4 - Ein regnerischer Nachmittag (Gegenwart)

Als die Tür des Wohnwagens plötzlich aufgerissen wird, zucke ich zusammen und fahre herum. Ein nasser Yoongi erscheint mit zwei Thermobechern im Eingangsbereich und streift sich die Schuhe auf der Fußmatte ab. „Oje, was ist passiert?" Er schüttelt den Kopf. „Hast du schonmal rausgeschaut?" Verwundert blicke ich durchs Fenster hinaus – es regnet in Strömen.

Die ersten großen Matschpfützen bilden sich auf dem Boden, der die einprasselnden Mengen an Wasser gar nicht so schnell aufzehren kann. Mein Blick schnellt zu Yoongi zurück. „Oh.", entfährt es mir trocken. Yoongi atmet hörbar aus, läuft zu mir an den Tisch und stellt die Becher mit Kaffee vor mir ab. Mein Thermobecher glänzt mich verlockend in mattem Pastelllila an. „Zwei Mal Zucker war doch richtig, oder?", fragt Yoongi. Ich lege meine Hände um den wärmenden Becher und schließe kurz die Augen. „Ja richtig. Vielen Dank." „Nicht dafür.", winkt er gleich verlegen ab, bevor er sich mir gegenübersetzt. „Wollen wir anfangen?" Ich nicke.


Als ich das nächste Mal auf meine Uhr gucke, arbeiten wir beide schon zwei Stunden konzentriert an der Lyrics. Den Song teilen wir uns so auf, dass er in den Strophen den Rap-Part übernimmt und ich die Vocalline im Refrain singe. Natürlich ist es ein Lied über die Liebe. Der Song, an dem wir arbeiten handelt von einem Jungen, der als Kind mit einem Nachbarsmädchen gespielt hat. Sie werden älter und die Gefühle ändern sich. Beide sind unsicher und zu schüchtern, um dem anderen zu sagen, was sie jeweils füreinander empfinden und dann zieht das Mädchen weg. Erst nach vielen Jahren treffen sie sich durch Zufall wieder und es endet mit dem lang ersehnten Kuss.

Um ehrlich zu sein, habe ich beim Äußern der Idee nicht damit gerechnet, dass Yoongi sich so dafür begeistern würde. Immerhin ist er doch immer so cool und sein Pokerface ist durch fast gar nichts aus der Fassung zu bringen. Es freut mich übertrieben, dass er mit mir an einem weiteren Projekt arbeitet. Zudem hätte ich nie erwartet, dass sich eine so gute Freundschaft über die Zeit hin zwischen uns entwickelt. Ich seufze gedankenverloren in mich hinein, während ich sein konzentriertes Gesicht näher betrachte.

Als er meinen Blick auf sich spürt, stoppt Yoongi's stiftführende Hand auf dem Papier und er blickt auf. Außer dem Prasseln des Regens auf dem Dach des Wohnwagens ist es still im Raum. „Alles okay?", fragt er schließlich und ich zucke aus meiner Starre hoch. Mit errötenden Wangen widme ich mich wieder meinem Notizblock vor mir, der mittlerweile mit unterschiedlichen Reimen und Lyrics-Texten gefüllt ist. „Mhm...", mache ich kurz und starre auf das linierte Papier während ich die Lippen zusammenpresse. Yoongi lacht leise, sagt aber nichts weiter und widmet sich wieder seiner Arbeit.


Zwei weitere Stunden vergehen. Jetzt arbeiten wir schon daran, eine Melodie um den zusammengeführten Text von ihm und mir herumzubasteln. Über sein mobiles Mischpult spielt Yoongi ein paar einleitende Beats ein und ich beginne vor mich hinzusummen. Wir ändern hier und da etwas an der Schnelligkeit, dann dort noch eine Kleinigkeit und schließlich reicht meine Konzentration nicht mehr fürs Arbeiten aus...

„Psst, Yoongi!", raune ich ihm über den Tisch hinweg zu. Er blickt von seinem Laptop auf zuckt kurz darauf zusammen, als ich ihm mit einem kleinen Papierkügelchen direkt zwischen die Augen treffe. Ich lache dreckig und lege dabei den Kopf in den Nacken. „Dein Ernst?", gibt er zurück, doch ich höre das Schmunzeln in seiner Stimme. „Freu dich nicht zu früh. Hier, fang!" Ein zusammengeknülltes DinA4-Papier fliegt mir ins Gesicht. Ich reiße die Augen auf. „Oh...hoho...das hast du nicht getan." Yoongi zuckt engelsgleich mit den Schultern – den Blick jetzt auf seinen Block geheftet und die Lippen zu einem Schmunzeln verzogen. „Na warte!", rufe ich aus und greife mir seine Hand.

„Zoey, was zum Geier tust d...oh nein... Bitte nicht." Doch ich bin schon dabei, ihm einen Smiley mit Monobraue auf seinen rechten Fingerknöchel zu malen. „Meine Rache ist fürchterlich", sage ich und gebe meine Evil-Laugh zum Besten. „Ja...", antwortet er trocken und betrachtet mein Werk. „zum Fürchten ist dein Zeichenstil tatsächlich..." Er beginnt aus vollem Herzen zu lachen, als ich ihn auf seine Feststellung hin gespielt verletzt ansehe und beginne, nach ihm zu hauen. Dann setze ich mich rüber auf seine Seite des Tisches und beginne ihn in die Seite zu piksen, was ihn unter lachendem Protest immer wieder zuckend zusammenfahren lässt.

