Verlaufen // Taekook
Taehyung hatte sein Studium in einer neuen Stadt begonnen und wollte sich an seinem ersten freien Tag ein Bild von der Umgebung machen.
Doch die geplante Erkundungstour verlief anders als gedacht. Während er durch die engen Gassen schlenderte, bemerkte er plötzlich, dass die eleganten Geschäfte und Cafés von heruntergekommenen Häusern und verwaisten Straßen abgelöst worden waren. Ohne es zu merken, war er in das Armenviertel geraten.
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Nervös zog er seinen Gucci-Mantel enger um sich, während er durch die dunklen, unbekannten Gassen der Stadt schlich — hier war er definitiv fehl am Platz. Die heruntergekommenen Gebäude, mit ihren kaputten Fenstern und beschmierten Wänden, schienen ihn zu beobachten. Sein Herz pochte laut in seiner Brust, während er nervös um sich blickte. Der Akku seines Handys war längst leer, und mit jedem Schritt fühlte er sich tiefer in die Fänge dieses fremden, gefährlichen Viertels gezogen.
Es war still, zu still. Die wenigen Geräusche, die an seine Ohren drangen – das ferne Lachen einer Gruppe Männer, das Rasseln von Mülltonnen – ließen ihn jedes Mal zusammenzucken. Der Himmel über ihm war schwarz, kein Mond, keine Sterne, nur die flackernden Straßenlaternen, die sein Unbehagen nur noch verstärkten. Er hätte sich vorbereiten sollen, die Route checken, bevor er loszog. Aber jetzt war es zu spät.
„Verdammt“, murmelte er leise, als er sich eingestand, dass er keine Ahnung hatte, wo er war. Die Angst kroch ihm den Rücken hinauf, machte seine Schritte zittrig. Jeder Schatten wirkte bedrohlich, jede Ecke schien etwas Dunkles zu verbergen. Taehyung wünschte sich nichts sehnlicher, als aus dieser Gegend zu verschwinden. Doch jede Straße sah gleich aus, jeder Weg führte tiefer ins Unbekannte.
Plötzlich, während er um eine Ecke bog, prallte er hart gegen jemanden. Ein kleiner Schrei entfuhr ihm, als er taumelnd zurückwich und die Hände schützend vor sich hob. Sein Blick fiel auf einen jungen Mann, der vor ihm stand. Ungefähr in seinem Alter, vielleicht etwas älter, mit dunklen Augen und einem harten Ausdruck im Gesicht. Tattoos zierten seine nackten Unterarme, die aus seinem schwarzen T-Shirt hervortraten, und in der schwachen Beleuchtung schienen sie sich wie Schatten auf seiner Haut zu bewegen.
„Pass doch auf“, knurrte der Fremde, doch sein Blick blieb auf Taehyung haften. Er musterte ihn mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen, seine Augen verengten sich leicht.
Taehyung schluckte schwer und trat einen Schritt zurück, sein Puls raste. Er spürte den Blick des Fremden auf seiner teuren Kleidung, dem Designer-Mantel, den er trug, der in diesem Viertel so fehl am Platz wirkte wie er selbst.
„Ähm...“, setzte Taehyung unsicher an, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ich... ich glaube, ich habe mich verlaufen. Wissen Sie vielleicht, wie ich zurück in die Innenstadt komme?“
Der Fremde schien einen Moment zu überlegen, seine Augen wanderten von Taehyung über die dunkle Gasse hinter ihm und dann zurück zu ihm. Ein leichtes, kaum erkennbares Lächeln umspielte seine Lippen. „Oh ja, ich bin mir ziemlich sicher du hast dich verlaufen....“ stellte er fest.
Taehyung nickte nervös. „Ja…ähm, ich bin neu in der Stadt, und mein Handy… ist leer.“
Der Fremde schnaubte leise, dann hob er eine Augenbraue. „Die Innenstadt, sagst du? Ich könnte dir den Weg zeigen.“
Etwas an seinem Tonfall ließ Taehyung einen Schauer über den Rücken laufen. Jede Faser seines Körpers schrie, dass es eine schlechte Idee war, diesem Mann zu vertrauen. Er war in einer Gegend, von der er nichts wusste, bei einem Fremden, der gefährlich wirkte. Doch was blieb ihm anderes übrig? Er hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte, und die Dunkelheit um ihn herum schien immer bedrohlicher zu werden.
„Okay...“, sagte er zögernd, obwohl sein Instinkt ihm etwas anderes riet. „Danke.“
Der Fremde nickte kurz, ein Lächeln, das eher einem Grinsen glich, blitzte auf seinem Gesicht auf. „Komm mit. Ich kenne eine Abkürzung.“
Taehyung spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte, als er dem Mann folgte. Die Schritte hallten durch die stille Nacht, und die düsteren Gassen um sie herum schienen immer enger zu werden.
