57. Für Blut und Gold

But what was the deal, now?

And was it for gold?

But how does it feel, now?

And what shall you know?

- Johnossi, Into the Wild


Fair Johnny fühlte sich an, als würde unter seiner Haut Lava fließen statt Blut. Seit fast zwei Wochen lag er im Delirium. Manchmal wachte er auf, nur für wenige Minuten, bis er wieder in seinem fiebrigen Schlaf versank.

Roxane saß auf einer Kiste im Dunklen unter Deck, neben seiner Hängematte, und beobachtete ihn. Nicht, dass er viel tat. Er lag nur da, schlaff wie eine Lumpenpuppe, eingehüllt in Felle und Decken. Sein Kopf war verbunden, er konnte seinen Kiefer nicht bewegen. Die Männer hatten ihn gebrochen, ebenso wie ein paar Rippen, einen Arm und seine Nase. Sein Körper war übersät von Prellungen und blauen Flecken, eingequetscht in ein Korsett aus Drachenknochen und Stoff, das seinen Oberkörper stabilisieren sollte.

Das alles muss er nur ertragen, weil er mich beschützen wollte. Ich bin daran schuld. Ich hätte von Bord gehen sollen, als Morgaine mich darum gebeten hat. Sie war verblüfft, als sich heiße Tränen in ihre Augen drängten, und kämpfte sie zurück. Ich dachte, ich wäre leergeweint. Ausgetrocknet.

Sie hatte sich seit ihrer Abreise um Fair Johnny gekümmert. Zunächst hatte Rockey ihr geholfen, der sie immer noch mit Ben anredete, doch dann waren die Besuche des Schiffsarztes und Kochs immer seltener geworden, und Roxane hatte Johnny allein Tee und Suppe eingeflößt. Sie half beim Verbandswechsel und stellte sich mutig vor ihn, wenn einer der Männer ihm zu nahe kamen. Selten wich sie von seiner Seite.

Doch sie lebte in stetiger Angst. Nur noch Morgaine oder Murdoch konnten sie nun vor der Mannschaft beschützen, und sie waren immer damit beschäftigt, die Männer zur Eile anzutreiben, um Verfolger aus der Nordmark abzuhängen. Zwar war weit und breit kein nordisches Schiff zu sehen, doch Morgaine hatte genug von jagen und gejagt werden.

Roxane seufzte und strich über Fair Johnnys Hand. Seine Haut war bleich geworden, ungewohnt hell, statt seine übliche Bräune, sein Körper eingefallen und schwach. Roxane vermisste ihn so sehr, dass es wehtat.

Es verwirrte sie. Sie hatte nie jemanden so sehr vermisst wie Madrid Yarrow, und sie hatte stets geglaubt, ihr Verhältnis wäre einzigartig gewesen. Nie wieder würde sie jemanden kennenlernen wie ihn. Das habe ich geglaubt. Aber ich weiß nun, dass viele Männer so sind wie er. Ein Mann mit einem Herz so schwarz wie Teer, ohne jede Gnade und Zuneigung. Er hat immer nur mit mir gespielt.

Sie hatte oft an Madrid gedacht, während sie neben Fair Johnny in der Dunkelheit saß, und hatte gemerkt, dass ihre Liebe einer ungewohnten Wut gewichen war. Sie wollte Madrid immer noch finden, ihn zur Rede stellen und ihn in Stücke reißen, dafür, dass er sie so benutzt hatte, doch statt der insgeheimen Hoffnung, er würde zu ihr zurückkehren, war nun das kalte Wissen gelangt, dass es niemals so kommen würde. Sie wollte ihm nur noch in die Augen sehen, wenn er ihr sagte, dass er sie nicht geliebt hatte. Ein wahrer Bastard. Fair Johnny würde mich niemals so betrügen. Nie.

Für einen Moment überflutete der Zorn sie, und sie stellte sich vor, wie sie sich in eine Wölfin verwandelte und Madrid Yarrow die Kehle herausriss. Mein Erbe, wenn nicht ein Krieg ausgebrochen wäre. Ob Blut besser schmeckt, als es riecht? Die Erinnerung an den kalten, metallischen Blutgeruch, der Morgaines Kajüte erfüllt hatte, als sie Fair Johnny dort aufgebahrt hatten, überfiel sie, und sie schluckte den aufkeimenden Würgereiz herunter. Das ist widerlich.

Sie zuckte zusammen, als hinter ihr eine Stimme erklang.

„Er sieht aus, als wäre er tot", schnaubte Morgaine und wies nachlässig auf Fair Johnny.

