Kapitel 3

Die gesamte Woche über konnte ich mich überhaupt nicht konzentrieren. Sogar meine Mitschriften von den einzelnen Vorlesungen in der Uni waren so durcheinander, wie ich mich fühlte und ich musste einer meiner Kommilitonen nach seinen Notizen fragen. Ich konnte froh sein, dass keine Hausarbeit von mir verlangt wurden, denn die hätte ich sicherlich in die Tonne werfen können. Am Mittwoch traf ich mich mit Meg und sie war die ganze Zeit damit beschäftigt mir immer wieder zu sagen, dass es in zwei Tagen losgehen würde. Als ob ich das nicht selbst wüsste. Doch sie schien es nicht zu interessieren, was ich davon hielt. Sie war sogar noch der Meinung, dass ich mitten in der Woche zu einem ihrer Auftritte gehen soll, um Avan nach seiner Nummer zu fragen.
»Soll das ein Witz sein?! Erstens bin ich weder an Avan noch an seiner Nummer interessiert und zweitens gehe ich ganz bestimmt nicht mitten in der Woche in einen Club.«
Ich setzte mich mit einem Kaffee in der Hand auf mein kleines Sofa. Meg ließ sich neben mich plumpsen und ich musste aufpassen, meinen Kaffee nicht zu verschütten.
»Und warum nicht? Avan ist heiß und du könntest ein bisschen Spaß gebrauchen und außerdem ist es doch nicht so wild, wenn du jemandem nach der Nummer fragst.«, warf sie ein. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie würde mich einfach nicht verstehen. Oder wollte es nicht.
»Meg. Du kennst mich! Ja Avan ist heiß, na und? Ich stehe nicht auf ihn und selbst wenn. Er hält nichts von Beziehungen und hat sicherlich jeden Tag eine andere. So bin ich nicht. Ich kann nicht mit jemandem rummachen, den ich nicht gut kenne und auch nicht mag.«
»Ach Lace, jetzt mach dir doch selbst nichts vor! Ich sehe doch, wie rot du wirst, wenn er dich anspricht und wie du die Mädels anfunkelst, die sich ihm nähern. Und dann willst du mir sagen, du stehst nicht auf ihn?«
»Ja das möchte ich dir sagen. Weil es auch so ist. Wie gesagt ich kenne ich kaum und wieso sollte es etwas bringen, wenn ich mich in ihn verliebe? Es ist doch schon vorprogrammiert, dass er mir das Herz bricht.«
»Ach Lace...«, sie legte ihren Arm um mich. »Ich möchte doch nur, dass du auch mal glücklich bist.« Ich lächelte meine beste Freundin sanft an.
»Ich bin glücklich Meg! Ich habe dich, Traver, meinen Bruder und meine Bücher und mehr brauche ich nicht.«
»Weißt du was? Ich vermisse irgendwie das Mädchen von Rock am Ring! Du warst so selbstbewusst, hast dir keine Gedanken darum gemacht, was andere über dich denken und so warst so unglaublich glücklich und hattest Spaß.«
Ich lächelte bei der Erinnerung an Rock am Ring. Ja, ich war wirklich glücklich und hatte mein Spaß dort und vielleicht war ich auch ein bisschen selbstbewusster.
»Na ja, da kannte mich auch keiner, also war es mir auch egal, was sie über mich dachten.«, gab ich lachend zu.
