Nanna - Mondtochter
Heute werde ich mich mit "Nanna - Mondtochter" von Felidea11 beschäftigen.
Ich habe privat gerade leider einiges um die Ohren, weshalb ich für diese Rezi eine Weile gebraucht habe. Ich werde aber versuchen die Wartezeiten in Zukunft etwas kürzer zu gestalten.
Für etwaige Fehler entschuldige ich mich im Voraus, ich habe alles am Handy verfassen und korrigieren müssen, da ich momentan keinen Zugriff auf meinen Laptop habe. Ich habe die Rezi zwar mehrfach Korrektur gelesen, aber es könnten mir trotzdem Fehler durch die Lappen gegangen sein.
Beginnen wir aber mit der Kritik, wie immer mit dem Cover.
Es gefällt mir gut. Es ist stimmungsvoll und bildet wichtige Elemente aus dem Buch ab. Mein einziger Kritikpunkt: Die Haarfarbe des abgebildeten Mädchens, da die Hauptfigur ja langes, weißblondes Haar hat. Abgesehen davon habe ich aber nichts auszusetzen.
Der Titel gefällt mir ebenfalls. Kurz, bündig, passend. Also gleich weiter zum Klappentext.
Elysion ist die scheinbar letzte menschliche Siedlung auf der Erde. Dort werden Kinder von Androiden großgezogen, um dann als Erwachsene zum Mars umzusiedeln. Nanna steht kurz vor ihrer arrangierten Hochzeit, doch sie sehnt sich nach Freiheit, nach einem Leben außerhalb der Kuppel, die ihre Heimat umgibt. Eine Legende erzählt von den Profillosen, die dort draußen überlebt haben sollen. Das junge Mädchen wird von einer tiefen Sehnsucht beherrscht und ahnt nicht, wie viele Geheimnisse in ihrer Vergangenheit begraben liegen und welch außergewöhnliches Schicksal für sie bereitliegt. Die Geschichte von Nanna ist ein Mix aus Science Fiction, Dystopie und Romantik - für Leser ab vierzehn Jahren geeignet. Sie behandelt Themen wie: Freundschaft, Identitätssuche, Gesellschaftskritik, Ausbruch aus elitären Zwängen
Auch hier gibt es wenig zu bemängeln. Eine kleine Sache jedoch: das Wort "scheinbar" im ersten Satz würde ich weglassen. Denn so wird quasi sofort verraten, dass Elysion nicht die einzige Siedlung ist. Ansonsten finde ich, dass der Klappentext den Hauptkonflikt gut zusammenfast. Auch die Information, für wen die Geschichte geeignet ist, finde ich sinnvoll. Ich persönlich schreibe so etwas in der Regel ins Vorwort hinein, aber im Klappentext stört es mich jetzt nicht unbedingt.
Der erste Eindruck scheint also durchaus positiv. Dann aber habe ich das erste Kapitel geöffnet, und musste erstmal seufzen. Denn: die Struktur des Ganzen gefällt mir überhaupt nicht. Ich werde als Leserin nicht gefesselt, sondern bekomme erstmal einen Infodump vorgesetzt. Ich empfinde das als sehr unelegant. Zudem frage ich mich die ganze Zeit: wer erzählt hier? Es ist nicht nüchtern genug für eine bloße Information. Und warum muss ich das genau jetzt wissen? Ich muss ehrlich sein: hätte ich nicht die Kritik schreiben wollen, ich hätte das Buch sofort geschlossen und nicht wieder angerührt. Und das ist sehr schaden, denn hier stecken einige gute Ideen drin. Aber der Reihe nach. Ich bevorzuge einen Einstieg, der mich sofort mitten ins Geschehen schmeißt und mich so an die Handlung und die Charaktere bindet. Die hier genannten Informationen könnten meiner Meinung nach auch direkt ins Geschehen eingestreut werden.
Was mir den Einstieg ebenfalls etwas schwer gemacht hat, das war der Schreibstil. Stellenweise wirkt er vollkommen überladen von Beschreibungen und Eindrücken, aber ich habe trotzdem das Gefühl nicht nahe genug an die Figuren heranzukommen. Die Autorin bedient sich vieler Vergleiche und Metaphern, die teilweise sehr gut sind, mancherorts aber geradezu lächerlich wirken. Hier würde ich nochmals durch die Kapitel gehen und etwas abspecken. So bekommen die verbleibenden Stilmittel mehr Luft zum Atmen und können besser wirken.
Allgemein habe ich mich schwer getan wirklich ins Buch hineinzukommen. Denn obwohl viel beschrieben wird, fehlt es mir an der Vielfalt der Sinne. Wir bekommen ausladende, visuelle Schilderungen und hin und wieder auch körperliche Empfindungen, aber besondere Gerüche oder Geräusche kommen in meinen Augen etwas zu kurz.
