Kapitel 5
Obwohl ihm der Nerd normalerweise jeden Nerv raubte, war Katsuki in der Situation, in der sie sich befanden, vollkommen bewusst, dass jegliche Streitereien fehl am Platze waren. Ihr schwer verletzter Klassenlehrer, der in den letzten Monaten seit dem Schulbeginn so viel für sie alle getan hatte, brauchte dringend ärztliche Hilfe. Der Aschblonde würde alle möglichen Hebel in Bewegung setzen, um den Mann hier lebendig rauszuholen, der ihm den Rücken gestärkt und ihn verteidigt hatte, während alle anderen ihn als Bösewicht beschimpft hatten. Das war er dem Undergroundhero schuldig.
Um einen möglichst idiotensicheren und vor allem funktionierenden Plan zu entwickeln, mussten sie alle zusammenarbeiten. Mit einem Kopfnicken orderte Bakugo sowohl Todoroki als auch Midoriya an, ihm zu folgen. Vorsichtig bahnten sie sich einen Weg zwischen den Trümmern hindurch, ein wenig abseits der anderen, damit sie ungestört reden konnten. Kurz warf der Aschblonde einen Blick zu Shinsou, der gerade dabei war, auf Mic einzureden, ehe Katuski selbst sich an seine beiden Mitschüler wandte. „Caterpillar braucht dringend einen Arzt, damit er nicht abkratzt, und der Schreihals hat vermutlich eine Gehirnerschütterung und steht unter Schock. Auch wenn es mir selbst gegen den Strich geht, müssen wir zusammenarbeiten und einen Plan entwickeln, um die beiden alten Männer hier rauszubringen", eröffnete er ihnen. Immer wieder wanderten seine Augen kurz zu den anderen dreien, um sicher zu gehen, dass die Lage sich nicht noch verschlechterte.
„Du hast recht Kacchan", pflichtete Izuku dem Jungen zu, „zuerst sollten wir sicher gehen, dass Sensei keine weiteren Wunden hat, aus denen Blut austritt, damit er nicht verblutet. Du oder Shoto, einer von euch könnte die Wunde kauterisieren. Außerdem sollten wir es irgendwie hinbekommen, ihn auf eine Tischplatte zu legen, damit wir ihn transportieren können. Wenn wir ihn zu dritt nur leicht anheben und einer die Platte unter ihn schiebt, sollten wir ihm nicht zu sehr wehtun." Zur Not könnte Shoto bestimmt sein Eis irgendwie nutzen, um den Verletzten leicht anzuheben, doch Izuku war sie nicht sicher, ob es so schlau wäre, nun auch noch Erfrierungen der langen und unbekannten Liste an Verletzungen hinzuzufügen.
„Dann bleibt weiterhin das große Problem, WIE wir hier rauskommen", merkte Todoroki seufzend an, „vielleicht kann ich eine Eisbahn formen, auf der wir über die Treppe hier rauskommen." Eine Idee, über die er bereits die gesamte Zeit nachgedacht hatte, aber die ihm dennoch nicht gut genug vorkam. Auf der Treppe gab es ziemlich viele Kurven und es würde schwierig werden, am Ende zu bremsen.
Katsuki hörte mit verschränkten Armen zu, und schüttelte den Kopf. Auch er empfand es als risikoreich, doch die Eisrampe brachte ihn auf eine andere Idee. „Das Gebäude ist zwar schon ziemlich instabil und könnte jeder Zeit über und unter uns weiterzusammenkrachen, aber was, wenn wir das Gebäude verlassen?", fragte er die beiden anderen, die ihn ziemlich ratlos ansahen, und somit ein schiefes Lächeln auf seine Lippen zauberte. Natürlich verstanden die beiden nicht, was er damit meinte. „Icy-Hot sichert mit seinem Eis erst einmal alles um uns herum, während wir ein Loch in diese Wand da schlagen. Sobald das passiert ist, musst du nur eine Eisbahn erschaffen, die uns direkt auf die Straße nach unten bringt. Mit meiner Explosion als Antrieb sind wir da in kurzer Zeit draußen, bevor das Haus realisiert, dass es zusammenkrachen kann."
