26. Entwischt

 Holmgard and beyond

That's where the winds will us guide

For fame and for gold

Set sail for those lands unknown

  - Turisas, To Holmgard and Beyond


Ravan hasste es, dass Madrid Yarrow nicht mehr auf der Leviathan war. Er hasste es, dass der Söldner ihn im Stich gelassen hatte, nur weil es darum ging, seinem alten Feind erneut gegenüber zu stehen. Doch er gab die Hoffnung nicht auf, dass Avory Rhymers Worte wahr gewesen waren.

  Aber es gab noch etwas, was ihn gewaltig störte, und das war Morrisome Furys Brief aus Amostown.

  Ravan hatte dem widerlichen Drachenreiter befohlen, ihn alle zwei Wochen zu berichten. Nach mehr als zwei Monaten auf See waren jedoch nur drei Briefe angekommen, einer nach zwei, einer nach fünf und nun der letzte. Die ersten beiden waren beeindruckend ereignislos gewesen, die üblichen Streitereien zwischen den Oberhäuptern, doch dieser war interessant.

  Offensichtlich war Roxane Blackheart aus ihrer Festung verschwunden. Zwar war ihre Vertraute zur Verantwortung gezogen worden, doch niemand hatte die kleine Blackheart bisher wiedergefunden. Laut Fury hatte Maura Ithakea Nicolas de Oro beauftragt, um Ravan den Weg zum König freizumachen. Sie bot mir die Verfolgung an, doch ich lehnte ab, da ich Euer Reich nicht aus den Augen lassen wollte und somit Euer Vertrauen missbrauchen würde, hatte Fury geschrieben.

  Ravan hatte diesen Satz als Lüge erkannt. Maura, diese verdammte Schlampe, hatte sicherlich längst gemerkt, dass Fury ihr nicht mehr uneingeschränkt gehorchte. Außerdem musste es eine Lüge gewesen sein, dass sie De Oro von seiner Jagd abgebracht hatten. Schließlich war die Kroneneinhorn gut erkennbar und verfolgte die Leviathan unermüdlich.

   Seit ihrem Zwischenstopp in Alpha Centauri waren mehrere Wochen vergangen, sie hatten die subatischen Gewässer unbehelligt durchquert und segelten nun durch shyrische Hoheitsgebiete. Kein Schiff der piratenjagenden Minotauren war zu sehen.

  „Die Minotauren interessieren sich auch nicht für uns, oder?", meinte Ravan zu Raybeau, der wachsam den Horizont durch sein Fernglas beobachtete.

  Der Kapitän nahm das Fernglas vom Auge und schlug sich damit in die Handfläche. „Die gehörnten Seeschweine haben für genau zwei Gruppen etwas über: Piraten und Kriegerpferde. Der Rest geht ihnen am Arsch vorbei. Was sie nicht versenken dürfen, ist ihnen egal. Also wir auch."

  „Hast nicht viel über für die Minotauren, oder?"

  Er schnaubte. „Warum auch? Sie erheben himmelstürmende Gebühren für ihre schmutzigen Häfen und denken, dass sie die größten Seefahrer aller Zeiten sind. Pah! Ich bin im Eisigen Norden gewesen. Da ist das, was die einen Orkan nennen, eine kleine Sommerbrise!"

  Seit Ravan ihm erzählt hatte, wohin ihre Reise sie führen würde, erzählte der alte Kapitän von nichts anderem mehr als von seiner Reise ins Eis. Ravan zweifelte nicht an Raybeau, doch er war sich sicher, dass er übertrieb. „Segeln wir um Salita herum oder durch die Meerenge?", wechselte er das Thema.

  „Durch die Meerenge. Es ist viel sicherer, nahe an der Küste von Shyreon zu segeln, dann wird niemand, nicht mal unsere Verfolger, es wagen, ein Gefecht anzufangen." Raybeau grinste, seine grauen Haare flatterten im Wind. „Denn dann werden die Minotauren wirklich wütend, wenn jemand in ihren Gewässern eine Schlacht anfängt."

  Sie erreichten die Meerenge von Tierra Santa del Oueste am frühen Abend, als die Sonne das Deck in blutiges Licht tauchte. Mit vollem Tempo preschten sie dem Sonnenuntergang entgegen. Fern im Norden war das goldene Band der shyrischen Wüste zu erkennen, im Süden erhoben sich die blauen Berge von Salita. Die Kroneneinhorn war so nahe, dass sie beinahe feuern konnte, und Raybeau trieb seine Männer zu noch größerer Eile an.

