Die Stimme, mein bester Freund
Basti
Ich konnte nicht wirklich schlafen. Naja, wie sollte dass auch funktionieren wenn Stegi auf mir drauf liegt. Ach fuck, ich denke schon wieder zu viel nach... Über ihn.
Genauer dachte ich darüber nach was er eben gesagt hatte. Du bist mehr für mich als nur du. Was sollte das heißen? Okay, es war offensichtlich, aber das Risiko konnte ich nicht eingehen. Es wäre zu viel, für uns Beide.
Bastian, schlaf jetzt!
Ich gab einen genervten Laut von mir. Die Stimme, mein bester Freund. Und auch irgendwie der Grund dafür dass ich vernünftig war. Wegen dem Ding wusste ich, wer ich war, ABER DIE SOLL SICH WIEDER VERPISSEN!
Ne, ich bleibe, hör auf mich anzuschreien.
Ich seufzte ergeben und schloss die Augen. Ich schlief nicht tief, nicht lange. Aber ich schlief. Und ich glaube, ich hätte nichts Besseres tun können. Danke Kumpel, das nächste Mal bitte wieder Ansage machen.
Ich kämpfte mit mir selbst, Stegi zur Seite zu schieben und mich aus dem Bett zu schälen. Aber es war besser so. Ich kann ihn nicht lieben... Was hatte ich eigentlich vorhin gesagt? Hatte ich mich verraten? Oh Gott, hoffentlich nicht, das wäre mein Untergang!
Gedankenverloren tapste ich in die Küche und stieß mir prompt meinen kleinen Zeh an einem der Stühle. Scheiße! Zähneknirschend humpelte ich zu einem Schrank, holte mir ein Glas raus und füllte es mit Wasser.
Mit einem Todesblick auf den Stuhl lehnte ich mich an die Küchentheke, als Stegi hereinkam. Verdammt sah der gut aus... Bleib normal Basti, bleib normal!
,,Hey", lächelte Stegi, ich gab ein Nicken zurück. Ich wollte nicht viel Reden, aus Angst mich zu verraten wenn ich den Mund öffnen würde.
,,Alles okay?", fragte Stegi vorsichtig. Er sah mich mit einem Blick an, der mich zum Schmelzen brachte.
,,J-ja", gab ich hastig zurück und trommelte mit meinen Fingern auf das Holz. Stegi schien die Antwort zu akzeptieren, schaute mich aber trotzdem misstrauisch an.
,,Was glotzt du so?", fragte ich etwas harscher als gewollt. Stegi zuckte leicht zurück und gab nicht weniger trotzig zurück: ,,Das könnte ich dich auch fragen... Dich."
Etwas Verwirrung machte sich in mir breit... Dich? Warum diese Betonung? Was hatte ich nicht mitbekommen?
Stegi schien es zu bemerken und grinste diabolisch. ,,Ja, hat du gesagt. Du brauchst mich... Deine Worte Bastian."
Ich schreckte unmerklich zusammen und krallte mich an das Holz unter meinen Händen. Mein Kopf schaltete ab, als sich mein Fluchtinstinkt meldete. ,,Hab ich? Wer ist denn hier in seinen besten Freund verschossen, he? Wer braucht dich schon?", zischte ich und drehte mich auf dem Absatz um, Richtung Badezimmer.
Ich schlug die Tür hinter mir zu, sperrte ab und ließ mich langsam an der Tür hinunterrutschen. Ich realisierte was ist getan hatte. Und wenn es schon mir wehtat, wie ging es Stegi?
Aber was hätte ich sonst tun sollen?
Ihm sagen dass du ihn liebst Bastian.
Ja, mein Gott nerv nicht. Scheiße, was hatte ich nur getan? Wie konnte ich nur so unfassbar dumm sein? Ich rutschte zum Waschbecken und zog mich daran hoch. Mein Spiegelbild sah mich elendig an. Ich schaute ebenso elendig zurück. Dann öffnete ich den kleinen Medizinschrank und suchte nach etwas. Sie sollten noch hier sein...
