14 - Angstgefühl 💛

Hyunjin POV

In dieser Nacht tat ich kein Auge zu. Ich wurde von Sorgen und Ängsten überschwemmt und hatte das Gefühl, daran zu ersticken. Felix hatte mir bei seinem Gespräch heute nicht alles erzählt. Er schien vor irgendetwas Angst zu haben. Aber was? Waren es Jisung und Changbin? Oder vielleicht Daniel? Seit er mir gedroht hatte, dass ich meine Entscheidung bereuen werde, benahm sich Felix seltsam. Und nachdem Changbin ihm auch noch gedroht hatte, ging es scheinbar bergab. Diese Angst, dass Felix sich wieder etwas antat, brach mir das Herz und hinderte mich am Schlafen. Es war erdrückend. Für mich war Felix manchmal wie eine kleine hauchdünne Glasperle, welche bei jeglicher Gewalteinwirkung sofort in tausend kleine Stücke zerbrechen könnte. Das hatte er nicht verdient.
Auf einmal klingelte mein Handy. Wer ruft mich denn um ein Uhr nachts an? Ich griff nach dem hellen Leuchtkasten und überprüfte den Namen. Es war Minho. Irgendwie machte mich sein Anruf ein wenig glücklich.
Ich wischte den grünen Hörer nach rechts und nahm den Videoanruf entgegen. „Hey, Minho", begrüßte ich ihn. Er lächelte fröhlich. „Hallo, Hyunjin. Wie geht es dir? Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt." Ich musste schmunzeln. „Um ehrlich zu sein habe ich noch gar nicht geschlafen", murmelte ich. „Was ist denn los?", fragte Minho. Ich seufzte. „Ich mache mir Sorgen. Das ist alles." „Brauchst du jemanden zum Reden? Wenn es Joy schlecht geht geht, redet sie mit mir. Auch, wenn ein Uhr in der Nacht ist." Ein brauner Lockenkopf schlüpfte von unten rechts ins Bild. „Hi, Hyunjin. Was geht?" Minho gab seiner Freundin ein Handzeichen, ihre Euphorie runterzufahren. Diese Szenerie brachte mich ein wenig zum Lächeln. „Hey, Joy." „Okay. Jetzt erzähl uns, was los ist", sagte Minho und wechselte somit wieder zum eigentlichen Thema.
Ich sah kurz weg und erzählte: „Ich mache mir Sorgen. Oder um ehrlich zu sein, habe ich Angst um Felix." Joy legte ihren Kopf auf Minhos Schulter. „Wieso? Ich dachte, ihr beide seid endlich glücklich." „Nun ja. Changbin und Jisung sind als Gastschüler an der Rhythm Coast Academy aufgetaucht. Ganz überraschend. Seitdem geht es Felix wieder nicht gut und er zieht sich zurück." Der Rest meiner Gedanken blieb mir im Hals stecken. Ich musste schwer schlucken, um nicht daran zu ersticken. Joy warf ein gutes Wort für mich ein: „Du solltest Felix darauf ansprechen. Wenn er blockt, wird er früher oder später selbst auf dich zukommen. Glaub mir." Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass es mir dadurch besser ging. Doch dem war nicht so. ich fühlte mich unsicher, wie ein Kind, dass ohne Stützräder Fahrrad fahren soll, obwohl es gerade erst laufen gelernt hat.
„Wie geht es Chan? Hat er eigentlich immer noch Gefühle für Felix?", fragte Minho dann. Ich presste die Lippen aufeinander. Seit ein paar Tagen habe ich darüber nicht mehr nachgedacht. Dennoch war mir dies nicht entgangen. „Das denke ich schon. Wir reden nur kaum darüber, da wir den ganzen Tag Unterricht haben. Es ist ein ziemlich straffes Programm." Joy schmunzelte. „Es hätte mich nicht gewundert. Das war immerhin für uns alle ein ziemlicher Schock."
Würde Chan es wagen, meine Beziehung zu Felix auf die Probe zu stellen? Nein. Das wäre zu verrückt. Und ich wusste auch, dass Felix mich niemals betrügen würde. Dennoch hatte ich Angst um unsere Beziehung. Es könnte wieder alles in die Brüche gehen.
Minhos Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Hyunjin. Es wird schon alles gut werden. Chan ist ein guter Kerl." „Aber was ist mit Jisung und Changbin?", fragte ich, schon fast panisch. Joy und Minho sahen sich kurz an. Dann meinte Joy: „Ihr werdet mit denen schon fertig. Außerhalb kennt Chan sie ziemlich gut. Er wird euch sicher helfen. Ansonsten sind wir immer da, wenn du jemanden zum Reden brauchst." Ich war den beiden wirklich dankbar, dass sie so großartige Freunde waren. Mein Herz beruhigte sich langsam und schlug nicht mehr so heftig gegen meinen Brustkorb.
Joy sah auf ihr eigenes Handy und sagte dann: „Wir sollten so langsam Schluss machen. Es ist schon sehr spät. Du musst doch morgen wieder zum Unterricht, oder?" Ich überprüfte die Uhrzeit an meinem Handy. Es war kurz vor Mitternacht. Sie hatte recht. Ich sollte so langsam wirklich schlafen gehen. Also verabschiedeten wir uns voneinander und ich legte mein Handy auf mein Nachtschränkchen.
Doch an Schlaf für mich war nicht zu denken. Ich hatte den Kopf voller Gedanken und sie waren nicht schön. Meine Angst wuchs und wuchs. Felix würde mich niemals betrügen und das wussten wir beide sehr gut. Er war so sensibel und zerbrechlich. Er konnte es nicht ertragen, wenn es mir schlecht ging oder er ohne mich sein musste. Wir beide wussten, dass wir zusammen einfach stärker waren. Und das wird uns niemand kaputt machen. Und doch hatte ich Angst. Ich wollte Felix beschützen, doch wenn ich zwischen die Fronten von Changbin und Jisung gerate, war das Spiel vorbei. Und auch Daniel schien jetzt nicht mehr davor zurückzuschrecken, dich einzumischen und der Beste zu sein. Er war skrupellos und gemein. Ich wusste, dass ich allein keine Chance gegen ihn haben werde. Besonders mit Changbin und Jisung an seiner Seite.
Kurzerhand beschloss ich, schnell eine Runde rauszugehen, um einfach mal frische Luft zu schnappen. Ich zu mir eine Jacke an und schlüpfte in meine weiße Turnschuhe. Mit einer schnellen Handbewegung griff ich nach dem Zimmerschlüssel. So. Hatte ich jetzt alles dabei? Nein. Mein Handy fehlte noch, damit ich nicht die Zeit vergesse. Ich griff danach und steckte es in meine linke Hosentasche. Jetzt konnte ich gehen.

