Kapitel 22
Lorana's Sicht
Sonnenstrahlen drangen durch mein Fenster und weckten mich sanft. Genüsslich räkelte ich mich mit meinem runden Bauch – streckte mich und freute mich auf den heutigen Tag. Bard und Talua würden sich endlich das "Ja"-Wort geben. All die Hoffnung ließ alles erblühen, die Liebe, die Pflanzen und Tiere, ja sogar mein Kind gedieh besser denn je in meinem Bauch.
Nur ein Gedanke konnte meine Stimmung trüben – die Ungewissheit, ob Eomer – der Mann den ich so sehr liebte und der nicht mein Bruder war, noch lebte. Mein Herz sagte ja aber in meiner Magengrube zog sich alles zusammen. Die Zeit würde mir die Antworten bringen. Doch ich war eine ungeduldige Frau ... sehr ungeduldig.
Talua so glücklich zu sehen ... ich könnte mir keine bessere Königin vorstellen. Wer wird Rohan regieren? War Theoden am leben? War Eowyn am Leben? So sehr ich auch versuchte diese Gedanken bei Seite zu schieben ... die Ungewissheit quälte mich sehr.
Jemand klopfte an die Tür. Als ich denjenigen hinein bat, kam Ransia mit einem Kleid auf dem Arm in mein Zimmer. Talua's Familie und ich wurden in den königlichen Gemächern untergebracht, was wir alle sehr zu schätzen wussten. Die Mutter meiner Freundin sah so glücklich aus, dass ich einfach lachen musste – so ansteckend war ihre Freude. Das war nicht immer so ... lange plagte sie der Zweifel. Ransia wollte ihre Tochter vor Enttäuschungen und Liebeskummer beschützen. Bard liebte Talua bedingungslos, unabhängig von ihrem Stand. Doch auch Malea war von der zukünftigen Schwiegertochter angetan und unterstützte ihren Sohn bei der Gesetzesänderung, damit sie rechtmäßige Königin werden konnte.
„So Liebes, Zeit dich zurecht zu machen. Talua ist das reinste Nervenbündel – umso früher du zu ihr kommst umso besser."
Ich wurde in ein wunderschönes, hellblaues Kleid gesteckt, was vor einigen Tagen für mich geschneidert wurde.
„Lorana, zieh den Bauch ein..." zischte die Brautmutter angestrengt und zog weiter an den Schnüren. Mein Kind nahm Tag für Tag mehr Platz in mir ein. Irgendwann schafften wir es, dass alles saß, auch wenn recht straff.
Kunstvoll wurden mir noch die Haare frisiert und geborgter Schmuck von Malea angelegt. Andächtig berührte ich die Kette, welche sich kühl auf meiner Haut anfühlte. Ich fühlte mich geehrte diese tragen zu dürfen und hatte gleichzeitig angst dieses Juwel zu verlieren.
Bedächtig und langsam, um keine unnötigen Falten in das Kleid zu bekommen, schritt ich zu den Gemächern der angehenden Königin und lief dem neuen König über den Weg. „Schwester – wohin des Weges?" fragte er mich und kam mir mit ausgestreckten Armen entgegen. Bard und ich hatten schon einige Zeit miteinander verbracht, wo ich viel im Bett lag um meine Schwangerschaft nicht zu gefährden. Wir standen uns nah, doch das Wort 'Schwester' aus seinem Mund zu hören war immer noch befremdlich. Wir einigten uns, dass ich bis zur Geburt bei ihm blieb und auch noch eine Zeit danach, bevor ich nach Rohan aufbrechen würde. Doch mich beschlich das Gefühl, dass da das letzte Worte noch nicht gesprochen wurde und er darauf hinarbeiten würde mich zum bleiben zu überzeugen. Ich fühlte mich hier wohl aber nicht heimisch ...
„Deine Angebetete braucht mich. Bist du aufgeregt?"
Bard schnaufte während er an seinen Sachen nestelte. „Ich weiß nicht ob ich mit meinen jungen Jahren ein guter König geschweige denn ein guter Ehemann bin. Meine Zweifel plagen mich und rauben mir den Schlaf. Talua geht es in letzter Zeit auch nicht so gut. Ihr ist oft schlecht ... meinst du sie denkt, dass sie einen Fehler begeht?"
