Entwurf 1 (Kapitel 1)

1: Wer Ist Das Denn?

Ich stand auf, als ich meinen Wecker hörte. Es war doch zum Kotzen. Ich musste mich jetzt schnell beeilen, wenn ich Mell noch erwischen wollte. Denn wir waren in derselben Uni und hatten eine Vorlesung, zu der ich garantiert zu spät kommen würde, wenn ich mich nicht beeilte. Und wie es das Schicksal so wollte, kam ich zu spät. Das hatte mir noch gefehlt. Ich ließ mich neben Mell auf den freien Platz im Hörsaal nieder. Sie blickte mich fragend an. Ich deutete ihr mit meinem Blick an, dass ich ihr alles nach der Lesung erzählen würde. Sie musste sich geschlagen geben. Ich machte mir Notizen und hörte dem Professor gespannt zu. Mell und ich studierten Psychologie. War ziemlich anstrengend, aber was soll man machen. Daran führte kein Weg vorbei.

„Verdammt, Ava! Wo warst du? Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet", sagte Mell und schaute mich tadelnd an. Ich verdrehte nur die Augen und lachte leise. Ich seufzte und fing an zu erzählen. Mell hörte zu und nickte an den passenden Stellen. „War ja klar, dass du wieder verschlafen hast", gab sie von sich und piekte mir in die Seite, woraufhin ich aufschrie und ihr einen kleinen Schubs gab. Wir lachten ausgelassen, bis er kam. Mit hochgezogenen Augenbrauen beäugte er uns und ging dann mit einem Kopfschütteln an uns vorbei. Fragend blickte ich zu Mell, welche mit den Schultern zuckte.

„Ist er neu?", fragte ich.

„Hab ihn noch nie hier gesehen."

Ich nickte und stand auf, um mir einen Kaffee zu holen. Der schmeckte zwar widerlich, aber das konnte man nicht ändern. Trotzdem trank ich ihn.

„Bäh. Wieso trinkst du denn den Kaffee, wenn der so ekelhaft ist?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Gibt ja nix anderes. Außerdem sind die anderen Getränke, wie Saft oder so noch schlimmer, als der Kaffee. Denk doch an das andere Zeugs, was die uns hier andrehen wollen, wenn wir in der Kantine sind."

„Hmm. Da hast du auch wieder recht", meinte Mell und widmete sich ihren Büchern. Den Jungen hatte ich echt noch nie hier gesehen. Wahrscheinlich war er neu. Anders kann ich es mir nicht vorstellen.

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„Ava Wilson?"

Oh Gott. Mein Herz rutschte mir in die Hose. Was wollte Mr. Stevens von mir?

„Bitte zeigen Sie Mr. Dave Evans den Campus."

Der Junge. Das ist er. Ich hatte ihn mit Mell schon einmal gesehen. Er sah mich kritisch an. Mir war sofort klar, dass das ein Arsch sein würde, aber da ich Mr. Stevens nicht enttäuschen wollte, zeigte ich Dave Evans den Campus. Dies stellte sich aber als schwierig heraus, weil er so ... wie soll ich sagen? Anstrengend war. Ich hielt es mit ihm nicht aus. Er regte mich total auf! Er war so gefühllos. Aber es konnte mir doch eigentlich egal sein. Ich schüttelte den Kopf über mich und ließ ihn stehen. Kein „Danke" oder so. Das sollte mir doch eigentlich egal sein. Aber warum regte mich dieser Junge so auf? Wahrscheinlich lag es an seiner Art, die mich so in den Wahnsinn trieb. Ja, das war bestimmt seine Art. Anders konnte ich es mir nicht vorstellen. Mell starrte mich fragend an, als ich in unsere Wohnung eintrat.

„Und? Wie war's?"

Ich zuckte mit den Schultern und sagte bissig: „Willst du nicht wissen."

Mell lachte. „Sag doch. Was war los?"

„Dieser Dave Evans ist ein Arsch."

„Warum?"

Mell zog ihre Augenbrauen fragend in die Höhe.

„Ich weiß es nicht. Aber was ich dir sagen kann ist, dass es an seiner Art liegen muss."

„An seiner Art?", fragte Mell und sah mich an. Ich nickte nur. Dann fing sie an zu lachen. Ich weiß nicht wieso, aber ich sah sie gekränkt an. Mell musste noch mehr lachen. Ich drehte mich weg und schlug meine Papiere auf, um ein wenig für die Prüfungen zu lernen. Aber Mell machte mir einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. „Komm, Ava. James hat uns gerufen. Er will das wir ihn auf eine Party begleiten."

