28.12.2016

Lieber Jim,
Schon seltsam nicht? Der Weihnachtsbaum, den ich zum Fest am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte, faszinierte mich nun mit seinem Strahlen und funkeln in unserer ansonsten dunklen Stube. Ich habe die Lichter angemacht und bewundere das in allen Farben schillernde Lametta.
Es war still im Raum, so still und dunkel. Unsere ganze Wohnung ist seit deinem Tod still und dunkel als hätte sich der Tod in die Ritzen und Ecken verkrochen und haftete nun da wie Schimmel. Dunkle Schatten in einem noch dunkleren Haus, doch wenn es einmal hell ist, dann hast du dieser Welt die Farben genommen, denn auch diese sind mit dir verschwunden. Ich bin seit ein paar Tagen nicht mehr auf die Straße gegangen. Esse wenig und schlafe noch weniger. Am liebsten sind mir die grauen Stunden der Dämmerung oder das tiefe Schwarz der Nacht, wenn die Sterne mir zuzwinkerten.
Wenn das kalte grau ein sanftes blau bekommt und ich den Wolken zusehen kann wie sie über die Berge ziehen, sie rötlich werden und die Welt ihre Farbe bekommt.
Dann sind meine Gedanken klare Strukturen. Die krakelige Schrift beginnt zu geschwungenden Buchstaben zu werden. Muster werden deutlich, Schattierungen werden mehr als nur Schatten. Verstehst du was ich sagen will?
Ich sehe das Leben langsam wieder zurück kommen, wie ein Atemzug nachdem die Nacht die Luft angehalten hat. Endlich kann ich wieder Atmen. Aber bald wird das kalte Licht zu grell und der leicht rosa und blau Himmel wieder grau. Dann beginnt ein neuer trostloser Tag. Das grau frisst sich in meine Lungen durchströmt meinen Körper und lähmt mich als wäre es fest werdendes Blei. Ich atmete das giftige Metal und es erstarrt in mir.

Xx Sebastian xX

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