Beruhigend lächelte ich meinen Halbbruder an. Ich hatte schon eine Vermutung, was die Übelkeit meiner Freundin anbelangte und die hatte nichts damit zu tun, dass sie sich nicht sicher war, was ihr Herz anbelangte. Doch würde ich meine Gedanken äußern, würde ich Bard noch verrückter machen, als er eh schon war.
„Was redest du da? Du bist der Mann ihrer Träume. Denk nicht so viel nach, sondern genieße diesen Tag. Es ist etwas so besonderes und einmaliges .... dieser Moment gehört euch beiden allein und das Volk ist dankbar daran teilhaben zu können."
Ich musste eine Pause einlegen, er umarmte mich kräftig vor Dankbarkeit und Erleichterung über meine Worte.
„Schon gut und jetzt sieh zu, dass du zu deiner Mutter kommst." Ich klopfte ihm auf die Schulter und schickte ihn fort.
Bei Talua angekommen, klopfte ich leise an die Tür. Eine Zofe öffnete sofort – sie sah furchtbar aus ... verschwitzt und scheinbar mit den Nerven am Ende. „Gut das ihr da seid." sagte sie erleichtert und bat mich hinein.
Talua stand vor dem Spiegel in ihrem schneeweißen, ausladenden, wunderschönen mit Diamanten funkelnden Kleid.
„Du siehst umwerfend aus." brach es aus mir heraus.
„Oh oh." sagte nur die Zofe und rannte zur zukünftigen Königin. Ich verstand nicht so recht was sie meinte. Doch dann fielen mir auch die Tränen im Gesicht meiner Freundin auf. Aber sie lächelte dabei – Freudentränen.
„Bard ist schon ganz aus dem Häuschen. Du wirst ihn heute zum glücklichsten Mann machen... Kann es sein, dass du ihn auch bald zum Vater machst?" fragte ich nach mit neckischen, sanften Unterton.
Kleine Nickbewegungen von ihrem Kopf bestätigten meine Vermutungen. Ich strahlte übers ganze Gesicht und umarmte meine Freundin von hinten und legte meine Hände auf ihren Bauch. Talua legte ihre Hände auf meinen.
„Hoffentlich wird es nicht so ein Strampler wie dein Kind. Es tritt mir gerade in den Rücken." scherzte sie. Laut lachten wir los.
„Es will dir sagen, dass du endlich fertig werden sollst und verpasst der angehenden Königin einen Tritt in den Hintern. Ich hoffe deine erste Amtshandlung als Königin bringt keine Strafe für mein Kind mit sich."
Auch Talua lachte laut los. Ihre Nervosität war gemindert, die Stimmung locker und die Zofen konnten nun schleunigst ihre Arbeit beenden ohne dass sie sich ständig einmischte. Als das wunderschöne Werk vollendet war, strich ich ihr über die Wange. „Ich werde deinen Vater holen. Damit er dich endlich zum Altar führen kann. Ich stehe an deiner Seite meine Liebe." gab ihr einen Kuss auf die Wange und verließ sie.
Ihr Vater kam mir direkt auf dem Flur entgegen, Voller Ungeduld lief er auf und ab – verständlich ... Talua war sein erstes Kind was verheiratet wurde. Seine Tochter ... eine Bürgerliche würde außerdem Königin werden ... das war für jeden eine Veränderung, an der man sich nun erst mal gewöhnen musste.
Ich machte mich auf dem Weg zum Altar und schritt dafür den langen mit Blüten verzierten Gang hinunter. Viele schaulustige Gäste saßen oder standen bereits am Rand – viele Augenpaare waren auf mich gerichtet. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Ich hielt den Blumenstrauß fest in meiner Hand während ich weiter einen Fuß vor dem anderen setzte und auf meinen Halbbruder zusteuerte. Wer weiß wie lange er dort schon wartete ... seine Nervosität stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Plötzlich begann die Musik zu spielen und Bard richtete seinen Blick auf mich, was ihn zum Lächeln brachte.
Hinter mir versammelten sich immer mehr Schaulustige und immer mehr Geräusche waren zu vernehmen.
Mein Bruder streckte mir seine Hand entgegen:
„Du bist so wunderschön Lorana!"
Ich nahm seine Hand an, froh diesen Gang halbwegs elegant und stolperfrei hinter mir zu haben. Bard zog mich in seine Arme und gab mir einen Kuss auf die Wange.
„Lorana – Nein!"
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