Kapitel 5

Eomer's Sicht

Erschöpft und unendlich müde sah ich endlich in der Ferne die Tore von Thranduil's Reich.

Einige Gestalten tummelten sich im Grünen davor – ich meinte sie nicht zu kennen, doch ich irrte.

Mit jedem Schritt den ich näher kam, schlug mein Herz schneller. An einem Baum gelehnt saß ein blonder Elb mit einer schönen Frau in den Arm. Ich konnte es nicht glauben, als sich herausstellte, dass es meine junge Schwester war, die sich an ihn schmiegte und verliebt in die Augen sah. Wut, Entsetzen und Eifersucht überkamen mich und wirkten als Wachmacher.

„Lorana, schön das es dir besser geht!" rief ich laut, als sie sich gerade küssen wollten. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen sah sie mich an.

„Eomer, was tust du hier?"

„Ich hole dich ab, es ist Zeit nach Edoras zurückzukehren! Du warst ein Monat hier und es scheint dir prächtig zu gehen. In wessen Gesellschaft befindest du dich?" wollte ich wissen.

Lorana stand auf, richtete ihre Kleidung und drückte mich zur Begrüßung. Ich erwiderte sie nicht, blieb regungslos stehen. Voller Unbehagen ließ sie schnell von mir ab und erklärte sich mit unsicherer Stimme: „Bruder, das ist Prinz Legolas – Thranduils Sohn. Wir haben uns angefreundet und ..."

Ich gab ihr zu verstehen, dass sie verstummen sollte. Legolas stand hinter meiner Schwester, eine Hand auf ihren Schulter gelegt.

„Heiratskandidaten warten auf dich in Edoras. Du kannst mit einem Elben nicht zusammen sein Lorana! Um deinetwillen hoffe ich, du hast deine Jungfräulichkeit bewahrt?!"

Der Prinz übernahm das Antworten. Er drückte sich gewählt aus und mäßigte seinen Ton - nicht so wie ich.

„Lorana ist eine wundervolle Frau, wir haben unsere gemeinsame Zeit genossen, doch seid gewiss, dass ihre Ehre nicht befleckt wurde! Ich kenne die Gebräuche der Menschen und respektiere sie. Uns ist sehr wohl bewusst Hauptmann, dass sie für mich als Ehefrau und ich als ihr Mann nicht in Frage kommt. Dennoch empfinden wir füreinander Zuneigung."

Der Elb war schlau und sehr Wortgewandt. Er überrumpelte mich mit seiner verständnisvollen Art, so dass ich nichts zu erwidern wusste. Lorana drehte sich zum Prinzen um, sah ihm lächelnd in die Augen und küsste ihn.

„Wir brechen morgen in der Früh auf!" brachte ich zähneknirschend hervor und verließ mit meinem Pferd den Schauplatz.

Im Stall angekommen, versorgte ich Feuerfuß – ständig unter Beobachtung vieler Augenpaare. Vor allem Elbinnen starrten mich an. Ich rief einen der Krieger zu mir und fragte ihn aus, warum ich mit den Blicken verfolgt wurde und die Weiber kicherten wie junge Mädchen.

„Mein Herr, sie sehen nur äußerst selten Menschen, da sie das Reich kaum verlassen. Schlichtweg gesagt, sie sind neugierig ... man sagt den Menschenmännern nach kernig und geschickte Liebhaber zu sein. Vermutlich philosophieren sie darüber, was an diesem Gerücht dran ist."

Ich sah einmal um die Ecke und musste feststellen, das sie allesamt hübsch anzusehen waren. Nun wenn Lorana ihren Spaß hatte, warum sollte ich den nicht auch haben?

Entschlossen befreite ich mich von meiner Ausrüstung und striegelte mein Pferd mit freiem Oberkörper weiter. Verzücktes kichern war lauter zu hören als vorher, seit sie meine nackte Haut erblickten. Langsam und allmählich, nährte sich die Gruppe junger Frauen mir, wie eine Herde junger Rehe.

„Wie ist euer Name, edler Krieger?" fragte die Schönste aus der Runde.

Wie ein Ehrenmann beugte ich mich vor, griff ihre Hand und hauchte ein Kuss darauf, richtete mich auf und sah ihr tief in die Augen: „Eomer – zu euren Diensten. Nun kennt ihr meinen Namen aber ich nicht den euren ..."

„Valea – zu euren Diensten." antwortete die Dame mit einem Knicks. Die anderen Elbinnen stellten sich ebenfalls vor, doch ich vergaß augenblicklich ihre Namen wieder. Ich hatte nur Augen für die eine Schönheit.

„Ihr kommt um Eure Schwester abzuholen?" fragte mich die blonde Schönheit. Ich nickte nur.

„Das ist sehr ritterlich von euch. Ihre Freude wird wohl mäßig sein ... Sie genoss sehr die Zeit mit dem Prinzen. Er hat nur Augen für sie was so manche Elbinnen zornig machte. Man munkelte schon, ob sie gemeinsam aus ihrer Verantwortung ausbrechen und irgendwo hingehen, wo niemand ihren Namen kennt."

