3 - Gute Nachrichten 💛

Felix POV

Es waren jetzt vierundzwanzig Stunden vergangen, seit Hyunjin und ich am Aufnahmetest teilgenommen haben. Mein Freund tigerte unruhig durch das Zimmer. Ich hatte schon die Befürchtung, dass er eine knietiefe Einkerbung im Boden hinterlassen könnte.
"Denkst du, sie werden uns wirklich hier aufnehmen?", fragte Hyunjin und blieb abrupt auf der Stelle stehen. Er sah mich an. Er machte sich Sorgen und Angst hatte er scheinbar auch. Ich berührte ihn sanft an der Hand und sprach ihm ruhig zu: "Wir werden das schon irgendwie schaukeln. Ich trete ihnen sonst in den Hintern, wenn sie dich ablehnen." Hyunjin wandte lachend den Blick ab. Bei dem Anblick wurde mir warm ums Herz. "Das gleiche gilt für dich, Felix.", lachte Hyunjin und knuffte mir in die Seite. Wir umarmten uns innig. Dennoch war ich mir nicht so sicher, ob wir den Alltag meistern können. Es kommt eine Menge auf uns beide zu. Ich hatte Angst. Hier an der Rhythym Coast Academy waren weitaus mehr Schüler als an unserer alten Schule und das bereitete mir Bauchschmerzen.
Ein Klopfen unterbrach den innigen Moment zwischen uns. "Herein.", erwiderte Hyunjin und ließ mich los. War ihm das etwa unangenehm, wenn jemand uns sah? Langsam öffnete ich die Tür. Daniel trat herein, gefolgt von Harry und Eithan. "Guten Morgen.", trällerte Daniel fröhlich und kam hereingeschneit. "Morgen, Daniel.", stotterte ich. Dieser Moment war mir mehr als nur peinlich. "Oh. Störe ich?", fragte er verlegen. Hyunjin verneinte seine Frage: "Wir wollten gerade gehen, aber wie ich sehe wart ihr schneller." "Nun. Harry und Eithan werden euch jetzt zur Schulversammlung begleiten. Dort wird Ms Dawnstring bekannt geben, welche Teilnehmer des Vortanzens neu aufgenommen wurden. Wir begleiten euch bis dahin und dann sehen wir weiter.", erklärte Daniel und sah auf seine Armbanduhr. Aus welchem Grund auch immer, Daniel machte mich mit seiner Rolex vollkommen wahnsinnig. Er wirkte damit wie ein verwöhnter Snob, der mit einem silbernen Löffel im Mund geboren wurde und von da an alles auf einem Tablett aus purem Gold serviert bekam.
Daniel fuhr fort: "Ich überlasse euch jetzt in ihre Obhut. Mein Unterricht beginnt jeden Moment. Wir sehen uns in der Pause." Er zupfte seinen Ärmel der Uniform zurecht und lief den Gang hinunter. Ich wandte mich wieder Harry zu. Dieser rollte mit den Augen. "Wenn ich noch einen Tag mit diesem Schnösel in einem Kurs sein muss, kotze ich ihm im Strahl in die Tanzschuhe. So viel ist klar.", stöhnte er. Ich wurde neugierig und fragte: "Wieso hasst du ihn so? Er scheint doch ganz nett zu sein." Eithan legte seine Tasche über die Schulter, sodass der schwarze Gurt quer über seine Brust verlief. "Er ist ein Schnösel. Auch liebt er es, Gerüchte über andere zu verbreiten. Erst letztes Jahr hat Daniel rumerzählt, dass Harry Drogen in den Schulpausen an Minderjährige vertickt. Kompletter Schwachsinn." Eithan schien ziemlich verärgert zu sein. Auch Harry konnte seine Wut laum vor uns verstecken. Hyunjin sah mich an. Wir dachten beide das gleiche. Ab jetzt mussten wir wieder auf der Hut sein, wenn das, was Eithan und Harry sagten, stimmte.