Ich stöhnte. Mell und ihre Partys. Ich hatte so gar keinen Bock auf diese Party zu gehen, denn was sollte ich da machen? Es lief doch eh nur laute Musik und man konnte sich nicht in Ruhe miteinander unterhalten. Aber Mell zuliebe kam ich mit auf diese schäbige Party.

„Ich komme mit", sagte ich. Mell quiekte auf und hüpfte aufgeregt vor mir auf und ab. Mell war eine kleine verrückte Person. Man konnte ihr einfach nicht widerstehen. Ich zog mir ein Kleid an, schminkte mich dezent und dann gingen wir los. James wartete vor unserer Wohnung.

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„Hallo Ladys. Seit ihr bereit?"

Mell nickte und wurde leicht rot. Ich grinste. War sie in ihn verliebt? Anscheinend schon. Ich knuffte Mell in die Seite. Böse blickte sie mich an. Als wir ankamen, war es voll. Abe das war es immer. Ich setzte mich auf einen Stuhl und spielte mit meinem offenen Haar herum. Jemand setzte sich neben mich. Ich blickte nach rechts. Da war er wieder. Dave. Dave Evans. Ich konnte ihn nicht leiden. Bitte fragt mich nicht wieso. Mürrisch blickte ich nach vorne. Dieser Typ starrte mich von der Seite an. Ich ignorierte ihn einfach. Das war das Beste.

„Warum alleine hier?", fragte er. Er klang so kühl. Abweisend. Vielleicht war er das ja auch. Aber warum fragte er mich dann, wieso ich allein hier sei? Das machte doch keinen Sinn. Ich schrak zusammen, als er mich berührte. Funkelnd blickte ich zu ihm herüber.

„Bin mit Freunden hier", antwortete ich knapp.

„Und wo sind sie?"

Ich zuckte nur mit den Schultern. Wandte den Blick von ihm ab. Er ging mir tierisch auf die Nerven. Wo blieb Mell? Ich sah sie und winkte ihr zu, damit sie mich sah. Mell kam und starrte mich mit offenem Mund an. Ich schüttelte den Kopf und sagte, dass er gekommen sei und ich ihn nicht dazu gezwungen hätte. Warum sollte ich dies denn tun. Nennt mir einen Grund.

„Mell, lass uns gehen. Ich bin müde und muss noch für die Prüfungen lernen. Das solltest du auch tun, wenn du sie nicht verscheißen willst", sagte ich über die Musik zu ihr. Mell zuckte nur mit den Schultern und nickte dann ergeben. Endlich. Raus hier. Ich freute mich schon.

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„Wieso bist du so eine Spaßverderberin, Ava?", wollte Mell wissen, als wir in unserer Studentenwohnung ankamen.

„Du weißt, dass ich Partys nicht ab kann, Mell."

Sie gab einen unbestimmten Ton aus ihrem Mund und wandte sich von mir ab. In diesem Moment holte ich meine Papiere und meinen Laptop heraus, um zu lernen. Mell spielte mit ihrem Handy herum. Ich seufzte leise auf. Noch so viel zu lernen. Mein Nacken wurde steif. Ich bewegte ihn. Aber es brachte nichts. Erschöpft legte ich die Sachen bei Seite und ging ins Bad, wo ich mir eine ausgelassene Dusche gönnte. Mell klopfte an die Tür.

„Bist du denn auch bald mal fertig? Ich will auch noch duschen gehen."

Ich kam raus. Ging in mein Bett. Natürlich angezogen. Mit Pyjama und T Shirt und so versteht sich. Ich schloss meine Augen und glitt in einen ruhigen Schlaf.

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„Miss Wilson?"

Der Professor schaute mich tadelnd an. Ich erschrak. Sah ihm in die Augen.

„Ja?"

„Haben Sie zugehört?"

Ich nickte.

„Und über was habe ich gerade geredet?"

Oh. Shit. Nein. Fuck. Warum fragte er mich das? Wollte er mich eigentlich verarschen? Hektisch schaute ich auf meine Notizen und sagte dann leise, was er gesagt hatte.

„Gut", sagte der Professor, „Danke, Miss Wilson."

„Gerne."

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„Mell? Wo bleibst du denn? Wir müssen los", fragte ich.

„Jaja, ich komme ja schon", meinte Mell und kam aus dem Bad.

„Endlich."

„Sagt die Richtige."