Ah, da! Ehrfürchtig zog ich eine Klinge aus dem Schrank und betrachtete sie. Sechs Monate clean... Für Stegi... Und ich würde einfach alles wegschmeißen. Diese lange Zeit, das Vertrauen meins besten Freundes... Naja, ich hatte es nicht anders verdient. (Bro warum tun meine Narben an dieser Stelle weh? TwT)
Ich zog langsam den Ärmel meines Pullis nach oben und lächelte die alten Narben an. Alle perfekt geordnet in einer Reihe. Ich mochte sie vielleicht nicht besonders, aber sie erzählten Geschichten.
Die ersten waren leicht, taten nicht weh. Doch mit der Zeit wurden sie tiefer, dunkler, verzweifelter.
Zwei von ihnen waren in einem Stream entstanden... Leise, unauffällig, keiner wusste davon.
Eine andere war inzwischen kaum mehr zu sehen, obwohl sie nie verheilen wollte. Immer wieder kratzte ich sie blutig, und als ich es mir abgewöhnt hatte, platzte sie oft wieder von alleine auf.
Die letzte war die schlimmste, sie entstand in einer Panikattacke, ich war eine Woche Clean, als ich die Kontrolle verlor. Ich wusste nicht einmal wie sie entstanden ist, als ich wieder an Beherrschung gewann, war sie da. Und sie tat weh, wird sie immer.
Insgesamt waren es zwölf... Werde ich die dreizehn heute vollmachen?
Ich setzte die Klinge an meinen Arm und überlegte kurz... Ich betrachtete kurz die Narbe nebenan. Sie war sehr tief, hatte geschmerzt, sich entzündet. Ich schloss die Augen und drückte etwas, dann zog ich durch.
Zitternd atmete ich aus und ließ mich auf den Boden sinken. Es tat nicht weh. Es war, als hätte ich ein Kapitel meines Lebens hinter mir gelassen, ein neues angefangen. Ich lächelte, als sich ein Tropfen Blut löste und auf die kühlen Fliesen tropfte.
Sie war für Stegi... Es war seine Narbe. Und ich war stolz darauf.
Stegi
Ich saß ruhig auf einem Stuhl. Nicht bei Basti, nein, bei anderen Leuten. Erik hielt mir einen Vortrag über verschiedene Sorten Alkohol und Drogen, während Elvis Geld zählte. Und ich ließ einfach die Ruhe, die der Kokain auslöste, auf mich wirken.
Mein Herz hörte auf wehzutun, es wurde besser. Alles wurde besser. Ich hörte auf mir einzureden das Basti es nicht so gemeint hatte. Hatte er nämlich, und das wusste ich.
Langsam begann die Droge zu wirken, ich lachte mit den beiden anderen Männern über alles, was nicht lustig war. Ich hatte selten so viel Spaß gehabt. Das letzte Mal dass ich high war lag sechs Monate zurück... Einen Tag später habe ich Basti getroffen. Ihm zuliebe hatte ich aufgehört. Und jetzt bin ich rückfällig geworden. Und es fühlte sich gut an.
Ich blendete alles aus, was nicht Erik, Elvis oder ich waren. Als ich wieder einigermaßen zu mir kam, fand ich mich in einer Bar wieder.
Keine Ahnung wie viel ich bereits getrunken hatte, als das Hochgefühl langsam nachließ. Es muss einiges gewesen sein, denn der arme Barkeeper musste uns drei kichernde Idioten nach Hause fahren.
Auf der Autofahrt gab es dann noch ein paar weitere Drogen, die den Alkoholrausch dann überdeckten. Eine seltsame Mischung aus innerer Ruhe und äußerlicher Aufgedrehtheit.
Es ließ erst nach, als ich vor Bastis Haus stand. Was er wohl gemacht hatte? Immerhin war es elf Uhr, ich war seit zehn Stunden weg.
Noch bevor ich klingeln konnte, riss Basti die Tür auf und sah mich an. ,,Stegi, ich...", begann er, bis er meinen Blick einfing. Er stockte und beugte ich etwas zu mir herunter. ,,Stegi... Deine Augen..." ,,Ich weiiiß", quietsche ich und fiel ihm um den Hals. Doch er schob mich von sich weg.
,,Deine Pupillen sind größer als der Mond", zischte er. Scheiße, aufgeflogen. Damit knallte er die Tür wieder zu. Für einen Moment meinte ich, Blut an seinem Ärmel zu sehen. Doch es ging zu schnell, und schon wieder stand ich alleine in dieser Kälte, die der erste März nun mal immernoch mit sich brachte.