»Lace, du bist so ein tolles Mädchen, aber manchmal stehst du dir mit deiner Schüchternheit einfach selbst im Weg.«
Das brauchte sie mir nicht zu sagen, denn das wusste ich selbst. Aber ich bin anderen gegenüber nun mal schüchtern und komme ganz anders rüber, als ich eigentlich bin, aber so ist es nun einmal. Ich kann es nicht ändern und irgendwie möchte ich es auch nicht ändern. Ich zuckte mit den Schultern und ging nicht weiter darauf ein. Am Donnerstag bekam ich mehrere Nachrichten von Meg, in denen sie noch immer darauf bestand, dass ich in den Club gehen und Avan nach seiner Nummer fragen soll. Ich ignorierte sie den ganzen Tag und kümmerte mich darum, meine Wohnung auf Vordermann zu bringen. Hier sah es aus, wie in einem Saustall, doch zwischen Uni und arbeiten hatte ich kaum die Zeit zum Aufräumen gefunden. Das wurde höchste Zeit und als ich fertig war, fühlte ich mich schon gleich viel wohler.

Am Freitag ging ich ganz normal zur Uni und packte danach meine Sachen für den Wochenendausflug, als mir mit schrecken einfiel, dass ich keine Ahnung hatte, wann Avan auftauchen würde. Außerdem kannte er ja meine Adresse gar nicht. Ich überlegte kurz und rief meinen Bruder an. Er fragte mich sofort aus, warum ich mit den Jungs wegfahre. Hatte Avan etwas um seine Erlaubnis gebeten? Na prima. Aber immerhin wusste Avan dank meinem älteren Bruder, wo ich wohne. Nur hatte er ebenfalls keine Ahnung, wann ich abgeholt werde, oder ob ich irgendwo hingehen muss. Wie aufs Stichwort klingelte es an meiner Wohnungstür und da ich niemand sonst erwartete, schnappte ich mir meine Reisetasche und meine Schlüssel und verließ schnell meine Wohnung. Vor der Haustür stand ein schwarzer Mustang und ein zu gutaussehender Avan lehnte dagegen. Aber diesmal starrte ich nicht ihn, sondern das Auto an. Das durfte doch nicht wahr sein! Er ist nicht nur der Leadsänger einer unglaublich tollen Band, sondern fährt auch noch ein total cooles Auto! Ich nahm an, es ist einer der neueren Modelle, zumindest sah es verdächtig danach aus und sollte sich mein Verdacht bestätigen, kann ich es kaum abwarten mich in das Auto zusetzen und dem Motor zu horchen. Ja... ich liebe Autos!
»Warum hat das so lange gedauert?« Ich bekam einen gelangweilten Blick zu geworfen. Man, der Typ hatte auch echt keine Geduld! Heute ist er komplett in Schwarz gekleidet und durch seine verschränkten Arme spannte sich sein T-Shirt. Ich könnte nie genug von diesem Anblick haben.
»Ich musste noch meine Schlüssel suchen.«, murmelte ich leicht verlegen und ging zur Beifahrertür. Das Auto sah aus, wie neu. Okay Lace, benimm dich ganz cool! Es ist nur ein Auto... nur ein schnelles und unglaublich tolles Auto.
»Welches Modell?«, fragte ich und schaute Avan an, der seine Autotür geöffnet hatte.
»Was?« Mit dieser Frage hatte er anscheinend nicht gerechnet, denn er schaut mich verwirrt an. Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen.
»Dein Auto. Welches Modell ist es?«, fragte ich erneut.
»Ach so! GT350-R.«, meinte er stolz und fügte noch schnell ein: »Aber das wird dir sicherlich nicht sehr viel sagen.«, hinzu.
Und ob es mir etwas sagte. Er hatte ja keine Ahnung. Mit einer eleganten Bewegung stieg er in sein Auto und ich versuchte ebenso elegant zu wirken, was mir allerdings nicht so gut gelang. Ich bin die Tiefe des Wagens nicht gewöhnt und fiel quasi in den Sitz. Warum musste ich mich nur immer so extrem peinlich in seiner Gegenwart aufführen? Ich verstaute meine Tasche in meinem Fußraum und legte meine Füße stattdessen auf das Armaturenbrett. Es schien ihm nicht zu stören, denn er sagte nichts dergleichen. Ganz im Gegenteil, erschien mich vollkommen zu ignorieren. Wortlos startete er den Motor und ich ertappte mich dabei, wie ich meine Augen schloss und das Geräusch genoss, als wir losfuhren.
