als seine Gefangenen gelten würden." Wer erwartet nach diesem Satz, dass die Erwartung der Protagonistin wirklich erfüllt wird, wenn da schon steht, dass sie es glaubt und der Rest im Konjunktiv (gelten würden) steht? Niemand. Das ist genau dann überraschend, wenn im Folgenden genau das passiert, was der Charakter in dem Moment schon gedanklich formuliert. Anders wäre es, wenn man die Kombination aus "glaubte" (was schon suggeriert, dass es eben NUR ein Irrglaube sei) und Konjunktiv rauslassen würde. "Das war das Ende. Ihre Zeit als freie Menschen von Aquerra war damit vorbei. Wie behandelten Onocs eigentlich ihre Gefangenen? Hatte man ein Recht auf einen Anwalt oder Fürsprecher?" Stichwort Show, don't tell, was du an anderer Stelle dafür sehr gut und passend umsetzt. Dieses Prinzip ist nicht immer ein guter Rat, aber an solcher Stelle schon.

Sonst ist dein Erzähltempo den Situationen gut angepasst und die Spannung modelierst du eben über diese Anpassung der Erzählung oder über die Handlungen deiner Figuren - dazu mehr bei den Charakteren.

Genre: Passt der Inhalt? oder brichst du ganz bewusst und gekonnt mit den Vorgaben, um etwas Neues zu wagen?

Mal sehen ... Wir haben eine eigene Welt mit fabelhaften Wesen (Onocs, Hexen), wir haben magische Elemente (Der Bestimmungsstein, die Plattformen, Spruchzauber, Hexen, Zaubertränke usw.) die auf kreative Weise mit modernen Elementen verbunden werden (wie das Antragsformular, das sich über den Fingerabdruck selbst ausfüllt) und wir haben eine Bedrohung, die von den Helden bezwungen werden muss. Da es sich sowohl bei den Helden als bei den Antagonisten um Charaktere mit Motivationen und Hintergründen handelt und nicht um Stereotypen a la Conan der Babar, haben wir auch keine Low Fantasy Geschichte vor uns, sondern tatsächlich High Fantasy mit urbanen Elementen, da die Menschenwelt neben der magischen Welt existiert. Aber darüber streiten, dass deine Chroniken unter "Fantasy" gut aufgehoben sind, müssen wir nicht.

7,5 von 9 Punkten

Charaktere

Charakterset: Sind sie authentisch?

Ob es Miriam ist, die ständig in Sorge um ihre Kinder ist oder Coranna, die mit ihrer Zuneigung hinter einem sehr hohem Berg hält; Ob Di und ihr starker Beschützerinstinkt oder der vorsichtige, aber gleichzeitig neugierige Nico. Du schmeißt sie alle zusammen und egal, ob die Konstallation auf den ersten Blick passt oder nicht, du ziehst das konsequent durch! Charaktere, die eine schwierige Kombination sind, geraten über ihre Eigenschaften aneinander, andere ergänzen sich gegenseitig und bilden die Grundlage für entspannte Atmosphäre. Die verschiedenen Bedürfnisse und Wesenszüge stellst du absolut authentisch zur Schau und scheust dich nicht vor den Konflikten, die dein bunter Haufen heraufbeschwört. Im Gegenteil: Du spielst auch mit den Gegensätzen und den Möglichkeiten die sich daraus ergeben. Chapeu!

Vor allem sind alle Reaktionen - allein durch den Verlauf der Geschichte und der Handlungen - vollkommen logisch und nachvollziehbar. Oftmals gibt es Streitereien, die Autoren zwischen ihren Charakteren vom Zaun brechen, um ihn dann aus heiterem Himmel wieder zu besänftigen. Einfach, damit man nicht immer trautes Zusammensein hat. Das passiert dir nicht. Konflikte bahnen sich an, gründen in einer Ursache und wenn sie beigelegt werden, dann hat auch das seinen Grund. Entweder, weil der Konflikt wirklich gelöst wurde, oder weil einer der Parteien aus guten Gründen nachgegeben hat. Und sollte eine Figur mehr Zeit zum Grollen brauchen, räumst du sie ihm ein. Egal, was für negative Folgen für andere daraus entstehen können. Du bist da konsequent. Und das ist gut so.