„Er sieht aus, als würde er schlafen", berichtigte Roxane sie mit flatternden Nerven. Er wird nicht sterben.

„Ist das gleiche. Schlaf ist wie Tod, mit allen Vorteilen und ohne die lästigen Nachteile des Todes. Man vergisst alles, deine Probleme spielen keine Rolle mehr... Aber man ist nicht... tot. Wundervoll." Morgaine verschränkte die Arme und lehnte sich an einen Holzbalken. „Habe ich dich erschreckt?"

Roxane schüttelte den Kopf. „Ich habe nur nachgedacht."

„Über was?" Morgaine grinste und legte den Kopf schief. „Wenn ich fragen darf."

„Wölfe. Wie es wäre, ein Wolf zu sein, und Madrid Yarrow zu töten."

Morgaine lachte leise. „Sei ihm dankbar. Wenn er dich nicht verlassen hätte, hättest du nie Fairwell kennengelernt."

„Aber Johnny wäre nicht verletzt!", hielt Roxane dagegen.

Die Kapitänin winkte ab. „Das überlebt er. Ich denke, er hat Schlimmeres erlebt."

„Woher weißt du das?"

„Er war bei den Grauen Männern von Murnersshire. Deren Ausbildung ist knochenhart, und bei ihrer Arbeit geschehen Dinge, von denen du nicht mal träumen kannst. Fairwell wurde gefoltert, von Räubern gefangengenommen und von wilden Tieren angegriffen. Bis er wegen Glücksspiel unehrenhaft entlassen wurde. Es mag vorbei sein, aber seine Narben, Götter und Geister, sie übersäen seinen gesamten Körper. Dass Krallen, Peitschen und Brandeisen seine süße Tätowierung verschont haben, ist ein wahres Wunder."

Roxane stellte sich Fair Johnny ohne Kleidung vor, sein Körper bedeckt von Narben, die sich weiß von der braunen Haut über seinen Muskeln hervorhoben. Das Bild verschmolz mit dem nackten Madrid Yarrow, und sie lief rot an. Den Geistern sei dank kann Morgaine das nicht sehen. Woher sie das wohl weiß? Natürlich, er wird in all den Jahren auf diesem Schiff nicht nur mit Hemd gearbeitet haben, oder aber... Ein weiteres Bild schob sich in ihren Kopf, Morgaine, nur zur Hälfte bekleidet, die ihre Lippen auf die des nackten Fair Johnny presste. Die Eifersucht ließ sie abermals erröten, und sie schob den Gedanken beiseite.

„Aber ich bin nicht hier, um mit dir über Fairwell zu reden. Eigentlich bin ich auf dem Weg zu den Zellen." Morgaine seufzte schicksalsergeben. „Seit einer Woche bin ich es leid, diese Ratten zu sehen, aber irgendwann vor Vollmond, wenn Dibah und Pokey beginnen, sich seltsam zu fühlen, wird hier die Hölle losbrechen, und das möchte ich nach Möglichkeit verhindern."

Roxane nickte. „Was willst du tun?"

„Sie vor eine Wahl stellen. Alle von ihnen. Kommst du mit? Ich brauche keinen moralischen Beistand, aber wenn Nicolas dich sieht, wird er singen wie ein Vogel, und das will ich mir nicht entgehen lassen."

Roxane sah Morgaine an und fragte sich, ob sie log. Doch in dem schmalen Streifen Licht, der durch die Luke aufs Deck hineinfiel, konnte sie ihr Lächeln sehen, und es zeigte nicht eine Spur von Schwäche. „Jemand muss sich um Fair Johnny kümmern", wandte sie ein.

„Er wird dir kaum weglaufen", antwortete Morgaine trocken. „Wenn er sich von der Stelle rührt, prügle ich ihn zurück in die Hängematte, wo er hingehört, verstanden?"

Roxane seufzte und erhob sich.

In den Eingeweiden des Schiffes war es noch dunkler als auf dem Orlopdeck. Morgaine ging mit einer Laterne voraus, Roxane folgte und stieß sich mehr als nur einmal die Zehen an vorstehenden Planken.

„Wer hat ihnen zu Essen gebracht?", fragte sie.

„Ich musste meine Männer regelrecht dazu zwingen, hier herunter zu gehen. Sie wissen nun, wer daran schuld ist, dass wir Lichtenturm so früh verlassen mussten, und ich denke, das haben sie unsere Gefangenen spüren lassen."