»Hm... klingt, als hättest du den V8-Motor so gelassen, wie er ist. Na ja ich hätte es nicht anders gemacht. Immerhin sind 533 PS viel und dieser Wagen wurde eigentlich für die Rennstrecke gebaut. Deswegen wäre es ein Unding ihm die Sportlichkeit zu nehmen. Und wie ich sehe, hast du ein Radio eingebaut. Ich verstehe sowieso nicht, warum sie die Audioanlage auch noch rausgelassen haben. Gut, sie wollten den Shelby auf unter 1.700 Kilogramm bekommen.«, plapperte ich drauf los und konnte mich nur schwer bremsen. Avan schaute mich mit einem Blick an, den ich beim besten Willen nicht deuten konnte.
»Ich habe die Audio-und Klimaanlage hinzugekauft. Einfach, damit es komfortabler ist.«, gab er schulterzuckend zurück.
»Klingt vernünftig.« Ich ließ mein Fenster komplett runter fahren und genoss den Wind, der durch das Fenster wehte.
»Wohin fahren wir eigentlich?«, fragte ich, als ich bemerkte, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, wohin es eigentlich ging.
»Zur französischen Grenze. Wir haben dort in einem größeren Club einen Auftritt, als Vorband. Morgen fahren wir weiter zu einem kleinen Festival und am Sonntag geht es wieder ab ins Universe
Das konnte ja eine anstrengende Fahrt werden... nicht, weil es lange dauern würde, nein das war mein kleinstes Problem! Mein größtes Problem hieß Avan Miles.
»Und warum komme ich eigentlich mit?«, meine Neugierde war einfach viel zu groß.
»Weil du auf die Einladung eingegangen bist. «
Ich verdrehte meine Augen und fügte hinzu: »Das meinte ich nicht. Wieso habt ihr mich eingeladen? «
»Dein Bruder kommt öfters mit und weil er diesmal keine Zeit hat, dachte sich Dean anscheinend, er fragt dich einfach. Die anderen hatten nichts dagegen und deswegen bist du jetzt hier.«
Es war ihm also egal, ob ich dabei bin oder nicht. Ich verbannte den Gedanken sofort aus meinen Kopf. Mir sollte es doch auch egal sein, ob er mich dabei haben wollte oder nicht! Mir sollte es generell egal sein, was er über mich denkt und mir sollte er verdammt nochmal egal sein. Irgendwann regte mich die erneute Stille im Auto auf und ich schaltete das Radio an. Jedoch fand ich keinen Sender, der mir gefiel und somit entschloss ich mich kurzerhand dazu, mein Handy an sein Auto anzuschließen und meine Musik abzuspielen. Als ich kurz zu Avan linste nahm ich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen wahr. Schon wieder hatte ich das Gefühl, er wollte mich einfach nur ärgern. Ich durchsuchte meine Playlist und spielte Stop The Clocks von den Donots ab. Avan drehte die Musik ein bisschen lauter auf und das Schweigen wurde mit unserem Gesang unterbrochen. Für einen Moment vergaß ich komplett mit wem ich hier in einem Auto saß und, dass er mich in jeder Sekunde nervös machte. Ich beobachtete, wie Avan locker auf dem Lenkrad klopfte, mitsang und sich dabei noch immer auf die Straße konzentrierte. Nach dem Song dröhnten mir nur zu bekannte Akkorde aus den Boxen und Avans vertraute, raue Stimme setzte an. Schnell nahm ich mein Handy in die Hand, doch Avan war schnell genug und entriss es mir. Mit einem fetten Grinsen schaute er mich an und sagte laut:
»Ha! Du hast dir unsere Lieder runtergeladen! Du kleines Fangirl!«, rief er, um seine eigene Stimme zu übertönen, die weiterhin aus den Boxen drang.