Wir mussten uns beeilen, wenn wir nicht zu spät kommen wollten. Und wir kamen nicht zu spät. Das war super. Der Saal war gefüllt. Es kamen echt viele zur Vorlesung. Morgen würden die Prüfungen sein. Darauf freute ich mich schon. Man bemerke bitte die Ironie, welche in dem vorherigen Satz mitschwang. Denn ich hab totale Angst vor der Prüfung. Es war das letzte Semester. Dann wäre ich fertig mit der Uni. Ich war einerseits froh, dass ich die Uni beendet hatte, aber einerseits auch nicht. Ich hatte begonnen einige Mitbewohner und Studenten ins Herz zu schließen. Ich hoffte inständig, dass wir in Kontakt bleiben würden, auch wenn ich mit dem Studium fertig war. Ich seufzte leise auf. Mell starrte mich an. Ich blickte zu Boden. Die Lesung war vorbei. Ich sprang auf und ging in den nächsten Kurs. Ich belegte den Kurs für kreatives Schreiben. Es machte mir Spaß Bücher und Geschichten zu Schreiben. Einige von denen wollte ich an einen Verlag schicken, aber ich hatte keine Ahnung, ob es den Lesern gefallen würde. Also ließ ich es doch bleiben. Und in diesem Kurs begegnete ich ihm. Dem Jungen ohne Gefühle. Dem Jungen ohne Regung. Er saß da. Den Laptop vor sich. Starrte auf den Bildschirm und schrieb. Verstohlen beobachtete ich ihn von der Seite. Wieso habe ich ihn vorher nicht gesehen? Ich konnte mich nicht an sein Gesicht erinnern. Wahrscheinlich war er neu. Aber wer weiß es schon. Ich holte Luft und klappte meinen Laptop auf. Ich blickte ihn von der Seite an, aber er reagierte nicht. Ich drehte mich weg, öffnete ein Dokument und fing an zu schreiben. Der Bildschirm füllte sich mit Worten. Zeile um Zeile. Seite um Seite.

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„Denkst du daran, dass Buch zu veröffentlichen?"

Ich zuckte zusammen. Drehte mich um und sah in die Augen einer Studentin. Eine Weile starrte ich sie nur an. Dann sagte ich: „Weiß nicht. Ich denke nicht."

„Wieso? Das klingt doch richtig gut was du da schreibst."

Ich zuckte nur mit den Schultern und überflog mein Buch. Einige Sätze fing ich an zu ändern und zu überarbeiten. Sie gefielen mir nicht. Nun war es besser. Der Kurs endete. Ich packte meine Sachen und ging nach draußen. Im Zimmer angekommen fuhr ich den Laptop hoch und blickte auf das noch nicht fertige Buch herunter. Lange dachte ich darüber nach, ob ich sie an einen Verlag schicken sollte. Aber ich verwarf den Gedanken dann schnell. Ich wollte nicht berühmt werden. Außerdem wäre mir das viel zu anstrengend. Ich beließ es dabei. Trotzdem würde ich sie zu Ende schreiben. Das hatte ich so geplant, aber veröffentlichen würde ich sie nicht.

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Ich lag da. Still. Reglos. Auf dem Bett. Ich hatte mir eine Wohnung gesucht. Die Uni war jetzt endgültig vorbei. Das ging mir viel zu schnell. Morgen würde ich anfangen zu arbeiten. In einer Bar. Als Kellnerin. Ich war schon aufgeregt. Aber es war nichts Neues für mich. Mell wohnte mit mir in der Wohnung. Wir hatten uns eine gemeinsame Wohnung gesucht. Ich stand auf, schnappte mir meinen Laptop und schrieb einige Sätze an dem Buch. Mir fiel nichts mehr dazu ein, deshalb legte ich es weg und hievte mich aus dem Bett. Ich ging ins Bad und wusch mich. Dann ging ich in die Küche und aß einen Müsliriegel. Mell saß im Wohnzimmer, als ich hereinkam und mich neben sie auf die Couch fallen ließ. Irgendeine bescheuerte Serie lief im Fernsehen. Diese interessierte mich nicht wirklich.

„Ich werde morgen bei James übernachten", sagte Mell und wurde leicht rot. Ich nickte nur und wendete den Blick zu Boden. Ich hatte mal wieder meine Phasen. Mell schaute fragend zu mir herüber.

„Nein, schon gut", fing ich an aber wurde von Mell unterbrochen.

„Was ist bloß los, Ava? Sag schon!", forderte sie ich auf. Ich seufzte und stand auf. Mell griff nach meinem Arm und drückte mich in die weichen Kissen der Couch zurück. Ich seufzte leise auf. Verschränkte die Arme vor der Brust. Verschloss mich ihr gegenüber. Mell ließ meinen Arm los. Ich stand auf und ging in mein Zimmer. Dort schmiss ich mich auf mein Bett und schloss die Augen. Ich glitt in einen nicht ruhigen Schlaf. Es war ziemlich früh zum Schlafen gehen, aber ich wusste nicht was ich machen sollte. Deshalb ging ich schlafen. Hatte ja keine andere Wahl. Und an meinem Buch weiterschreiben wollte ich nicht, weil mir nichts einfiel.