"So sieht also aus, wenn eine Schulversammlung abgehalten wird.", flüsterte Hyunjin und sah sich in der beinahe überfüllten Eingangshalle um. Mädchen und Jungen standen in Reih und Glied nebeneinander, den Blick gerade auf die Bühne gerichtet. "Ms Dawnstring sagt jetzt noch ein paar Worte, sowie jeden Morgen, und dann können wir auch schon zum Ballett gehen.", antwortete Harry. Ich nickte zum Verständnis.
Eine Tür wurde geöffnet. Das Quietschen der Scharniere erfüllte den ganzen Raum bis zur Decke hinauf. Reflexartig kniff ich die Augen zusammen, als könnte ich so das Geräusch eindämmen. Dann waren die Schritte von Highheels zu hören. Ms Dawnstring betrat die Halle. Sie bestieg die Bühne, stellte sich kerzengerade vor das Mikrofon und sprach hinein: "Guten Morgen, liebe Schüler. Ich heiße euch zur heutigen Schulversammlung herzlich willkommen." Die Schüler applaudierten. "Wie ihr sicher schon wisst, steht auch in diesem Schuljahr erneut ein Wettkampf an, wo sich die jeweiligen Klassen messen. Die beste Klasse gewinnt auch dieses Mal wieder einen Drei-Jahresvertrag für eine Tanzshow in Las Vegas. Also strengt euch an und gebt euer Bestes. Die Anmeldeformulare erhaltet ihr Anfang Dezember. Einen schönen Tag euch allen."
Somit war die Versammlung auch schon vorbei. Der Schwarm aus Schülern löste sich auf. Hyunjin und ich folgten unseren beiden Klassenkameraden zu den Spinden, wo unsere Trainingskleidung gelagert war. "Es wurde erzählt, dass ihr beide gemobbt wurdet. Stimmt das?", fragte Eithan und öffnete seine Spindtür. Es war mir unangenehm, doch unhöflich wollte ich auch nicht sein. "Ja. Doch das ist jetzt schon ein Jahr her. Jetzt beginnt etwas neues und wir schauen nach vorne." Ich spürte etwas weiches an meiner Hand. Hyunjin hielt sich an mir fest. Hatte er etwa Angst? "Alles in Ordnung, Schatz?", fragte ich und sah ihm in die Augen. Er blinzelte kurz. "Äh ... ja. Es geht. Ich mache mir nur Sorgen. Das ist alles." Dann sah Hyunjin wieder weg. Er hatte scheinbar Angst. Ich drückte seine Hand etwas fester, damit er sich wieder beruhigte. Es funktionierte auch. "Warum machst du dir denn Sorgen? Wir sind doch angenommen worden." "Ich hab immer noch Angst dich zu verlieren." "Gibst du dir etwa selbst die Schuld an dem, was passiert ist? Schatz, das war nicht deine Schuld." Er drehte sich zu mir. "Aber du bist meinetwegen fast gestorben. Ich ... hätte mir das niemals verziehen, wenn ich dich nicht hätte retten können." Ich sah zu Harry und Eithan, welche schweigend da standen und uns beobachteten. Eithan zuckte mit den Schultern. Mir war klar, dass er uns nicht helfen konnte. Das musste er mir nicht auch noch deutlich machen.
Ich drückte Hyunjin fest an mich und murmelte in sein Ohr: "Du brauchst keine Angst zu haben, mich jemals wieder verlieren zu könntest." "Das sagtest du bereits, bevor wir die Anmeldung für die Akademie geschrieben haben.", murmelte mein Freund. Ich musste lachen. "Weiß ich. Aber ich möchte, dass du dich immer daran erinnerst. Okay?" Hyunjin wischte sich mit dem Handrücken eine Träne vom Gesicht und nickte. "Na komm. Lass uns zum Unterricht gehen. Vielleicht lenkt dich das etwas ab."

