4 - Versprechen

Als die Musik endete, lag meine Hand an seiner Brust, sahen meine Augen hinauf in seine, Jimins Hand lag unterhalb meines Kinns und sein anderer Arm umschlang meine Taille. Keuchend standen wir da, der Schweiß zeichnete sich auf unseren Gesichtern ab. Die anderen Member waren schon vor Stunden zurück ins Hotel gefahren, doch Jimin wollte nochmals mit mir die Choreo für morgen durchgehen, da dort bereits der Videodreh bevorstand. Die Wochen waren wie im Flug vergangen. Das Ziffernblatt zeigte jetzt 22:00 Uhr und wir zwei waren schon gut erschöpft. Dennoch spornten wir heute Abend den jeweils anderen mit dem eigenen Perfektionismus weiter zu Höchstleistungen an. Jimin half mir zurück in eine aufrechte, normalere Position. Während ich anschließend zur Stirnseite des Raums lief, um mir mein Handtuch zu schnappen, legte sich Jimin wie ein Seestern auf den Studioboden und pustete erschöpft aus. „Ich bin schon wieder abgerutscht, verdammt!" Frustriert ließ er seine zur Faust geballten Hand auf den Boden niederfallen. Ich ließ meinen Blick über seine nackten Arme gleiten, deren Muskeln vor Anstrengung zitterten.

Das Studio wurde an diesem Abend in kaltblaues Neonlicht getaucht. Jimin und ich hatten das normale Tageslicht ausgeschaltet. In diesem Licht sah ich nun seine Haut glänzend schimmern. Langsam durchquerte ich den Raum, bis ich bei ihm war und hielt ihm seine fast leere Wasserflasche hin. „Hier trink einen Schluck." Zuerst hob sich nur sein Kopf, damit er mich ansehen konnte. Dann setzte er sich auf und nahm das Wasser entgegen. Als er die Flasche wieder von seinen vollen Lippen löste, rann ein kleiner Tropfen aus seinem Mundwinkel über sein Kinn hinab, Richtung Kehle, bevor er ihn bemerkte und rasch wegwischte. Dann blickte er zu mir auf. Ich streckte ihm die Hand entgegen. „Nochmal?" Er ergriff sie und ich half ihm auf. Er lief zum Rekorder und startete das Lied.

Augenblicklich erklang die vertraute Melodie von ‚Black Swan'. Jimin und ich tanzten immer den ganzen Song durch. Ich tanzte mich durch meine Positionen, während sich Jimin auf seiner Position in der Gruppenchoreografie bewegte. Diesen Tanz konnte ich mittlerweile blind tanzen.

Ich schlängelte mich durch die imaginären Member, floss mit dem Fortschreiten des Liedes dahin und schwebte über zum Duett-Part zu Jimin. Seine offenen Arme umfingen mich, wogen mich nach hinten und wieder zurück. Dann schlossen sich seine Hände um meine Hüfte, zogen sie dort näher an seine und hielten mich somit fest. Ich dehnte den Oberkörper in einem halben Kreis nach hinten runter in die Brückenposition, bevor ich meinen Bauchmuskeln befahl, mich zu Jimin zurückzuziehen. Als ich oben ankam, legte ich meine Arme um seine Schultern und stieß mich ab. Seine Hände ließen mich für 3 Sekunden schweben, während sie uns einmal drehten. Er setzte mich ab und ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm. Mit einer Hand griff ich hinter mich, strich sacht über Jimins Schopf und Wange. Seine Arme umschlossen mich von hinten und er wog mich zur Seite, während ich eines meiner Beine zum Spagat von mir streckte. Dann ließ er mich ausdrehen, womit ich ein paar Schritte Abstand zwischen uns brachte. Mit meinen Armen ahmte ich Flügelschwingen nach. Ich drehte 5 Pirouetten und fiel in einen kurzen Ausfallschritt, bei dem ich die Hand suchend in Jimins Richtung ausstreckte und ihn dann mit einer greifenden Geste wie an einem unsichtbaren Faden zu mir heranzog. Seine Brust wölbte sich bebend vor, während er seine Arme und Unterkörper nachzog, als er mir folgte. Als er mich erreichte, legte ich in einem Spagat ein Bein an seine Schulter. Seine Hand setzte an der Außenseite meines Oberschenkels an und fuhr ihn in Richtung Schienbein entlang. Dann wieder quälend langsam zurück, bis sie knapp unterhalb meines Po's stoppte. Ich schwang mein Bein von seiner Schulter, bevor ich ihm abermals den Rücken zuwendete. Da schlang er auch schon einen Arm um meinen Oberkörper und den anderen um meinen Schenkel, um mich herumzuwirbeln. Dabei blieb seine Hand auf meiner Oberschenkelinnenseite und verursachte dort einen wahren Flächenbrand, der aus prickelnden Bläschen zu bestehen schien. Nachdem er mich abgesetzt hatte, ließ ich mich langsam auf dem Boden gleiten. Er legte sich neben mich, blieb mir jedoch zugewandt. Er hob seine Hand über meinen Brustkorb und zog meinen Oberkörper wie an einer durchsichtigen Schnur nach oben, bevor er die Handfläche wieder öffnete und mein Brustkorb wie fallengelassen zurück auf den Boden glitt. Er wechselte die Figur, sodass er nun über mir in einer Planking-Position verweilte, bevor er dann zu einem Liegestütz ansetzte, bei dem unsere Nasenspitzen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren. Als er sich daraufhin in einer fließenden Bewegung wieder aufrichtete, zog er mich am Handgelenk mit hinauf. Das Lied näherte sich dem Ende. Wir umkreisten einander wie Raubkatzen. Schließlich schoss ich vor und stieß nach einer ausholenden Bewegung meiner Hand, gegen Jimins Brustmitte. Bevor ich sie wieder wegziehen konnte, legte Jimin seine Hand auf meine und ich spürte seinen kräftigen Herzschlag durch das Shirt auf seiner Haut. Die Melodie drängte sich wieder in den Vordergrund, während die Stimme als Echo im Hintergrund ‚Do your thang, do your thang withme now' sang. Bevor die Musik ausklang, schritten Jimin und ich nochmals synchron aufeinander zu. Meine Hand glitt seine Brust hinauf, seine eine Hand zog mich an der Taille zu ihm heran und mit der anderen hob er mein Kinn wie zu einem Kuss an. Die Musik endete.

