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Grace war genau pünktlich um fünf vor sechs Uhr fertig und setzte sich auf die Couch. Sie hatte sich für ein weinrotes Abendkleid entschieden. Dazu hatte sie den passenden Hut auf und die passenden Handschuhe an. So langsam freute sie sich schon auf den Abend. Zumindest wusste sie, dass das Essen dort schmeckte. Sie war dort einmal mit Robert und Audrey gewesen. Das war das erste und letzte Mal, dass er sie besucht hatte.
Da fiel ihr wieder ein, dass sie ihn doch eigentlich anrufen wollte.
Sie nahm den Hörer.
„Mit wem möchten Sie ein Ferngespräch anmelden?", fragte eine Frauenstimme.
„Robert Hallington, bitte."
Es dauerte nicht lange, da war Robert schon dran.
„Grace! Guten Abend! Wie komme ich zu der Ehre?"
Sie konnte hören, dass er sich wirklich freute.
„Oh, ich hatte letztens so schreckliches Heimweh, da fragte ich mich, ob vielleicht ein Treffen zwischen uns möglich wäre." Grace war etwas aufgeregt, aber sie freute sich auch unheimlich.
„Es ist doch nichts passiert, oder?", fragte Robert zur Sicherheit.
„Nein, nein. Es ist alles wunderbar. Danke der Nachfrage." Sie musste lächeln. Ihr Bruder hatte sich keinesfalls verändert. Er war immer noch so wie früher: hilfsbereit, freundlich und vor allem beschützte er immer seine Familie.
„Hallo? Bist du noch da?", rief Robert in den Hörer.
Erschrocken hielt Grace ihn von ihrem Ohr weg. „Um Himmels Willen, ja", lachte sie. „Ich... war nur in Gedanken."
Es klingelte an der Tür. „Es tut mir schrecklich leid, Robert. Können wir uns morgen Abend noch einmal sprechen? Ich wurde zum Dinner um 6 Uhr eingeladen", meinte sie und blickte zur Uhr.
„Natürlich. Hab viel Spaß. Wir sprechen uns morgen wieder", erwiderte er verständnisvoll.
Grace legte den Hörer weg und ging zur Tür. „Ah, Henry. Es tut mir leid, dass Sie warten mussten, aber ich habe soeben mit meinem Bruder gesprochen", entschuldigte sie sich. Dabei sah sie ihn kaum an und holte nur schnell ihre Tasche.
Währenddessen sah er sie an. „Wow, rot steht Ihnen gut!", antwortete er.
„Danke, auch wenn das jetzt keinen Sinn ergeben hat." Sie lachte etwas nervös. „Also. Wollen wir?"
*
Im Voigt's war es ziemlich vornehm. Voll war es nicht, heute war ja Mittwoch. Grace liebte es jetzt schon hier, da Jazz Musik lief. Also ließen sie sich von einem Kellner zu einem Tisch begleiten.
„Schön hier", bemerkte Grace, als sie saßen. Sie blickte aus dem Fenster neben ihr. Chicago sah so wunderschön von weiter oben aus.
„Ja, da gebe ich Ihnen Recht." Henry schmunzelte leicht. „Also. Was wollen Sie bestellen?", fragte er höflich.
„Ich weiß noch nicht so ganz." Grace sah auf die vielen Speisen und überlegte, was sie essen wollte.
„Entschuldigen Sie, haben Sie irgendwelche Getränke-Wünsche?", unterbrach der Kellner die Stille zwischen den beiden.
„Zwei Rotweine und etwas Wasser dazu, bitte", antwortete Henry.
Der Kellner nickte und ging davon.
„Ich hoffe Sie mögen Rotwein, Grace?", erkundigte Henry sich.
„Natürlich. Wer denn nicht?" Sie lachte amüsiert, denn eigentlich bevorzugte sie weißen, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Henry lachte ebenso. „Wissen Sie denn schon, was Sie bestellen wollen?"
„Ich denke ich nehme einen Caprese Salat als Vorspeise..." Sie blätterte um und suchte das, was sie essen wollte. „...und das Rindsteak auf Oliven", fügte sie noch hinzu.