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Der erste Arbeitstag. Er verlief bis jetzt ohne Zwischenfälle. Das erleichterte mich. Dann kam er und brachte alles durcheinander. Er sah unverschämt gut aus. Nein! Was dachte ich denn da. Er war total gefühlskalt. Ein schlechter Umgang. Mürrisch blickte er drein. Ich beachtete ihn nicht.

„Ava, würdest du bitte Dave die Küche zeigen?"

Wieso musste ich immer alles tun? Ich glaubte, dass es alle auf mich abgesehen hatten, aber daran durfte ich mich nicht aufhängen. Trotzig zeigte ich ihm alles. Ließ ihn dann allein, als er mir deutlich machte, dass ich gehen konnte. Er würde sich ja allein zu Recht finden. Ich nickte und ließ ihn allein zurück. Machte mich an die Arbeit. Erschöpft und ausgelaugt kam ich in der Wohnung an. Mell war nicht da, denn sie würde ja bei James übernachten. Ich musste unwillkürlich grinsen. Sie waren so ein süßes Parr zusammen. Ich schlenderte durch die Zimmer und räumte auf. Putzte die Böden und saugte. Bezog die Betten und Decken. Als ich damit fertig war, ging ich ins Wohnzimmer und ließ mich mit meinem Laptop auf die Couch fallen. Ich schrieb an meinem Buch weiter. Dave Evans hatte mich auf neue Ideen gebracht. Wieso wusste ich auch nicht. Wahrscheinlich kam es daher zustande, weil ich ihn nicht leiden konnte und irgendwie musste ich dies doch zum Ausdruck bringen. Und dies machte ich wohl oder übel in meinem Buch, welches ich schrieb. Die Wörter flogen über den Schirm des kleinen Macs. Seiten füllten sich. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen. Ich war zufrieden mit dem, was ich tat. Ich bemerkte nicht einmal, wie es an der Tür klingelte. Ich war zu sehr in Gedanken versunken gewesen. Ich blickte auf. Stand auf. Ging zur Tür, da ich dachte was gehört zu haben. Da lag ich auch goldrichtig. Dave. Dave Evans stand vor der Tür und blickte mich an. Ich blickte stur zurück. Irgendwas lag in seinem Blick. Aber was es war konnte ich nicht deuten.

„Was ist?", fragte ich. Ließ ihn aber nicht ins Haus rein. Er sah mich nur an und brachte keinen Ton raus. Ich würde ihn nie kapieren. Er war mir ein Rätsel. Ich schloss die Tür vor seiner Nase. Wenn er nicht reden wollte, dann war das nicht mein Problem. Und außerdem woher wusste er wo ich wohnte? Hatte es ihm etwa jemand gesagt? Oder hatte er mich verfolgt? Vielleicht war er ja ein Stalker. Man wusste ja nie, wie die Menschen tickten. Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Holte den Laptop aus dem Stand-by Modus heraus. Schrieb an meinem Buch weiter. Meine Finger flogen über die Tasten. Ich schrieb bis zum späten Abend.

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„Ava, wann kommst du uns mal wieder besuchen?", fragte meine Mutter, als ich annahm.

„Das weiß ich nicht", antwortete ich ihr und wartete auf ihre Antwort. Ich hatte meine Mutter vermisst. Und meine kleine Schwester auch. Sie war doch grade mal knappe sechzehn Jahre alt geworden. Es war eine Zeitlang still am anderen Ende der Leitung.

„Wie wäre es mit nächstem Wochenende?", wollte meine Mutter wissen.

„Ok, wann soll ich da sein?", fragte ich und spielte mit einer meiner Haarsträhne herum.

„Wie wäre es mit 4.00 Uhr?"