Zudem halten sich deine Figuren gegenseitig gut in der Waage. Es gibt nicht nur Friedenswächter in deinem Cast, sondern genausogut die neugierigen Abenteurer. Sie vertreten unterschiedliche Meinungen, bevorzugen andere Vorgehensweisen und auch da hat man zwar wieder Konfliktpotenzial, aber vor allem auch verschiedene Perspektiven. Schon die ersten Meter wären ganz anders ausgegangen, wenn Nissa und Jessica allein unterwegs gewesen wären und sie weder von Dis noch von Nico ausgebremst worden wären. Sie hätten ein ganz anderes Bewusstsein für die Situation gehabt. Nico ist erst derjenige, der ein höheres Gefahrenbewusstsein in die Gruppe mit hineinbringt. Und für diese Synergien hast du ein echt gutes Gespür. Es wird nicht zu optimistisch, aber auch nicht zu düster. Es ist eine gesunde und sehr unterhaltsame Mischung aus allem dabei.

Jao möchte dem nicht widersprechen, hat aber eine Anmerkung zu einem Punkt, der ihr persönlich ein wenig aufgestoßen ist und die Szenerie ein bisschen unauthentisch macht. Dass Coranna mit ein entspanntes und freundschaftliches Verhältnis zum König pflegt und ihn somit auch vertrauter ansprechen darf, ist für Jao nachvollziehbar. Dass die gesamte Königsfamilie die "Neuen", also Miriam und ihre Kinder, sofort in diese Vertrautheit mit einbezieht, indem sie das "Du" anbieten, erscheint mir wenig glaubhaft. Immerhin sind sie die Herrscherfamilie und von der erwartet man, zumindest bis man sich etwas besser kennt, doch ein wenig angebrachte Distanz.

3 von 3 Punkten

Charakterdesign: Kann man sich ein gutes Bild von ihnen machen?
Du skizzierst deine Figuren seit dem Moment ihres Auftretens sehr plakativ und deutlich, so dass sehr schnell die Wesenszüge der Personen erkennbar sind und man sie mit den Namen verknüpfen kann. Allein, dass man so gut wie nie Probleme damit hat, die Namen auseinander zu halten, zeigt, wie einprägsam die Charaktere sind. Man braucht nicht lang, um zu begreifen, dass Charlies Familiensinn sehr ausgeprägt ist und dass Jessica das Abenteuer unter den Nägeln brennt. Und erst recht sieht man sehr schnell, dass Nissa nicht die liebe kleine Prinzessin ist, die ihr Vater manchmal so gerne hätte. Man kann Rückschlüsse auf Dinge ziehen, die du nicht erwähnst, weil man sehr schnell das Gefühl bekommt, die Charaktere schon sehr lange zu kennen und man glaubt, sie einschätzen zu können. Sie werden nicht zu Beobachtungsobjekten, sondern zu guten Bekannten, zu denen man als Leser eine Beziehung aufbaut.

Zum Beispiel würde man Nissa manchmal ob ihrer kindlichen Naivität am liebsten schütteln oder Jessica in ihrem Drang, genau das zu tun, unterstützen. Ab und an hat man auch mal das Bedürfnis, Nico in den Arm zu nehmen und ihm zu sagen, dass ihm doch noch jemand zuhört - aber man ist halt nur der Leser.

3 von 3 Punkten

Metaebene: Wie sind Dialoge und Emotionen beschrieben?

Kommen wir zunächst zu den Dialogen. Sie sind ein Traum! Und auch allein durch die unterschiedliche Wortwahl deiner Figuren lernt man bereits sehr viel über die Personen und findet ganz allein ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Als kleines Beispiel hier einmal (Syd lag lachend auf dem Sofa):

Nico kratzte sich am Kinn. "Ihr habt lange in Frieden gelebt, oder?"

Nissa nickte. "Ja. Total langweilig."

Man braucht jetzt keinen Abschluss in Tiefenpsychologie, um allein aus diesen zwei Zeilen einige Eigenschaften zu lesen, die man den Figuren zuordnen kann. Und von diesen Beispielen gibt es noch Dutzende in deinem Werk. Du nutzt Dialoge genau dafür, wofür sie sich hervorragend eignen: Du hauchst mit ihnen den Charakterne Leben ein! Du lässt sie dadurch für sich selbst sprechen und für den Rest nutzt du ihre Taten. Man liest bei dir keine langen Abhandlungen über Abschiedsschmerz, sondern liest von Tränen. Ebensowenig wie du dem Leser die Wut einer Figur erklärst, anstatt ebenjene Figur einfach herumbrüllen zu lassen. Du weißt, dass man Abneigung viel besser in einem bissigen Kommentar des Charakters selbst herüberbringen kann, anstatt diese Abneigung theoretisch durchzukauen. Hut ab: Show, don't tell hast du verstanden und weißt, wann man es gut einsetzt.

