Hab dich auch lieb Schwesterherz
"Wollen wir vielleicht zusammen spazieren gehen? Schlafen kann ich jetzt ja eh nicht mehr"
Tae hee
Hand in Hand liefen wir wie das doppelte Lottchen durch London. Ich weiß nicht ob es eine Art Eingebung oder tatsächlich ein indirektes Zwillingsding war, aber wir hatten es tatsächlich wieder fertig gebracht im Partnerlook herum zu laufen. Beide steckten wir in schlabbrigen Latzhosen, weiten Hoodies und Turnschuhen.
Nur die Farben waren anders. Taetae strahlte wie ein Pastelleinhorn in seinen fast schon weißen Latzhosen und dem babyblauen Adidas-Hoodie während meine Hose fast schwarz und mein Pullover petrolfarben war. Wären wir bei My Little Pony* wäre er vermutlich die helle und ich die dunkle Einhornprinzessin... stellte ich schmunzelnd fest.
(*danke an @Yuko_ChanX3 sonst würde da jetzt immer noch Mittlerweile stehen. Manchmal verstehe ich wirklich nicht was meine Autokorrektur für ein Problem mit der englischen Sprache hat😅)
Schnell löste ich unsere Hände und wandte mich noch einmal um, um sicher zu gehen, dass ich mein Auto auch wirklich zugeschlossen hatte und zurrte dann noch einmal meinen hohen Pferdeschwanz fest um meine Nervosität zu überspielen.
Es war schon eine Weile her, dass ich das letzte hier gewesen war. Hier her kam ich wenn ich alleine sein wollte, nicht mehr weiter wusste, traurig war oder so wie jetzt nicht mehr schlafen konnte. Noch nie hatte ich jemanden an diesen besonderen Ort mitgebracht. Taetae war der Erste. Für ihn machte ich eine Ausnahme, denn es war nur fair das er davon erfuhr.
Ich war ihm dankbar, dass er nicht fragte was wir hier taten, als ich wieder seine Hand nahm und ihn geradewegs durch eine enge Seitenstraße zog und direkt auf einen Riss in einer mannshohen Mauer zusteuerte. Zwar war sein Blick unsicher und signalisierte glasklar sein Unbehagen als wollte er mich fragen 'Dürfen wir das überhaupt?' aber er folgte mir dennoch.
Diesen Weg ging ich nicht zum ersten Mal. Entdeckt hatte ich ihn vor etwa einem Jahr als ich die Zeit vergessen und den Moment verpasst hatte an dem man das Gelände abgeriegelt hatte. Seither kannte ich diesen Ort hier wie meine Westentasche.
"Wo sind wir hier eigentlich?", fragte Tae dann doch als er sich etwas umsah. Seine Hand umfasste meine ein bisschen fester und ich spürte dass er leicht zitterte. "Das ist irgendwie gruselig hier..."
Ich wusste das mein Bruder zu den Menschen gehörten die Friedhöfe nicht mochten, weil sie sie mit dem Tod verbanden. Andere Menschen wie auch ich mochten jedoch die friedliche Atmosphäre die man auf einem Friedhof schuf, damit die Verstorbenen ihre letzte Ruhe finden konnten.
(Und von diesen seltsamen Kreaturen die des nachts auf Friedhöfen herum geister und Kulten frönen oder Gräber schänden will ich lieber gar nicht anfangen😑😒😤)
"Das ist der Militärfriedhof von London...", antwortete ich ihm ehrlich, worauf er mich erschrocken und mit großen Augen ansah "Militärfriedhof....?", wiederholte er ängstlich, "w-willst du mich loswerden?"
Ich lachte herzhaft und laut und erntete dafür nur einen verstörten Blick.
"Gott Tae wenn ich dich loswerden wöllte würden wir jetzt zum Flughafen fahren, Dummerchen." kicherte ich, als ich mich wieder einigermaßen eingekriekt hatte und schnippste ihm mit dem Finger gegen die Stirn. Tae grummelte daraufhin nur beleidigt, stampfte beleidigt mit dem Fuß auf und verschränkte und bockig wie ein kleines Kind schmollend seine Arme vor der Brust.
Seine typische Trotzhaltung aus Kindertagen, wie ich grinsend feststellen musste. "Komm schon Schmolli, ich hab dich doch lieb" meinte ich lächelnd und reichte ihm meine Hand. Er jedoch plusterte nur die Wangen auf und rümpfte die Nase. Ich wusste das er mir nicht ernsthaft böse war, obwohl er zugegeben sehr gut schauspielerte aber seine Augen verrieten ihn. Er wollte das ich vor ihm auf Knien im Dreck herum kroch, aber das konnte er vergessen.
"Na schön wie du willst, bleib halt da stehen bis ich wieder zurück bin" meinte ich und ging ein paar Schritte von ihm weg bis ich fast in der Dunkelheit verschwand. "Aber wehe du machst dir in die Hose während ich weg bin"
Ich ging wieder ein paar Schritte weiter und musste nicht lange warten, da knirschte auch schon der Kies unter Taes flinken Schritten. Schmunzelnd nahm ich zur Kenntnis wie er ängstlich nach meiner Hand suchte und diese dann fest umklammerte.