Bevor ich mich mehr mit den Figuren und der Handlung auseinandersetze, noch ein Wort zu Rechtschreibung und Grammatik. Bei ersterem gibt es nicht viel zu beanstanden. Ab und zu kleben zwei Worte aneinander, darüber hinaus scheint aber alles in Ordnung zu sein. Bei der Grammatik kommen wir wieder zu meinem Lieblingsthema: den Tempusfehlern. Vor allem in den Kapiteln von Alaya wird zwischen verschiedenen Zeitebenen gewechselt. Das bitte anpassen, damit es einheitlicher wird.
Im nächsten Teil werde ich mich ausführlicher mit den Figuren und dem Plot beschäftigen. Ich möchte an dieser Stelle allen eine Spoilerwarnung aussprechen, die vorhaben das Buch noch zu lesen. Ihr könnt ab dem Fazit wieder mitlesen.
Beginnen wir mit der Hauptfigur: Nanna. Mit ihr hatte ich meine Schwierigkeiten. Nicht, weil sie so unausstehlich wäre, sondern deshalb, weil ich mit ihr nur langsam warm geworden bin. Was mich ganz zu Anfang und danach immer wieder abgeschreckt hat, ist, dass Nanna ja so "besonders" und "anders als die anderen" sei. Da schrillt bei mir der Mary-Sue-Alarm. Dass es sich bei unserer Hauptfigur um keinen Charakter dieser Sorte handelt, war mir aber schnell klar. Nanna hat Macken, Schwächen und Eigenheiten, die man bei einer Mary-Sue häufig vergeblich sucht. Ich würde deshalb bevorzugen, wenn ich als Leserin selbst herausfinden kann, wie sehr Nanna sich von anderen abhebt. Ihre Art zu denken und zu handeln und der Umgang der anderen Figuren mit ihr wären mögliche Wege, um das zu verdeutlichen.
Ein ähnliches Problem hatte ich dabei, ihre Motivationen nachzufühlen. Es wird uns beschrieben und begründet, warum Nanna dieses oder jenes tut, aber ich fühle nichts dabei. Ihre Verzweiflung, ihr Gefühl vom gefangen sein wird zwar geschildert, aber es holt mich nicht ab. Leider fällt es mir schwer, einen Grund hierfür zu benennen. Vielleicht deshalb, weil ich den Ursprung ihrer Gefühle nicht wirklich nachvollziehen kann. Nannas Verzweiflung erwächst ja unter anderem daraus, dass sie sich wie eine Außenseiterin fühlt und befürchtet, unangenehm aufzufallen. Als Leserin weiß ich das anfangs aber nur, weil es mir wieder und wieder gesagt wird. Rückblenden, in denen Nanna sich an unangenehme Situationen erinnert oder Momente, in denen das in Interaktion mit anderen deutlich wird, fehlen.
Ein Punkt in Nannas Andersartigkeit ist, laut ihr, ihr Umgang mit Emotionen, oder dass sie überhaupt über solche verfügt. Andere Charaktere zeigen sich aber auch durchaus emotional und Nanna wirkt eher kontrollierter und abgeklärter, im Gegensatz zu Saraya oder Levi beispielsweise. Hier kann ich als Leserin ihre Andersartigkeit wiederum nicht so deutlich nachvollziehen, wie vermutlich beabsichtigt. Ein Grund hierfür kann auch sein, dass Gefühle teilweise zu sehr beschrieben werden. Nach meinem Geschmack verliert sich die Autorin teilweise zu sehr in Metaphern und Analogien, sodass sie gar keine Wirkung mehr zeigen. Hier also etwas sparsamer sein.
Weiter zu Levi. Er ist ein interessanter Charakter, der durchaus Potenzial hat. Er verhält sich nicht immer tadellos, das macht ihn aber menschlich. Womit ich ein Problem hatte, das war zum einen seine ungeklärte Vergangenheit. Ich kann verstehen, dass dieses Detail im Dunkeln gelassen wird, aber zumindest Andeutungen hätte ich als Leserin spannend gefunden. Vor allem, weil ich diesen Aspekt auch benötige, um am Ende ein gutes Urteil über die moralischen Hintergründe fällen zu können. Zumindest einzelne Bruchstücke wie z.B. teile eines Traums, von dem Levi erzählt oder Stücke eines Flashbacks würden die Handlung in meinen Augen sinnvoll ergänzen. Womit ich ebenfalls ein Problem hatte, das war die schnelle Annährung von Nanna und Levi. Er öffnet sich nach meinem Geschmack zu schnell, ohne dass eine Entwicklung in die Richtung stattgefunden hätte. Die beiden kommunizieren fast nur über Blicke und Berührungen und dann liebt sie ihn plötzlich? Sie hatte kaum Gelegenheit, Näheres über ihn zu erfahren, da sie ja kaum miteinander sprechen. Ich würde eine Szene einfügen, in der die beiden ein verbindendes Gespräch führen und würde darüber hinaus ihre Beziehung langsam steigern. Z.B. kleine Berührungen einbauen, ein Lächeln, ein hilfsbereites Angebot, usw.