Da Avan noch immer mein Handy in der Hand hatte und mich weiter anschaute und nicht die Straße, drehte ich das Lied leiser und schaute stattdessen selber auf die Straße. Das wäre es ja noch, wenn wir einen Unfall bauen.
»Meg hat mich dazu gedrängt.«, versuchte ich mich da herauszureden, doch mir war klar, dass er es mir nicht glaubte. Aber er ging nicht weiter darauf ein und ich dankte Gott innerlich dafür.
Nach ein paar Stunden kamen wir endlich an unserem Ziel an. Ich hätte es sicherlich keine weitere Minute mehr alleine mit ihm ausgehalten. Avan parkte sein Auto neben dem Bus und stieg aus.
»Bring deine Sachen einfach in den Bus. Wenn du die Treppe hoch gehst, ist direkt aus der rechten Seite eine Tür. Du kannst dort einfach deine Tasche hinstellen.«, sagte er mir, als ich ebenfalls ausstieg.
Mit einem Nicken betrat ich den Bus und begrüßte die anderen Bandmitglieder. Als ich die Tür auf der obersten Etage öffnete stand ein großes Bett inmitten eines kleinen Zimmers. Eigentlich bestand das Zimmer nur aus diesem Bett, einen total schmalen Gang und eine ebenso schmalen Kommode. Ich ließ meine Tasche aufs Bett fallen und schaute mich dann weiter um. Neben ein paar weiteren Türen befanden sich hier oben eigentlich nur noch Schlafkojen und ein kleines Badezimmer inklusive einer sehr kleinen Dusche. Nun ja, es war besser, als nichts. Ich ging die Treppen wieder runter und setzte mich zu Adrian, der ein paar Notenblätter studierte. Bevor der Auftritt begann, unterhielt ich mich mit den Jungs und spielte ein paar runden Dart mit ihnen. Gegen Marek hatte ich überhaupt keine Chance. Der gewann jedes Spiel, was nach einer Weile ziemlich deprimierend wurde. In der Zeit Trank Avan einen Whisky nach dem Anderen und allmählich nahm seine jetzt schon raue Stimme einen noch raueren Ton an.
Die Jungs bestanden zwar darauf, dass ich mich im Backstagebereich aufhalten sollte, aber ich wollte lieber an der Bar sitzen, um von vorne auf die Bühne schauen zu können. Wie immer war ihr Auftritt atemberaubend und das wortwörtlich. Avan sah unglaublich heiß aus, was nicht nur ich so sah. Die zwei Mädchen neben mir konnten einfach nicht mehr aufhören zu Fangirlen und jedes Mal, als sie sagen, sie wollen unbedingt mit ihm die Nacht verbringen verdrehte ich die Augen. Wie dumm muss man bitte sein, um mit einem Typen zu schlafen, der dich am nächsten Morgen wieder rausschmiss. Rockstar hin oder her! Ich konnte es einfach nicht nachvollziehen. Aber nicht nur sein Aussehen ist atemberaubend. Seine Stimme, die auf einer Seite raus und geheimnisvoll und auf der anderen Seite sanft war, ging mir unter die Haut. Seine Finger huschten geschickt über die Saiten seiner Gitarre. Vor Jahren hatte ich es auch mal mit dem Gitarrespielen versucht, aber mein Gitarrenlehrer war alles andere als nett und verdarb mir somit den Spaß am Spielen. Nach dem Auftritt ließen die Jungs noch eine ganze Weile auf sich warten und gelangweilt drehte ich meine Bierflasche auf dem Tresen. Dieser Club war einfach nicht meins und somit hatte ich auch keine Interesse zu tanzen. Irgendwann tauchte dann auch mal die gesamte Band auf und ehe ich mich versah, zog mich Avan von meinen Hocker an seinen verschwitzten Körper.
»Ih! Verdammt nochmal Avan!«, schrie ich ihn an und versuchte seiner Umarmung zu entkommen. Lachend ließ er mich los und ich holte aus, um ihn auf seine trainierte Brust zu hauen. Doch Avan war schneller und fing meine Hand auf. Grinsend beugte er sich vor.