Ein einziger Blick in die Zellen bestätigte. Viele hatte blaue Flecken. Der Boden war übersät mir Essensresten, anscheinend hatten die Männer die Lebensmittel nur lustlos zu Boden geworfen. Dibah lag in einer Ecke und dämmerte vor sich hin, seine schwarze Haut war ungesund grau. Seine Wunde stank widerwärtig nach Verfaulung, Roxane konnte sie selbst mehrere Meter entfernt riechen. Die anderen Verwundeten hatten sich behelfsmäßig mit Fetzen ihrer Hemden verbunden. Manche waren krank, einige husteten, andere hielten sich den Bauch und verzogen schmerzhaft das Gesicht. Es roch widerlich nach Krankheit, Tod und Verwesung, die Luft saß Roxane auf der Lunge wie ein schlafendes Tier. Schmutziges Salzwasser floss über ihre Füße, als das Schiff krängte. Nicolas selbst richtete sich auf, als er Roxane sah, und rief leise ihren Namen, doch sie beachtete ihn nicht.

„Guten Tag, die Herren. Hoffe, ihr hattet ein paar schöne Tage, so unter euch. Habt ihr mittlerweile jemanden gefunden, der Friedensbedingungen aushandeln soll?" Morgaine baute sich überlegen vor den Zellen auf und hängte die Laterne an einen Nagel.

„Friedensbedingungen", echote der Eiserne Joe. „Sind wir denn im Krieg?"

„Es ist mein ganz privater Krieg, Eisenjoe. Ich habe jedoch schon gewonnen, und wir verhandeln über Versorgung, Freilassung und Überläufer. Und natürlich Strafe."

Roxane entging der genüssliche Tonfall ihrer Freundin nicht. Sie brennt nur darauf, ihnen wehzutun.

Der Eiserne Joe seufzte. „Stellt Eure Bedingungen, Captain."

„Zuerst hätte ich ein paar Fragen an euch." Sie ließ ihren Blick über die Männer schweifen. „Wer will sie beantworten?"

Die Männer sahen unwohl zu Boden und mieden Morgaines Blick. Niemand wagte, ein Wort von sich zu geben.

„Nun gut, dann wähle ich jemanden aus." Sie lächelte unheilvoll, betrachtete noch einmal die Männer und traf eine Wahl. „Jamie Blakk, komm her."

Widerwillig folgte der Seemann, seine Wangen glühten.

„Warum habt ihr das Schiff angegriffen?"

„De Oro hat uns aufgefordert, mit ihm zu kommen, Captain. Wir sind ihm gefolgt." Jamies Stimme zitterte etwas.

„Ist Nicolas de Oro euer Captain?"

„Nein, Captain, Sir." Jamie senkte den Blick und schniefte.

„Schuldet ihr eine anderen Person außer mir, eurem Captain, die Treue?"

„Nein, Captain."

„Warum seid ihr ihm gefolgt?"

Jamie würgte an seinen Worten. „Ich... wir..."

Nicolas unterbrach ihn. „Morgaine, ich bin verantwortlich für ihre Taten. Ich habe sie dazu gezwungen. Ich nehme alle Schuld auf mich." Seine Stimme war fest, doch Roxane hörte seine Angst.

„Welch edle Geste." Morgaine wandte sich zu ihm um. „Aber dich hebe ich mir bis zum Ende auf, denn du gehörst nicht zu diesem Abschaum." Sie wedelte mit der Hand in Richtung der anderen Männer. „Denn du, du bist der Grund für das Ganze, und du verhandelst zu ganz anderen Bedingungen." Sie wandte sich wieder an Jamie. „Fahr fort."

Jamies offensichtliche Erleichterung wich seiner unterwürfigen Angst und er wand sich unter ihrem Blick. „Also, wir... waren zu Wache eingeteilt, und..." Er warf einen hilfesuchenden Blick zum Eisernen Joe.

„Bei der Grausamen Mistress, sag dem Captain, was passiert ist. Es wird nichts ändern. Was wir dir antun könnten, verblasst unter den Strafen, zu denen der Captain fähig ist." Eisenjoe sah zu Morgaine, die selbstgefällig nickte.

Jamie atmete tief durch. „Wir haben das Schiff bewacht, Captain, und... uns wurde langweilig. Und dann kam De Oro zu uns und hat gesagt Folgt mir, für Blut und Gold. Ja, so hat er es gesagt, Captain, und er war nicht so, wie wir ihn kannten. Er war... schlimmer. Eisenjoe hat versucht, ihn herauszufordern, aber es hat nicht funktioniert. Er und Steinjoe und Dibah waren sofort auf den Beinen, die anderen auch, und... ich wollte nicht allein zurückbleiben, deswegen bin ich mit ihnen gegangen."

