Die Wahrheit
Kleo schaute mich.
Irgendwie konnte ich erst jetzt einen gewissen Schmerz in ihren Augen erkennen. Vielleicht hatte ich mich nie darauf geachtet, aber jetzt ist er aufgefallen.
,,Was willst du denn wissen? Sollte ich die wirklich alles sagen? Wer verspricht mir dann, dass du mich nicht auslachst oder für bekloppt hälst?" ,,Ich bitte dich darum Kleo. Ich will dich verstehen. Keine Ahnung, fang von vorne an."
Sie wusch sich ihre Tränen nochmal weg und sass sich am Anfang vom Bett. Ihr Rücken war an der Wand angelehnt.
Ich sass mich so hin, wie wenn man gerade aufstehen würde.
,,Na gut." Sie gab noch einen grossen Seufzer von sich und atmete ein und fing an.
,,Als ich dreizehn wurde ging alles irgendwie den Bach runter mit meinem Leben. Meine Mam war überfordert und mein Vater hatte seinen Job verloren. Ich war nicht gerade hilfreich, durch mich wurde es eigentlich nur noch schlimmer. Keine Ahnung wieso, aber mein Vater hatte erst dort angefangen zu saufen. Ich denke, sein Job war das Einzige, was ihn davon abgehalten hatte. Er war nie ein guter Vater, ausser vielleicht in der Zeit an der ich mich nicht erinnern kann."
Schon nur bei dieser Aussage hatte ich wahrscheinlich schon genug Fragen.
,,Wieso trennt sich deine Mutter nicht von ihm?" Sie schüttelte den Kopf. ,,Nein, dass kann sie nicht. Sie hat keine Kraft dazu. Wir sind auch Finanziell von ihm abhängig. Vor allem jetzt wenn er einen neuen Job hat.", machte sie weiter und ich versuchte mich mit den Fragen zurückzuhalten.
,,Auf jeden Fall hatte dann meine grosse Schwester ihren Freund. Jason. Ich war da vierzehn."
Bei diesen Worten zitterten wieder ihre Hände, während sie ihr Handy hielt, nur damit sie etwas in der Hand hatte.
,,Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst. Ich will dich zu nichts zwingen." Es war mich wichtig, dass sie das wusste.
Sie schüttelte den Kopf. ,,Nein, schon okay. Ich sollte es mir mal aus der Seele reden. So ehrlich war ich nicht einmal zu Selena.", sagte sie mit einer zitternden Stimme
Ich streichte ihr am Arm und sie erzählte weiter.
,,Jason war mit ihr zusammen und meine grosse Schwester war total glücklich, aber sie merkte nicht, dass Jason nach zwei, drei Wochen Interesse an mir zeigte."
Sie war den Träne nahe und ich beschloss, schnell ein Zwischenthema hineinzuschieben und doch nachzufragen.
,,Du sagst immer grosse Schwester. Wie heisst sie denn?", fragte ich. ,,Lydia, aber ich sage immer Lil zu ihr.", antwortete sie. ,,Einen kleinen Bruder hast du doch auch?", fragte ich. Sie nickte. ,,Justin."
Sie atmete tief ein und fuhr fort. ,,Jason hatte am Anfang nichts auffälliges getan. Vielleicht war er mal beim Essen bei uns und unsere Hände hatten sich vielleicht berührt oder so. Mir ist das nicht aufgefallen, aber er hatte es mir ins Ohr geflüstert, als er mich eine Woche später angefasst hatte und in sein Zimmer gezehrt hatte."
Als sie nur den Namen Jason erwähnte, bin ich innerlich ausgerastet. Ich blieb aber ruhig, Kleo zu liebe. Tränen liefen ihr über die Wange und ich sass mich neben ihr und legte den Arm über ihre Schulter.
,,Schon okay." Die ganze Zeit hatte sie ins Leere geschaut. Ich ging näher an ihr Gesicht und küsste sie innig. Sie erwiderte und löste sich dann doch.
Kleo pov.
Es tat gut, sich einmal alles von der Seele reden. Thomas war einfach perfekt. Er wusste immer, was er tun musste.
,,Gehts wieder?", fragte er und ich nickte.
,,An dem Tag hatte es natürlich meine grosse Schwester mitbekommen. Er tat es auch in der Wohnung. Es war mir peinlich, wie willst du deinen Eltern sagen, dass du belästigt wurdest? Auf jeden Fall schmiss meine grosse Schwester Jason aus dem Haus und ich weinte einfach. Als meine Eltern dann nach Hause kamen, hatte sie alles erzählt und mein Vater ist komplett ausgerastet. Jason kam auch vor Gericht für das, ich weiss gar nicht mehr, wie die Strafe war, ich wollte ihn einfach nicht mehr sehen. Aber ich wusste, dass er eine leichte Strafe bekam. Jasons Vater selbst ist Anwalt. Einer der besten in der Stadt. Mein Vater hatte mühe den Anwalt zu bezahlen und hatte einen genommen, der gerade zur Verfügung stand. Wir sind dann umgezogen und die Rechnungen stapelten sich. Es war meine Schuld."