Reglos verharrten wir in der letzten Position und sahen einander tief in die Augen. Unser Atem ging schnell und keuchend. Ich spürte das Zittern seines Arms, der mich festhielt, sowie auch das starke Pochen seines Herzens unter meiner Handfläche. Seine Lippen waren wie meine leicht geöffnet für mehr Luftzufuhr, nach der unsere Körper so sehnlich schrien. Ich sah die vereinzelten Schweißperlen über Jimins Gesicht laufen und konnte ebenfalls das Kitzeln von Perlen in meinem Nacken fühlen. Keiner von uns beiden machte in diesem Moment Anstalten, sich aus der Position zu lösen.

Als jedoch mein Handy klingelte, räusperte ich mich und löste somit unsere Starre. Wir wichen auseinander, als hätten wir uns verbrannt. Ich eilte zum Handy in meiner Tasche und nahm ab. „Ja?", hauchte ich, da ich immer noch nicht richtig Luft bekam. „Sabrin, wo bist du denn?", erkannte ich Annas Stimme „Ich..." Ich drehte mich um und konnte gerade noch erkennen, dass Jimin mich mit seinem Blick nicht losgelassen hatte. Er reagierte minimal zu spät und versuchte schnell woanders hinzusehen. „Ich bin noch beim Training.", antwortete ich. „Was, so spät noch?" „Ja... morgen ist doch der Videodreh...", erwiderte ich zögernd, doch so viel Information durfte ich preisgeben. Abgesehen davon wussten es sowieso alle und die ganze Schule fieberte bereits auf den Auftritt hin, was meine Aufregung steigen ließ. „Na gut, okay. Ich leg mich schonmal ins Bett – nur dass du Bescheid weißt, wenn du nachher aufs Zimmer kommst." Ich nickte, obwohl ich wusste, dass sie es sowieso nicht sehen konnte. „Gut, dann angenehme Träume" „Danke, dir auch später." Ich legte auf und sah Jimin an. „War nicht weiter wichtig." Er gab einen verstehenden Laut von sich. Dann legte er den Kopf schräg und trat langsam auf mich zu. „Du, Sabrin?" Ich hob den Blick und begegnete seinen sanften Augen. „Ja?", fragte ich schüchtern. Er legte eine Hand auf meine Schulter. „Das war eben unsere bislang beste Probe, findest du nicht auch?" Bilder von vor nicht einmal 3 Minuten schwirrten mir durch den Kopf und ließen mich erröten. Ich war froh, dass er das dank des Blaulichts nicht sehen konnte. Aber ja, er hatte recht. Das war unser bester Durchlauf gewesen. Ich nickte, brachte jedoch nur einen zustimmenden Laut zustande, anstatt richtig zu antworten. In diesem Moment veränderte sich etwas. Sein Blick glitt über mein Gesicht und blieb ein kleines bisschen zu lange an meinen Lippen hängen, bevor er mir wieder in die Augen sah. Mein verdammtes Herz stolperte bei seinem Anblick. „Sabrin...", raunte er nun leiser mit einem ungeahnt dunklen Unterton in der Stimme. „Ja?", hauchte ich atemlos. Er schien mit sich zu ringen. Wieder huschte sein Blick über meine Lippen. Dann schien er sich zu besinnen. Er schüttelte sich leicht, wie um einen Trancezustand zu vertreiben. „Wollen wir uns etwas versprechen?" Ohne darüber nachzudenken, nickte ich leicht mit dem Kopf. „Egal was passiert, wir ziehen das durch..." Obwohl ich ihm nicht ganz folgen konnte, nickte ich, hypnotisiert von seinem Blick. Als ich schließlich antwortete, war es nicht mehr als ein Wispern. „Wir ziehen das durch." Und wieder standen wir wie versteinert nah beieinander – die Köpfe so dicht einander zugeneigt, dass wir den kitzelnden Atem des Anderen spüren konnten. Und ich ertappte mich bei dem Wunsch, dass dieser Moment auf ewig anhalten sollte.

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