„Geht klar", sagte ich und lächelte leicht. Ich legte auf, nachdem wir uns verabschiedet hatten. Das Telefon stand in der Station. Ich saß in der Küche und trank einen Kaffee. Dann ging ich in mein Zimmer und legte mich auf mein Bett. Mein Laptop stand auf dem Schreibtisch. Irgendwie konnte ich nicht schlafen. Ich schnappte mir mein Handy und schrieb meiner Schwester. Ich wusste, dass sie schlafen würde, aber ich schrieb ihr trotzdem. Es gab nur ein kleines Problem. Ich wohnte in Kalifornien und meine Eltern in New York City. Das würde einen Tag und achtzehn Stunden dauern, wenn ich mit dem Auto fahren würde. Mit dem Flugzeug würde ich nur vier Stunden und neun Minuten brauchen. Aber Flüge waren ja meisten teuer. Vielleicht musste ich doch absagen. Ich seufzte leise auf. Mein Handy blinkte auf. Ich zuckte zusammen. Dann lächelte ich. Meine Schwester hatte mir geschrieben. Ich las ihre Antwort und musste grinsen. Schnell schrieb ich ihr zurück. Wir hatten drei Stunden Zeitunterschied. Sie war trotzdem noch wach. Ich legte das Handy weg und zog mich um. Ich musste morgen früh aufstehen, um nicht zu spät zu kommen. Also putzte ich mir die Zähne, wusch mich und kroch dann in mein Bett. Ich durfte ja nicht unausgeschlafen in der Bar aufkreuzen. Das konnte ich mir nicht leisten. Ok, ich hätte auch das tun können, was meine Eltern mir aufbrummen wollten aber ich wollte dies nicht machen. Denn es ist ja mein Leben und ich muss doch wohl selbst entscheiden dürfen was ich ausübe und was nicht. Sie waren reich und wohnten in einer Villa. Mein Vater war berühmter Schauspieler. Er wollte mir dies alles aufzwingen. Meine Mutter wollte dies nicht. Sie ließ uns unsere Freiheit. Ich hoffte, dass sie meine Schwester nicht so hart dran nahmen wie mich. Ich musste sie besuchen gehen. Zu Not würde ich fliegen. Das war ja kein Problem. Ich könnte einfach meine Mutter nach Flugtickets fragen. Sie würde sie mir ja buchen. Da konnte ich ja noch nicht ahnen, dass Dave Evans was damit zu tun haben würde. Und ich konnte auch nicht wissen, dass mein Vater ihn nach Kalifornien schickte, um mich zu beschatten. Das alles würde ich in den Tagen erfahren, wenn ich bei ihnen auftauchen würde. Oder wann? Aber da ich ja so verzweifelt war, fragte ich ihn einfach. Meine Mutter wollte ich dann doch nicht nach Tickets fragen.

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Ich streckte mich und schaltete den Wecker aus. Ich war müde. Wollte nicht aufstehen. Hatte keine Lust. Anscheinend würde ich heute meinen schlechten Tag haben. Das bemerkte ich schon beim Aufstehen. Also stand ich auf und machte mich fertig. Ich kam relativ früh an. Evans war auch schon da. Ich ging an ihm vorbei und zog mich um. Ich stellte mich an den Tresen und wartete auf die Kundschaft. Eine Kundin kam herein. Ich gab ihr was. Dann war es für eine ganze Weile still. Wenn ich zu ihnen wollte, dann musste ich wohl oder übel Überstunden machen. Ich wollte Evans nicht fragen. Außer ich hätte nicht so viel Geld zusammenbekommen. Die würde eh der Fall sein. Das angesparte Geld würde auch nicht reichen. Das wusste ich. Da musste ich wohl oder übel durch. Ich holte tief Luft. Drehte mich zu ihm und sah ihn fragend an. Er blickte nicht einmal zu mir herüber.

„Evans?", fragte ich. Nichts. Keine Reaktion. „Dave!"

Er drehte sich zu mir um. „Was?"

Ich konnte es nicht tun. Aber ich musste. Erneut holte ich tief Luft. „Ich brauch Hilfe."

Er lachte und konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Fragend und verwirrt zugleich schaute ich ihn an. „Wieso brauchst du Hilfe? Du bist doch so eine, die alles allein auf die Reihe kriegen würde", sagte er und in seiner Stimme lag Abscheu mir gegenüber.

„Ich will meine Eltern in New York besuchen und wollte dich fragen, ob du mich fahren könntest oder wenigsten ein wenig für den Fl..."

Weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich. „Ich muss sowieso nächsten Freitag nach New York. Ich nehm dich mit, aber halt deine Klappe."

Ich nickte und bedankte mich bei ihm.

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In der Wohnung sah es aus wie in einem Stall. Ich seufzte, als die chaotische Wohnung betrat. Mir war klar, dass Mell da war. Sonst wäre es nicht so. Ich musste ihr noch sagen, dass ich nächste Woche zu meinen Eltern fuhr. Sie würde sich bestimmt darüber freuen. Ich fand sie im Wohnzimmer und gesellte mich zu ihr. Mell blickte stur auf den Bildschirm des Fernsehers.