3 von 3 Punkten

9 von 9 Punkten

Schreibstil

Ausdruck

Dein Ausdruck und deine gesamte Schreibweise sind auf der Wattpad Plattform durchaus als herausragend zu bezeichnen, und auch Büchern, die man im Handel erhalten kann, steht dein Werk bestimmt nicht in vielem nach! Insbesondere wenn man bedenkt, dass auch die "Profis" über Beta-Leser und Lektoren verfügen, welche die wenigen Schönheitsfehler noch kaschieren. Bei dir ist das ganz ähnlich. Es gibt nur ein paar wenige dieser Schönheitsfehler, die wir hier erwähnen wollen. Zum einen, weil es unser Job in einer Rezension ist und zum anderen, weil wir dir zutrauen, dass du dich dadurch noch selbst verbessern kannst und wirklick Hilfreiches von uns mitnehmen kannst (und vor allem auch wirst).

Du hast uns mitgeteilt, dass sich dein Buch noch in der Überarbeitung befinden und du dir darüber im Klaren bist, dass es grammatikalisch und schreibtechnisch noch Luft nach oben gibt. Wir sind auch durchaus überzeugt davon, dass es dir gelingen wird, den Großteil davon selbst herauzusuchen und zu korrigieren. Dennoch möchten wir dir ein paar Beispiele aufweisen und hoffen, dass du dich nicht vorgeführt fühlst, sondern auch diese Aspekte als hilfreiche Kritik auffasst.

Hier und da drängen sich Wörter auf, die nicht so recht in die Szenerie passen wollen. Ein Beispiel wäre dafür, der "Deal", den Nissa und Oriel aushandeln. Die Welt scheint sonst nicht sonderlich auf Anglizisen ausgelegt zu sein, so dass du sie, der Atmosphäre zuliebe, noch einmal überprüfen solltest. Da es sich allerdings um eine Fantasiewelt handelt, ist die Art der Sprache natürlich auch dir überlassen. In einem Historischen Roman wäre das ein No-Go gewesen.

Es fallen hin und wieder ein paar deiner Formulierungen, aus der ansonsten einwandfreien Reihe. Gemein ist, dass diese durch deinen eigentlich hervorragenden Schreibstil noch mehr herausstechen. Im folgenden wollen wir ein paar Beispiele geben:

"Als kein Krieg kam und der Turm nicht beschützt werden musste, wurden immer weniger Soldaten geboren [...]" Hier klingt die Formulierung etwas ungelenk. Passender wäre vielleicht: "Als der erwartete Krieg ausblieb, [...]"

Ein weiteres etwas aufwendigeres Beispiel ist dieses:

"Von dort, wo sie standen, konnte man erkennen, wie Muriel auf den westlich Anbau trat, dieser war nur zwölf Stockwerke hoch und seine Decke diente im Dreizehnten als Balkon. Auch Muriel wurde von einer Gestalt verfolgt."

Erstmal springt einen der Gedanke an, dass es merkwürdig klingt, wenn ein König auf einen ganzen Anbau tritt. Die Erklärung, dass es sich um das Flachdach des Anbaus handelt schiebst du zwar hinterher, benutzt dabei aber leider ein falsches Substantiv, da sich eine Decke immer nur im Innern eines Gebäudes bzw. Raumes befinden kann. Der zweite Satz suggeriert allein von der Formulierung her, eher, dass sich Muriel auf der Flucht vor jemdem befinden, der ihn tatsächlich verfolgt.

Hier nun ein Beipiel, wie man es schlüssiger formulieren könnte: "Von dort, wo sie standen, hatten sie einen guten Blick auf den zwöfstöckigen Anbau, dessen flaches Dach als Balkon diente. Auf diesen trat nun Muriel, dem eine weitere Gestalt folgte."

Es fällt auf, dass du einen weitgefächerten und anspruchsvollen Wortschatz hast, in dessen Weiten und Breiten, dir nur sehr wenige Wortwiederholungen passieren. Wenn es dir passiert, dann häufig aber sehr geballt. So wie hier:

"Das ist König Oriel, der Onoc-König. König über das rote Königreich Nemuros." Um das zu vermeiden, wäre dies eine Variante: "Das ist Oriel, der Onoc- König. Herrscher über das Reich Nemuros. " Aber das sind Dinge, die dir, wenn du eingehend darauf achtest, selbst auffallen werden und die du ohne Schwierigkeiten ausmerzen wirst.

Wobei Syd besonders innerhalb wörtlicher Rede da hin- und hergerissen ist. Einerseits ist es wirklich sehr oft das Wort König, andererseits gibt es auch Menschen, die zur Wiederholung in gesprochener Sprache neigen.