Morgaines Blick ruckte zum Eisernen Joe. „Warum bist du De Oro gefolgt?"

Der Seemann zuckte mit den Schultern. „Wie Blakk gesagt hat, wir haben uns gelangweilt. De Oro versprach uns Abwechslung, eine Menge Blut und Gold... Er war nicht ganz er selbst, das wusstet Ihr, Captain. Ich dachte, wenn er bekommt, was er will, ist die Jagd vorbei, und wir können nach Hause. Denn wir sind es leid, Darnovey nachzujagen." Die Männer um ihn herum brummten zustimmend. „Ich hatte sogar den Plan, De Oro zu töten, ihn einfach in der Schlacht verschwinden zu lassen. Aber erst ist Levasque aufgetaucht, dann hat De Oro sich in einen Wolf verwandelt und der schwarze Wolf wollte uns alle töten. Ich habe beschlossen, meinen Plan nicht umzusetzen."

„Ich wäre dir dankbar gewesen, Eisenjoe." Morgaine schüttelte den Kopf. „Und warum musste der arme Fairwell dran glauben?"

Der Eiserne Joe zuckte mit den Schultern. „Wir waren betrunken. Wir hatten noch nicht genug Blut. Wir wollten die leckere kleine Schönheit, die uns seit Monaten vor der Nase herumtanzt." Er grinste Roxane an, die angeekelt zurückwich. „Er stand uns im Weg."

„Ich kann dich verstehen, und bei jedem anderen hätte ich nichts dagegen, glaub mir. Aber es ist eines der obersten Gesetze, dass Handgreiflichkeiten zwischen Männern der Mannschaft untersagt sind, und auch du musst dich daran halten." Sie unterbrach Roxanes empörten Protest mit einer knappem Handbewegung. „Und was Blackheart angeht, sie ist mein Eigentum. Und man vögelt nicht das Eigentum des Captains ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis."

Roxane funkelte sie an, hin- und hergerissen zwischen Abscheu und widerwilliger Dankbarkeit. Sie hätte es auch freundlicher ausdrücken können.

„Was ihr getan habt, war Meuterei, und ihr alle wisst, wie Meuterei bestraft wird. Allerdings ist die Hälfte der Mannschaft krank oder auf dem besten Weg dorthin, und da kann ich mir noch weniger Männer einfach nicht leisten. Dazu habe ich nicht genug Stricke für alle von euch."

Jemand kicherte, und der Eiserne Joe brachte ihn mit einem Zischen zum Schweigen.

„Also nun, meine Bedingungen", fuhr Morgaine fort. „Ihr werdet wieder als vollwertige Mitglieder der Mannschaft angesehen, wenn ihr euch eurer Taten bewusst seid und mir, Murdoch, Dalton oder einem anderen hochgestellten Mitglied der Mannschaft niemals wieder den Gehorsam verweigert. Eure Essensrationen werden gekürzt. Ihr seid alle degradiert zu gewöhnlichen Matrosen, bekommt auch einen ebensolchen Lohn. Ja, auch du, Eisenjoe, deinen Titel hat jetzt Marilou. Er ist weit besser als du. Dazu werdet ihr alle niedrigen Arbeiten ohne Widerworte akzeptieren, und wenn jemand euch befiehlt, ihm den Arsch abzulecken, dann tut ihr es, selbst wenn ihr allein bei dem Gedanken brechen müsst. Ihr seid gute Männer, ich respektiere euch, und es wäre eine Verschwendung, euch einfach zu töten, vor allem nachdem ihr so viel Talent einfach abgeschlachtet habt. Denn auch Darnoveys Männer waren gut."

„Was passiert, wenn wir die Bedingungen ablehnen?", fragte der Eiserne Joe.

„Ihr geht über die Planke. Das mag in Crusadia ein bisschen Schwimmen sein, aber bei stürmischem Wetter vor Murnersshire, bei eiskaltem Wasser und Eisbergen, die sich aus Sundarsquir hierher verirrt haben, ist es sicher kein Spaß."

„Wir nehmen die Bedingungen an", seufzte der Eiserne Joe.

„Pokey, Dibah, für euch gelten andere Regeln. Morgen legen wir in Dalcaster an. Dort nehmen wir Vorräte an Bord, und ihr werdet verschwinden. Ich will keine Wölfe außer mir an Bord. Gegen De Oro und Levasque kann ich nichts tun, aber gegen euch schon. Also verlasst ihr mein Schiff, mit nichts als dem, was ihr am Leib tragt."