Thomas pov.
,,Nein, war es nicht. Wieso gibst du dir die Schuld? Sag doch einmal, dass es die Schuld von jemandem anders ist. Es war nicht deine Schuld, dass Jason in deinem Leben kann. Er musste bestraft werden, wer weiss, was er sonst noch getan hatte." Sie schüttelte den Kopf.
,,Hätte ich mich nur Ansatzweise gegen Jason wehren können, wären uns die Anwaltskosten erspart geblieben. Wir sind wegen mir umgezogen, weil ich die Blicke nicht mehr ertragen konnte. Jasons Eltern hatten mich als Lügnerin dargestellt und niemand glaubte mir." ,,Jason ist ein Arschloch, nimm nicht die Schuld auf dich.", sagte ich und sie fuhr weiter ohne auf meine Aussage zu reagieren.
,,Meine grosse Schwester hatte gerade eine Ausbildung angefangen und verdiente dem typischen Lohn. Es reichte natürlich hinten und vorne nicht. Ich hatte mir dann auch einen Job gesucht und arbeitete jederzeit, wann es möglich war. Harriet ist da auch wie eine zweite Mutter für mich. Leider war ich mit meinem Bruder sehr eng und da ich nun so fiel arbeite, ging das kaputt. Mit meinen Eltern wurde es immer schlimmer. Ich hatte kaum Zeit zum lernen und bin auch eine Durchschnittsschülerin. Jedem versuche ich es recht zu machen, aber es klappte halt nicht immer. Vor allen wenn ich lernen wollte und keine Zeit hatte im Haushalt zu helfen, bin ich anscheinend egoistisch und denke nur an mich selbst. Wenn mein Vater besoffen zu Hause kam und ich ihn am nächsten Tag nicht anschrie, sind wir Kinder Schuld, dass wir ihm nie die Meinung sagen und er deswegen immer weiter macht. Ich hatte ihm mehrere Male meine Meinung gesagt, aber es bringt nie was. Es wird nie was bringen. Er wird immer weiter machen. Meine Mutter hatte das natürlich sehr belastet. Sie schreit nur rum, die ganze Zeit und ist total gestresst. Ich weiss gar nicht, wann wir das letzte Mal normal geredet haben. Sie macht oft Andeutungen, dass sie an Selbstmord denkt, doch ich weiss nicht, was passieren würde, wenn sie nicht mehr da wäre."
Sie fing bei dem letzten Satz an zu weinen. Ich hatte diese Sachen nie mit Kleo in Verbindung gesetzt. Sie war immer froh und lächelt auch oft, man sieht es ihr nicht an, dass sie so grosse Probleme hatte.
Klar, manchmal war sie zickig zu mir und auch angespannt, aber sie war nie richtig traurig.
Ich nahm sie in den Arm und wollte sie nicht gerade mit meinen Fragen bedrängen. Sie wusch sich nochmal die Tränen weg.
,,Kommt noch was oder wars das?", fragte ich mit sanfter Stimme. ,,Ja, dann kamst du in meinem Leben.", sagte sie und ein merkwürdiges Gefühl ging mir durch den Bauch.
Es hatte mich wohl wirklich gefreut, dass ich auch Sachen in ihrem Leben verändert hatte. Seit ich sie kenne hatte sie mich verändert. Ich dachte mehr über mein Leben nach.
Früher nahm ich alles für selbstverständlich und dachte nicht darüber nach, dass es andere gab, die hart dafür arbeiteten.
,,Jason bekommt schon seine gerechte Strafe, glaub mir.", sagte ich gereizt. ,,Ach ja? Wie denn? Lassen wir einfach den heutigen Tag so stehen. Schon schlimm genug, dass er es meinen Eltern sagen möchte." ,,Denkst du, dass deine Eltern ihm glauben werden?", fragte ih und konnte es mir eigentlich gar nicht vorstellen.
Sie zuckte mit den Schultern. ,,Kann sein. Thomas, lass es. Wie soll ich bitte die Anwaltskosten bezahlen?", fragte sie. ,,Dein Vater..." Sie unterbrach mich, bevor ich überhaupt weiter reden konnte. ,,Er muss noch Schulden abbezahlen. An seine Freunde und noch Mieten und so weiter, er hat da kein Geld um mir einen Anwalt zu zahlen."
Ich wollte es nicht akzeptieren, dass es einfach keine Lösung gab. ,,Was ist, wenn ich dir das Geld gebe?", fragte ich und sie sah mich kritisch an. ,,Wie soll ich das meinen Eltern erzählen?" ,,Sag, dass du es gefunden hast.", antwortete ich und hoffte, dass sie es einfach annahm. ,,Nein, das kann ich nicht."