„Sehr italienisch. Haben Sie italienische Wurzeln?", bemerkte er.
„Nein, aber englische. Meine komplette Familie stammt aus England", antwortete sie stolz.
Als das das Essen bald ankam, sah sie, wie klein die Portion eigentlich war. Und dafür, wirklich sehr teuer, aber sie ließ sich nichts anmerken.
„Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee eine verdeckte Ermittlerin bei der Police zu werden?", fragte Henry bald neugierig.
„Oh, ich denke mir hat das Ermitteln immer schon Spaß gemacht und irgendwann wollte ich der Police helfen.", antwortete sie. Sie log. Es hatte einen bestimmen Grund, aber den wusste niemand. Nicht einmal ihr Bruder, oder sonst irgendwer.
„Interessant. Darauf sollten wir anstoßen!", lachte Henry und hob sein Glas.
Grace lächelte und ließ ihr Glas, gegen seines klirren. Dann nippte sie daran. Der Wein schmeckte ihr immer noch nicht sonderlich gut.
Nachdem beide fertig waren, kam der Kellner wieder und brachte die leeren Teller weg.
„Wir bleiben doch noch etwas, oder etwa nicht?", fragte Henry sie hoffnungsvoll.
„Nein, ich fürchte nicht. Ich bin wirklich müde und möchte jetzt nach Hause", erwiderte Grace bedauernd.
Henry nickte. „Schön. Ich werde bezahlen", teilte er ihr mit.
„Das ist nicht nötig. Ich-"
„Doch, das ist nötig."
Grace kam nicht dagegen an und lächelte nur geschlagen. „Also schön."
Gerade als Henry bezahlt hatte und sie gehen wollten, sprach ein Mann Grace an. Er hatte wenige Haare und war etwas dicklich. Sie schätzte ihn auf etwa Mitte 40.
„Guten Abend, schöne Frau. Soll ich Sie nach Hause begleiten?"
Sie roch den Alkohol in seinem Atem heraus. „Nein, aber ich danke Ihnen."
„Was soll denn das heißen? Wenn Sie mit mir danken würden, würden Sie mit mir mitkommen!", rief er. Dabei packte er sie am Arm.
„Lassen Sie mich los!", befahl sie ihm wütend. Dabei versuchte sie ihn zu schubsen.
Der Mann verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten über auf den Tisch.
Henry hatte das Ganze beobachtet und nahm Grace am Arm. „Los, verschwinden wir", flüsterte er ihr zu.
Sie nickte etwas geschockt und blickte einmal zu dem Mann zurück. Er lag auf dem Tisch und schrie ihnen undeutlich etwas hinterher.
„Es tut mir leid, Grace. Ich hätte einschreiten sollen", meinte er, als sie draußen waren. Er machte sich Vorwürfe, was sie nicht verstand, da es nicht seine Schuld war.
„Nein, es war alles in Ordnung. Ich konnte schon auf mich selber aufpassen." Sie lächelte ihn an.
Er hielt ihr die Tür zu seinem Automobil auf. Elegant setzte sie sich hinein.
Er setzte die Unterhaltung fort, sobald er im Auto saß. „Ja, schon, aber es wäre nichts passiert, wenn ich besser auf Sie aufgepasst hätte."
Das konnte Grace nicht abstreiten. „Lassen Sie uns das einfach vergessen. Am Ende ist Ihnen und mir ja nichts passiert, sondern diesem grässlichen Mann."
Die Fahrt über sagten beide nichts. Bald kamen sie an Grace' Apartment an. Beide stiegen aus und Henry brachte sie noch zur Haustür. „Es war ein schöner Abend mit Ihnen. Ich hoffe wir können das bald wiederholen, Grace", meinte Henry lächelnd.
"Dem kann ich nur zustimmen", antwortete sie und verschwand dann in ihrem Apartment.
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Hello!
Ich wünsche euch einen ganz tollen Sonntag. Bis bald! ♡
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