Etwas, das aufgefallen ist und was vielen Autoren, die Fantasy schreiben, passiert, ist die fehlerhafte Anrede des Königs. Ein Herrscher wir nicht, wie in der modernen Höflichkeitsform (3-Person Plural) sondern in der altertümlichen, königlichen Anrede (2.Person -Plural) angesprochen. Also NICHT: Majestät, Sie haben kein Zeit für Ihr Bad, da Sie auf dem Schlachtfeld bebraucht werden. SONDERN: Majestät, Ihr habt kein Zeit für Eurer Bad, da Ihr auf dem Schlachtfeld gebraucht werdet. Ebenso wichtig ist, dass die Anrede Ihr und Euch dann groß geschrieben werden.

Auch hier stimmt Syd ihren Kolleginnen im Grunde zu. In einer historischen Erzählung wäre das auf jeden Fall ein großes Manko gewesen. Andererseits haben wir eine Fantasiewelt, die sich nur an die mittelalterliche Neuzeit anlehnt, diese aber nicht vollständig adaptiert. Entsprechend dürfen Bräuche und Anreden abweichen, solange dies konsequent und durchgängig getan wird. Die altertümliche Anrede würde das natürlich noch unterstreichen, andererseits bringt die moderne Höflichkeitsform auch einen Kontrast mit sich, der sich in die magischen Technologien einfügt, die in Aquerra zu finden sind und die Welt nicht rückständig wirken lässt.



Form: Werden die Formalien wie Rechtschreibung, Zeichensetzung und der Rest der Grammatik beachtet?

Es gibt recht wenig zu beanstanden. Deine Rechtschreibung ist vorbildlich, deine Zeichensetzung zumeist ebenso, du verbleibst konsequent im Präteritum - es sei denn, du schilderst Vergangenes - und auch die Anwendung des korrekten Kasus gelingt dir. Fehler sind bei dir die absolute Ausnahme und was jetzt folgt, ist auch Meckern auf hohem Niveau.

Ab und an setzt du den Einschub von Relativsätzen an die falsche Stelle: "Als der König einige Meter zwischen sich und seine Armee gebracht hatte, flankiert von zwei Soldaten, stieg er von seinem Reittier ..." Da sich der Einschub, der die Soldaten erwähnt, welche den König flankeiren, auf den König und nicht auf die Armee bezieht, muss dieser an früher Stelle erfolgen: " Als der König, flankiert von zwei Soldaten, einige Meter zwischen sich und seine Armee gebracht hatte, stieg er von seinem Reittier..."

Desweiteren solltest du noch einmal in dich gehen, welchem Erzähler du dich bedienen willst. Aktuell liest es sich wie ein auktorialer Erzähler, der einen starken Fokus auf Jessica hat. Er schaut auch von Zeit zu Zeit von Rechts nach Links und betrachtete die anderen Charaktere, inklusive ihres Innenlebens, aber allem voran berichtet er vor allem von Jessica. Wenn das so geplant ist: Top. Es liest sich auch gut und du schweifst trotz der manigfaltigen Möglichkeiten eines auktorialen Erzählers nicht ab.

Falls du aber einen personalen Erzählstil hattest schreiben wollen, so ist dir das missglückt, da noch zu viel von den Empfindungen anderer Figuren preisgegeben wird, die nicht auf Beobachtungen Jessicas beruhen können. Dafür müsste sie Gedankenlesen können.

13 von 15 Punkten

Gesamteindruck

Zum Gesamteindruck ist folgendes zu sagen: Man mekrt wieviel Liebe, Herzblut und Zeit du in den Aufbau Aquerras gesteckt hast. Das Resultat ist eine Welt, in die man sich gerne entführen lässt und in die man, Dank deines vorhandenen Talents, wirklich gerne eintaucht und darin verweilt. Deine Fantasie wird vor den Augen des Lesers lebendig und die Authentizität deiner Charaktere lässt wirklich keine Zweifel daran, dass Aquerra in den weiten Reichen unsere Fantasie tatsächlich existiert und bevölkert ist.

Wir möchten an dieser Stelle gar nicht mehr lange rumlamentieren, sonder einfach nur sagen: Ein gelungenes Werk, dass es sich zu lesen lohnt. High-Fantasy vom Feinsten. Danke, dass wir es lesen und bewerten durften!

3 von 3 Punkten


Gesamtpunktzahl: 60 Punkte

Erreichte Punktzahl: 53,5 Punkte

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top