  „Captain, ich habe doch meine Zweifel, ob De Oro die Gewässer von Shyreon wirklich kennt", wandte Ravan sich an ihn.

  „Ich bezweifle es ebenfalls. Ich sehe keine shyrischen Schiffe in der Nähe, und trotz allem gilt immer noch: Was der Minotaurus nicht weiß, macht ihn nicht heiß." Raybeau zuckte mit den Schultern und holte Luft für einen weiteren Befehl, als er innehielt und herumwirbelte. Mit schnellen Schritten ging er zur Backbordseite und setzte das Fernglas ans Auge.

   Was ist denn jetzt schon wieder? Ravan folgte ihm und starrte angestrengt nach Süden. Die Sonne war im Meer versunken, nur noch ein fahles gelbliches Licht erhellte den Himmel. Und dann sah er sie.

  Drei Kriegsschiffe segelten mit vollem Tempo auf die beiden Schiffe zu. Eine Galeone und zwei Fregatten, und über ihnen flatterte nicht der silberne Hammerhai von Shyreon. Es war ein fremdes Wappen, das Ravan nicht erkennen konnte. „Wem gehören diese Schiffe?"

  Raybeau nahm das Fernrohr von Auge und schob es zusammen. Ein mörderisches Grinsen breitete sich auf seinem wettergegerbten Gesicht aus. „Goldene Federn auf blau und rot. De Lascare."

  „De- was?" Ich kenne hunderte und abertausende von Häusern und Familien der Krieger, aber ein Haus De Lascare ist mir noch nie untergekommen. Klingt nach niedrigem abisyalischem Adel. Hat der König etwas von uns erfahren? Leichtes Unbehagen breitete sich in Ravan aus, doch Raybeau beruhigte ihn.

  „Victoire de Lascare ist die Königin von Port Rodriguez. Die Herrin der Pegai. Sie könnte uns eine Menge Probleme bereiten, aber ihre Schiffe steuern nicht uns an." Belustigung schwang in Raybeaus Ton mit, eine so ungewohnte Färbung, dass Ravan darüber nachdachte, ob er es nicht vielleicht mit einem Gestaltwandler zu tun hatte.

  „Wen dann?" Wenn er sich weiter so freut, dann macht er einen Luftsprung, und ich kann ihn nie wieder ernst nehmen.

  „Die Kroneneinhorn. Sie halten unsere Verfolger auf."

  Ravans Skepsis bleib. „Sicher, dass sie sie nicht unterstützen?"

  „Dann hätten sie einen anderen Kurs eingeschlagen und uns den Weg abgeschnitten. Nein, sie halten die Kroneneinhorn auf, und Ihr könnt unbehelligt und glücklich weiter nach Norden reisen." Raybeaus Tonfall änderte sich wieder zu säuerlich und reserviert, als hätte er bemerkt, wie unnatürlich er sich verhielt.

  Es ist also immer noch mein guter alter Raybeau, dachte Ravan milde amüsiert. Trotzdem gab es etwas, das ihm keine Ruhe ließ. „Eine Königin wie Victoire de Lascare macht doch sicherlich nichts ohne persönlichen Profit oder eine angemessene Gegenleistung. Warum hilft sie uns also?"

  Das Misstrauen überfiel Raybeaus Gesicht so plötzlich, als hätte er eine Maske aufgesetzt. „Frage ich mich a-", begann er, als einer seiner Männer ihn unterbrach.

  „Drache von backbord!"

  Ravan sah nach links und entdeckte den blauen Königsdrachen, nur ein azurner Schatten auf cyanblauem Himmel. Er lächelte mit Genugtuung. Rhymer hatte recht. Er hält es nicht aus, sich diese Menge an Gold durch die Lappen gehen zu lassen. Dieser elende Bastard.

  Der Drache ging in den Landeanflug und Raybeau fluchte laut und ausgiebig. „Muss er auch wiederkommen? Ich dachte, ich wäre ihn los!"

  Ravan klopfte ihm auf die Schulter. „Nun, man bekommt nie das, was man will, nicht wahr?" Es sei denn, man geht dafür über Leichen, fügte er in Gedanken dazu. Aber ich werde Raybeau zu Tode foltern, wenn er meinen fähigsten Krieger umbringt.

  Raybeau grunzte ein letztes Schimpfwort und wandte sich dann an die Crew. „Hawthorne, Big, Tony! Aufs Vorderdeck! Embry, gegenlenken! So nahe, wie die Kroneneinhorn ist, können wir uns keine Sekunde der Unaufmerksamkeit und keinen einzigen Knoten weniger gönnen!"

