,,Jungkook?"
,,Yes?"
,,Ich muss mal."
,,Ich halte dich nicht auf."
,,Ich kann aber nicht."
,,Warum? Einfach aufstehen und gehen. Ein Fuß vor den anderen."
,,Jungkook. Ich hab ganz genau mitbekommen, dass du meine Schnürsenkel am Stuhlbein festgebunden hast, als ich vorhin gedöst habe."
Ich sehe ihn ernst an.
,,Hast du nicht. Du hast doch so tief geschlafen, du hast sogar geschnarcht", lacht er auf.
,,I-ich", ich stemme empört die Hände in die Seiten. ,,GESCHNARCHT?"
Yoongi, der neben Jungkook sitzt, lehnt sich nach vorne und sieht mich verschlafen an.
,,Du hast nicht nur geschnarcht. Es hat sich angehört, als hätte ein Rasenmäher eine Fehlzündung", wirft er trocken von der Seite ein und mir klappt die Kinnlade herunter.
,,WIE BITTE?!", entsetzt sehe ich die beiden an, als Jungkook schließlich aufsteht und vor mir in die Knie geht.
,,Schon gut, schon gut. Ich mach dich ja schon los", er grinst über beide Wangen, als er mir langsam die Schnürsenkel vom Stuhlbein löst.
,,Danke", sage ich entrüstet, als er mich wieder ansieht, kann mir aber ein Lächeln selbst nicht verkneifen.
,,Wann kommt eigentlich Taemin?", gähnt Tae, der neben mir sitzt. ,,Wir sind schon ne gefühlte Ewigkeit hier und der Flieger geht auch bald."
,,Er kommt bestimmt gleich", murmelt Namjoon, der mal wieder in einem Buch vertieft ist. Anna sitzt angelehnt neben ihm und scheint zu schlafen.

Ihr fragt euch sicherlich was ich die letzten 4 Wochen gemacht habe, richtig?
Die Antwort ist ganz leicht.
Nichts.
Absolut rein garnichts.
Wobei, das ist sogar gelogen.
Ich war mit Jungkook noch einmal in meiner alten Wohnung und wir haben es erfolgreich geschafft ein paar meiner Sachen zu holen.
Soobin war nicht da und somit hatten wir dabei auch nicht wirklich großartige Vorkommnisse.
Ich war sogar in dem kleinen Café nebenan, aber ich konnte mich selbst dann nicht an etwas erinnern, als ich das Bild von Soobin und mir an unserem Eröffnungstag in den Händen hielt.
Wird dieses Kapitel wohl immer dunkel für mich bleiben?

Jungkook war in den letzten Wochen ziemlich beschäftigt und somit war ich die meiste Zeit über alleine in dem rießigen Haus.
Er wollte mich einige Male zu Hybe mitnehmen, aber ich lehnte ab.
Ich liebte das Haus und ich hatte das Bedürfnis nach Ruhe.
Das Haus war schön groß und hell und freundlich.
Ich verbrachte Stunden damit alles schön sauber zu machen, die Böden zu schrubben, den Staub weg zu wischen und die Wäsche zu waschen.
Jungkook meinte des Öfteren ich hätte einen zwanghaften Putzfimmel.
Als ob.
Ich bin mir sicher, dass es ihm selbst gefallen hat, wenn er nach Hause kam und es nach der frischen Wäsche roch.
Ob ich nach der Tour wieder in dieses schöne Haus zurückkehren werde?
Mal sehen...

Mit Anna habe ich mich tatsächlich auch ein paar Mal getroffen und ich habe ihr ein bisschen im Salon geholfen.
Ich scheine nichts verlernt zu haben und sie war begeistert von meinen Fähigkeiten.
Ich nehme also meine Aussage zurück.
Ich habe doch etwas getan.
Auch wenn es nicht viel und nicht besonders zu sein scheint, aber ich hatte in den letzten Wochen wirklich eine gute Zeit.

Jungkook hat versucht es mir so angenehm wie möglich bei ihm zu machen. Er hat die meiste Zeit für mich gekocht, weil ich einmal fast den Herd in Brand gesetzt hätte, weil ich ein Stück Huhn für ihn braten wollte.
Die Abende verbrachten wir auf dem Boden vor dem Sofa und wir spielten Karten, tranken Kakao oder Soju oder sahen uns Filme an.
Dabei stellte sich heraus, dass Jungkook zu Team Edward gehört, während ich zu Team Jakob zähle, was eine zweistündige Diskussion darüber auslöste, welcher von den Beiden denn nun der Bessere ist.
Am Ende gewann Bella.