"Manchmal kannst du echt fies sein, weißt du das?" schnaufte er. Ich nickte zwar bestätigend, antwortete aber gegenteilig: "Nö, ich lass mich nur nicht von einem Schauspieler um den Finger wickeln"
"Wie hast du..?", wollte er überrascht von mir wissen beendete aber seine frage nicht weil er wohl bemerkt hatte das er sich damit selber ein Bein gestellt hatte. "Ich bitte dich, Dummerchen ich bin deine Schwester..." meinte ich und wurde darauf hin von ihm in die Seite geknufft. Dabei murmelte er so etwas wie "Ich sags ja, einfach nur gemein" was mich dazu brachte sein knuffen kichernd zu erwidern.
~
"So", sagte ich als wir nach einem eigentlich recht kurzen Fußmarsch -welcher aber durch unsere Kabbelei künstlich in die Länge gezogen wurde- torkelnd an unserem Ziel ankamen. "Da wären wir." Ich löste mich von Tae um zielstrebig auf die kaum erkennbaren Umrisse eines großen Grabsteins zuzugehen. Davor stand in dem hübsch hergerichtet Beet eine riesige Kerze mit drei Dochten, die ich immer anzündete wenn ich hier war.
Also kramt ich auch diesmal mein Feuerzeug aus der Hosentasche. Als die Dochte brandten und die Kerze ein warmes Licht verbreitete konnte man die Aufschrift des dunklen Grabstein erkennen. Sie war jedoch bereits so verwittert das man die meisten Namen kaum noch lesen konnte. Nur die pompös anmutende Überschrift: Tomb of the Parker Family schien regelmäßiger erneuert worden zu sein.
Jedoch war ich nicht etwa hier um die gesamte Familie zu betrauern. Ich kannte nur eine Person dieser Familie genauer und damit fiel mein Blick auf eine kleine dunkle Granitplatte mit goldener eingraviert Inschrift welche mit dem verblassten Portrait einer jungen Soldatin auf einem kleinen Sockel vor dem eigentlichen Grab tronte.
"Forever loved and never forgotten. Sarah-Anne Parker gave her live for her country and her unit. Rest in peace." hörte ich Tae holprig vorlesen. Er sagte nichts weiter, fragte nicht mal was es bedeutete. Ob vor Ehrfurcht oder meinetwegen wusste ich nicht. Aber vielleicht reichten selbst seine miserablen Englischkünste aus um diese Worte zu verstehen.
"Sarah war mein Captain als ich noch ein Frischling in der Army und noch ganz grün hinter den Ohren. Ich habe sie bewundert, weil selbst gestandene Männer vor ihr den Schwanz eingezogen haben. Sie war quasi sowas wie ein Vorbild für mich und manchmal auch wie eine große Schwester.", erzählte ich ihm mit einem kleinen Lächeln, ohne mich zu vergewissern, ob er mir überhaupt zuhörte. "Als unsere Einheit dann jedoch zu einem Auslandseinsatz in Syrien berufen wurde, widersetzt sie sich dem Befehl eines ranghöhren Offiziers und stellte unser Leben über ihr eigenes und naja..." weiter sprach ich nicht. Zum einen weil ich weder konnte noch wollte zum anderen weil ich nicht durfte und weil Tae mich sicher auch ohne Worte verstand.
Ich schniefte kurz und wischte mir über die Augen weil mich plötzlich die Erinnerungen an alle Kameraden übermannten die ich bereits verloren hatte, als ich plötzlich Taes warme Hand auf meiner Schulter spürte. "Du musst nicht weiter darüber reden wenn du nicht willst." meinte er liebevoll und übte leichten Druck auf meine Schulter aus um seine Worte zu bekräftigen.
Das wiederum brachte mich etwas zum schmunzeln. "Ich weiß aber ich möchte auch, dass du verstehst warum ich vorhin so komisch reagiert habe und mich auch für meinen Ausraster entschuldigen...", erwiderte ich und schaute zu ihm hinüber. Er jedoch schüttelte nur mit dem Kopf.
"Schon gut, ich hab dich auch lieb Schwesterherz und für die Zukunft nehme ich mir vor dich einfach neu kennen zu lernen, okay? "
Diese Worte hatten etwas kryptisches und zeigten mir mal wieder
Wie erwachsen der kleine Tae doch manchmal sein konnte. Wenn er mit seiner kindlichen Ader irgendwo aneckte bügelt er mit seiner erstaunlich erwachsenen Seite die Wogen wieder glatt sobald er es bemerkte.
"Okay" gab ich darauf mit einem matten Lächeln zurück und legte meine Hand über seine während mein Blick wieder in Richtung des Grabsteins schweifte wo er das leichte flackern des Kerzenlichts betrachtete der die goldenen Buchstaben irgendwie lebendig erscheinen ließ. Die Idee so seltsam sie auch klang gefiel mir irgendwie, schließlich hatten wir uns Jahre lang nicht mehr gesehen...
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So ihr Lieben endlich konnte ich mich mal wieder aufraffen diese Kapitel zu einem Ende zu führen😅 hoffe es gefällt euch...
Naja liebe Grüße Noah~
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