Nach dreimal Klingeln gab ich auf und rollte mich auf der Fußmatte zusammen. Was hatte ich getan? Warum war ich so blöd gewesen und hatte sein Vertrauen so krank missbraucht? Ich zog mein Handy raus und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren. Cro... Der einzige Halt wenn alles bergab ging. Den Typ könnte ich auch mal wieder anrufen.
Schließlich war der Alkohol der Grund, warum ich schlief, zitternd vor Kälte. Der Boden war hart. Und als ich wieder aufwachte, wäre es mir lieber gewesen, ich hätte die ganze Nacht gestanden. Ich hörte das Klicken einer Tür.
,,STEGI??" Ich konnte meinen Kopf nicht bewegen, doch ich wusste dass es Basti war. Seine Stimme war aber auch schwer zu verwechseln, so wunderschön...
Auf einmal wurde es warm, ich war so leicht, es roch nach Basti... Vorsichtiv öffnete ich die Augen. Verschwommen konnte ich Bastis Wohnung ausmachen, dann wurde der Druck auf meinem Kopf so schwer, dass ich sie sofort wieder schloss. Ich wurde auf etwas weiches gelegt, vermutlich das Sofa. Sofort rollte ich mich wieder zusammen und wagte es, Basti vorsichtig anzusehen.
Und ich würde nie wieder weg sehen können. Er war so... Wunderschön. War er das davor auch schon gewesen? Natürlich, Basti war immer schön. In seinem Blick lag wieder diese Wärme, die ich so vermisst habe.
,,Es... Es tut mir so leid... Tut mir leid dass ich dich liebe", stammelte ich und brach Augenblick in Tränen aus. Nicht dieses theatralische Schluchzen, sondern ein stummes fließen von Tränen, die in meinen Augen brannten.
Eigentlich sollte Basti es nicht sehen, ich hatte mein Gesicht in meinen Knien vergraben, doch er schien es zu spüren. Ich fühlte seine Hand in meinem Nacken eine beruhigende Geste, die mir weil es Basti war jedoch Gänsehaut über den ganzen Körper jagte.
,,Aber das ist okay Stegi. Ich bin auch nicht besser...", sagte er schließlich leise. Vorsichtig schob er seinen Ärmel nach oben und zeigte mir seinen Arm. Eine Narbe. Nur eine einzige Narbe. Und doch war ich schuld. Ich schaute kurz auf meine Uhr. Erst sechs... Naja, es muss wie es muss. Ich setzte mich vorsichtig auf und schaute Basti tief in die Augen.
,,Basti, ich werde gehen", sagte ich und nahm seine Hand, bevor ich fortfuhr. ,,Ich habe dir damals gesagt, weder Drogen noch ritzen. Ich habe verkackt. Dein Vertrauen missbraucht. Und du meins. Und wenn wir schon Beide so weit unten sind, bringt es nichts wenn wir uns gegenseitig volljammern. Das war's wohl fürs Erste. Ich liebe dich... Aber das darf ich nicht. Wer braucht mich schon?"
,,Aber...", wollte er etwas erwidern, doch stockte, als er meinen Blick auf seinen Lippen spürte. Ich sah ihn kurz an, dann drückte ich meine Lippen auf Seine. ,,Mach's gut Großer", murmelte ich, löste seine Hände von meinen und ging.
~~~~~~~
Basti
Sechs Monate ohne Stegi. Nie hatte sich etwas so lange angefühlt. Es war doch nur ein halbes Jahr. Und es war eine Herausforderung gewesen, dieses halbe Jahr zu überleben. Mehr als einmal lag das Messer auf meiner Pulsschlagader. Und doch hatte ich mich nie getraut. Ich lebte für Stegi. Ich wusste, dass er noch da war. Irgendwo da draußen.
,,Bastiiiii?", riss mich Kevins Stimme aus meinen Gedanken. Köln tat mir nicht gut, seit ich mit Kevin zusammen war besuchte ich ihn öfter, und jedes Mal schweiften meine Gedanken zu einer anderen Wohnung rüber. Verdammt, schon wieder driftete ich weg. Kevins Hand, die ich plötzlich auf meinem Oberschenkel spürte, holte mich jedoch in die Realität zurück.