„Schön, dich zu sehen, Mell", sagte ich. Sie drehte den Kopf zu mir und nickte nur. Fragend schaute ich sie an. Sie sagte nichts. Hatte James mit ihr Schluss gemacht? Oder wieso war sie so drauf? Ich war sechsundzwanzig und damit zehn Jahre älter als meine Schwester Cecilia. Mell war genauso alt wie ich.

„Du hast mir nicht gesagt, dass du an mehreren Büchern schreibst", sagte Mell. Etwas Tadelndes lag in ihrer Stimme. „Wann hattest du das vor?"

Ich blickte zu Boden. Wie hatte sie dies denn herausgefunden? „Ich wollte es dir schon sagen."

„Und wann?", fragte Mell, „nachdem du sie veröffentlicht hast?"

Ich seufzte. „Ich werde sie nicht veröffentlichen."

Mell machte den Fernseher aus und schaute mich entgeistert an. „Bitte! Du weißt doch, dass ich Lektorin bin und ich habe es mir durchgelesen. Das ist gut. Du musst eines der Bücher veröffentlichen. Ava, bitte. Lass uns das Buch bearbeiten. Vertrau mir doch einfach mal."

Was sollte ich bloß tun? Gegen Mell kam ich nicht an. Ich nickte geschlagen und holte meinen Laptop aus dem Zimmer. Wir fingen an das Buch zu bearbeiten. Die Sätze und alles andere. Dann ließ sie mich allein zurück und ich schrieb weiter an dem Buch.

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„Das ist perfekt", sagte Mell, als sie mir über die Schulter schaute. Ich musste lächeln. „Wann denkst du ist es fertig?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich noch nicht. Vielleicht in so eins bis zwei Monaten."

„Na dann. Lass dir die Zeit und schreibe fleißig weiter. Und dann korrigieren wir es und lassen es veröffentlichen. Ok?"

Ich nickte. Denn ich wollte einmal was richtig machen. Nur dieses eine Mal. Mell verließ mein Zimmer. Ich schrieb und schrieb. Den Job in der Bar hatte ich aufgegeben. Ich konnte es nicht machen. Außerdem hatte es mir keinen Spaß in der Bar gemacht. Und in einigen Tagen würde ich eh zu meinen Eltern fahren. Aber leider fuhr er mich. Damit musste ich leben. Das würde ich doch aushalten. Aber einen Tag? Oh Gott. Was habe ich mir da bloß ausgesucht. Ändern konnte man das jetzt nicht mehr. Ich seufzte auf und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. Mell kam herbeigeeilt und schaute fragend zu mir herüber.

„Was ist los?"

„Ich hätte es nicht tun dürfen", sagte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

„Was hättest du nicht tun dürfen?", wollte Mell wissen. Sie schnappte sich einen Stuhl und schob ihn neben mich. Sie sah mich lange an.

„Ich hätte Evans nicht fragen dürfen, ob er mich nach New York fahren würde."

Mell blickte mich verwirrt an. Ich seufzte und fing an ihr alles zu erklären. „.. und dann war ich so verzweifelt das ich ihn einfach gefragt habe, obwohl ich ihn hasste. Und jetzt bereue ich diese Tat."

Mell lachte leise auf. „Tja, Ava. Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Daran kann ich jetzt nichts ändern. Sorry."

Ich zuckte mit den Schultern. „Ist schon ok."

„Wie weit bist du schon mit deinem Buch?"

„Es sind schon einige Seiten. So um die achtzig, neunzig, hundert."

„Das ist doch schon eine Menge. Schreib einfach weiter. Ich will dich nicht dabei stören", meinte Mell und verließ das Zimmer. Also machte ich mich an die Arbeit und schrieb. Ich schrieb und schrieb. Als ich auf die Uhr schaute, war es 23.30 PM. Ich speicherte und fuhr dann den Laptop herunter. Es würde in zwei Tagen soweit sein. Dann würde ich nach New York fahren und meine Eltern besuchen. Ich war schon ganz aufgeregt. Eigentlich brauchte ich nicht aufgeregt zu sein, denn es waren ja nur meine Eltern. Ich verstand mich selber nicht mehr. Irgendwie zerbrach ich an mir selbst. Das merkte ich. Aber was war denn an mir so falsch? Ich verstand es nicht. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich nicht so ein Wunschkind für meine Eltern gewesen war. Ich habe nicht auf sie gehört, habe nicht das studiert was sie eigentlich von mir verlangten und ich zog aus dem Haus aus. Nach Kalifornien. Hier war ich glücklich. Dachte ich zumindest. Aber dem war anscheinend nicht so. Aber dies konnte man jetzt nicht mehr ändern. Ich zog mich um, ging mich waschen, putzte mir die Zähne, schminkte mich ab und kuschelte mich dann in meine Decke. Ich schloss die Augen und glitt in einen nicht ruhigen Schlaf.