Valea's Erzählung ließ mich unruhig werden. Würde Lorana es wagen in letzter Minute mit Legolas durchzubrennen? Sie respektierte mich, dennoch würde ich gleich zu ihr gehen und eine Warnung aussprechen.

„Würdet ihr mich zu meiner Schwester bringen?"

Schnell zog ich mein Hemd wieder an, ehe ich Valea folgte, die mit einem sanften Lächeln vorweg lief.

In diesem Reich konnte man sich wahrlich verlaufen, doch es hatte etwas anmutiges an sich. Verwinkelt und dennoch offen und frei. Es war anders als Lorien doch auch in den Wald integriert – nur etwas dunkler. Wir gelangten an einer schweren, reich verzierten Holztür. Die Elbin machte mit einer Handbewegung deutlich, dass Lorana hinter dieser Tür sein würde. Bevor ich anklopfte, legte sie eine Hand auf meine Brust und sprach mit verführerischer Stimme.

„Im Schein des Mondes sind unsere Gärten besonders schön. Ich zeige sie Euch gerne nach dem Abendessen."

ich zog eine Augenbraue hoch und lächelte. Ihre Andeutungen waren mehr als eindeutig und ich nahm diese nur allzu gerne an. Sie war eine unglaublich schöne Frau und es war schon etwas länger her, als das letzte mal eine Frau mit mir das Bett teilte.

Sie ging ihrer Wege, ich strafte mich und klopfte fordernd an der Tür. Der Prinz persönlich öffnete sie. Mein Herzschlag beschleunigte sich erneut, er stand mit freiem Oberkörper vor mir und meine Schwester lag mit einem leichten Kleid bekleidet auf einer Recamiere. Sie sah wunderschön aus. Ohne zweifel hatte ich sie bei ihrer Liebelei gestört.

„Lorana, ich möchte dich sprechen – unter vier Augen!" forderte ich harsch. Erstaunlicherweise widersprach sie mir nicht und folgte ohne Kommentar meinen Befehl. Sie gab dem Prinzen einen Kuss auf die Schulter, woraufhin er mit einem Lächeln ihr den Weg frei machte. „Ich warte auf dich." flüsterte er. Sie schien sich über seine Worte zu freuen.

Kaum das die Tür hinter ihr geschlossen wurde, packte ich ihr Handgelenk und zog sie hinter mir her, ohne zu wissen, wo uns der Weg hinführte. Ich stoppte abrupt, als wir an ein stilles Plätzchen gelangten.

„Bist du wahnsinnig Lorana?! Deine Liebelei mit dem Prinzen könnte ernsthafte Konsequenzen haben!"

Verständnislos sah sie mich an. „Ich verstehe nicht!" sie tat das wirklich nicht.

„Kriege wurden schon wegen weniger als der Liebe geführt." merkte ich nur an.

„Niemand würde für mich je einen Krieg anfangen Eomer!" sagte sie belustigt.

„Ich würde es, wenn es um dich, deine Sicherheit, dein Leben oder um deine Ehre gehen würde! Ich würde für dich alles tun Lorana!" Es brach lautstark aus mir raus, ohne das ich es wirklich wollte.

Mit großen Augen sah sie mich an. Zum Glück fehlten ihr im Moment die Worte ...

„Ich möchte mich noch einen Tag ausruhen und übermorgen mit dir abreisen, wenn du dich gesundheitlich in der Lage fühlst! Bitte stell nichts dummes an in der Zeit!"

Nahezu belustigt lachte sie. „Hast du angst, der Prinz und ich würden durchbrennen? Ich weiß wo mein Platz ist Eomer! Sag, warum kamst du? Ich habe einen Begleiter ... also warum bist du hier?" diese Frage zu beantworten war leicht.

„Unsere Lande sind unsicherer geworden! Mit nur einer Wache fürchtete ich um deine Sicherheit!"

Eine Stimme ertönte, mit der ich nicht gerechnet hatte.

„Das betrifft nicht nur Eure Lande Eomer. Ganz Mittelerde wird von der Dunkelheit überzogen! Mein Sohn wird in einigen Tagen zum Ringrat aufbrechen. Der eine Ring Saurons wurde gefunden. Er muss zerstört werden! Geht zurück nach Rohan und verbreitet die Nachricht Hauptmann!" Thranduil selbst klärte uns über die Geschehnisse in Mittelerde auf. Es waren beunruhigende Neuigkeiten. Meine Probleme wurden nun also mehr statt weniger. Theoden war in schlechter Verfassung, doch mit seinem Sohn Theodred konnte man noch reden. Er würde beim Ringrat Rohan vertreten. Lorana sah mir meine Schwermut an und nahm mich in den Arm zum Trost – es half ein wenig.

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