»Ich mag es, wenn du fluchst, kleine Sängerin.«, flüsterte er mir ins Ohr und sein Atem jagte mir einen Schauer durch meinen Körper. Ich konnte nicht anders, als meine Luft anzuhalten. Langsam ließ er mein Handgelenk los, beugte sich zu mir und bestellte sich grinsend etwas zu trinken. Ich hasste mich selbst dafür, dass ich gehofft hatte, er würde mich küssen. Gemeinsam schauten wir uns noch die Band an, die heute der Hauptakt im Club war. Doch ich fand meine Jungs um einiges besser. Spät Abends zogen wir uns alle auch wieder im Bus zurück. Gefolgt von 8 Groupies, die die Jungs aufgegabelt hatten. Sie flirteten wie wild und lenkten die Aufmerksamkeit ganz auf sich. Irgendwann hatte ich wirklich keine Lust mehr mir das ganze Spektakel weiter anzuschauen und stand auf.
»Ich geh dann mal schlafen. Gute Nacht Jungs.«
Ich bekam nur vereinzelnd ein Gute Nacht zurück. Mein Blick fiel kurz auf Avan, doch er war zu sehr beschäftigt einem Mädchen die Zunge in den Hals zu stecken und bekam sicherlich gar nichts anderes mehr mit. Ich zog mich im Badezimmer um und knallte dabei immer wieder gegen die Wand oder gegen das Waschbecken. Muss das Badezimmer auch so klein sein? Etwas verärgert schlüpfte in einer der Schlafkojen. Schneller als gedacht, fiel ich in den Schlaf, doch zu früh wurde ich wieder von der Sonne geweckt.
Als wir weiter fahren wollten, bestand ich darauf im Bus zu bleiben. Noch eine Fahrt neben Avan hielt meine Gefühlswelt einfach nicht mehr aus. Ich ärgerte mich selbst darüber, dass er so eine Anziehungskraft hatte und dass ich es auch noch zuließ.
Wir kamen in weniger als zwei Stunden auf dem Festivalgelände an und ich war froh, dass ich mir endlich etwas Vernünftiges zu Essen kaufen konnte. Im Bus gab es nur Chips und Cracker. Nicht gerade ein ausgewogenes Frühstück. Der Bus wurde auf dem privaten Parkplatz des Festivalgeländes abgestellt, wo schon mehrere Busse standen. Und ich fragte mich, ob hier wohl eine Band steht, die ich kenne. Wir alle verschafften uns einen kleinen Überblick und studierten den Spielplan für heute ein. Ich kannte keine der Bands, doch das war mir egal. Ich freute mich wieder ein Festival besuchen zu können. Gemeinsam mit Adrian, Marek und Avan schaute ich mir eine Coverband von Guns 'N Roses an und ich muss zugeben, die Band war nicht schlecht! Ich genoss die Atmosphäre in vollen Zügen, hob meine Arme in die Luft, bewegte mich im Takt der Musik und sang die Lieder mit. Nach ein paar Liedern legte mir Avan seine Hände auf die Schulter und zog mich an seinen warmen Körper.
»Komm mit!«, raunte er mir ins Ohr und ich drehte mich verwirrt zu ihm um.
Adrian und Marek waren verschwunden, was mich nur noch mehr verwirrte. Als ich nicht reagierte, nahm Avan meine Hand und zog mich aus der Menschenmenge.
»Wohin gehen wir?«
»Zur Hauptbühne.«
Wow was für eine informative Antwort.
»Und warum? Da spielt doch jetzt keiner.«
Avan blieb stehen, hielt aber weiterhin meine Hand und ich wünschte, er würde sie nie wieder loslassen. Das Gefühl war einfach zu schön.
