Kapitel 24

Eomer's Sicht

Lorana lief aufgewühlt den Garten hoch und runter. Ich hatte ihr alles berichtet, auch die Schuld der Untreue, die auf mir lastete. Diesen Fakt hob ich mir für das Ende meiner Erzählung auf. Bis zu diesem Zeitpunkt sah sie mich mitfühlend an, doch ihr Ausdruck änderte sich schlagartig – verständlicher Weise.

Plötzlich schrie sie auf vor Schmerzen und legte ihre Hände schützend um ihren Bauch. Ohne zu zögern rannte ich zu ihr. Ein Sturzbach an Flüssigkeit kam aus ihr hinaus – ihre Fruchtblase war geplatzt. Scheinbar immer noch wütend auf mich, versuchte sie mich auf Abstand zu halten. Ich konnte auf ihre Befindlichkeiten in dieser Situation keine Rücksicht nehmen. „Lorana es tut mir leid und du kannst ein Leben lang sauer auf mich sein, aber du musst jetzt zu den Heilern! Unser Kind scheint zur Welt kommen zu wollen."

Sie übergab sich und ihre Gegenwehr ließ nach. Schnell hob ich sie auf meinen Armen und trug sie hinein zu den Hallen der Heilung. Unterwegs schrie ich den Bediensteten Befehle zu, den König, die Königin und Königin Lyrann zu informieren.

„Halte durch Lorana, bald hast du es geschafft und du lässt den Schmerz hinter dir! Ich werde dir nicht von der Seite weichen." flüsterte ich ihr angestrengt zu. Ihr Gesicht bleich und mit Schweißperlen benetzt, ihre Augen erfüllt mit Kummer und Schmerz aber auch Hoffnung.

„Legt sie dort hin!" befahl die Königin unter dem Berge ruhig aber bestimmt.

Bard und Talua kamen gemeinsam mit Ransia in den Raum und wollten zu Gebärenden.

„Nein, sie braucht Ruhe und all ihre Kraft – bleibt dort hinten, bis ich euch erlaube näher zu kommen! Hier ist nur Platz für die Heiler und dem Vater." Lyrann wies mir einen Platz an Lorana's Seite zu. Dankbar nickte ich und setzte mich neben der Prinzessin. Früher war sie Prinzessin von Rohan, nun Prinzessin von Thal. Doch nicht für mich... für mich war sie mehr als das. Meine Königin – nicht mehr und nicht weniger.

Bisher konnte ich sie noch nicht fragen, was sie gerne wollte... wir hatten einfach noch nicht genug Zeit miteinander verbringen können, um das zu klären. Ich schlief lang und erholsam, zum ersten Mal seit Monaten und sie ließ mich schlafen. Wir liebkosten uns lange, bevor wir uns zu einem Spaziergang in den Garten aufrafften und ich mit meiner Erzählung begann.

Man stellte eine Schüssel Wasser neben mir und gab mir ein sauberes Tuch. Sofort begann ich ihre Stirn zu tupfen und einen Becher Wasser an ihre spröden Lippen zu legen. Zaghaft trank sie kleine Schlucke und schob ihn dann von sich. In der Zwischenzeit hatte man sie entkleidet und alles für die Geburt bereit gemacht. Lyrann gesellte sich neben mir. „Lorana, es ist wichtig, dass du das Atmen nicht vergisst. ..."

Sie wurde ausgiebig unterwiesen, was sie tun konnte um den Geburtsvorgang erfolgreich zu meistern.

Abschließend sagte die Königin zu mir: „Sie wird euch den Arm brechen." schmunzelte und positionierte sich am Fußende. Man merkte, dass die Königin Erfahrung mit Geburten hatte, einschließlich ihre eigenen.

Immer wieder sagte sie Lorana sanft aber bestimmt, was sie tun sollte. Hilflos und mich unnütz fühlend wiederholte ich ständig was Lyrann sagte und atmete mit Lorana mit. Bei jeder Wehe drückte sie meine Hand und schrie sich die Seele aus dem Leib. Es verging ein ganzer Tag ohne das ein Ende abzusehen war. Ich machte mir sorgen ... wie lange würde sie das durchhalten?