Nachdenklich kratzte sich Izuku am Kinn. Obwohl dieser Plan bereits besser klang als der von Shoto, hatte auch er ein paar Macken, die sie noch ausbügeln mussten. „Wer schlägt das Loch? Wenn du mit deiner Explosion die Flucht vorantreiben willst und als Boost auf der Eisbahn herhältst, kannst du es nicht sein. Und um schnell genug alle raus zu bringen, brauchen wir mehr als nur eine Tischplatte und jemand zweites, der für einen schnellen Antrieb sorgt, was ich erledigen könnte. Wer macht also das Loch?" Wenn er Katuskis Plan richtig verstanden hatte, dann durften sie keine Zeit verlieren. Jede Sekunde konnte über Leben und Tod entscheiden.
„Mic-Sensei könnte es tun", warf Shoto ein. Automatisch wandten sich die Köpfe der drei dem Voicehero zu.
„Seine Macke könnte bestimmt eine Frequenz erzeugen, die ein Loch in die Wand schlagen kann", bestätigte Izuku sofort, „aber ich denke nicht, dass es schlau wäre, bei einer Kopfverletzung seine Macke einzusetzen." Die Schwingungen und die lauten Geräusche würden ihm gewiss nur Schmerzen bereiten und die Gehirnerschütterung verschlimmern. „Außerdem wirkt er nicht, als wäre er in der Verfassung, etwas zu tun."
„Das sollte er selbst für sich entscheiden", murrte Katsuki laut, „dann macht euch mal dran Tische auszugraben, ich werde die andren Extras in den Plan einweihen!" Ohne abzuwarten, ob die beiden noch etwas anzufügen hatten, stapfte der Aschblonde zu dem Blondschopf und Hitoshi, der ziemlich ratlos wirkte und nur schwer seine Verzweiflung verbergen konnte. „Wir haben einen Plan, aber dafür brauchen wir ihre Hilfe, Mic-Sensei!"
Es war schwer für Hizashi den darauf folgenden Worten des Aschblonden zu folgen, mit denen er den Plan erklärte, da er nur langsam verstand, was der Junge von ihm wollte. Obwohl er selbst bereits gegen Kopfschmerzen und eine seltsame Schwere, die ihn weiter nach unten ziehen wollte, ankämpfte, kam der Blonde langsam und schwankend auf die Beine. „Ich machs ...", stimmte er leise zu. Auch wenn er wusste, dass er diesem Plan enthusiastisch entgegnen sehen sollte, weil es eine Möglichkeit war, um Shotas Leben zu retten, fühlte er sich leer. Bereits seit seinen Jugendtagen wusste er, wie riskant es war, seine Macke gegen ein Gebäude zu richten, selbst wenn er es damals nicht selbst gewesen ist, der es getan hatte. Was, wenn es schief ging? Dann wären sie hier alle begraben. Er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, sonst würde er keinen Ton mehr über seine Lippen bringen.
Während Izuku und Shoto dabei waren, geeignete Tischplatten unter dem Geröll hervor zu holen und Katsuki Hitoshi in alles weitere einweihte, stapfte Yamada langsam zu der Wand, auf die der Aschblonde zuvor gezeigt hatte. Bei jedem Schritt schwankte er und er kam nur langsam voran, da seine Beine sich anfühlten, als wären sie aus Zement. Als er schließlich am Ziel ankam und sich umwandte, um auf das abgemachte Zeichen zu warten, hatten die Schüler es längst geschafft, Aizawa auf einen hölzernen Untergrund zu hieven und ihn mit seinem oder Hitoshis Fangtuch darauf festzubinden. Auch Hitoshi saß längst auf einem Beförderungsmittel. Nachdem auch die anderen drei Jugendlichen ihren Platz eingenommen hatten, gab Bakugo seinem Lehrer und Todoroki das Zeichen.
Keine Sekunde später war es bitter kalt in dem Raum, aber die Wände stabilisiert von Eis und somit sicher davor, sofort einzustürzen, wenn eine laute Stimmenmacke die Wand traf. Nun war es also an Hizashi, seinen Part zu übernehmen. Langsam wandte er sich dem Hindernis vor ihm zu und holte tief Luft. Ein nicht allzu lautes YEAH würde sie in die Freiheit befördern. Oder aber ihre Lage nur noch schlimmer machen. Erneut blitzte Oboros lebloser Körper in seinen Gedanken auf. Es war seine Macke gewesen, die das Gebäude zum Einsturz gebracht hatte, und das Shirakumo unter sich begraben hatte. Ein Kloß bildete sich in Hizashis Hals, sodass kein Laut über seine Lippen kam.
„Beeilen Sie sich! Sonst erfrieren wir hier noch alle!", brüllte Bakugo laut und wütend.