Taehyungs Herz raste in seiner Brust, so laut, dass es ihm vorkam, als würde der Fremde es hören können. Jede Bewegung, jedes Geräusch in der Dunkelheit verstärkte die Panik, die in ihm aufstieg.
Als sie plötzlich vor einer Sackgasse standen, blieb ihm beinahe der Atem weg. Die hohen Wände ragten bedrohlich vor ihnen auf, und für einen Moment schien die Welt um ihn herum stillzustehen. Sein Blick wanderte hastig umher, bis er auf den Rücken des Fremden fiel, der ruhig vor ihm stand.
Taehyung schluckte schwer, seine Hände waren schweißnass, und seine Finger zitterten leicht. Sein Blick blieb an den breiten Schultern des Mannes hängen, die sich kaum merklich unter dem schwarzen Stoff seines T-Shirts bewegten. Er war größer, muskulöser, jemand, der wusste, wie man in einer Stadt wie dieser überlebt. Taehyung dagegen hatte keinerlei Erfahrung, weder mit Gewalt noch mit der Härte, die von den Straßen dieser Stadt ausging. Sein Magen drehte sich um bei dem Gedanken, dass er hier nicht nur verloren war, sondern wehrlos.
Jeder Atemzug wurde schwerer, während er erwartete, dass der Fremde sich jeden Moment zu ihm umdrehen würde – mit einem harten Grinsen auf den Lippen, bereit, ihn zu überfallen. Taehyungs Puls hämmerte in seinen Ohren, und seine Gedanken überschlugen sich. Er hatte keine Chance, keine Möglichkeit, sich zu wehren. Wenn es darauf ankam, würde er fliehen müssen – so schnell er konnte.
Gerade als er einen Schritt zurück machte, bereit, in die entgegengesetzte Richtung zu rennen, hörte er ein metallisches Klirren. Taehyung blinzelte überrascht, als der Fremde eine Feuerleiter, die an der Wand befestigt war, nach unten klappte. Das Quietschen des alten Metalls hallte durch die enge Gasse, und der Fremde drehte sich zu ihm um.
„Wir müssen hoch“, sagte er, seine Stimme ruhig, fast beiläufig. „Über die Dächer. Das ist der schnellste Weg.“
Taehyung starrte ihn für einen Moment ungläubig an. Keine Falle? Keine Gewalt? Der Fremde schien seine Nervosität zu bemerken, denn er lächelte schief. „Wenn ich dich hätte überfallen wollen, hätte ich das längst getan.“
Ein Funken Erleichterung schoss durch Taehyung, aber die Anspannung in seinen Schultern blieb. Er wusste, dass er ihm noch nicht vollständig vertrauen konnte. Trotzdem nickte er stumm und folgte dem Mann zur Leiter. Der Gedanke, über die Dächer zu klettern, fühlte sich seltsam an, aber es war wohl seine einzige Chance, schnellstmöglich aus diesem Viertel herauszukommen.
Der Fremde kletterte mühelos die Leiter hoch, als wäre es etwas, das er täglich tat. Taehyung zögerte, legte dann seine zitternden Hände auf die kalten Metallstangen und zog sich nach oben. Das Klettern fiel ihm schwerer als erwartet – jeder Schritt war ein kleiner Kampf, aber die Erleichterung darüber, nicht überfallen zu werden, gab ihm neue Energie.
Als er endlich auf dem Dach ankam, keuchte er leicht und blickte über die Dächer der Stadt.
Es war ein atemberaubender Anblick: die weiten, dunklen Ziegeldächer, die sich wie ein Labyrinth vor ihm ausbreiteten, mit dem fernen Schimmer der Lichter der Innenstadt am Horizont.
„Komm schon“, sagte der Fremde und deutete auf eine Brücke zwischen den Dächern. „Wir sind fast da.“
Taehyung nickte stumm, seine Nervosität wich nur langsam. Er folgte dem Mann weiter, durch die Dunkelheit, über die Dächer, immer in der Hoffnung, dass der Albtraum bald vorbei sein würde.
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Ich weiß nicht so recht warum, aber ich liiiiebe es Szenarien zu schreiben, bei denen ein Charakter Angst vor dem Anderen hat. Wenn so quasi ein Ungleichgewicht an Kontrolle zwischen ihnen herrscht. Dabei ist aber die Angst des einen Charakters unbegründet, weil der Andere keine bösen Absichten hat.
Ich find einfach die Dynamik, die entsteht spannend.
(Es werden daher wahrscheinlich noch mehrere ähnliche Kapitel hier im Buch auftauchen.)
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