7 - Das Mädchen-Duell 💛
Hyunjin POV
Der Freitag klopfte an die Tür. Chan hat sich in dieser kurzen Zeit schnell eingelebt und hat auch das Zimmer rechts neben Felix bekommen. Auch ich fühlte mich jetzt etwas wohler, wo ich ein vertrautes Gesicht mehr an meiner Seite hatte. Ich ging ins Badezimmer und putzte mir die Zähne. Kämmte meinen Haare glatt.
Als ich gerade meine Tasche mit den Sportklamotten vom Schreibtischstuhl zog, klopfte es an der Tür. „Herein!", rief ich und blickte um die Ecke der Tür. Chan und Felix traten herein. „Guten Morgen. Bist du fertig? Der Unterricht beginnt gleich und du willst doch nicht zu spät kommen." Ich lachte. „Nein. Natürlich nicht. Ich bin ja schon fertig." Schnell warf ich mir die Tasche um, nahm zwei Flaschen zu trinken aus dem Kühlschrank und schloss dann mein Zimmer ab. Chan lief rechts neben mir her. „Wer ist überhaupt dieser Daniel?", fragte er leise. Ich sah verwirrt zu ihm. „Ein Mitschüler aus unserer Parallelklasse. Warum fragst du?" „Er kommt mir komisch vor. Gestern Abend hat er mich noch einmal durch die Akademie geführt und sich mit mir unterhalten. Er wollte sogar wissen, wie lange ich euch beide kenne und wie gut wir befreundet sind." „Warum wollte er das wissen?", fragte Felix verblüfft. Chan zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es nicht. Aber eines ist klar. Daniel legt ein komisches Verhalten an den Tag." Ich schmunzelte. „Harry und Eithan haben dasselbe gesagt und sie kennen ihn länger. Etwas scheint tatsächlich nicht ganz in Ordnung zu sein. Ich schlage vor, dass wir ihn eine Zeit lang im Auge behalten." Felix riss schockiert die Augen auf. „Du willst den echt ausspionieren? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wenn er das merkt, will ich nicht wissen, welchen Ärger wir dann bekommen." „Hast du einen bessere Idee?", fragte ich mit hoch gezogener Augenbraue. Felix schmunzelte. „Na siehst du. Also sollten wir uns schnell was einfallen lassen, bevor noch was passiert." Je mehr wir darüber sprachen, desto unsicherer wurde ich. Nicht nur wegen Daniel. Auch wegen Chan. Mein Kopf war noch immer nicht zu hundert Prozent davon überzeugt, dass ich ihm trauen konnte.
Chan drückte die Tür zum Jazzsaal auf. Meine Klassewar bereits vor Ort und wärmte sich auf. Mr. Hanson sortierte seine Unterlagenneu. „Der Mann mit dem Papierkram ist Mr. Hanson. Er unterrichtet Jazz",erklärte ich Chan und deutete auf unseren Lehrer. Der Junge nickte. „Wie vieleLehrer habt ihr in eurer Klasse?", erkundigte Chan sich. Ich überlegte einenAugenblick. Dann sagte ich: „Sieben. Wenn man Direktorin Dawnstring dazu zählt,sind es acht. Sie beaufsichtigt die Freestyle-Stunden. Zumindest steht das aufunserem Stundenplan. Ich kann dich nachher zu Ms. Dawnstring begleiten, damitdu dir deinen Stundenplan abholen kannst." Chan lächelte mich an. „Danke, Hyunjin."
Mr. Hanson erhob sich von seinem Platz und schob seine sauber verpacktenUnterlagen mit dem Fuß zur Seite. Dann klatschte er zweimal in die Hände. „So.Hört mir kurz zu. Ich weiß, dass die Tanzduelle erst in den Freestyle-Stundenstattfinden. Doch Ms. Dawnstring hat mich gebeten, die Mädchen aus eurerParallelklasse gegen die Mädchen aus dieser Klasse antreten zu lassen. Auchwenn es nicht viele sind. Deswegen können Hyunjin und Felix sich gerneanschließen, da sie noch sehr frisch dabei sind. Natürlich nur, wenn ihr daswollt." Mein Freund und ich sahen uns kurz an und nickten zum Einverständnis.Wir warfen Courtney und Blair einen Blick zu. Sie schienen mit dieser Idee auchzufrieden zu sein.
Daraufhin rief Mr. Hanson die Mädchen aus der Parallelklasse herein. Es warenvier. Jihyo kannte ich schon von dem Gruppenabend. Aber die drei anderenMädchen waren mir fremd. „Wer sind die beiden Mädchen dort hinter Jihyo?",fragte ich und deutete auf die Gruppe. Courtney sah zu ihnen und erklärte: „DieRothaarige ist Tiffany Mitchon. Das schwarzhaarige Mädchen mit dem pinkenCrop-Top ist Belle McGrouth und die Blonde heißt Dove Carola. Sie sind allesehr gut mit Jihyo befreundet", erklärte Harry. Ich beobachtete, wie Dove undBelle sich gegenseitig irgendwelche Dinge erzählten, über die sie lachten. Ichwar aber zu weit weg, um ihr Gespräch zu verstehen. Nebeneinander gestelltsahen die vier Mädchen aus wie Models, welche man aus einer Modezeitschrift fürGucci geschnitten und die Falten glattgebügelt hatte.