  Guter Mann. Versteht auch so, dass die salitanischen Schiffe nur aufhalten und nicht festhalten. Ravan verschränkte die Arme und beobachtete den Drachen beim Landen. Die langen Krallen knirschten auf dem polierten Holz, Flügelschläge brachten die Takelage zum Beben. Mit einem scharrenden Geräusch setzte der Drache auf dem Vorderdeck auf, und Bastard rutschte von seinem Rücken.

  Der Söldner sah gepflegter aus als vorher. Seine Haare waren gekämmt und er starrte nicht so vor Dreck, wie er es in Alpha Centauri getan hatte. Doch sein überlegenes Lächeln war genau das gleiche. Mit geübten Handgriffen legte er seinem Drachen die Ketten an, dann schlenderte er übers Mittelschiff. Lässig grüßte er die Crew und erklomm die Stufen zum Achterdeck.

  Ravan stellte sich ihm in den Weg. „Bastard." Sein Groll auf den Söldner war noch nicht ganz verraucht.

  „Ravan Bane Darnovey." Bastard hakte beide Daumen in den Gürtel. „Hast du mich vermisst?"

  „Nun, wenn ich dich jetzt hier sehe — nein." Er legte etwas Verachtung in seiner Stimme und beobachtete Bastards Reaktion.

  Der Söldner grinste nur selbstsicher, sein Tonfall war amüsiert. „Dann danke mir wenigstens dafür, dass ich bei Madame de Lascare diese reizenden Schiffe organisiert habe." Er wies auf die drei Pegai-Schiffe, die die Kroneneinhorn nun flankiert hatten. Die Leviathan gewann rasch an Abstand.

  „Ja, natürlich. Danke. Aber das erklärt immer noch nicht, warum du jetzt hier bist." Ich weiß es schon, aber ich will es aus deinem Mund hören.

  „Reichtum und Ruhm. Gold. Frauen. Was eben mich ruft, wenn ich dir helfe, dem verdammten Königsmörder zu einem weiteren Mord zu verhelfen." Bastard zuckte mit den Schultern. „Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Scheiß auf Stolz und Ehre."

  Ravan applaudierte langsam. „Mitreißende Rede. Wie lange hast du daran gefeilt?"

  „Einen Monat lang. Die Zeit, die ihr brauchtet, um von Alpha Centauri hierher zu kommen, während ich kaum einen Tag geflogen bin. Habt euch ganz schön Zeit gelassen."

  Ravan schnaubte und schlug Bastard auf die Schulter, sein Tonfall wurde freundlicher. „Der Wind kam aus der falschen Richtung. Was hast du getrieben, während wir uns von Fisch und Zwieback ernährt und unsere Seekrankheit in Rum ertränkt haben?" Der Satz war übertrieben. Niemand wurde seekrank auf der Leviathan, und seit ihrem Aufenthalt in Alpha Centauri hatten sie diverse Vorräte.

  „Mit wem es getrieben trifft es wohl besser. Ich habe einen Monat lang dein Gold ausgegeben, habe in den besten Gasthäusern gewohnt und mir die willigsten Huren ins Bett geholt. Fünf Nächte lang kam ich in den Genuss der Zellen der Festung von Port Rodriguez."

  „Was hast du angestellt?"

  Bastard grinste. „Vollmond. Zwei Nächte, nachdem ich hier angekommen bin, und die letzten drei. Furchtbar. Ich habe blaue Flecken an Stellen, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren."

  „Gibt es eigentlich kein Heilmittel gegen Fenrisbisse?" Ravans Interesse an der Natur der Fenriswölfe regte sich.

  Bastard verzog das Gesicht. „Gibt es eins gegen eure Verwandlungen?"

  „Fenriswölfe sind wie eine Krankheit. Es wird übertragen. Bei der Bruderschaft ist es vererbt. Wer es nicht hat, wird getötet."

  Bastard knurrte leise, und Ravan fragte sich kurz, ob der Vollmond schon vorbei war. „Es gibt kein Heilmittel. Als Kind habe ich oft nach einem gesucht. Ich habe viel Geld für angebliche Zaubertränke ausgegeben, und sie haben nichts genützt. Ich konnte diese Kerle aber auch nicht ziehen lassen, ohne mich zu rächen. Am nächsten Vollmond habe ich sie immer umgebracht." Er grinste. „Irgendwann habe ich gelernt, dass ich den Wolf nutzen konnte, und habe mich zum König von Bashur aufgeschwungen."