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Schweißgebadet wachte ich nachts um drei auf. Ich blickte mich in meinem Zimmer um. Es war nichts geschehen. Alles war immer noch wie vorher. Ich stand auf. Konnte ja eh nicht mehr einschlafen. Auf leisen Sohlen wanderte ich in der Wohnung umher. Dieser Traum verfolgte mich. Er kam mir so real vor. Aber das war er nicht. Wenn ich an diesen Traum dachte, erschauerte ich am ganzen Körper. Ich musste aufhören darüber nachzudenken, denn das würde jetzt auch nichts mehr bringen. Außerdem musste ich noch meine Koffer für morgen packen. Ich ging in mein Zimmer zurück und kramte den Koffer hervor. Ich packte schon mal alles ein, damit ich es nicht mehr machen musste. Als ich auf die Uhr schaute, war es 5.50 AM. Ich legte mich einfach so auf mein Bett und schloss die Augen. Ich glitt in einen leichten Schlaf. Träumte aber nichts Schlimmes.

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Als ich diesmal um 11.00 AM aufwachte, war Mell schon weg. Sie war zur Arbeit gegangen. Als Lektorin verdiente sie jetzt nicht so viel. Sie war ja erst neu in die Branche des Lektorats eingestiegen. Aber bald würde sie eh Auftrag für Auftrag bearbeiten müssen. Solange keine Aufträge kamen, machte sie einen Nebenjob in irgendeinem Restaurant, welches in der Nähe war. Ich frühstückte und ging dann in die Dusche. Es war schön entspannend. Nun konnte ich den bescheuerten Traum vergessen. Falls ich ihn vergessen würde. Als ich damit fertig war, ging ich ins Zimmer. Natürlich angezogen. Ich hatte so gar keine Lust auf Frühstück. Also schnappte ich mir meinen Laptop und fuhr ihn hoch, damit ich an meinem Buch weiterschreiben konnte. Mir fielen echt viele Ideen ein, die ich auch zugleich aufschrieb. Ich merkte nicht einmal, wie Mell hereinkam und mir über die Schultern schaute. Die Zeit verging so schnell. Als ich auf die Uhr schaute, war es grade mal 4.25 PM. Ich war baff. So lange saß ich am Laptop und schrieb am Buch? Mell war schon da. Sie sah mich an und nickte. Ich blickte sie an.

„Hör jetzt auf zu schreiben."

Fragend zog ich eine Braue in die Höhe. „Wieso?"

„Weil das ein spannendes Ende wird", sagte Mell und schnappte sich meinen Laptop. „Wir werden das jetzt überarbeiten und korrigieren. Dann werde ich es an meinen Verlag schicken und sie werden es dann veröffentlichen."

Ich nickte und wir fingen an Satz für Satz zu lesen, um sie dann zu überarbeiten. Wir hatten eine Menge in zwei Stunden geschafft. „Wir machen weiter, wenn du wieder da bist."

Ich nickte. „Ok. Wir können von mir aus auch jetzt noch weiter machen."

Mell lächelte. „Eine Pause wäre jetzt nötig. Außerdem musst du noch packen."

„Ich hab schon gepackt", sagte ich und zeigte auf den Koffer, welcher in der Ecke meines Zimmers stand. Mell stand auf und ging zum Koffer, öffnete ihn und fing an zu lachen. Auch ich stand auf, um zu sehen, was der Auslöser für ihr Lachen war. Ich schlug mir die Hände vors Gesicht. Verdammt! Was hatte ich da fabriziert? Oh Gott. Nachts um drei darf ich nie mehr Koffer packen. Das habe ich jetzt gelernt. Ich machte ihn ganz auf und holte die Dinge heraus, um ihn erneut zu packen. Mell half mir dabei. Dann machten wir uns wieder an dem Buch zu sachaffen, welches eh bald fertig war. Nur noch die kleinen Feinheiten fehlten noch. Dann wäre es bereit zum veröffentlichen. Mell stand auf und ich folgte ihr in die Küche. Sie machte uns beiden einen Kaffee. Ich nahm ihn dankend an. Ich nahm einen Schluck. Fuck! Man war der heiß. Ich verzog das Gesicht. Mell lachte auf. Ich zeigte ihr den Mittelfinger. Wir gingen ins Wohnzimmer und ließen uns auf die Couch fallen. Ich krallte mir die Fernbedienung und zappte durch die Kanäle. Es lief nur Schrott. Ich machte ihn wieder aus. Mell blickte mich von der Seite an. Ich schaute sie auch an. So verweilten wir eine Weile, bis ich sie fragte, was mit ihr war.