Als unsere kleine Rangelei endet, sind wir beide völlig außer Atem und unsere Wangen glühen rot vor Hitze. Nie hätte ich gedacht, dass Yoongi jemanden, außerhalb von BTS, so nah an sich herankommen lässt. Wir schließen unsere Notizbücher und ich helfe ihm, das Equipment zusammen zu räumen. Als ich einen Blick auf meine Armbanduhr werfe, stelle ich fest, dass es bereits 18:30 Uhr ist. Yoongi bemerkt meinen Blick. „Möchtest du noch mit mir und den Jungs essen?" Meine Antwort ist ein dankbares Lächeln. Gemeinsam verlassen wir den Wohnwagen und laufen durch den Regen, der nun allmählich nachlässt, hinüber zum Haus...

Als die anderen Member hören, dass ich mit ihnen gemeinsam essen würde, bieten sich plötzlich alle an, in der Küche mitzuhelfen... Doch mit BTS gemeinsam zu kochen, ist in Reallife eine größere Herausforderung, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Während Yoongi und ich das Gemüse schnippeln, saust Jungkook immer wieder um die Kücheninsel – gefolgt von einem aufgeregt tobenden, mit Mehl besudeltem Mochi Namens Jimin. Namjoon setzt seine volle Konzentration ein, um nicht versehentlich noch drei weitere Eier auf den Boden fallen zu lassen und Jin singt seine Dad-Jokes in allen Höhen und Tiefen, während er wie eine Mutti mit dem Schneebesen in der Schüssel rührt.

Gerade denke ich, es kann nicht noch chaotischer werden, doch da fliegt schon die nächste Tomate – abgefeuert auf Tae – über meinen Kopf hinweg und trifft Namjoons Hose. Dieser bittet um etwas mehr Ruhe in der Küche...und spritzt im Umdrehen mit dem Kochlöffel, mit dem er zuvor die Soße umgerührt hat, alles und jeden in seinem Umkreis voll: Er hat vergessen, vor dem Umdrehen, den Löffel loszulassen. Tae schnappt sich augenblicklich ein Küchenhandtuch und wischt lachend Soßenklekse vom Boden auf. Dann geht er mit unschuldigem Ausdruck im Gesicht zu Jimin hinüber und legt es ihm wie ein Sabberlatz um den Kragen. „Damit unser kleines Jimini nicht schmutzig wird." Dieser rammt ihm daraufhin den Ellenbogen in den Bauch. Und gerade, als sie sich drohen, die Köpfe einzuschlagen... „Aaaach Jungs, Jungs, Jungs...", schaltet sich J-Hope kopfschüttelnd ein und greift sich Tae mit rechts und Jimin mit links. Beide zappeln kurz, doch dann ergeben sie sich dem Schwitzkasten und halten still.

Hoseok schließt kurz die Augen und atmet meditierend aus bevor er zur Decke blickt. „So kann das nicht mit euch weitergehen. Ich bitte euch...wir haben Damenbesuch hier." Ich schmunzle über sein Schauspiel. Plötzlich lässt Hobi die beiden frei, greift blitzschnell nach einem sauberen Kochlöffel auf der Kücheninsel und haut damit beiden nacheinander auf den Hintern. „Hey!", „Au, was soll das?!", beschweren sie sich und ein neues Gerangel, aus dem Hobi's ansteckende Lache deutlich hervortritt, entsteht in der Küche. Gekonnt weicht Yoongi – völlig auf seine Arbeit konzentriert – einer vorbeifliegenden Kartoffel aus und seufzt. Ob es jedoch ein genervtes oder nachsichtiges Seufzen ist, ist schwer zu sagen.

Plötzlich taucht Jungkook hinter mir auf. „He! Wie weit seid ihr?", fragte er mit hungrigem Blick auf die verteilten Zutaten. Wortlos legte ich ihm einen Stängel Petersilie aufs Haar. „Es würde schneller gehen, wenn alle richtig mit anpacken würden...", kommentierte Yoongi trocken – nun völlig ins marinieren des Schweinebauchs vertieft. Kookie schnappt sich den Stängel von seinem Schopf und beginnt an ihm herum zu knuspern. „Awh...guckt mal wie niedlich!", ruft Tae, deutet mit einem Zeigefinger auf JK und fotografiert ihn gleichzeitig mit dem Handy in der anderen Hand. Jimin steigt ein. „Ooooh, was für ein süßer Cooky-Hase!" Jungkooks Blick wird bedrohlich finster und heftet sich an beiden fest. Taehyung und Jimin sehen sich an. „Abhauen!", rufen sie synchron und nehmen die Beine in die Hand. „Na wartet!", ruft JK, schnappt sich die beiden Hälften meiner halbierten Zwiebel und nimmt die Verfolgung quer durchs Haus auf. Der Rest des Petersilienstils fällt verwaist zu Boden.

Als die drei Maknaes den Raum verlassen haben, wird es etwas ruhiger. Yoongi seufzt erneut und Namjoon schüttelt schweigend den Kopf. Jin scheint die ganze Atmosphäre zu genießen und gleichzeitig in seine eigene Welt abgetaucht zu sein. Währenddessen beginnt Hoseok, das Chaos etwas aufzuräumen – auf seinen Lippen sehe ich ein warmes Lächeln...


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