chapter 34

Jᴇssɪᴄᴀ

Ich war ziemlich schnell fertig. Meine Füße leiteten mich nach unten in die Küche, wo ich schon das Essen riechen konnte.

»Gerade rechtzeitig«, grinste Bryan und stellte drei Teller mit Rührei auf den Tisch. »Ich hoffe du magst Rührei. Wenn nicht, dann lass einfach stehen.«

Ich lächelte schief und nickte zaghaft. »Ich mag Rührei.« Auf seinem Gesicht bildete sich ein strahlendes Lächeln. »Super!«

Ich setzte mich an die rechte Seite des Tisches und er setzte sich gegenüber. Neben mir war links ein Platz frei. Auf meinen fragenden Blick zuckte Bryan die Schultern. »Ich dachte, dass Hope noch im Haus ist, aber die ist schon längst in der Schule. Hab vergessen, dass Montag ist.«

Ich riss die Augen auf. »Müssen wir nicht auch dort sein?!« Er grinste schief. »Jetzt ist eh zu spät. Da lohnt es sich eher zu schwänzen. Aber keine Sorge, ich habe uns beide krank gemeldet.«

Ich stieß ein dankbares Seufzen aus. Ich hatte noch nie geschwänzt, ich wollte es auch nie tun. Das fühlte sich hier etwas illegal an, und doch konnte ich nichts dafür, wenn ich einmal verschlafe und die Schule verpasse...

In meinen Gedanken versunken aß ich das Frühstück. Bryan tat es mir nach. Wir redeten nicht miteinander, sondern dachten beide über die Geschehnisse nach.

Plötzlich bekam ich einen Anruf. Dad. Skeptisch beäugte ich mein Handy und überlegte, ob ich ran gehen wollte. Eigentlich ja nicht, aber...

»Du solltest annehmen.« Bryan sah mich an und aß ein Stück des Rühreis. Ich seufzte und klickte auf Annehmen.

»Jess?« Die Stimme meines Vaters erklang von der anderen Seite.

»Ja.«

»Oh Gott, ich bin so froh, dass du dran gegangen bist. Wie geht es dir mein Schatz?«

Woher kam plötzlich die ganze Liebe?

»Gut«, antwortete ich knapp.

»Hey, Jess, ich weiß, die Situation gerade ist nicht wirklich wünschenswert. Könntest du wenigstens nach Hause kommen? Ich weiß nicht wo du dich befindest, bitte komm einfach nach Hause.«

Ich wollte den Kopf schütteln. Ich wollte ein lautes Nein schreien. Ich wollte nie wieder zurück in dieses Haus. Nicht zurück an die Stellen, wo meine Mutter hingekotzt hatte. Ich hatte Angst sie in diesem Haus erneut zu sehen. War sie überhaupt schon entlassen worden?

Ich sagte nichts. An der anderen Seite war es ebenfalls still.

»Jessica?«

»Sorry, ich-« Ich atmete tief durch. »Ist Mom denn schon entlassen worden?«

Anscheinend erfreute es meinen Vater, dass ich nachfragte. Jedenfalls klang er viel fröhlicher. »Nein, meine Liebe, aber vielleicht wird sie in ein bis zwei Wochen entlassen. Ihre Situation ist nicht mehr kritisch, und doch muss sie noch im Krankenhaus bleiben.«

Ich atmete erleichtert auf. Das machte es einen Hauchen einfacher. Meine Mutter zu sehen wollte ich nämlich über alles vermeiden.

»Okay Dad. Ich kann nach Hause kommen. Aber ich will nicht lange bleiben.«

An der anderen Leitung war es still.

»Verstehe.« Ein Räuspern. »Du, Jess, falls dich irgendetwas bedrückt, dann sag es mir bitte. Was ist bitte passiert, als du bei ihr warst?«

Ich bekam leichte Gänsehaut. Ich wollte gerade nicht darüber reden. Vielleicht später. Vielleicht Zuhause.

»Es ist alles gut... Ich erzähle es dir Zuhause, okay?«

»Einverstanden. Bis dann.«

»Bis dann, Dad.«

Und ich legte auf.

. . .

Eine halbe Stunde später befanden wir uns in Bryans Auto. Er hatte mir liebensweise angeboten mich zu fahren, nachdem ich ihm das Gespräch geschildert hatte.

Das Auto blieb vor meinem Haus mit einem Ruck stehen. Misstrauisch betrachtete ich das Gebäude.