Besorgt suchte ich das Gespräch mit Lyrann. Wir gingen in eine Ecke und flüsterten.

„Sie ist stärker als ihr denkt Eomer! Ihr Muttermund hat sich stück für stück geöffnet. Es geht voran ... sicher wird es nicht mehr lange dauern. Das Herz des Kindes und der Mutter ist stark ... bleibt zuversichtlich und vielleicht macht ihr mal eine Pause. Esst und trinkt etwas." riet sie mir und kehrte zu Lorana zurück. Bard legte eine Hand auf meine Schulter, was mich zum umdrehen bewegte. „Kommt, esst und trinkt ... Talua wird sich in der Zeit zu meiner Schwester gesellen." Kopfschüttelnd wehrte ich dankend ab. „Sie kann sich auch keine Pause nehmen ... ich werde ausnahmslos beistehen.", nahm ein belegtes Brot und setzte mich wieder zur Mutter meines Kindes. Talua saß mir gegenüber und tupfte ihre Stirn. „Lorana, du musst mir ein Vorbild sein." flüsterte sie flehend und legte selbst eine Hand auf ihrem Bauch.

Die Heiler schickten Talua wieder fort als die nächste Wehe kam.

„Atme Liebste ..." flehte ich sie an.

„Lorana, es ist fast geschafft, ich kann das Köpfchen sehen. Du darfst jetzt nicht nachgeben und aufhören! Du musst pressen!"

Sie schrie, die Heiler schrien, ich schrie.

Dann für einen Moment Stille, meine Königin ließ sich in die Kissen fallen vor Erschöpfung. Der Schrei eines Neugeborenen erhellte den Raum – ein neues Leben begann. Dieser Schrei brachte mich aus der Fassung, ich rang um Luft und die Beherrschung, doch Tränen des Glücks rollten über meine Wange. Ich sah meine geliebte Lorana an, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und nahm unser Kind von Lyrann in Empfang. Gutmütig lächelte sie „Es ist ein Junge. Er hat Lorana's Augen."

Ein Erbe..... meine Herrschaft hatte kaum begonnen, schon konnten wir unseren Thron mit einem Erben sichern. Ich legte das gesäuberte Bündel auf Lorana's Brust und eine Amme half, den Säugling anzulegen. „Seine erste Milch schmeckt am Besten." scherzte sie. Scheinbar gab es mit der Milchproduktion kein Problem ... der Kleine Kerl, der für ein Neugeborenes ziemlich groß war saugte lange und ausgiebig.

„Er ist ein richtiger Prachtkerl." bemerkte die Mutter unseres Sohnes. Ich legte meinen Oberkörper zu ihr, Kopf an Kopf und meinen Arm beschützend um meine Familie genossen wir den Erfolg.

„Ich liebe dich so sehr Lorana. Jetzt gibt es nur noch eines, was mein Glück perfekt werden lässt..."

Sie wand ihren Kopf schmunzelnd zu mir. „ Und was wäre das?"

Ich strich über ihr verschwitztes Gesicht und küsste ihre Lippen. „ Werde meine Frau und meine Königin – herrsche mit mir über Rohan. Dir wird es niemals an etwas fehlen und ich gelobe dir ewige Treue! Mein Herz gehörte schon immer dir Lorana, auch wenn ich damals glaubte, dass es falsch war, so war es dennoch immer deines!"

Erneut liefen ihr Tränen übers Gesicht. „Eomer ich liebe dich so sehr! Ja ich will deine Frau werden und ich will eine gerechte Königin sein." Überwältigt von unserem Glück küsste ich sie stürmisch und innig. Alle um uns herum klatschten und riefen uns Glückwünsche entgegen.

Meine Verlobte wurde gewaschen und hergerichtet, damit ihr Bruder und seine Frau näher kommen konnten.

Talua stürzte sich regelrecht auf ihre Freundin und das Neugeborene. Der kleine Junge hatte nun seinen Durst gestillt und ließ von ihrer Brust ab.

Dieser kleine Mensch sah uns an, seine blauen Augen drangen tief in meine Seele – er sah so schön aus.

