1 - Sommerurlaub am See
Endlich mit der großen Schwester unterwegs! Schon seit Jahren hatten Hanna und ich versucht, gemeinsam einen Termin zu finden, an dem wir uns beide Urlaub nehmen konnten. Nun saßen wir im Auto – die kurze Pause lag bereits hinter uns – und ich fuhr uns näher in Richtung Ziel: Ein Sommer-Ferienhaus am See!
Vier Wochen lang würden wir uns es gut gehen lassen. Nur wir zwei, der See, die Natur um uns herum und eine kleine Vorstadt, die zu Fuß theoretisch innerhalb von 30 Minuten für Einkäufe erreichbar war. Hanna seufzte neben mir. „Ich hoffe, die Rezeptionistin ist schon vor Ort. Was meinst du Emmi?" Eigentlich war mein Name Emma, aber ich mochte die Verniedlichung meines Namens viel lieber. Rasch warf ich einen raschen Blick aufs Navi, welches anzeigte, dass wir noch gute zweieinhalb Stunden Fahrt vor uns hatten und begann rasch im Kopf zu rechnen. „Wir kommen voraussichtlich gegen etwa 15 Uhr am Haus an. Ich glaube die Dame hat geschrieben, dass sie ab 14:30 Uhr am Haus sein wird und auf uns wartet. Es sollte also alles passen, denke ich." „Gut.", kommentierte Hanna und blickte dann gedankenverloren aus dem Fenster.
„Gott, ich freu mich so sehr, dass das endlich geklappt hat!", rief sie dann begeistert aus und auch auf mein Gesicht stahl sich ein Lächeln. „Ja, ich auch..." Wir bogen runter von der Autobahn, auf eine Landstraße, zu deren Rändern sich dichte Wälder in stillem Schweigen erhoben. „Ich hoffe, dass am See nicht nur Fichten stehen.", kommentierte ich besorgt mit einem Blick auf die Baumkronen. Ich mochte Mischwälder viel lieber. Fichtenwälder gruselten mich – speziell bei Nachtanbruch, wenn alles dunkel war und man nichts als Schwärze mehr erkennen konnte. „Hoffentlich ist hier nicht allzu viel Wildverkehr.", sprach Hanna als wir an einem Schild vorbeifuhren, dass auf die Gefahr eines möglichen Wildwechsels hinwies. Ich blies kurz Luft aus und hob dabei die Augenbrauen. „Ich denke nicht, dass wir viel in der Dämmerung unterwegs sein werden oder was meinst du?" Hanna nickte. „Ja richtig. Hast recht...trotzdem will ich keinen Bambi-Unfall." Der plötzlich kindliche Klang in ihrer Stimme ließ mich an früher denken, wenn wir etwas gespielt hatten und sie unbedingt etwas bestimmtes gewollt, aber nicht bekommen hatte. Ich lachte kurz. „Ich genauso wenig Hanna...ich genauso wenig..."
Endlich fuhren wir von der Landstraße ab, auf einen ruhigen und wenig befahrenen, ungeteerten Straßenpfad. Vorne, in der Ferne, konnte ich bereits das Glitzern des Wassers erkennen. „Hanna, ich würde sagen, wir sind so gut wie da." Hanna ließ das Fenster auf ihrer Seite hinunter und augenblicklich erfüllte die warme Sommerluft den Wagen. Hanna schloss neben mir die Augen und lehnte sich an die Beifahrertür. „Ist das schön hier..." Wie erhofft, durchzogen immer mehr Laubbäume die Fichten, je näher wir dem See kamen. Aus dem Wald drangen melodische Vogelgesänge zu uns hinein. Sanft rollten wir den Pfad bis zum Ende, wo uns ein Besucherparkplatz neben einer modernen Holzhütte mit großen, offenen Fenstern empfing – unser Ferienhaus.
Kurz nachdem ich den Motor abgestellt hatte, lösten wir blitzschnell unsere Gurte und öffneten die Türen zum Aussteigen. „Endlich...", sprach ich und streckte mich dem Himmel entgegen, während Hanna sich bereits auf dem Weg zur Veranda befand, die zum See hin ausgerichtet war. „Emmi komm, sie dir das an!" rief sie begeistert und neugierig folgte ich ihr. Als ich schließlich neben ihr zum Stehen kam, konnte ich nicht anders, als staunen. Rund um den See, sah ich vereinzelt solche Ferienhäuser wie unseres stehen. Zu jedem Haus gab es scheinbar auch einen Steg mit angelegtem Ruderboot. Das Wasser des Jadegrünen Sees glitzerte verführerisch im Sonnenlicht und die Wasseroberfläche kräuselte sich leicht vom seichten Wind. Hinten am Horizont erhoben sich einige Berge in der Landschaft – es war wohl der idyllischste Ort, den ich jemals in meinem Leben gesehen hatte und das komplette Gegenteil zu der Stadt, aus der Hanna und ich angereist waren.
Plötzlich öffnete sich eine Tür hinter uns und als Hanna und ich uns umdrehten, sahen wir die Rezeptionistin – Frau Yang – mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen auf uns zugehen. „Einen schönen guten Tag...", grüßte sie und streckte Hanna zuerst die Hand entgegen. „Ich bin Frau Yang von der Wooden-Holiday Company. Sie sind bestimmt Frau Schwendt?" Hanna ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie. „Guten Tag, ja richtig." Nun schüttelte auch ich Frau Yangs Hand. Dann folgten Hanna und ich ihr ins Hausinnere, wo wir noch eine kleine Rundführung, Instruktionen zum Gebrauch einiger Geräte und Verhaltensregeln erhielten. Dann überreichte Frau Yang uns den Schlüssel zum Haus, wünschte, einen angenehmen Aufenthalt und ließ uns dann alleine.
Zuerst holten Hanna und ich unser Gepäck aus dem Kofferraum und stellten es in dem offenen, lichtdurchfluteten Wohnzimmer mit kleinem Kaminofen ab. Die Tiefkühltruhe mit dem restlichen Reiseproviant, entleerten wir in der Küche. Dann nahmen wir nochmal in Ruhe die Räumlichkeiten in Augenschein.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top