Kapitel 2
Eomer's Sicht
ich hatte schon damit gerechnet, dass unser Kücken etwas aus der Übung war aber so schlecht war Lorana wirklich noch nie. Nun - ich hatte keinen langen Geduldsfaden und fuhr sie zunehmend harscher an, dass sie sich konzentrieren sollte. Eowyn warf mir schon mahnende Blicke zu. Doch es half alles nichts, sie musste sich verteidigen können und würde sie sich anstellen wie heute, sie würde schneller getötet werden, als sie Hilfe rufen könnte. Außerdem konnte Lorana das gebrauchen – Kritik spornte sie an und brachte sie in Höchstform. Doch heute war etwas anders, ihre Bewegungen wurden langsamer und schwerfälliger, bis sie ihr Schwert einfach fallen ließ und selber zusammen sackte. Besorgt rannte ich zu ihr und erschrak über das viele Blut, was ihren Schenkeln hinab lief.
„Eowyn, komm schnell!" kommandierte ich meine Schwester zu mir. Sie verstand, dass mit ihrer kleinen Schwester etwas nicht stimmte. Sie zog ihren Umhang aus und legte ihn behutsam auf Lorana. „Eomer, trag sie in ihr Gemach. Wir müssen reden!" sagte sie eindringlich.
Ein Schauer lief mir über den Rücken, denn es waren mit Sicherheit keine guten Neuigkeiten, die mir Eowyn offenbaren würde.
Vorsichtig schob ich meinen Arm unter Lorana's Genick und unter ihre Beine. An den Beinen klebte Blut – es kam mir vor wie Unmengen.
Geschwind brachte ich sie in ihr Gemach, kaum angekommen, eilten Heiler zu ihr, die Eowyn bereits rief. Meine Zwillingsschwester nahm mich bei Seite, während Lorana versorgt wurde.
„Eomer, das passiert nicht zum ersten Mal, im Gegenteil ... das kam schon häufiger vor." Sie ließ eine Pause.
„Sprich weiter!" drängte ich energisch.
„Die Heilkunst der Menschen können ihr Leiden nicht lindern! Elbische Arznei könnte vielleicht helfen."
Ich legte meinen Kopf in die Hände und stöhnte leise. Wenn elbische Heilkräfte der letzte Ausweg war, musste es wirklich ernst um sie stehen. „Warum hat sie mir nichts gesagt?" murmelte ich vor mir hin.
Eowyn legte eine Hand auf meine Schulter. „Das ist für eine Frau ein sehr sensibles Thema und soweit ich weiß ... wart ihr im Streit ... vielleicht warst du etwas zu viel mit dir und deinen Vergnügschaften beschäftigt... "
Ich unterbrach sie, indem ich mit der Faust auf den Tisch schlug. „Genug!" schrie ich sie an. Eowyn verstummte augenblicklich. Ich ging hinaus an die frische Luft. Ich machte mir Vorwürfe, dass ich so streng zu Lorana war, anstatt sie zu fragen, was sie hatte. War es meine Schuld dass sie so litt? Es war auf jeden Fall meine Schuld, dass sie sich mir nicht anvertraut hatte.
Sobald etwas Ruhe in Lorana's Gemächer einkehrte, schlich ich mich hinein. Meine Schwester lag in hellem Bettzeug eingebettet und ihre Hautfarbe unterschied sich kaum von diesem. Es war also wirklich eine menge Blut, die sie verlor. Alles in mir krampfte sich zusammen, sie so schwach und nahezu zerbrechlich zu sehen. Ihre Augenlider kämpften, um sich zu öffnen. Es kostete sie so viel Mühe, kaum vorstellbar, weil man sie doch sonst so taff und unbeugsam kannte.
„Lorana, ruh dich aus ... . Es tut mir leid ... ich wusste nichts von deinem Zustand, sonst hätte ich dir natürlich nicht so viel abverlangt! Sobald es dir besser geht, reiten wir zum Düsterwald. Die Heiler dort werden dir hoffentlich helfen können! Jetzt schlaf, damit du morgen wieder mit der Sonne um die Wette strahlst."