„Wie möchtest du ihn nennen?" fragte ich respektvoll seine Mutter.

„Elfwine...." überlegte sie laut.

Ich brummelte den Namen einige Male vor mich hin, er hatte einen schönen Klang – er gefiel mir. Ich küsste die Stirn unseres Sohnes und nahm ihn auf dem Arm. Geschwind eilte eine Amme zu mir und legte ein Tuch unter. „Mein Herr er wird sicher gleich ein Bäuerchen machen ..." erklärte sie mir ausgiebig.

Ich setzte mich neben Lorana und wiegte Elfwine in den Schlaf. Nach und nach kam Besuch, der uns beglückwünschte und den Thronfolger kennen lernte.

„Eomer, meinen herzlichsten Glückwunsch! Elfwine ist ein Kind Rohan's und Thal's, durch ihn sind unsere Ländereien vereint. Ich gratuliere euch zur Verlobung mit meiner Schwester, auch durch sie sind wir nun vereint. Wir sollten dieses Bündnis feiern und wir beide besprechen, wie weiter verfahren wird."

Bard II wollte also geschäftliche Verhandlungen mit mir abwickeln. Doch bevor ich ihn alleine traf, werde ich das ausführlich mit Lorana besprechen, um auch ihre Interessen zu vertreten.

„Das sollten wir tun, doch gib uns noch ein paar Tage Zeit... wir würden gerne eure Gastfreundschaft noch ein wenig in Anspruch nehmen."

Der König nickte zufrieden und wechselte noch ein paar Worte mit seiner Schwester. Lorana sah unglaublich erschöpft aus, sodass ich jeden weiteren Besucher auf den nächsten Tag vertröstete. Lyrann untersuche meine Verlobte noch einmal eingehend, bevor sie uns in unsere Gemächer entließ. Lorana und Elfwine wurden auf einer Sänfte dorthin gebracht, während die Königin unter dem Berge noch ein paar Worte mit mir wechselte.

„Sie hat alles unbeschadet überstanden. Sicher wird sie euch noch weitere Kinder schenken, doch meidet den Beischlaf für mindestens zwei Vollmonde! Es muss alles heilen und Elfwine war ein besonders großer Brocken. Auch die Abreise sollte nicht vor zehn Tagen geschehen ... sie ist recht wund ... der Bursche wiederum ist jetzt schon stramm genug – der wird die Reise mit genügend Pausen an der Brust seiner Mutter gut bewältigen."

Unsere Wege trennten sich, mit der Absprache, dass sie morgen nochmal nach uns schauen würde.

Auf dem Weg zu unserem Gemach besorgte ich noch Essen und Wasser. Jeder der meinen Weg kreuzte, verneigte sich vor mir und beglückwünschte mich für meinen Erben. Mein Brust war geschwollen vor stolz. Lorana war so tapfer und schenkte mir diesen wundervollen Jungen. In Gedanken sah ich unser Kind mit seinen Geschwistern spielen... es waren drei Kinder insgesamt. So wie Lorana, Eowyn und ich aufgewachsen waren.

Dankbar schaute ich einen Moment in den Himmel ... . Lorana war nicht meine Schwester und unser Kind somit kein Zeugnis einer verbotenen Frucht. Jeder von uns hatte schweres durchlitten ... jeder auf seine Weise. Mein Gefühl sagte mir, dass diese Zeiten nun vorbei waren. Selbst wenn schwere Zeiten kommen würden, so waren wir doch nie wieder getrennt – nicht auf diese Weise wie die letzten Monate.

Leise klopfte ich an die Tür und öffnete sie. Das Bild was sich mir bot, brannte sich in meinem Kopf. Meine Verlobte lag hergerichtet in dem riesigen Bett mit Elfwine, welcher friedlich schlief, auf dem Arm. Sie strahlte mich an, was direkt mein Herz erwärmte – nun wusste ich, sie hatte mir endgültig vergeben. Schnell gesellte ich mich zu ihr und bat sie zu essen. Sie tat es beherzt und mit Genuss, während wir plauderten und lachten. Gesättigt und erschöpft von den Strapazen schmiegte sie sich an meine Brust und schlief schnell ein.

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