Allgemein ist mir bei der Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen eines aufgefallen: es geht viel zu schnell. Egal ob Nanna und Levi, Laylani, ihr Vater, ihr Bruder oder ihre Mutter. Alles wird in wenigen Sätzen abgehandelt. Den Dingen wird keine Zeit gegeben, sich zu entwickeln. Dadurch wird es unnatürlich und schlecht nachvollziehbar. Nanna nimmt beispielsweise viel zu schnell die Lebensrealität ihres Vaters an und vertraut ihm, ohne wirklich etwas zu hinterfragen. Auch am Ende, als ihre Mutter sich zu erkennen gibt, ist sie für eine Sekunde sauer, aber denkt sich dann gefühlt: „Welp, dann ist das jetzt halt so." Was mich bei diesen Szenen auch stört, das sind die Dialoge, die teilweise zu sehr gestelzten Reden werden. Auch hier leidet wieder die Nachvollziehbarkeit, da ich mir nicht vorstellen kann, dass real existierende Menschen so sprechen. Außerdem werden Dinge auch nicht ausreichend begründet, es wird eher eine pathetische Rede gehalten und alle Charaktere nehmen das dann eben so an. So kommt es, dass ich als Leserin beim großen Plottwist am Ende nichts fühle und mir einfach nur denke: Aha. Toll.
Und das finde ich wirklich schade, denn die Idee an sich finde ich wahnsinnig spannend und kreativ. Ich möchte auch viel mehr über die Welt, in der alles spielt, erfahren. Am Anfang sollte zum Beispiel deutlicher erklärt werden, wie alles funktioniert. Wie sind die genauen Zeitabläufe? Warum werden Eltern und Kinder getrennt? Warum Jungen und Mädchen? Was genau passiert in ihrer Kindheit? Was lernen sie? Werden sie in etwas ausgebildet? Und was tun sie, wenn sie erwachsen sind? Gibt es Arbeit? Kultur? Diese Fragen nur als Anregung.
Zuallerletzt möchte ich jetzt noch zum Plot kommen und welche Stellen mir Probleme bereitet haben. Der Spannungsbogen könnte in meinen Augen noch etwas ausgebessert werden. Die ersten Kapitel sind recht träge, gegen Mitte nimmt alles an Tempo auf und geht gegen Ende aber viel zu schnell. Vor allem in den letzten Kapiteln also gerne etwas mehr Zeit lassen, vor allem, um emotionalen Reaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungen mehr Raum zu geben.
Ganz zum Schluss noch ein paar kurze Punkte: das Thema Überwachung wird zu spät eingeführt und die Figuren verhalten sich dementsprechend unlogisch (warum weiß Nanna das nicht, warum erfährt sie erst so spät davon).
Das Fliehen wird ihr zu leicht gemacht. Wenn man sie eh im Verdacht hat, so wäre es konsequent gewesen, sie umzubringen. Sie hätte Verdacht schöpfen müssen, als man sie so einfach hat gehen lassen. Außerdem hätte sie viel mehr Angst um Saraya haben müssen. Wenn man davon ausgeht, dass das Regime wirklich so schlimm ist, wie gedacht, dann wäre es nur logisch gewesen, sie zu foltern, um Nannas Aufenthaltsort zu erfahren. Und warum war Molas Handeln so verwerflich? Denn, wie sich am Ende herausstellt, scheint er ja Recht gehabt zu haben.
Fazit:
Das war mal wieder lang. Ich möchte an dieser Stelle erneut betonen, dass ich hier alles Negative aufliste und Dinge, die eh schon gut sind, kaum erwähne. Es mag zwar nach viel aussehen, aber im Großen und Ganzen, geht es nur darum, den Plot gegen Ende zu entzerren, den Beziehungen mehr Zeit zu lassen, den Schreibstil etwas zu entschlacken und das Worldbuilding etwas auszubauen.
Allen, die gerne Fantasy oder Science-Fiction lesen, kann ich dieses Buch wirklich empfehlen. Vor allem ab der Mitte war ich richtig gefesselt und musste immer weiterlesen. Es greift zudem wichtige Themen wie Homosexualität/Homophobie, Traumata und deren Auswirkungen sowie Fehlgeburten auf und webt sie elegant ins Geschehen ein, ohne einen damit zu erschlagen. Wer also gerade nichts zu Lesen hat, sollte hier mal einen Blick hineinwerfen.
Liebe Felidea, ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen.
Danke allen, die bis hierhin mitgelesen haben.
Es verabschiedet sich eine müde
Litteraria
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