Ich schluckte als die Hand weiter nach oben wanderte. Ich schaffte es nicht, Kevin in die Augen zu schauen. So fing es immer an. Allein letzte Woche war es zu oft passiert. Langsam schöpfte Kevin wohl den Verdacht, dass ich das nicht wollte. Und ja, er war ja ganz süß, fragte jedes Mal nach ob es okay wäre, dass ich jederzeit Stop sagen könne, aber ich konnte mich nicht fallen lassen.
,,Basti, alles okay? Ist das okay? Darf ich? Du siehst nicht gut aus", hörte ich Kevins Stimme wie durch Watte. Ich atmete tief durch, dann blickte ich ihn entschlossen an und stürzte mich auf ihn. Unsere Zungen verfingen sich ineinander, jeder Kämpfte um die Kontrolle. Und wie eigentlich immer gab ich nach und lag auf einmal unter Kevin.
Fünf Minuten turnten wir auf dem Sofa herum, bis Kevin sich langsam an meiner Hose zu schaffen machte. Mich überkam ein ungutes Gefühl, und so sehr ich auch versuchte es zu ignorieren, ich konnte einfach nicht. Es war wie ein unerträglicher Schmerz, der mein Herz in kurzen Stößen immer schneller durchfuhr.
,,Kevin, Stop", keuchte ich außer Atem, als ich meine Lippen von seinen löste. Er sah mich leicht verwundert an, aber zog sich auf der Stelle von mir zurück. ,,Was ist los Großer?", fragte er sanft. Ich führte kurz einen inneren Krieg ob ich die Wahrheit erzählen sollte. Obwohl es eher um sollen ging, es fühlte sich einfach nicht richtig an Kevin so zu belügen.
,,Ich- ich hab meine Tage", stammelte ich, und hätte mir in der selben Sekunde meine Hand ins Gesicht klatschen können. Kevin entfuhr ein leises Lachen. ,,Das tut mir leid für dich, und was ist sonst noch los?", fragte er auf eine so sanfte Art, dass ich nicht anders konnte als es ihm zu sagen. Aber wie?
Ich brachte mein Inneres zum Waffenstillstand und versuchte, rational zu denken. Da waren diese zwei Herzen. Stellen wir uns vor, sie sprechen zu mir. Das eine liebte mich. Das andere wollte mich nicht. Und dann war da auch noch mein Herz, das die beiden Anderen wirklich mochte, eines davon liebte es sogar. Aber es liebte eben - wie sollte es sonst sein - das Herz, dass meins nicht liebte.
Herzen waren schon scheiße manchmal. Es war so egoistisch. Um meins froh zu machen, muss ich Kevins brechen, und das für Stegis Herz, dem es egal sein wird. Ich sah meinem Gegenüber traurig in die Augen und atmete tief ein.
,,Kevin, du weißt, ich liebe dich, aber ich kann das nicht machen. Denn... Es wäre nicht richtig gegenüber der anderen Person die ich liebe."
So, jetzt war es raus. Etwas ängstlich schaute ich auf den Boden und spielte mit meinen Fingern herum. Ich spürte Kevins Blick auf mir.
,,Dann ist das so Basti", sagte er schließlich leise. Überrascht hob ich den Kopf. Kevin lächelte. Warum lächelte er?
,,Du kannst dir nicht aussuchen wen du liebst. Es passiert einfach. Und wenn es eben nicht ich bin, dann bringt das doch alles nichts. Schau Basti, ich liebe dich, und deswegen will ich dass du glücklich bist. Natürlich tut es weh, aber es ist okay. Du bist nicht schuld. Und jetzt geh zu Stegi und nimm ihn an meiner Stelle.
Liebe ihn so wie ich dich liebe."
~~~~~~~
2283 Wörter
Leuuute ich habe euch den ersten März versprochen, also, hier ist das Kapitel.
Btw die Ursprüngliche Idee war, dass Stegi obdachlos wird... Naja, daraus wurde dann Bastiplatte xD
Das war's dann auch schon wieder ihr Vögel und Flaschen (fragt nicht das musste, hab grade ne Flasche Gerolsteiner vor mir stehen und schmiere GHG drauf TwT)
Joa, Wattpad Sperre wieder aufgehoben, jetzt haben wir wieder #FreeGHGerolsteiner (danke Emmi :))
Byeeee🍪
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