„Hyunjin! Wo willst du hin?", hielt mich auf einmal ein Nachtportier auf, als ich in der Eingangshalle angekommen war. Ich sah ihn an. „Ich will nur etwas frische Luft schnappen. Mein Kopf tut weh." Der Mann mit grauem Bart und abgetragener grüner Jacke musterte mich durch seine kreisrunde Brille und nickte schließlich. „Gut. Melde dich bei mir, wenn du wieder da bist." „Mach ich."
Daraufhin verließ ich das Gebäude und betrat die kühle Nachtluft. Ich dachte, es könnte mich ablenken. Ich zog meine Jacke enger um mich herum und verließ das Schulgelände. Aus einer undefinierbaren Richtung hörte ich eine Katze fauchen. Dann huschte sie mir von links über den Weg, einer dicke Ratte hinterher. Mit einem kreischenden Laut stürzte sich der pelzige Jäger auf dein Opfer und tötete es mit einem schnellen Biss. Die Stille siegte wieder. Ohne die Katze weiter zu beachten, lief ich den Weg weiter runter zum Strand. Der Mond stand hoch über dem Meeresspiegel. Sanfte Wellen leckten am Ufer und bildeten schimmernde Schaumkronen. Ich zog meine Schuhe und Socken aus und lief auf die kleinen Wellen zu. Ihr Rauschen lockte mich förmlich zu ihnen. Es war wunderschön. Ich wünschte, Felix könnte dies jetzt auch miterleben.
Felix. Mit einem Mal hatte ich wieder nur ihn im Kopf. Mir war schon aufgefallen, dass er sich anders verhielt, seit Jisung und Changbin hier waren. Ich hatte einfach nur Angst, dass er wieder in seinen Bulimie zurückfällt und sich selbst die Schuld an allem gibt. Ich kam mir wieder so hilflos vor. Ob ich Ms. Dawnstring in unsere Situation miteinbinden sollte? Ich kannte sie kaum, doch es schien mir so, als könnte sie uns helfen. So wie es Mr. Egmont getan hat. Aber wenn Ms. Dawnstring Felix etwas besser kennen durfte, könnte sie uns helfen, mit Daniel, Changbin und Jisung fertig zu werden.
Vielleicht fanden wir dann auch heraus, was ihre tatsächlichen Absichten waren.

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