»Jedes Jahr kommt hier eine Art Überraschungsgast vorbei. Adrian hat eben durch einen Freund erfahren, wer es ist und wenn wir nah genug an die Bühne wollen, müssen wir jetzt sofort dahin!«
»Okay und wer spielt da?«
»Das wirst du dann sehen.« Avan schenkte mir ein geheimnisvolles Lächeln und zog mich weiter zur Hauptbühne.
Ziemlich weit vorne standen auch schon Adrian und Marek und nach ein paar Sekunden kamen Luce und Dean auch dazu.
»Kann mir jetzt endlich mal jemand sagen, wer hier gleich spielen wird?!« Ich hasse es, wenn man etwas vor mir verheimlichte und ich wollte es einfach unbedingt wissen.
»Du hast es ihr noch immer nicht gesagt?«, fragte Marek und Avan schüttelte einfach nur lachend seinen Kopf. Ich verschränkte meine Arme und schnaubte verärgert. Es dauerte nicht lange, da füllte sich auch schon der Platz. Hin und wieder wurden wir nach vorne oder zur Seite geschoben. Avan hatte anscheinend Angst, dass ich stolper oder in der Menge unterging, denn jedes Mal, wenn wir nach vorne geschoben wurden, schlang er seine Arme um mich und hielt mich fest. Obwohl es überhaupt nicht nötig war, fand ich es richtig süß. Eine geschlagene Stunde verging und so langsam taten mir meine Füße weh, weshalb ich mich einfach auf den Boden setzte. Dean tat es mir gleich. Er hatte anscheinend auch die Nase voll die ganze Zeit blöd in der Gegend herumzustehen. Eine weitere halbe Stunde verging und Avan zog mich auf meine Beine. Die Bühne wurde endlich fertig aufgebaut, also konnte es nicht mehr lange dauern und meine Nervosität stieg. Es dauerte keine weitere Minute, da schoss auch schon der Nebel aus der Maschine, hüllte die komplette Bühne ein und dann wurde das Banner heruntergelassen.
Nein.... Nein, nein nein... Nein! Das konnte nicht wahr sein! Ich starrte mit offenem Mund den Banner an und machte einen Schritt nach hinten. Ich stieß gegen Avans harten Oberkörper und nahm eine kleine Vibration in seiner Brust wahr. Anscheinend amüsierte ihn, wie sooft, meine Reaktion. Ich drehte mich zu ihm um.
»Disturbed?! Du meinst Disturbed wird hier in wenigen Minuten... nein! Sekunden hier auf der Bühne stehen?«, ich merkte erst gar nicht, wie laut meine Stimme wurde. Als das Gekreische groß wurde, drehte ich mich wieder zur Bühne und sah die Band fassungslos an. Sie waren wirklich hier und rockten nicht nur die komplette Bühne, sondern auch das komplette Festival! Ich war wie hypnotisiert, tanzte und sang mit, bis zum letzten Lied. Und als alle nach einer Zugabe riefen, begab die Band sich wieder auf die Bühne und spielte The Sound Of Silence. Überall auf meiner Haut bildete sich eine Gänsehaut und trotz aller Mühe konnte ich meine Tränen einfach nicht unterdrücken. Ich wischte sie mir schnell weg, in der Hoffnung, dass keiner der Jungs mitbekam, dassich vor ihnen heulte. Doch die Rechnung hatte ich ohne Avan gemacht. Liebevoll legte er mir seine Arme auf meine Schultern, verschränke seine Hände vor meiner Brust und zog mich an sich. Automatisch legte ich meine Hände auf seine Unterarme und blickte zu ihm auf. Er schenkte mir ein wunderschönes Lächeln. Es war wieder einer dieser Momente, die ich nie wieder vergessen möchte und mir wünschte, sie würden Ewig andauern. Als die Band zu Ende gespielt hatte und die meisten Leute den Platz wieder verließen, ließ mich Avan zu meinem Bedauern wieder los.