»Und du bist dir sicher, dass du das machen willst?« Ich schüttelte den Kopf und zuckte dann hilflos mit den Schultern.

»Hab ich eine andere Wahl?« Nun war er es, der hilflos schaute.

Ich klickte mich aus meinem Gurt und drehte mich zu Bryan hin. Dieser sah mich ebenfalls an.

»Soll ich wirklich nicht mitkommen?« Ich schüttelte erneut mit dem Kopf. Bryan beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

»Pass auf dich auf.«

Perplex schluckte ich einmal schwer, nickte und stieg aus dem Auto heraus. Er fuhr rückwärts wieder aus der Einfahrt und war verschwunden. Ich stand immer noch da und sah auf die Stelle, wo er gerade gewesen war.

Oh Gott. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flogen wie wild umher, doch ich konnte nun nicht mehr ausmachen, ob es vor Nervösität war oder vor Freude über diese kleine Geste.

Mit schweren Schritten lief ich auf die Eingangstür zu. Meine Hände machten sich wie selbstständig und zitternd klingelte ich. Die Tür wurde keine Minute später geöffnet.

»Jess!« Mein Vater zog mich in eine tiefe Umarmung. Das hatte er nie gemacht. Es fühlte sich komisch an. »Oh Gott, ich hatte mir so Sorgen gemacht. Bitte hau das nächste Mal nicht einfach ab und sag mir Bescheid. Was ist überhaupt passiert?«

Er zog mich mit in das Haus und schloss die Tür. Während er weiter erzählte, sah ich mich etwas um.

Es hatte sich nichts geändert. Mom's zweite Jacke hing noch an ihrem Haken, ihre Schuhe waren aber weg. Es fühlte sich an wie immer. Als würde sie in ein paar Stunden hier ankommen, betrunken lallen und den Boden vollkotzen. Meine Hände verkrampften sich und ich biss mir auf meine Lippen.

»Jess? Kommst du?« Mein Vater war schon weiter gelaufen. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er schon eine Tasse Kakao fertig gemacht hatte.

»Sodass wir besser reden können«, meinte er und nahm sich ebenfalls seine Tasse. Ich setzte mich ihm gegenüber. Er räusperte sich.

»Willst du... erzählen was passiert ist?«

Ich kaute nervös auf meiner Lippe. Wollte ich das? Eigentlich nicht. Und doch hatte mein Vater das Recht zu erfahren...

Ich fing an zu erzählen. Dass sie mich gepackt hatte, als ich in dieses Zimmer gekommen war. Mich gegen den Schrank gestoßen hatte. Ich zeigte die Abdrücke ihrer Hände. Ich ließ nichts zurück. Es brach alles aus mir heraus.

Mein Vater sagte für eine Weile nichts. Er schwieg. Dann stand er auf und umarmte mich.

»Es tut mir Leid, Jess. Ich wusste nicht, dass es so weit kommen würde...«, hauchte er in meine Haare. Ich erwiederte zögerlich die Umarmung.

»Ist... okay.«

Ich löste mich langsam von der Umarmung. Er räusperte sich erneut und fasste sich durch die Haare. Ich sah ihn nur an und lief weg. Ich wollte in mein Zimmer. Ich wollte hier nicht sein.

Er sah mich noch nachdenklich an, als ich die Treppe hoch verschwand.

In meinem Zimmer setzte ich mich auf mein Bett und starrte in Richtung Wand. Zuhause zu sein war komisch. Ich mochte es nicht.

Ein Mauzen riss mich aus meinem Starren und ich sah zu dem Verursacher. Muffin sah mich mit großen Augen an und ich musste lächeln.

»Na, du große?«, murmelte ich und nahm sie in meinen Arm. Sie rollte sich zusammen, schloss die Augen und schnurrte. Ich genoss diese Umarmung ebenfalls. Muffin gab mir wenigstens etwas Sicherheit. So fühlte ich mich wohler in diesem Haus.

Auf einmal hörte ich unten Gespräche. Mein Vater schien mit irgendeiner Person zu reden, aber da ich keine zweite Stimme ausmachen konnte, vermutete ich, dass er telefonierte.

Schluckend drückte ich Muffin fester an meinen Körper.

- - -

Ein langes Kapitel, im Gegensatz zu den letzten.

Was mögt ihr eigentlich mehr? Längere Kapitel oder kürzere?

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