Ein lächeln huschte über ihre Lippen.
„Bruder – warte! Erzählst du mir eine Geschichte? Bitte."
Ich konnte ihr einfach keinen Wunsch abschlagen. Lachend zog ich Mantel und Stiefel aus und legte mich zu meiner Schwester unter die Bettdecke. Mein Oberkörper lehnte am Kopfteil, so dass ich mehr saß als lag. Meine Schwester mühte sich ab, sich zu mir zu drehen und an mich zu schmiegen. Sie tat das immer, wenn es ihr schlecht ging, schon seit Kindestagen an. Ihr Kopf lag auf meinem Bauch. Sanft strich ich über ihr Haar während ich ihr eine Geschichte erzählte – Ihre Lieblingsgeschichte, die von einem Prinzen und seiner verloren geglaubten Prinzessin handelte. Lorana liebte diese Geschichte, weil sie ein glückliches Ende hatte und sie schlichtweg an der Einen, wahren Liebe glaubte.
Doch bis zum Ende kamen wir erst gar nicht, bereits nach der Hälfte der Geschichte verriet mir ihr regelmäßiger Atem, dass sie im Land der Träume wandelte.
Liebe ... was bedeutete mir das Wort?
Mich verwirrte die Liebe nur. Ich liebte meine Schwester, es ist eine schöne Liebe ... kann es wirklich etwas geben, was darüber hinausging?
Ich war fest überzeugt, dass Liebe wie in all den Geschichten, Kummer und Leid mit sich brachte – es schien mir als wäre Liebe nicht möglich ohne diesen bitteren Beigeschmack. Das wiederum wollte ich nicht. Alles was ich brauchte, war hier. Edoras, meine Stellung, meine Krieger, mein Onkel und König, meine Zwillingsschwester, Lorana. Ich musste auf nichts verzichten und hatte auch nicht das Gefühl, das mir so etwas, wie die „wahre Liebe" fehlen würde.
Es war alles gut so, Änderungen waren unerwünscht!
Müde von dem Tag, den Ereignissen und den Gedanken, fielen meine Augen zu. Schon lange kam ich nicht mehr in den Genuss von so einem erholsamen Schlaf.
Geweckt wurde ich von Lorana's Magd, die recht rücksichtslos in das Gemach polterte.
„Guten Morgen ..." trällerte sie und brach ab, als sie mich erblickte.
„Eomer ... was hat das zu bedeuten, dass ihr im Bett Eurer Schwester liegt?"
Irritiert über diese Frage sah ich an mir hinunter.
Lorana lag mit ihrem Kopf auf meiner Brust, eng an mich geschmiegt. Zu allem Überfluss hatte ich eine deutlich sichtbare Morgenerektion, die absolut nichts mit meiner Schwester zu tun hatte, was jetzt allerdings alle glauben werden. Die Magd würde schon dafür sorgen, denn so konnte sie sich für meine Abfuhr vor einigen Tagen rächen und meinen Ruf schädigen.
„Du wirst wahrscheinlich dem ganzen Hofstaat davon berichten, auch wenn ich dich bitte, es nicht zu tun – richtig?"
Sie nickte.
„Und du weißt genauso gut wie ich, dass ich meine Schwester nicht angerührt habe – richtig?!"
Erneute bestätigte sie mit einer Kopfbewegung.
„Du magst Lorana, warum schadest du ihr, wenn es doch nur eine Sache zwischen dir und mir ist?"
„Nehmt mich zu Eurer Frau und der Ruf Eurer Schwester bleibt verschont!" drohte sie mir.
Ich hatte natürlich keinerlei Absichten ihr entgegen zu kommen. Doch bevor ich einen Einwand erheben konnte, meldete sich die kräftige Stimme der schönen Frau neben mir.
„Brinka, wenn du auch nur ein Gerücht in die Welt setzt, verbanne ich dich höchstpersönlich aus Edoras und Rohan! Drohst du meinem Bruder, drohst du mir! Dieses Verhalten werde ich nicht billigen!"
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