»Wir müssen zu unserer Bühne, um uns vorzubereiten. Möchtest du noch hier ein bisschen rumlaufen oder kommst du mit?«
Avan schaute mich hoffnungsvoll an. Er ist wirklich hinreißend...manchmal.
»Ich komme mit.«

Während die Instrumente der Jungs auf der Bühne aufgestellt und der Soundcheck gemacht wurde, versuchte Avan auf mich einzureden, ich sollte doch mit in den abgesperrten Bereich kommen.
»Wieso sollte ich dahin gehen?«
»Weil ich nicht möchte, dass du da alleine in einer Menschenmenge stehst. Dir könnte sonst was passieren.«
Ich presste meine Lippen aufeinander, konnte mir aber mein Grinsen kaum verkneifen.
»Das ist nicht mein erstes Festival. Mach dir keine Sorgen.«
Seufzend legte er seinen Kopf in den Nacken.
»Na gut. Aber wehe, du beschwerst dich nachher! Und wenn dir etwas passiert, dann...«
Ich legte meine Hände auf seine Wangen und zwang ihn mich anzuschauen.
»Mir wird schon nicht passieren!« Ich lächelte zuversichtlich.
Es ist zwar wirklich niedlich, dass er sich Sorgen macht, aber es regt dennoch ein bisschen auf. Immerhin brauche ich keinen Babysitter.
Avan schob meine Hände von seinen Wangen und verschwand ohne etwas zu sagen hinter der Bühne. Während sie ihren Auftritt hatten, stand ich ziemlich weit vorne, tanzte aber nicht mehr so wild mit der Menge mit. Meine Füße taten noch immer vom ganzen stehen weh und das Tanzen halft nicht gerade. Auch hier hatten die meisten Mädchen nur Augen für Avan oder Dean. Doch auch der Rest bekam sehnsüchtige Blicke zugeworfen.
Sie beendeten ihre unglaubliche Show und während sie sich ihren Fans widmeten, ging ich zurück zum Bus. Ich brauchte einfach mal meine Ruhe und schickte Meg ein Video von Disturbed.
Lange hielt die Ruhe nicht an, denn kurze Zeit später am Marek mit einer Frau zurück zum Bus. Er setzte sich neben mich und schien die Frau an seiner Seite ganz zu vergessen, als er sein Handy raus nahm und mit irgendjemandem schrieb. Kaum hatte ich mich nach draußen auf einen Campingstuhl gesetzt, kam der Rest der Band an und natürlich hatten auch sie die ein oder andere im Schlepptau.
Im Laufe des Abends gesellten sich noch weiter Bands dazu und irgendwann waren alle Plätze besetzt. Ich bin kurz aufgestanden, um auf die Toilette zu gehen und da war mein Platz neben Avan auch schon besetzt. Ich an der Seite und wusste nicht, wohin mit mir und fühlte mich einfach nur dumm. Also ging ich mir einfach etwas zu trinken zu holen, damit ich nicht komplett unbeholfen wirkte.
Mit zwei Bierflaschen hin den Händen sprang wieder aus dem Bus. Ich stellte mich neben Avan, stupste ihn mit einer Flasche an und hielt sie ihm vor die Nase.
»Für mich?«
Ich nickte kurz.
»Danke, aber warum bringst du mir ein Bier mit.« Ist es wirklich so untypisch für ihn, dass er ein Bier von einem Mädchen angereicht bekommt?
»Ich mag dich eben, deswegen.«, erklärte ich einfach.
Er nahm die Flasche entgegen und schaute zu mir hoch.
»Warte... du magst mich?«
»Ich weiß, ich war auch überrascht!«
Die gesamte Mannschaft fing an zu lachen, außer Avan. Er machte nur einen grimmigen Geschichtsausdruck, zog mich mit einem Mal aufs einen Schoß und dann war ich diejenige, die ihn verdattert anschaute.