  Ravan erinnerte sich ebenfalls daran, wie er zum Wolf geworden war. Es war am gleichen Tag gewesen, an dem auch Dante in die Bruderschaft aufgenommen worden war. Mein Vater war klug. Er hat nicht zugelassen, dass einer von uns stärker wurde. Noch während der Aufnahme versuchte Ravan, Dante zu übertrumpfen. Kingley hatte die Brüder in die Gewölbe unter dem Herrenhaus gerufen, und furchtlos folgten sie de Befehl.

  Zwei Menschen waren an der Wand angekettet, ein Mann und eine Frau, nackt und blutverschmiert. Sie zitterten, doch waren stumm vor Angst. Die Wölfe des Virrey-Kartells bildeten eine unruhige Gasse für die Jungen, die sicheren Schrittes auf die Gefangenen zugingen. Feuerschalen warfen flackernde Schatten an die Wand, die mit einer betrunkenen, halbnackten Priesterin einen wilden Reigen tanzten. Trommeln grollten durch das Gewölbe, eine Rassel kreischte, und obwohl Ravan sich nicht erklären konnte, woher die Instrumente kamen, interessierte es ihn nicht. Zwischen den Gefangenen stand Kingsley Darnovey mit einem silbernen Messer in der Hand, das blitzende Spiegelungen an die Wände warf. Seine Hand ruhte auf dem Kopf der Frau, seine Finger spielten mit ihren fettigen Haaren. Als er den Blick zu seinen Söhnen wandte, schimmerten seine Augen hellblau.

  „Ihr wisst, warum ihr hier seid", sagte er. Seine Stimme war ruhig und doch war er überall zu verstehen, selbst wenn die Geräusche um ihn herum nicht abnahmen. Nun gesellten sich das Knurren der Wölfe und ihre tappenden Pranken auf dem feuchtkalten Steinboden dazu.

  Die beiden Jungen schwiegen, und Ravan versuchte, das aufgeregte Zittern seines Körpers zu unterdrücken. Er atmete tief ein und aus, und schüttelte seine Aufregung schließlich ab. Er wurde ruhig wie der Ozean bei Windstille, nur ein kleiner Teil seines Körpers verachtete Dante dafür, dass er immer noch zitterte.

  Kingsley winkte Dante zu sich, der ältere der beiden Jungen trat vor zu seinem Vater. Mit einem präzisen Schnitt schlitzte er dem Mann neben sich den Bauch auf, von der Kehle bis zum Schritt. Blut sprudelte hervor, der Schrei des Mannes verhallte im Gewölbe. Es war ein schauerlicher Laut, der Ravan eine Gänsehaut auf die Haut trieb, und ein wohliges Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus. Die Wölfe begannen zu rumoren, ihr Heulen legte sich unter den Schrei wie Geigen unter eine quietschende Tür. Mit einem schmatzenden Laut riss Kingsley das Herz des Mannes aus seiner Brust und hielt es Dante hin.

  „Iss, und begib dich in die Arme deiner Seele", sagte Kingsley die rituelle Worte, und Dante aß, widerstrebend und voller Ekel, wie sein Bruder verächtlich beobachtete. „Iss, und werde wahrlich zu einem von uns. Die Bruderschaft ruft dich, Dante Thomas Darnovey, in ihre Reihen, in die Meute des Geistes, der uns stets führen wird. Verzehre den Schlüssel und erweitere deinen Horizont!", donnerte Kingsley. Würgend stopfte Dante sich den letzten Bissen des Herzens in den Mund. Kingsley hob Dantes Arm in die Höhe und die Wölfe brachen in wilden Tumult aus, knurrend und heulend hießen sie Dante willkommen. Dante sah hastig zu seinem Bruder. Er hatte wohl gehofft, dass dieser nichts von seinem Unbehagen mitbekommen hatte, doch Ravan hatte alles gesehen. Und er wusste, dass er es besser machen würde.

  Kingsley winkte ihn zu sich, und Ravan trat selbstsicher auf ihn zu. Als er das Messer ansetzte, begann die Frau zu jammern und zu weinen, und Ravan hielt seinen Vater zurück. Kingsley starrte ihn an, mit einer Mischung aus Zorn, Verachtung, Angst und Enttäuschung, das Grollen der Wölfe wurde zu einem Murmeln. Was hatte der Junge nur vor? Ravan nahm seinem fassungslosen Vater das Messer aus der Hand und leckte das Blut ab. Salzig und warm war es, der Geschmack kitzelte verheißungsvoll an seinen Geschmacksnerven. Ravan atmete tief ein. Der Geruch von Blut, Feuer und Angst. Es war das erste Mal, dass er so etwas roch, und er liebte es.