„Sie schaffen das! Wir zählen auf Sie!", versicherte Midoriya dem Mann.
„Aizawa wird wieder. Und dann werden wir eine glückliche Familie. Glaub daran!", rief Hitoshi ihm entgegen. Ihm war mittlerweile egal, was die anderen denken mochten. Eigentlich hatte er es, nach seinem Wechsel in die Heldenklasse doch als recht peinlich empfunden, wenn seine neuen Mitschüler herausfinden würden, dass er ein Waisenkind war und bei den beiden Lehrern untergekommen war, die ihm dabei geholfen hatten, seinem Traum ein Stückchen näher zu kommen. Im Augenblick wäre ihm jedoch nichts lieber, als in den Armen der beiden zu liegen und sie zu umarmen, und zu vergessen, was hier drin passiert war. Shinsou konnte es weder ertragen, Aizawa halb tot daliegen zu sehen, noch dass Yamada so traumatisiert wirkte. Die beiden Männer waren sonst so stark und immer für ihn da gewesen.
Den Blick immer noch geradeaus auf die Wand gerichtet, nickte Hizashi kaum merklich. Er musste sich zusammenreißen und daran denken, dass Shota nicht mehr viel Zeit blieb. Erneut holte er tief Luft und schloss kurz die Augen, ehe er sie wieder öffnete und seinen Mund öffnete. Diesmal erklang ein Geräusch, dass die Wand erzittern ließ und ein Loch hineinriss, dass genau so groß war, wie sie es brauchten.
Ehe sich Yamada versah, zog man ihm den Boden unter den Füßen weg und er rutschte eine eisige Rampe hinab. Hinter sich konnte er hören, wie es polterte und krachte. Das Eis, dass den Einsturz des Gebäudes verhindern sollte, war bereits langsam abgetaut und hielt dem Gewicht nun nicht mehr stand. Zum Glück waren sie bereits in Sicherheit, als das Gebäude weiter einstürzte. Hoffentlich war niemand mehr drinnen gewesen, dachte er bei sich. Sein Blick blieb an dem hängen, das von dem Haus noch übrig war, während um ihn herum Chaos zu herrschen schien. Davon bekam er jedoch kaum etwas mit. Immer wieder glitten seine Gedanken und Erinnerungen zu jenem Tag, an dem er Oboro verloren hatte.
So erstarrt wie er war, bekam er nicht einmal mit, dass man ihm auf die Beine half und die anwesenden Schüler der 1-A Klasse ihn belagerten, um herausfinden zu können, was passiert war. Während Todoroki, Bakugo und Izuku dafür sorgten, dass Aizawa mit dem nächsten Krankenwagen abtransportiert wurde, bahnte sich Shinsou einen Weg durch seine Mitschüler, um an Yamada heranzutreten und nach ihm zu sehen. „Sensei?", fragte er vorsichtig und rüttelte sanft an der unverletzten Schulter des erstarrten Mannes, „Yamada?" Doch der Angesprochene rührte sich nicht, starrte weiterhin mit ausdruckslosem Blick auf das eingestürzte Gebäude. Es war seine Schuld, dass es nun noch zerstörter war als zuvor.
„Was hat er denn?", fragte Ochaco besorgt.
„Er sieht verletzt aus, ribbit", stellte Tsuyu fest, „und traumatisiert!" Mit schief gelegtem Kopf musterte das Froschmädchen den Blondschopf. Blut klebte in seinem Gesicht, seine Schulter hing schlaf nach unten und der Arm sah seltsam aus. Aber viel besorgniserregender war die Tatsache, dass ihr sonst so wortgewandter Lehrer so still war, und sich nicht rührte, als wäre er eine Statue.
Ein lauter Seufzer ließ die Mädchen herumfahren. Midnight trat langsam näher und musterte Mic aufmerksam. „Macht euch keine Sorgen, ich übernehme ab hier. Helft den Einsatzkräften beim Aufräumen. Ein Bus wird euch dann zurück zum Schulgelände bringen", erklärte die Proheldin den Schülern, ehe sie beide Arme sanft um Yamadas Hüfte legte, um ihn von der Menge weg zu bewegen. „Ich bringe dich zu einem Krankenwagen und dann wirst du dich ausruhen. Wenn du wach bist, wird alles wieder gut werden", versuchte sie dem Blonden gut zuzureden, der nicht darauf reagierte.
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