Mr. Hanson schloss sein Smartphone mit einem externen Audiokabel an die Anlagean und tippte auf dem Display herum. Dann ließ er What a wonderful world von Louis Armstrong abspielen. Einmal zeigteer uns die Choreografie von Anfang bis Ende und ging sie beim zweiten MalSchritt für Schritt mit uns gemeinsam durch. Einmal stolperte ich über meineeigenen Füße, da ich noch nie zuvor Jazz getanzt habe. Mr. Hanson machte einZeichen, damit alle aufhörten zu tanzen. „Hyunjin, du bist zu schnell. Machlangsam. Komm. Ich zeige es dir noch einmal." Ich trat einen Schritt nachvorne. Mr. Hanson zeigte mir die Schritte noch einmal langsamer und schließlichhatte ich keine Probleme mehr, sie nachzuahmen. „Gut gemacht. Jetzt versuche esnoch einmal und etwas schneller. Und ihr macht alle mit."
Meine Klasse und ich wiederholten die Schritte mehrmals, bis sich jeder zueinhundert Prozent sicher war. Auch Mr. Hanson war sehr zufrieden mit demErgebnis.
Doch die friedliche Stimmung hielt nicht lange an. Auf einmal fing Courtney ansich zu beschweren und fluchte wie wild: „Was machst du, Dove? Du stehst inmeiner Tanzzone und behinderst mich! Geh mir aus dem Weg!" Doch Dove ließ sichdas nicht gefallen und fauchte zurück: „Ich stehe dir im Weg? Wie wäre es, wenndu und deine ach so großartige Freundin Blair uns aus dem Weg gehen würden? IhrFußabtreter!" „Was sagst du da? Na warte, Zimtzicke!" Es sah so aus, als wollteCourtney Dove gleich an die Gurgel springen und erwürgen. Mr. Hanson wirktedeeskalieren und trennte die Mädchen. „Bleibt ruhig. Wenn ihr euch nichtzusammenreißt, wird dieses Verhalten auf eurem Abschlusszeugnis stehen. Und daswollt ihr beide nicht, oder?" Ich konnte sehen, dass Blair anfing, mit denZähnen zu knirschen. Auf einmal mischte Felix sich ein: „Ich weiß, dass ichmich nicht einmischen sollte, aber warum regelt ihr Mädchen das nicht auf derTanzfläche und lasst die Schimpfworte sein?" Dove und Courtney sahen sich an.Es sah so aus, als würden sie sich gegenseitig mit ihrem Blicken zu Ascheniederbrennen. „Gut. Einverstanden. Du kannst dir ruhig einen Song aussuchen.Es war deine Idee", stimmte Courtney zu. Felix warf einen Blick zu Mr. Hansonund bekam von ihm ein Kopfnicken. Also ging er zur Anlage und suchte auf Spotifynach einem Lied. Er entschied sich für Ponde Replay von Rihanna. Das müsste das richtige Lied für ein kleines Battlesein. Die Musik lief. Auf einmal fühlte es sich zu an, als würde die Tanzflächebeben und in Flammen aufgehen. Blair und Courtney gaben alles, was sie hatten.Aber auch Tiffany, Dove und Belle gaben alles, was sie hatten. Unfassbar, wiegut sie waren. Zusammen kamen sie bestimmt auf vierzig Jahre Tanzunterricht.Ihre Bewegungen waren weich und kraftvoll zugleich. „Wie viele Jahre sindCourtney und Blair jetzt hier?", fragte ich Eithan, welcher neben mir stand. Erflüsterte: „Drei Jahre. Sie tanzen aber schon, seit sie sechs waren. Kommteinem so vor, als hätten sie schon im Mutterleib angefangen zu tanzen. Es liegtihnen einfach im Blut." Unfassbar.
Schließlich war das Battle vorbei. Blair und Courtneys Kleidung war nassgeschwitzt und klebte an ihren Körpern fest. Tiffany, Belle und Dove ging esnicht anders, doch sie sahen nicht so zufrieden aus wie ihre Gegnerinnen. Mr.Hanson trat nach vorne und fragte die Klassen nach ihren Stimmen. Die Mehrheit,inklusive Hyunjin und mir, stimmte für Courtney und Blair. Belle, Tiffany und Doveschienen mit dem fairen Battle ebenfalls zufrieden zu sein und zeigten meinenMitschülerinnen ihren Respekt. „Ich hoffe, ihr lernt daraus, dass ihr euchvertragen solltet. Streit ist nicht der richtige Weg. Besonders nicht mitSchimpfworten", belehrte Mr. Hanson die Mädchen. Tiffany nickte. „Natürlich.Das nächste Mal werden wir uns aussprechen." Ihre Freundinnen stimmten zu. Courtneyund Blair gesellten sich wieder zu uns. „Ihr scheint euch nicht so gut zuverstehen", flüsterte ich leise. Blair zuckte mit den Schultern. „Tun wir auchnicht. Sie sind hochnäsig und denken, die Akademie gehört ihnen. Jetzt sind sienoch nett. Aber morgen sieht das wieder anders aus. Glaub mir. Du wirst michnoch verstehen."
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