Plötzlich kam mir eine gute Idee, die nur klappen konnte. ,,Was ist, wenn sich plötzlich mein Vater und deiner sich befreunden und er ihm dann anbietet, seinen Anwalt da arbeiten zu lassen?", fragte ich. ,,Denkst du, dass das eine gute Idee ist?", fragte sie und ich nickte. ,,Vielleicht verstehen sie sich gut und es klappt." ,,Das mit uns darf aber nicht erzählt werden Thomas. Wie willst du es verheimlichen und noch dazu deinen Vater mit meinem befreunden."
Ich überlegte und wusste die Antwort. ,,Kann ich denn nicht meinen Eltern erzählen, dass wir zusammen sind?", fragte ich und sie sah mich erstaunt an. ,,Denkst du ihnen wird es gefallen,dass wir heimlich zusammen sind. Ich glaube, sie lassen sich da nicht ein.", antwortete sie.
Ich hob ihren Kinn, so dass sie mich ansah. ,,Wir schaffen das.", sagte ich und sie sah mich an. Sie lächelte. ,,Endlich.", sagte ich und sie sah mich verwirrt an. ,,Was?", fragte sie. ,,Du lächelst, das bedeutet der Plan wirkt einigermassen doch okay.", lachte ich.
Sie sah mich an und ihre Hand war an meinem Oberschenkel. Kurz musste ich darauf schauen. Sie sah mich immer noch an.
,,Ich liebe dich.", sagte sie.
Ich war überrascht. Es war das erste Mal, dass sie das sagte und auch das erste Mal, dass sie näher kam und mich küsste.
Ich war ein wenig überrumpelt, doch liess es zu. Ihre weichen Lippen auf meine zu spüren, war einfach das beste Gefühl in meinem Leben. Ich liebe sie einfach und ich war froh, dass ich doch sie in meinem Leben zuliess.
Ich löste mich von ihr und unsere Stirn war noch aufeinander. ,,Wenn ich mit dir zusammen bin, verstehe ich mich selbst nicht, wieso ich mit meinen Exfreundinnen zusammen war. Es fehlte immer etwas, aber bei dir fehlt nichts, es reicht nur deine Anwesenheit und es ist alles perfekt." Sie lächelte und ich küsste sie nochmal.
Mein Handy vibrierte. Ich löste mich von ihr und sah auf den Display.
Es war schon zehn Uhr geworden. ,,Selena hat mir geschrieben, du solltest auf deinem Handy schauen.", sagte ich. ,,Ou scheisse. Ich habe es auf lautlos gestellt."
Sie nahm es aus ihrer Hosentasche. ,,Sie hat geschrieben:
Dylan ist auf deinem Bett eingeschlafen, während wir einen Film schauten.
Na toll!", sagte sie. ,,Kein Problem. Du kannst ja dafür auf Dylans Bett schlafen. Den Lehrern interessiert eh nichts mehr nach zehn Uhr.", sagte ich. Sie nickte leicht. ,,Ich geb dir mal ein Oberteil und Trainerhosen von mir.", sagte ich. Ich reichte es ihr und sie nahm es entgegen. ,,Ou sry. Ich geh schnell auf Toilette."
Ich verschwand ins Bad.
Als ich rauskam zog sie sich gerade mein lockeres T-Shirt an. Wie gerne hätte ich dabei zugeschaut, aber Kleo war ja nicht wie die anderen Mädchen.
Sie drehte sich um, als sie hörte, dass die Tür aufging.
Kleo pov.
Thomas hatte kein Oberteil an und ich musste zugeben, dass er einen tollen Körper. Er hatte nicht zu viel Muskel und nicht zu wenig.
Schnell wendete ich meinen Blick weg, als ich selbst merkte, dass ich doch zu lange ihn angestarrt hatte.
Er selbst grinste nur und lief an mir vorbei und wühlte in seinem Koffer nach einem weissem T-Shirt.
,,Wieso grinst du?", fragte ich. Er sah mich an und kam mir näher. ,,Süss, dass du versuchst, mir weiss machen zu wollen, dass du keine Verlegenheit spürst, wenn ich hier stehe ohne Oberteil.", sagte er und sein Grinsen wurde grösser.
Ich bekam ein Kribbeln im Bauch, als er mich eigentlich nur ansah.
Er zog mich an sich und nun konnte ich seinen warmen Atem in meinem Nacken. Totale Gänsehaut bekam ich.
Nur dass er plötzlich einen Schritt zurück ging.
Thomas pov.
Ich musste einen Schritt zurücktreten, bevor ich mich an sie ranmachte. Ich denke, dass ich dann mit ihr im Bett gelandet wäre, aber dass wollte sie sicher nicht und ich im Moment auch.
Sie war die Erste mit der ich es langsam angehen wollte.
Sie lag sich auf das Bett von Dylan. Lange brauchte sie nicht bis sie einschlief.
Es war sicher ein harter Tag für sie. Ich hätte mich am liebsten neben ihr gelegen, nur um ihre Wärme zu spüren.
Langsam lag ich mich auf mein Bett hin und schlief auch ein.
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