  Ruhig ging er auf die Frau zu, die sich zitternd bei ihm bedankte. Sie dachte wohl, er habe sie gerettet, als er sich vor sie stellte und mit der Messerspitze das Kinn hob. Sie hatte braune Augen. Er lächelte beinahe traurig, doch etwas hatte von ihm Besitz ergriffen, eine Mordlust, und mit einem Ruck stieß er ihr das Messer in den Hals. Nicht tief, aber so weit, dass ihre Halsschlagader verletzt wurde. Die Frau kreischte vor Schmerz, und die Wölfe stimmten ein. Ravan spürte, wie das Blut auf seine Haut und seine Kleidung spritzte. Er zog das Messer zurück und rammte es ihr in den Bauch, direkt unterhalb der Rippen. Ihr Schrei wurde zu einem Gurgeln. Weitere Schnitte entblößten Innereien, und Ravan griff unter ihren Brustkorb und suchte das Herz.

  Fleisch streifte seinen Arm, Blut lief über seine Finger, und da fand er es. Es schlug noch, schwach und kraftlos, dem Tode sicher. Ravan umschloss es und drückte zu, bis das Leben aus ihm wich. Dann riss er daran. Er hatte nicht die Kraft seines Vaters, und so griff er erneut zum Messer und durchtrennte die Schlagadern.

  Als er das Herz in seiner Hand sah, wurde der Geruch des Blutes überwältigend. Ein seltsamer Hunger ergriff ihn, und er biss in das Herz. Es schmeckte besser als alles, was er je gegessen hatte. Mit einem tierischen Knurren schlug er seine Zähne hinein, Blut spritzte, als er den Kopf zurückzog. Kingsley brüllte die Worte des Rituals gegen die ekstatisch kreischende Priesterin und die jaulenden Wölfe an, Begeisterung und Stolz schwang nun in seinem Tonfall mit. „Die Bruderschaft ruft dich, Ravan Bane Darnovey, in ihre Reihen, in die Meute des Geistes, der uns stets führen wird. Verzehre den Schlüssel und erweitere deinen Horizont!"

  Ravan schluckte den letzten Bissen des Herzens hinunter. Mit blutigen Fingern strich er sich das Haar zurück. Er spürte eine schläfrige, angenehme Trägheit, und langsam sah er zu der Frau und dem Mann zurück, die erschlafft in ihren Ketten hingen. Um ihre Füße herum bildete sich ein See aus Blut.

  Nach seiner ersten Verwandlung einige Wochen später begann er, das Töten zu lieben. Zunächst mordete er wahllos, danach wurde er wählerischer, und schließlich nahm er sich wieder zurück. Er wollte kein Crusader sein, die nur aus Vergnügen töteten. Er war ein Virrey, und er wählte seine Opfer sorgfältig aus.

  Ravan schmeckte die salzige Meeresluft und dachte an den Geschmack von Blut, der so ähnlich war. Ich vermisse das Töten. Das letzte Jagdfest ist so viele Monate her, und ich brauche wieder lebendiges Fleisch zwischen meinen Zähnen. Schnell schüttelte er die Erinnerungen ab. Er hatte andere Sorgen. „Also allgemein ein paar wunderbare Wochen auf Port Rodriguez. Huren, Alkohol und ein paar harte Nächte."

  „Ja."

  Raybeau trat zu ihnen. „Mr Yarrow", sagte er steif.

  Bastard echtes Lächeln wurde falsch. „Mr Raybeau."

  „Ich dachte, ich bin Euch los."

  „Dafür müsstet Ihr mich umbringen."

  Raybau lächelte nicht. „Lässt sich einrichten."

  Diese Mistkerle. Schlimmer als Mackerel Stanraer und Sal Falcony zusammen. „Wenn ihr den Teil mit den Morddrohungen überspringen könntet und sich jeder wieder seiner Arbeit zuwenden würde...?" Ravan bedachte die beiden Männer mit gereizten Blicken.

  Raybeau schnaubte abfällig und marschierte von dannen.

  Bastard grinste. „Es gibt noch einen Grund, weswegen ich wieder hier bin."

  „Ach ja?"

  „Ohne mich würdet ihr es nicht weiter als bis Imarad schaffen."

  Ravan sah amüsiert zur Seite. Elender Bastard.

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