Brief an einen Freund

Lieber Freund,

oft wünschte ich, ich könnte offen mit dir sprechen und dir wirklich die Wahrheit sagen, wenn du mich fragst: „Wie geht es dir?" Ich wünschte, dann könnte ich antworten „Mir geht es schlecht. Ich bin Gefangen in der Tiefe des Abgrunds und es ist so finster um mich herum, dass ich den Weg nach oben nicht mehr finden kann." Du würdest erwidern: „Warte, ich hole dir ein Licht und flechte dir ein Seil um dich hinaufzuziehen." Und wenn ich dann antwortete: „Ich wäre dir zu schwer und würde dich nur mit hinabreißen.", dann würdest du lachen und meinen: „Ich werde das Seil festknoten, sodass du mich nicht mit hinabreißen wirst. Ich werde stark sein und dich heraufholen. Und wenn ich doch zu dir hinabkomme, dann klettern wir gemeinsam wieder hinauf. Ich bringe das Licht mit, so finden wir den Weg."

Doch ich weiß, dass du stattdessen antworten würdest: „Sei kein Narr, es gibt keinen Abgrund, du bildest ihn dir nur ein. Und wenn es finster ist, dann mach dir doch ein Licht. Ich kann dir nicht helfen." Also werde ich wie immer antworten; „Es geht mir gut und dir?" Und dann werde ich dir zuhören, wenn du erzählst wie anstrengend dein Tag war und ich werde wissen, dass die Antwort die ich dir gern gegeben hätte eine Lüge war. Denn ich kann noch nicht ganz in der Tiefe des Abgrunds angekommen sein, wenn jedes deiner Worte mich immer weiter hinein stößt.


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