„Was meinst du?", wollte sie wissen.

„Ist was mit dir und James?", hakte ich nach. Mell schüttelte den Kopf. Das konnte ich ihr nicht glauben. Aber wenn sie es mir nicht erzählen wollte, dann konnte ich sie nicht dazu zwingen. Ich stand auf. Ich musste jetzt rumlaufen. Konnte nicht mehr sitzen bleiben.

„Warum hast du in der Nacht so geschrien?", platzte es aus Mell heraus. Ich hielt inne. Erstarrte förmlich zu wachs. Mell blickte mich besorgt an. Bestimmt wich mir die Farbe aus dem Gesicht. „Ava, ist alles ok? Du siehst so blass aus."

Ich nickte nur und ging in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Ich trank es in einem Zug aus. Ich konnte Mell davon nichts sagen. Außerdem wusste ich doch selbst nicht mehr, was ich in der vorherigen Nacht geträumt hatte. Es war wie weggeblasen. Als ich ins Wohnzimmer kam, lag Mell auf der Couch und spielte mit ihrem Handy herum. Aber als sie mich sah, legte sie es weg und kam zu mir gelaufen.

„Ava, dich bedrückt doch was. Was ist es? Du kannst es mir ruhig sagen, wenn du willst."

Ich seufzte auf. „Ich weiß doch selbst nicht mehr, was ich nachts geträumt habe, Mell. Ich würde es dir ja sagen, wenn ich es noch wüsste."

Jetzt war Mell an der Reihe blöd drein zu schauen. „Wie meinst du das?"

„Ich habe einen Filmriss. Sozusagen. Ich hab vergessen was ich geträumt habe, Mell", wiederholte ich langsam sprechend in Richtung Mell, welche nur nickte. Ich ging aus dem Wohnzimmer in mein Zimmer. Ich wusste nicht, wann er mich holen würde und überhaupt ob er mich abholen würde. Nicht mal seine Nummer hatte ich, um ihn das zu fragen. Aber das war ja jetzt wohl zu spät. Außerdem würde es blöd rüber kommen, wenn ich Evans nach seiner Nummer fragte. Dann würden ja alle denken, dass ich in ihn verknallt wäre, aber dem war nicht so. Niemals würde ich mich in Dave Evans verknallen. Nur über meine Leiche. Außerdem mochte ich ihn nicht und wie es schien mochte er mich auch nicht.

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„Ava, kommst du? Wir wollen noch auf einen Drink in die Bar gehen. James und ich."

Mell stand in meiner Zimmertür und schaute mich fragend an. „Ich weiß es nicht. Außerdem muss ich früh schlafen gehen, da ich ja morgen losfahre."

Mell gab einen brummenden Laut von sich. „Was, wenn du ihn siehst? Dann kannst du ihn fragen wann du wach sein musst."

Da hatte sie auch recht. Also schnappte ich mir meine Handtasche, legte mein Handy rein, schminkte mich dezent und sagte: „Komm! Wir gehen."

Mell fiel mir in die Arme und meinte: „Du bist ein Schatz, Ava."

Daraufhin nickte ich nur und wir liefen los. Als wir ankamen, war es ziemlich voll. Aber nach langem Suchen fanden wir James. Es waren auch einige Kumpel von ihm dabei. Das hatte Mell nicht erwähnt. Dann kam er. Dave Evans. Wie der Kerl mir auf den Sack ging. Mell blickte ihn an. Lange. Aber nicht zulange, denn James saß neben ihr und blickte ihn böse an.

„Ava wollte wissen, wann du sie abholst", platzte es aus Mell heraus. Dave Evans drehte sich zu mir und blickte mich an.

„Hat sie denn keinen Mund?", wollte er wissen. Ich glaub ich war die einzige, die bemerkte, dass seine Stimme abfällig klang. Aber das konnte mir doch egal sein.

„Damit ich weiß, wann ich wach sein muss", sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen in seine Richtung. Er lächelte leicht.

„Bin dann da, wenn ich an deiner Tür klingele", sagte er und verschwand, um die Getränke zu holen.

„Wie dreist ist das denn", meinte ich und schaute die Leute am Tisch an. Sie zuckten alle nur mit den Schultern. Ich musste mich drauf einstellen nicht schlafen zu gehen. Wer weiß, wann er aufkreuzte. Ich stand auf und nahm meine Sachen.

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