Wenig später waren wir im Ballettstudio der Akademie. Der Saal war riesig, größer als die Sporthalle unserer alten Highschool. Nervös sah ich an mir herunter. Dieser Body und die Strumpfhosen ließen mich unwohl fühlen. Einfach, weil ich so etwas noch nie getragen haben.
"Tragt ihr das in jeder Ballettstunde?", fragte ich Eithan, welcher neben mir stand. Er drehte seinen Fuß in alle Richtungen und murmelte: "Ja. Und um ehrlich zu sein, ziehe ich die HipHop-Stunden vor. Da sind die Schuhe nicht so unbequem." Ich lachte leise. "Da hast du nicht ganz unrecht." Meine Füße fühlten sich in diesen Schuhen winzig an. "Aber glaub mir, daran gewöhnst du dich schnell." Ich wusste jetzt nicht, ob ich mich darüber freuen sollte, dies zu hören. Innerlich freute ich mich ja schon auf die drei Stunden HipHop mit Ms Cloop. HipHop war ja schon imme meine große Leidenschaft. Und Modern Dance. Aber Ballett? Das ... war dann doch nicht so mein Ding. Doch fürs Erste war ich glücklich darüber, hier an der Akademie zu sein. Und wenn Ballett zu meiner Ausbildung dazu gehörte, dann soll es so sein.
Die Jungs stellten sich in einer Reihe auf. Musik ertönte aus der Box neben der Eingangstür. Ein klassisches Stück aus Schwanensee. Wie originell. Langsam machte Ms Caloon die Bewegungen vor. An ihr und den anderen Studentinnen sah das wesentlich eleganter aus. Ich fühlte mich bei diesen Übungen wie ein Stock, der versucht auf hauchdünnen Ästen zu tanzen. Jede Sekunde, dachte ich, jeden Moment breche ich mir das Fußgelenk. Es war auch viel anstrengender als ich zuerst erwartet habe. Tief in mir drin wünschte ich mir, dass diese Stunde schnell vorbei ging.
"Streng dich nicht zu sehr an, Felix. Sonst verletzt du dich schneller.", rief Ms Caloon mir zu. Ich versuchte, so entspannt wie nur irgendwie möglich zu werden, doch es gelang mir nicht. Meine Beine wollten scheinbar nicht auf mich hören.
Auf einmal hörte ich nur noch einen Schrei und fiel hin. Ich lag am Boden. Jetzt realisierte ich, dass ich derjenige war, der geschrien hat. Ich war tatsächlich mit dem linken Fuß weggerutscht und hingefallen. Und das auch noch in meiner ersten Ballettstunde. Wie peinlich.
Ich rappelte mich vom Boden auf und überprüfte meinen Knöchel. Er tat etwas weh, schien aber nicht gebrochen zu sein. Ms Caloon kam auf mich zu. Ich wurde innerlich ganz klein.
"Ist alles okay, Felix? Das sah übel aus.", erkundigte sie sich und warf dabei einen kurzen Blick auf meinen Fuß. Einen Moment hielt ich inne. Dann antwortete ich: "Mein Knöchel tut etwas weh, aber ich kann laufen. Tut mir leid, dass ich die Stunde aufhalte." Sie ging auf ein Knie und drückte vorsichtig auf meinen Fuß. Es tat weh, aber nicht so ,dass ich das Gefühl bekam, er wäre gebrochen. "Dein Fuß ist nur angeknackst. Das ist morgen wieder besser, wenn du dir eine Salbe holst. Ich habe nicht erwartet, dass du es beim ersten Mal schaffst. Ich wollte nur beurteilen, wie weit ihr seid. Und du bräuchtest etwas Nachhilfe. Deine Ansätze waren einwandfrei. Du hast wirklich Ehrgeiz und Potenzial. Eithan kann dir da unter die Arme greifen. Er ist einer unserer besten Balletttänzer." Eithan kam aus der Menge, die sich um mich herum versammelt hatte, auf mich zu und half mir auf die Füße. "Wenn ich dir Nachhilfe geben soll, kann ich das gerne machen. Ich helfe dir gerne. Du warst wirklich gut." Ich lachte verlegen. "Auch, wenn ich noch nie Ballett getanzt habe?" "Oh. Dann warst du sehr gut mit Sternchen.", witzelte Eithan. Wir lachten. Es war die erste Stunde Ballett und ich war jetzt schon bereit, mehr zu lernen.

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