Ob wir uns in dieser Zeit näher gekommen sind?
Nein.
Jungkook hatte viel um die Ohren und er ich glaube er respektiert mich zu sehr, als irgendetwas voreilig zu überstürzen.
Aber ich genoss die Abende, die wir zusammen verbrachten.
Ich liebte es, wenn er in der Küche stand und ich ihm beim Kochen zusah, oder wir gemeinsam die Wäsche zusammenlegten und Jungkook in jeden Pulli erst einmal seine Nase reinstecken musste.
Ich liebte es, wenn wir im Wohnzimmer auf dem Boden saßen und er mir Geschichten über uns oder über BTS erzählte.
Ich liebte es, wenn er neben mir saß und ich ihm aus einem Buch vorlas, wenn er wieder unter Stress und Druck stand und er sich so von Minute zu Minute etwas entspannte.
Ich liebte es, wenn er malte und ich ihn einfach nur dabei beobachtete, wie er den Pinsel über das Papier gleiten lies und am Ende ein Kunstwerk erschaffte.
Und ich liebte es, dass ich mich von Tag zu Tag mehr an uns zurückerinnere.
Wie wird es sein, wenn wir von der Tour zurückkommen?
Wie werden wir sein?

Aber jetzt geht es erst einmal nach New York.
Der erste Stop der Comeback-Tour von BTS.
Mit gepackten Koffern sitzen wir bereits seit 3 Stunden am Flughafen und warten darauf, dass Manager Taemin uns endlich abholt.
Hat er uns vielleicht vergessen?
Ich bin zusammen mit Anna gekommen. Die Jungs hatten ihren ersten öffentlichen Auftritt der Tour am Flughafen und es wäre für uns zwischen den ganzen Fans und Reportern einfach zu gefährlich geworden.

,,Wann kommt er endlich", stöhne ich auf und vergrabe das Gesicht in meinen Händen.
Tae ist eingeschlafen und sein Kopf lehnt leicht an meiner Schulter.
,,Pass auf, manchmal sabbert er", warnt mich Jungkook plötzlich und ich sehe ihn irritiert an.
,,Hey, guckt. Da kommt er", murmelt Yoongi und wir blicken in die Richtung, in die er deutet.
Und tatsächlich.
Endlich kommt Taemin über den langen Gang des menschenleeren Flughafengates auf uns zu.
Aber wen hat er da dabei?
Ist das etwa ein Kind?
Wir richten uns auf unseren Stühlen auf und sehen ihn neugierig an.
,,Hat Taemin einen Sohn, von dem wir nichts wissen?", fragt Jimin müde.
Auch er hat die letzte Stunde geschlafen und er reibt sich die müden Augen.
,,Neeein, niemals. Das hätten wir doch gewusst", gibt Hobi erschrocken zurück.
,,Was soll es denn sonst sein? Hat er es einfach beim Einkaufen einer Mutter aus dem Einkaufswagen geklaut? Das muss sein Kind sein", meint Yoongi trocken und gähnt.
,,Das werden wir sicherlich gleich erfahren", seufzt Namjoon, steht auf und begrüßt Taemin mit einem Handschlag, als er schließlich bei uns ist.
,,Schön dich zu sehen, Taemin", lächelt Namjoon. ,,Und wer bist du?"
Er geht vor dem kleinen Jungen in die Hocke und sieht ihn neugierig an.
Der jedoch bekommt es mit der Angst zutun und versteckt sich verlegen hinter Taemins Beinen.
,,Ara und er würden bestimmt gute Freunde werden", lacht Tae, der inzwischen wieder aufgewacht ist, leise neben mir auf und ich nicke nachdenklich.
Wer ist dieser Junge?

,,Jaaa", Taemin klatscht voller Tatendrang in die Hände. ,,Jetzt gehts endlich los, Jungs. Ich bin gespannt, was uns die nächsten Monate erwarten wird. Ich habe noch einen kleinen Gast mitgebracht, der uns begleiten wird. Darf ich vorstellen..."
Er tritt einen Schritt zur Seite, sodass der kleine schüchterne Junge hinter seinem Versteck wieder zum Vorschein kommt.
,,...das ist Soori. Mein Neffe", sagt Taemin und blickt stolz zu ihm hinab.
Wir sehen uns mit großen Augen an.
Yong hatte also einen Sohn?

,,Wie ihr inzwischen ja alle mitbekommen habt...", er sieht mit einem strengen Blick zu Yoongi, Jungkook und mir. ,,...hatte ich einen Bruder, der leider vor ein paar Wochen verstorben ist. Soori wird jetzt erst einmal eine Zeit bei mir bleiben, bis es seiner Oma besser geht. Daher kommt er auch mit, ich hoffe niemand hat etwas dagegen."
,,Garnicht", strahlt Jimin, der inzwischen aufgestanden ist und vor dem kleinem Jungen ebenfalls in die Hocke geht. ,,Wir werden sicher ne Menge Spaß haben."
Jungkook und ich sehen uns vielsagend an.
Onkel Jimin is ready for duty.