Pokey sah auf. „Captain, Dalcaster liegt direkt an den Wäldern von Murnersshire. Die Grauen Männer werden uns finden und töten. Und Dibah wird es kaum überleben, auch nur einen Schritt von Bord zu tun."

„Entweder, ihr verlasst in Dalcaster mein Schiff, oder ich erschieße euch." Morgaine war unerbittlich.

Pokey sah zu Dibah, der regungslos auf den Planken lag. „Ich denke, ihm ist das egal. Erschießt ihn. Ich werde in Dalcaster von Bord gehen."

Sie nickte. „Dann werde ich das als erstes tun. Hat er noch etwas gesagt, bevor er zu einem halb toten Stück Holz wurde?"

Die Männer warfen sich unwohle Blicke zu. „Nicht viel", ergriff Jamie Blakk zögernd das Wort. „Er hat auf haracanisch vor sich hingemurmelt, wir haben gedacht, er verflucht uns."

„Das hast du gedacht, Blakk", grunzte der Steinerne Joe. „Er hat eine Menge Götter angerufen, damit sie ihn erlösen. Vor vier Tagen hat er gesagt Weckt mich, wenn es aufhört, dann ist er eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht."

„Aye, dann werde ich mein Glück versuchen." Morgaine schloss die Tür auf, das Quietschen der rostigen Scharniere durchschnitt die dampfige Luft. Die Männer schwiegen wie gebannt. Langsam trat sie zu Dibah und stieß ihn leicht in die Seite. „Master Dibah. Wach auf."

Dibah rührte sich nicht, doch seine Brust hob und senkte sich schwach.

„Er lebt noch, aber wach werden wir ihn nicht mehr kriegen." Sie zog ihre Pistole aus dem Gürtel, überprüfte Kugel und Pulver und spannte den Hahn. „Roxane, sieh nicht zu mir."

Roxane starrte Morgaine an und heftete dann den Blick fest auf die nassen Planken. Es ist besser für ihn. Sonst leidet er nur noch länger. Sie hatte Dibah nie wirklich gemocht, er war stets unfreundlich zu ihr gewesen, doch nicht einmal Madrid wünschte sie ein solches Ende. Aufgefressen von dem eigenen Körper.

Als der Schuss durch die Stille peitschte, zuckte sie zusammen. Zu dem drückenden Gestank gesellte sich der scharfe Geruch von Pulver, und Roxane wandte sich wieder zu Morgaine, dann zu Dibah. Er hatte sich nicht verändert, nur das münzgroße Loch in seiner Stirn verriet, was die Kapitänin getan hatte.

Morgaine verstaute die Pistole wieder und sah die Männer an. „Wenn ich euch jetzt befreie, wisst ihr hoffentlich, dass es keinen Sinn hätte, mich oder Blackheart zu töten. Denn Murdoch weiß, wo ich bin, und sollte er mich hier unten finden, in einen anderen Zustand, als ich das Deck verlassen habe, wird er nicht so gnädig sein wie ich es bin. Habt ihr mich verstanden?"

Die Männer murmelten betreten. „Aye", sagte der Eiserne Joe schließlich.

„Schön, dass wir uns verstehen. Vergesst Dibah nicht. Bestattet ihn ordentlich." Morgaine schloss die Zellen auf, und die Männer schlichen mit eingezogenen Köpfen an ihr vorbei. Sie bedachte den Eisernen Joe und seinen Bruder mit strengen Blicken, die sie betont unschuldig erwiderten, und als sie Pokey fixierte, wich er ihrem Blick aus.

„Es ist eine Schande, dass ich ihn vertreiben muss", seufzte Morgaine, als er die Treppe hinaufgegangen war. „Er hat alles, was er konnte, zur Perfektion gebracht. Ich gebe zu, er war brutal, gewissenlos und sadistisch, aber, oh, er war ein so göttlicher Bettwärmer. Sobald er einen Fuß in Dalcaster an Land gesetzt haben und auch nur einer erfährt, dass er ein Fenris ist, werden die Grauen Männer ihn jagen und töten. Vor Fenriswölfen machen sie keinen Halt."

Pokey war mir immer unheimlich, aber jetzt ist er beinahe gebrochen. Roxane schauderte, trotz der Wärme. „Warum lässt du ihn nicht einfach an Bord? So wie Darnovey?"

Morgaine bedachte sie mit einem strengen Blick. „Damit mir nicht das gleiche passiert wie Darnoveys Mannschaft. Jeder kann einen wütenden Fenris befreien. Raybeau mag wahnsinnig genug sein, um ein solches Monster an Bord zu dulden. Aber ich nicht. Ich hänge an meinem Leben und meinem Schiff."


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