Ich blieb bis tief in die Nacht bei ihnen sitzen, spielte ein paar Runden Circle of death mit und unterhielt mich mit den anderen. Immer wieder nahm ich wahr, wie Avan mit seinem Daumen über meine Seite strich und jedes Mal verkrampfte ich mich. Warum tat er das nur mit mir?
Als mir beinahe meine Augen zufielen, stand ich auf und wünschte der Truppe eine gute Nacht. Ich hatte wirklich keine Interesse daran, auf Avans Schoß einzuschlafen!
Im Badezimmer machte ich mich fertig und dieses Mal schaffte ich es nirgendwo gegen zuknallen. Ich krabbelte dann in meine kleine Schlafkoje und fiel in den Schlaf. Kaum war ich eingeschlafen, spürte ich eine sanfte Bewegung auf meiner Wange. Grummelnd schlug ich die Hand weg und kassierte dafür ein leises Lachen.
»Lace.«, flüsterte Avan liebevoll und sogleich schlug ich meine Augen auf.
»Die Heizung im Bus ist ausgefallen. Du solltest lieber mit in mein Zimmer kommen. Dort ist es wärmer. Ich möchte nicht, dass du krank wirst.«
Erst jetzt fiel mir auf, dass es tatsächlich extrem kalt war. Aber ich wollte auf keinen Fall mit Avan in einem Bett schlafen. Das würde überhaupt nicht gut enden.
»Ich nehme einfach eine zweite Decke. Dann wird das schon gehen.«
»Die anderen habe sich schon alle geschnappt. Los komm. Ich verspreche dir auch, ich werde ganz artig sein!«, er hob unschuldig die Arme.
Seufzend gab mich geschlagen und schlug die Decke beiseite. Müde betrat ich Avans Zimmer und verkroch mich direkt unter seine Decke. Tatsächlich war es hier angenehm warm. Wahrscheinlich, weil er hier vorhin noch gelegen hatte. Als Avan die Decke anhob, um sich selbst hinzulegen, stricht ein kalter Luftzug über meinen Rücken. Grummelnd zog ich mein T-Shirt runter, um die Kälte zu verbannen.
»Tut mir leid.«, murmelte er und ich konnte ein gefälliges Grinsen in seiner Stimme hören, aber ich war zu müde, um in dafür eine überzubraten. Als Avan sich hingelegt hatte, schlang er einen Arm um mich und zog mich an seinen Körper. Ich hätte am liebsten protestiert, aber es fühlte sich einfach zu gut an. Er hatte kein Shirt an, das merkte ich sofort und automatisch hielt ich die Luft an. Sanft fuhr Avan mit seinen Lippen meinen Hals entlang, bis er an meinem Ohr angekommen war. Mein Herz klopfte wie Wild und ich hoffte inständig, er würde es nicht hören.
»Mach ich dich etwa nervös?«
Meine Stimme war kaum mehr, als ein Flüstern, als ich ihm antwortete.
»Nein.«
»Gut. Denn ich möchte wirklich, dass wir Freunde sind. Und in der Gegenwart eines Freundes sollte man nicht nervös sein. Wir sind doch Freunde?«
Freunde. Was für ein schreckliches Wort! Mehr konnte ich aber nicht von Avan erwarten. Wir konnten nicht mehr als Freunde sein, auch wenn ich es in meinem tiefsten inneren nicht wahrhaben wollte.
»Ja, sind wir.«
Avan zog mich noch ein Stück an sich und schlief dann ein. Obwohl mich sein gleichmäßiger Atem beruhigte, konnte ich kein Auge zu machen.
Der eine Gedanke schwirrten in meinem Kopf herum und ließ mich nicht mehr los.
Freunde.

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Hallo ihr Lieben,

dieses Kapitel ist etwas länger geworden, als erwartet :D . Ich hoffe es gefällt euch und ich würde mich sehr übereuer Feedback freuen!

Habt einen schönen Tag

Alles Liebe, Melina



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