~10~

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Der Kaffee schmeckte scheußlich. Grace saß auf einem alten Sofa. Die Wohnung war im Gesamten sehr altmodisch. Sie fühlte sich nicht wohl, doch zeigte es nicht.

„Was führt Sie zu mir, Grace?", fragte Anthony dann und setzte sich ihr gegenüber.

„Ich wollte mich einfach mit Ihnen unterhalten, da Sie mir sehr nett erschienen", antwortete sie. Sie fand ihn zwar nicht übermäßig nett, aber das brauchte er ja nicht zu wissen.

„Ah, verstehe", murmelte er. Forschend sah er sie an. „Lisette, Kaffee", rief er dann der Frau zu, als er sah, dass Grace ihren schon ausgetrunken hatte.

„Ich möchte keinen mehr, danke", winkte sie ab.

„Nein, was wäre ich für ein Gastgeber, wenn Sie keinen Kaffee bekommen würden?"

„Du sucre, Madame?", fragte Lisette sie.

„Oui. Merci!", antwortete Grace höflich.
„Also. Was haben Sie heute Morgen am Hospital gemacht?", fing sie dann an, Fragen zu stellen.

„Gearbeitet", erwiderte er.

Lisette kam mit dem Kaffee, in welchen sie Zucker reingetan hatte, so wie Grace es sich gewünscht hatte.

„Ich dachte Sie schreiben Texte für berühmte Künstler...?"
Ihr kam das Ganze verdächtig vor. Es hatte schließlich einen Grund, warum sie nichts mehr mit ihm zutun gehabt haben wollte. Er wurde damals für einen grausamen Mord an einer Frau verdächtigt, doch die Anklage wurde wegen ungültigen Beweisen fallengelassen. Grace hatte die Wahrheit herausgefunden, doch hatte nie darüber geredet.

„Ja, das ist auch immer noch so. Ich war eben nur... bei einem Kunden", erwiderte er voller Selbstvertrauen. Er lehnte sich nach hinten und musterte sie.

„Ah, verstehe...", murmelte sie und sah sich im Raum um. Eigentlich hatte die Wohnung einen schönen Schnitt, aber die Inneneinrichtung war scheußlich. Alles war braun und altmodisch. Wahrscheinlich war er immer noch sehr in den 20er Jahren stecken geblieben. Grace erinnerte sich an sein Elternhaus, welches auch immer so aussah.

„Gefällt Ihnen meine Einrichtung, Grace?", fragte Anthony interessiert.

„Wenn ich ehrlich bin, nicht besonders", antwortete sie und blickte wieder zu ihm.

„Was trifft nicht Ihren Geschmack?"

„Es ist alles ziemlich altmodisch..."

„Ich persönlich liebe es."

„Das ist ja die Hauptsache." Sie lächelte ihn an.

„Für mich zählen andere Sachen...", murmelte er leicht grinsend.

Grace wusste genau worum es ging.
Frauen.

„Ach ja? Was für welche?", fragte sie mit dem selben Grinsen. Vielleicht würde sie mehr herausfinden können, wenn sie mitspielte.

„Ich glaube du weißt genau worum es geht, Grace." Er kam ihr näher.

„Ich denke schon", antwortete sie kichernd.
Er fing an sie zu küssen.
Natürlich spielte sie mit, aber am liebsten hätte sie sich übergeben.

Dass er wirklich auf eine kichernde Grace reinfiel, zeigte ihr seine nicht vorhandenen Menschenkenntnisse.

*

Grace wachte auf. Ihr war unglaublich warm. Zuerst wusste sie nicht wo sie war, ehe sie sich umsah und die altmodische Einrichtung erkannte.
Sie wollte aufstehen, da merkte sie, dass Anthony sie beobachtete. Er saß auf einem Stuhl nahe am Sofa, auf welchem Grace lag. Innerlich seufzte sie laut, aber das Innere zählte bei diesem Fall nicht.

„Guten Morgen, Grace. Willst du etwas essen?", fragte er sie höflich.

Wie lange hatte er sie wohl schon beobachtet?
„Ich würde lieber erstmal die Dusche verwenden", antwortete sie.

„In Ordnung, ich werde dir das Badezimmer zeigen."
Beide standen auf und liefen durch die Wohnung. Dabei fiel Grace auf, dass er noch mehr abgeschlossene Räume besaß.

„Die Räume sind vorerst noch geheim", bemerkte er mit einem verschwörerischen Lächeln.

Grace nickte nur. Dann sah sie, wie er in einen Raum trat. Das Badezimmer war riesengroß. Alles war modern und voller Mamor, was überhaupt nicht zum Rest der Wohnung passte.
Eine große Duschwanne, welche mit goldenen Elementen verziert war, stand vor einem riesigen Fenster. Die beiden Waschbecken waren ebenfalls dazu angepasst, genauso wie die Schränke. Sie fragte sich, was man mit so einem großen Badezimmer anfangen sollte, wenn man doch alleine lebte.

„Dort findest du Handtücher"- er zeigte auf einen Schrank neben dem Wachbecken -„und dort kannst du dir Seife aussuchen."
Grace sah in den zweiten Schrank, auf den er gezeigt hatte. Alles war voller Seife, welche nach deren Farben sortiert war.

„Wow, was für eine Auswahl!", staunte sie. Eigentlich interessierte sie es nicht, aber solange sie hier war, würde sie sich einfach für ihn verbiegen, damit er Vertrauen zu ihr aufbauen konnte.

„Also, ich lasse dich nun allein, bis dann", erwiderte er und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

„Bis dann." Sie schloss die Tür hinter ihm ab. Das Erste was sie tat war, sich gründlich umzusehen. Vielleicht würde sie ja einen Beobachtungsschlitz entdecken, aber dem war nicht so.

Gemütlich fing sie sich nun an zu duschen. Sie dachte über den gestrigen Nachmittag nach. Sie hatte ihn bekommen und schon bald konnte sie ihn ausquetschen.

Grace war bald fertig und zog sich etwas an. Sie hatte ein paar Sachen in ihrer Tasche dabei, da sie das geplant hatte. Als sie fertig war, sah sie sich um. „Anthony? Wo bist du?", rief sie. Neugierig ging sie in die Küche. Dort war niemand. Im Schlafzimmer war auch niemand, genauso wenig wie im Wohnzimmer. So langsam kam ihr das verdächtig vor.

„Also, ich werde mich jetzt auf den Weg machen, bis bald!", rief sie und machte die Tür auf. Plötzlich schnürte etwas ihr den Hals ab. Rasselnd holte sie Luft. Es war ohne Zweifel Anthony, welcher sie so sehr festhielt.
„Hilfe!", quiekte sie und versuchte sich zu befreien. Sie trat ihm mit ihren spitzen Schuhen in die Magengrube und spuckte vergeblich mit letzter Kraft nach ihm.

Letztendlich wurde sie in einen dunklen Raum gezogen. Alles war schwarz, ehe ein grelles Licht erschien und ein gruselig lachender Anthony vor ihr stand.

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