Nachdem Taemin nun endlich da ist, können wir mit dem Boarding beginnen.
Ich fliege das erste Mal mit eine Privatflugzeug und ich bin beeindruckt von der Geräumigkeit dieses Fliegers.
,,Wooow", staune ich und sehe mich neugierig um, als ich an Bord gehe.
,,Nicht schlecht, oder?", lacht Jin auf, der hinter mir ist.
,,Nicht schlecht ist auch das Gewicht deines Koffers", ächzt Jungkook hinter uns auf. ,,Hast du Steine dabei, oder warum ist der so schwer?"
,,Ich hab dir doch gesagt, dass ich ihn selber nehme", gebe ich protestierend zurück, als ich nach dem Henkel greife und ihn wieder an mich nehmen will.
,,Lässt du das jetzt?", Jungkook schlägt pikiert meine Hand weg und zieht einen Schmollmund. ,,Ich schaff das schon."
,,Lass ihn einfach", mischt sich Yoongi mit ein. ,,Das schadet sonst seinem Ego, wenn du ihm den Koffer jetzt wegnimmst."
Beleidigt lasse ich los.
Das ist mein Koffer.

Ich suche mir also einen Platz am Fenster aus und hefte mich sofort an die Scheibe. Ich liebe den Start und die Landung und möchte für nichts in der Welt diese besonderen Momente verpassen.
,,Willst du dich auf den Flügel schnallen?", flüstert mir Jin ernst zu, der sich neben mich setzt. ,,Von dort aus hast du wahrscheinlich noch eine bessere Sicht."
Geschockt sehe ich ihn an.
,,Du musst wirklich an deinem Humor arbeiten", er grinst mich verschmitzt an, als Jungkook vorbeikommt und ihn leicht an einer Haarsträhne im Nacken zieht.
,,Das ist mein Platz, Hyung", meint er trocken und fordert Jin dazu auf aufzustehen.
,,Schon gut, schon gut", Jin erhebt sich seufzend und reibt sich den Rücken. ,,War eh unbequem da."
Jungkook lässt sich neben mir auf den Sitz fallen und legt genüsslich den Kopf an die Lehne.
,,Bist du garnicht aufgeregt?", frage ich ihn leise und beuge mich etwas zu ihm vor.
,,Nö. Warum sollte ich? Wir haben ein paar coole Wochen vor uns", murmelt er leise und schließt die Augen. ,,Und du bist dabei. Das macht es noch besser."
Überrascht sehe ich ihn an und er öffnet die Augen und dreht den Kopf zu mir.
,,Ich hoffe du bist bereit für ganz viel Action?", fragt er mich herausfordernd und unterdrückt ein Grinsen.
Ich schlucke schwer.
Leise lachend lehnt er sich wieder zurück und greift vorsichtig nach meiner Hand.
,,Das wird großartig", flüstert er und verschränkt seine Finger mit meinen.
Eine Gänsehaut jagt über meinen Körper und mein Herz beginnt wie wild zu schlagen, als er mich ein Stück näher zu sich heranzieht und unsere Hände auf seinen Bauch legt.
Wenige Minuten später fährt die Maschine über das Rollfeld und bringt uns auf den Weg nach New York City....

Danbi's POV:

,,Dad? DAAAD? Soori ist bei Taemin", rufe ich, während ich auf dem Misthaufen herumstapfe, um nach dem besten Empfang zu suchen.
Dad steht unten uns sieht mich skeptisch an.
,,Fall ja nicht in die Scheiße, hörst du? Der Schweinestall riecht schon genug danach", schreit er warnend.
,,Hast du mir überhaupt zugehört?", gebe ich empört zurück.
,,Nein", höre ich ihn sagen.
,,SOORI IST BEI TAEMIN", rufe ich nun etwas lauter und steige vorsichtig von dem Misthaufen ab.
,,Verdammt", Dad reibt sich die Schläfen. ,, Du hast doch gesagt, dass du Oma bestochen hast ihn unter keinen Umständen zu Taemin zu bringen."
,,Hat anscheinend nicht funktioniert", ich zucke genervt mit den Achseln und sehe wieder auf mein Handy. ,,Ist doch nicht so schlimm oder?"
,,Doch Danbi. Das ist schlimm. Soori war unser letztes Druckmittel", meint Dad gestresst. ,,Und jetzt ist er genau bei dem, bei dem er nicht sein sollte. Wie soll ich Taemin jetzt davon überzeugen, dass er uns zurückholen muss?"
,,Selbst Schuld, Dad. Hättest du Yong nicht von der Brücke gestoßen, dann hätten wir das ganze Problem jetzt nicht."

Hellouuu 💜
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